Normen
AVG §42 Abs1;
BauO OÖ 1976 §4 Abs1;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1;
BauO OÖ 1976 §46 Abs2;
BauRallg;
AVG §42 Abs1;
BauO OÖ 1976 §4 Abs1;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1;
BauO OÖ 1976 §46 Abs2;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 27. Juli 1988 beantragte die erstmitbeteiligte Partei beim Bürgermeister der ebenfalls mitbeteiligten Gemeinde die Erteilung einer Baubewilligung für den Abbruch und die Neuerrichtung einer Sägehalle auf den Grundstücken Nr. n1, n2, EZ nn, KG S. Über dieses Ansuchen wurde am 27. September 1988 eine mündliche Bauverhandlung durchgeführt, zu der auch die Beschwerdeführerin als Anrainerin unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG 1950 geladen wurde. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Grundstücke Nr. n3 und n4 KG S. Die Grundstücke der Beschwerdeführerin liegen nordwestlich der zu bebauenden Grundstücke und sind von diesen durch das dazwischen liegende Grundstück Nr. n5, das eine Breite von 20 bis 22 m aufweist, getrennt. Das gegenständliche Bauansuchen bezieht sich nicht auf das Grundstück Nr. n5, nach dem Lageplan ist dort ein "bestehender Schuppen" eingezeichnet. Während der Bauverhandlung brachte die Beschwerdeführerin (wörtlich) vor: "Gegen den Abbruch der best. Sägehalle erheben wir keine Einwendungen. Gegen die Neuerrichtung der Sägehalle auf dem Grundstück n1, n2 erheben wir Einwand, weil im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 28.11.1985, V-27/85-1, und vom 4.3.1985, B-521/83-11, gemäß § 2 und gemäß § 16 Abs. 6 des OÖ.ROG. zur Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen auch die tatsächlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen seien. Aus diesem Grunde muß auf jeden Fall das Grundstück n5, welches an die Liegenschaft der N-reg GenmbH EZ nn1, Grundstück n3, n4 angrenzt, von einer Verbauung freigehalten werden.
Nach diesem Verfassungsgerichshoferkenntnis wäre das direkte Nebeneinanderliegen von Betriebsbaugebiet und Wohngebiet unzulässig. Die N-reg GenmbH spricht sich daher auf Grund der vorgenannten Gegebenheiten gegen die Erteilung einer Baugenehmigung aus."
Mit Schreiben vom 18. Jänner 1989 teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde der Beschwerdeführerin mit, die erstmitbeteiligte Partei beabsichtige, das Bauvorhaben situationsmäßig so abzuändern, daß nunmehr zum angrenzenden Grundstück n5 ein Abstand von 3 m anstatt der geplanten 2 m verbleiben solle. Unter Hinweis auf § 48 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976, wonach eine neuerliche Bauverhandlung entfallen könne, wenn die Änderung im Vergleich zum verhandelten Bauvorhaben unwesentlich sei und das Parteiengehör auf andere Weise gewahrt werde, wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit geboten, zu der beabsichtigten Planänderung binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Zwischenzeitlich wurde die Abbruchbewilligung erteilt. Mit Schreiben vom 30. Jänner 1989 teilte die Beschwerdeführerin dem Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit, daß sie gegen den Abbruchbescheid keine Einwendungen erhebe, zur Neuerrichtung der Sägehalle jedoch weiterhin ihre Einwendungen vom 27. September 1988 aufrecht erhalte und sich weiterhin gegen die Erteilung der Baubewilligung für eine Sägehalle auf dem Grundstück n1, n2 KG S ausspreche.
Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 23. März 1990 wurde der erstmitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung für die Neuerrichtung der Sägehalle erteilt. Die Einwendung der Beschwerdeführerin wurde abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Frage der Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplanes sei im Bauverfahren nicht zu prüfen. Beim beantragten Objekt bestehe kein Widerspruch mit der Flächenwidmung.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, wobei sie auf Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 1985 und vom 4. September 1985 verwies, wonach gemäß §§ 2 und 16 Abs. 2 des oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes zur Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen auch die tatsächlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen seien. Sie verwies auf den bestehenden Flächenwidmungsplan, im Vertrauen auf diesen Flächenwidmungsplan sei der Beschwerdeführerin die Baubewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage erteilt worden. Darüber hinaus befänden sich angrenzende Grundstücke mit überwiegender Wohnbebauung. Aus dem Betrieb einer Sägehalle seien nicht nur unzumutbare Lärmbelästigungen für die benachbarten Liegenschaften zu erwarten, es sei auch auf Grund der verwendeten Baustoffe (Holzverschalung) eine Feuergefahr nicht auszuschließen.
