VwGH 91/03/0138

VwGH91/03/013818.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Wilhelm K in H, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in I gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27. Februar 1991, Zl. IIb2-V-8507/3-91, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2 idF 1986/106;
VStG §5 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2 idF 1986/106;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge eines gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 anhängigen Strafverfahrens wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 27. Dezember 1989 als die vom Zulassungsbesitzer zur Auskunftserteilung benannte Person aufgefordert, der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Aufforderung eine Auskunft darüber zu erteilen, wer einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw "zum angeführten Zeitpunkt gelenkt hat".

Darunter findet sich folgender Vermerk:

"TATORT: Silz, Gemeindestraße, Egerbachsiedlung

TATZEIT: 12.10.1989, ca. 00.40 Uhr

ÜBERTRETUNG: StVO."

Die Aufforderung wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines im Verwaltungsstrafverfahren bevollmächtigten Vertreters zugestellt. Dieser teilte der Behörde mit Schreiben vom 18. Jänner 1990 mit, "daß ihr Aufforderungsschreiben zur Lenkerbekanntgabe, welches wiederum beigeschlossen wird, nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Dem Gesetz ist keine Verpflichtung dahingehend zu entnehmen, das Geburtsdatum und die Führerscheingruppen des Fahrzeuglenkers bekanntzugeben. Dazu kommt noch, daß der angefragte Tatzeitpunkt 'ca. 0.40 Uhr' einen zu großen Spielraum darstellt. Um den Beschuldigten selbst von einer möglichen unrichtigen Auskunft zu schützen, ist es von Seiten der Behörde unbedingt notwendig, die Tatzeit zu präzisieren. Um exakt 0.40 Uhr lenkte in Wahrheit niemand das Fahrzeug, da zu diesem Zeitpunkt bereits der Unfall eingetreten war. Es kann daher zunächst der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe nicht entsprochen werden, da für den Beschuldigten nicht ersichtlich ist, welcher Zeitpunkt exakt gemeint ist."

Zur Rechtfertigung wegen der ihm aufgrund der Unterlassung der Auskunftserteilung zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG aufgefordert, wies der Beschwerdeführer auf seine Stellungnahme im Verwaltungsstrafverfahren hin, wonach diejenige Person, die das Fahrzeug gelenkt habe, plötzlich und für ihn nicht vorhersehbar verschwunden sei. Er sei nach wie vor bemüht, "in den einschlägigen Kreisen" diese Person namentlich auszuforschen bzw. ihre Anschrift zu eruieren.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 23. Mai 1990 wurde der Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG schuldig erkannt, weil er es als die vom Zulassungsbesitzer zur Auskunftserteilung benannte Person unterlassen habe, der Behörde binnen zwei Wochen Auskunft darüber zu erteilen, wer einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw am 12. Oktober 1989 um ca. 0.40 Uhr, in Silz, auf der Gemeindestraße Egerbachsiedlung gelenkt habe, obwohl er mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 27. Dezember 1989 hiezu aufgefordert worden sei. Gemäß § 134 KFG wurde gegen ihn eine Geldstrafe von S 10.000,- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung, der mit dem angefochtenen Bescheid insoweit Folge gegeben wurde, als die verhängte Geldstrafe auf S 3.000,-

(Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) herabgesetzt wurde. Die belangte Behörde vertrat in der Begründung den Standpunkt, daß die Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers in der gesetzmäßigen Form erfolgt sei. Die Zeitangabe "um ca. 00.40 Uhr" sei ausreichend konkretisiert. Der Beschwerdeführer habe dieser Aufforderung nicht entsprochen und dadurch die Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG begangen. Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, daß durch das Unterlassen der Auskunftserteilung eine Überprüfung der Fahrzeuglenker auf ihre Fahrtüchtigkeit nicht möglich sei und eine Aufklärung von Unfallursachen wesentlich erschwert werde, wobei im Gegenstandsfall als sonstige nachteilige Folge der Tat der Verursacher eines Verkehrsunfalles bislang nicht habe ausgeforscht werden können. Der Unrechtsgehalt einer derartigen Übertretung sei daher beträchtlich. Beim Verschulden sei von Vorsatz auszugehen. Der Milderungsgrund der bisherigen Straffreiheit könne beim Beschwerdeführer aufgrund vorhandener Strafvormerkungen nicht zur Anwendung kommen. Erschwerende Umstände seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer verdiene als Versicherungsvertreter cirka monatlich S 11.000,- netto, besitze ein Einfamilienhaus und sei für ein minderjähriges Kind sorgepflichtig. In Anbetracht des Fehlens von Erschwerungsgründen habe im Gegenstandsfalle auch mit der herabgesetzten Strafe das Auslangen gefunden werden können, wobei im Hinblick auf die nachteilige Folge der Tat eine weitere Herabsetzung nicht möglich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Kraftfahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1990, Zl. 89/03/0308, und die dort angeführte Vorjudikatur), und zwar in erster Linie des Lenkers eines Kraftfahrzeuges, mit dem eine Verwaltungsübertretung begangen wurde. Von diesem Regelungszweck her gesehen ist der belangten Behörde beizupflichten, daß die Zeitangabe "um ca. 00.40 Uhr" eines bestimmten Tages im Zusammenhang mit dem Lenken eines Fahrzeuges als hinreichend "bestimmter Zeitpunkt" im Sinne des § 103 Abs. 2 erster Fall KFG anzusehen ist. Nur für den zwar - auch bei einer nach Minuten bestimmten Zeitangabe - denkbaren, aber im allgemeinen unwahrscheinlichen und auch hier nicht vorliegenden Fall, daß gerade zu dieser Zeit ein Lenkerwechsel stattgefunden hätte, würde die Beantwortung der Frage eine genauere Umschreibung des Zeitpunktes erfordern. Wurde hingegen das Lenken eines Kraftfahrzeuges zu einem unter die "Cirka-Zeitangabe" fallenden Zeitpunkt beendet, dann kann es für den Auskunftspflichtigen nicht zweifelhaft sein, daß sich die Anfrage auf jene Zeit bezieht, in der das Fahrzeug noch gelenkt wurde, sodaß diejenige Person anzugeben ist, die das Fahrzeug zuletzt gelenkt hat. Wie der Auskunftspflichtige bei Bekanntgabe dieser Person in Gefahr laufen könnte, eine unrichtige Auskunft zu erteilen, ist nicht erkennbar. Daß in einem solchen Fall mit der Antwort, das Fahrzeug sei zu einem "exakten", noch in die "Cirka-Zeitangabe" fallenden Zeitpunkt von niemandem gelenkt worden, der Auskunftspflicht nicht entsprochen wird, liegt auf der Hand.

Auf diese Rechtslage ist der Beschwerdeführer zu verweisen, wenn er geltend macht, daß der angefragte Tatzeitpunkt "zu unexakt" gewesen sei und daß sich die belangte Behörde nicht damit auseinandergesetzt habe, daß er bezüglich des Zeitpunktes "0.40 Uhr" die Auskunft erteilt habe, daß der Pkw von niemandem gelenkt worden sei, weil zu diesem Zeitpunkt der Unfall stattgefunden habe.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war es auch zulässig, das Auskunftsverlangen an ihn zu Handen seines bevollmächtigten Vertreters in jenem Strafverfahren zu richten, welches Anlaß zu diesem Verlangen gegeben hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 1989, Zl. 89/02/0166, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Der Umstand, daß auf der Rückseite des Formulares, welches für die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe verwendet wurde, Fragen nach dem Geburtsdatum (des Lenkers), nach den Führerscheingruppen und nach der den Führerschein ausstellenden Behörde gestellt wurden, entband den Beschwerdeführer nicht von der Verpflichtung zur Bekanntgabe des Namens und der Anschrift des Lenkers. Wegen der Nichtbeantwortung der weiteren Fragen wurde er nicht bestraft.

Wenn sich der Beschwerdeführer auf mangelndes Verschulden beruft, weil es für ihn in keiner Weise zu erwarten gewesen sei, "daß sich die Unfallverursacherin plötzlich ohne Hinterlassung ihres Namens vom Unfallort entfernt", so ist ihm zu erwidern, daß er es zu vertreten hat, wenn er sich nicht, um eine mögliche Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG beantworten zu können, rechtzeitig Kenntnis vom Namen und der Anschrift der Lenkerin verschafft hat.

Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich der Strafbemessung bemängelt, daß sich die belangte Behörde nicht mit der in der Berufung dargelegten Einkommenssituation auseinandergesetzt und ihm zu den "Ermittlungsergebnissen der Gendarmerie" kein Parteiengehör eingeräumt habe, übersieht er, daß die belangte Behörde aufgrund der Behauptungen in der Berufung die in der Begründung ihres Bescheides dargelegten Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch die Behörde erster Instanz erheben ließ. Da der Beschwerdeführer nicht vorbringt, daß diese Angaben unrichtig wären, und nicht darlegt, welche anderen Umstände zu berücksichtigen gewesen wären, kann dem geltendgemachten Verfahrensmangel keine Relevanz zukommen.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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