Nach Einholung von Stellungnahmen eines brandtechnischen und eines bautechnischen Sachverständigen vom 26. Juni 1990 und einer Äußerung der Unterabteilung Lärm- und Strahlenschutz des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung vom 11. Juli 1990 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 27. September 1990 keine Folge. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Baubehörde habe die beantragte Baubewilligung zu erteilen, wenn das Bauvorhaben in allen seinen Teilen unter anderem den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes nicht widerspreche. Der rechtswirksame Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde S sehe für die zu bebauenden Grundstücke die Widmung Bauland-Betriebsbaugebiet vor, es bestehe daher beim eingereichten Projekt kein Widerspruch mit dieser Widmung. Darüber hinaus habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 2. Dezember 1989 den Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde, soweit er das als Wohngebiet gewidmete, von der B-Straße, der C-Gasse, der A-Straße und der Bahnlinie Vöcklamarkt-Attersee umgrenzte Gebiet betreffe, als gesetzwidrig aufgehoben. Zu den Einwendungen betreffend unzumutbare Lärmbelästigung und Brandbelastung wurde ausgeführt, daß auf Grund der eingeholten Stellungnahme davon auszugehen sei, daß der in der ÖNORM S 5021 Teil 1 "schalltechnische Grundlagen für die örtliche und überörtliche Raumplanung und Raumordnung" in Tabelle 2 angegebene Planungsrichtwert an der Grundstücksgrenze nicht überschritten werde. Das Bauvorhaben - unter Einbeziehung des direkt angrenzenden bestehenden Schuppens, der im Brandfalle in Betracht gezogen werden müßte - weise zur Nachbargrundgrenze einen Abstand von rund 8 m auf. Ein Brand dieser gesamten Bausubstanz würde laut Stellungnahme der Brandverhütungsstelle jenes Gefährdungspotential unterschreiten, das nach den Bestimmungen des § 95 der oberösterreichischen Bauverordnung zulässig sei.
Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Dezember 1990 keine Folge. Begründend wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen ausgeführt, die Einwendung hinsichtlich unzulässiger Lärmemission und einer Erhöhung der Feuergefahr sei erst in der Berufung vorgebracht worden und daher präkludiert. Dadurch, daß sich der Bescheid des Gemeinderates mit der Frage der Zulässigkeit von Lärmimmissionen und der allfälligen Erhöhung der Brandgefahr auseinandergesetzt habe, könnten Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt sein. Die während der Bauverhandlung erhobene Einwendung der Beschwerdeführerin stelle keine Einwendung im Rechtssinn dar. Die vorgebrachte Argumentation sage nicht, daß durch das Bauvorhaben, das Gegenstand des Verfahrens bilde, eine Rechtsverletzung eintrete. Sie richte sich lediglich gegen das Bauvorhaben, ohne irgendeine, durch das Bauvorhaben eintretende Tatsache anzuführen, durch welche Nachbarrechte verletzt würden. Der Einwand beziehe sich lediglich auf die Forderung, das zwischen der zu bebauenden Liegenschaft und dem Grundstück der Beschwerdeführerin liegende Grundstück Nr. n5 von einer Bebauung freizuhalten, und richte sich damit an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde als jenes Organ, das den Flächenwidmungsplan erlassen und für die Liegenschaft Nr. n5 eine entsprechende, die Bebauung hindernde Grünlandwidmung vorsehen könnte. Abschließend wurde festgestellt, daß nur eine erhebliche Änderung eines Projektes im baubehördlichen Bewilligungsverfahren zum Wegfall einer eingetretenen Präklusion führe, im gegenständlichen Fall aber die Änderung des Projektes nur geringfügig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 46 Abs. 2 der OÖ Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976, können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Nach § 46 Abs. 3 des Gesetzes sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. NF Nr. 10.317/A, ausgesprochen, daß die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Falle einer beschränkten Parteistellung des Berufungswerbers, wie es für den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren typisch ist, auf jenen Themenkreis eingeschränkt ist, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt ist. Sowohl die Berufungsbehörde als auch die Aufsichtsbehörde sowie die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes sind durch eine gemäß § 42 AVG 1950 eingetretene Präklusion auf die Prüfung rechtzeitig erhobener Einwendungen beschränkt (Verwaltungsgerichtshof vom 11. Oktober 1965, Slg. NF Nr. 6.777/A, und andere).
Die Beschwerdeführerin wurde nachweislich unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG 1950 zur mündlichen Bauverhandlung geladen. Es war daher sowohl die Überprüfungsbefugnis der Berufungsbehörde als auch der Gemeindeaufsichtsbehörde auf jenen Themenkreis eingeschränkt, den die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen während der Bauverhandlung am 27. September 1988 umschrieben hat. Dieses Vorbringen läßt jedoch, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, nicht erkennen, in welchem subjektiv-öffentlichen Recht sich die Beschwerdeführerin durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet, zumal die Liegenschaft Nr. n5 nach dem vorliegenden Bauansuchen und dem Lageplan nicht bebaut werden sollte. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinen Erkenntnissen vom 11. November 1974, Slg. NF Nr. 8700/A, sowie vom 23. April 1991, Zlen. 91/05/0060, AW 91/05/0015, ausgeführt, daß eine Einwendung im Sinne des Gesetzes nur dann vorliegt, wenn aus dem Vorbringen des Nachbarn zu erkennen ist, in welchem Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet.
Nach diesen Erkenntnissen sind von der Präklusionswirkung des § 42 AVG 1950 auch rechtzeitig erhobene Einwendungen betroffen, wenn diese nicht erkennen lassen, in welchen Rechten sich die Partei durch das Vorhaben verletzt erachtet. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Da die "Einwendungen" der Beschwerdeführerin während der Verhandlung vom 27. September 1988 kein Vorbringen in der Richtung erkennen ließen, daß die Beschwerdeführerin unzumutbare Lärmbelästigungen oder eine Brandgefahr befürchte, hat die belangte Behörde in dieser Hinsicht zu Recht das Vorliegen der Präklusion angenommen. Durch das Abrücken des Projektes um einen weiteren Meter von der zwischen den Liegenschaften der Beschwerdeführerin gelegenen Liegenschaft Nr. n5 wurde die Beschwerdeführerin keinesfalls beschwert, sondern allenfalls begünstigt. Da diese Projektsänderung während des Verfahrens vor der Behörde erster Instanz der Beschwerdeführerin bekannt gegeben wurde, die Beschwerdeführerin ihre bisherigen Einwendungen aufrecht hielt und keine weitere mündliche Verhandlung abgehalten wurde, ist auch die bereits eingetretene Präklusion nicht aufgehoben worden.
Einem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, daß der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung stets davon ausgegangen ist, daß für die Baubehörde allein die Widmung des zu bebauenden Grundstückes entscheidend ist, nicht aber die Widmung der Grundstücke der Nachbarn (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht2, Seite 174, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. November 1985, Zl. 85/05/0095, BauSlg. 564, sowie das Erkenntnis vom 6. November 1990, Zl. 90/05/0102). Wenn der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1989, Zl. V 16, 17/89-7, den Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde, soweit das als Wohngebiet gewidmete, von der B-Straße, der C-Gasse, der A-Straße und der Bahnlinie Attersee-Vöcklabruck umgrenzte Gebiet betroffen war, als gesetzwidrig aufgehoben und darin ausgeführt hat, daß bei Erstellung des Flächenwidmungsplanes die Grundsätze des § 16 Abs. 2 des OÖ Raumordnungsgesetzes verletzt wurden, hatte dies für die Beschwerdeführerin die Folge, daß der ihr erteilten Baubewilligung die Grundlage entzogen war und die Baubewilligung für ihr Wohnbauvorhaben aufgehoben wurde. In weiterer Folge wird auch der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde bei der Neuerstellung des aufgehobenen Flächenwidmungsplanes die Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen haben.
Rechtswirkungen auf den nicht aufgehobenen Teil des Flächenwidmungsplanes der mitbeteiligten Marktgemeinde können aber aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Dezember 1989, Zl. V 16, 17/89-7, nicht abgeleitet werden.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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