Normen
KFG 1967 §103 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbehörde, die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Mariahilf, adressierte an den Beschwerdeführer - einen Rechtsanwalt - in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges eine mit 21. Juli 1990 datierte Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe nach § 103 Abs. 2 KFG 1967, und zwar an die Kanzleianschrift des Beschwerdeführers. Die dieses Schriftstück enthaltende Sendung wurde am 24. Juli 1990 von einer Angestellten des Beschwerdeführers übernommen. Diese Angestellte teilte der Behörde mit Schreiben vom 26. Juli 1990 mit, daß sich der Beschwerdeführer bis 2. September 1990 auf Urlaub befinde und die gewünschte Auskunft daher erst nach seiner Rückkehr erteilt werden könne.
Mit Datum 8. August 1990 erließ die Erstbehörde eine Strafverfügung, in der der Beschwerdeführer wegen Unterlassung der Beantwortung der Aufforderung vom 21. Juli 1990 einer Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 für schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Die betreffende Sendung wurde am 14. August 1990 von einer Angestellten des Beschwerdeführers in dessen Kanzlei übernommen.
Gegen diese Strafverfügung vom 8. August 1990 erhob der Beschwerdeführer einen mit 16. August 1990 datierten und zur Post gegebenen Einspruch. Mit Aktenvermerk vom 16. Oktober 1990 wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG eingestellt.
Die Erstbehörde adressierte sodann an den Beschwerdeführer eine in Ansehung von Zeit und Ort des zugrundeliegenden Vorfalles mit der Aufforderung vom 21. Juli 1990 gleichlautende, mit 21. Oktober 1990 datierte Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967.
Auch diese Aufforderung blieb unbeantwortet. Es erging sohin eine (neuerliche) Strafverfügung der Erstbehörde vom 13. November 1990 wegen Unterlassung der Beantwortung der Aufforderung vom 21. Oktober 1990. Nach Erhebung eines Einspruchs, Erlassung eines Straferkenntnisses (vom 12. Dezember 1990) und Erhebung einer Berufung gegen dieses Straferkenntnis erging der angefochtene Bescheid, mit dem der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, er habe "es als Zulassungsbesitzer ... unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 21.10.1990, zugestellt am 23.10.1990, binnen zwei Wochen nach Zustellung bekanntzugeben, wer sein Kraftfahrzeug" zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gelenkt habe.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Auskunftspflicht des Zulassungsbesitzers nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 nur einmal bestehe. Mit der Aufforderung vom 21. Juli 1990 habe die Behörde "ihr gesetzliches Auskunftsrecht konsumiert". Er dürfe wegen Unterlassung der Beantwortung einer weiteren, identen Aufforderung nicht bestraft werden, weil eine Verpflichtung zur Beantwortung dieser Aufforderung nicht bestanden habe.
Der Beschwerdeführer ist damit unter der Voraussetzung im Recht, daß ihm die Aufforderung vom 21. Juli 1990 rechtswirksam zugestellt worden ist. Der Beschwerdeführer hat über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes mitgeteilt, daß er am 24. Juli 1990 "urlaubsbedingt nicht in Wien" gewesen sei; er sei am 16. August 1990 in seine Kanzlei zurückgekehrt; an diesem Tag sei ihm die Aufforderung vom 21. Juli 1990 von seiner Angestellten ausgefolgt worden. Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Grund, an der Richtigkeit dieser Angabe, die mit der Aktenlage auch sonst nicht im Widerspruch steht, zu zweifeln.
Es kann nun dahinstehen, ob die rechtswirksame Zustellung der Aufforderung vom 21. Juli 1990 durch ihr tatsächliches Zukommen - im Sinne des § 7 des Zustellgesetzes - erfolgt ist oder ob dies bereits durch die Übernahme der die Aufforderung enthaltenden Sendung durch eine Angestellte des Beschwerdeführers in seiner Kanzlei vom 24. Juli 1990 erfolgte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1988, Zl. 88/03/0137, wonach an eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person auch in eigener Sache an einen Angestellten in der Kanzlei auch im Falle ihrer Abwesenheit von dieser Abgabestelle rechtswirksam zugestellt werden kann). Diese Frage wäre zu beantworten, wenn es - etwa im Zusammenhang mit einem Verwaltungsstrafverfahren betreffend verspätete Abgabe einer Lenkerauskunft - um den Zeitpunkt der rechtswirksamen Zustellung der Aufforderung ginge. Im vorliegenden Zusammenhang brauchte diese Frage nicht beantwortet zu werden, ist doch jedenfalls davon auszugehen, daß die Aufforderung vom 21. Juli 1990 am 23. Oktober 1990 - dem Tag der Zustellung der (2.) Aufforderung vom 21. Oktober 1990 - bereits rechtswirksam zugestellt war.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht die Auskunftspflicht des Zulasssungsbesitzers nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 tatsächlich nur einmal (vgl. das Erkenntnis vom 25. Februar 1987, Zl. 85/03/0080). Das bedeutet, daß der Beschwerdeführer nicht verpflichtet war, die zweite Anfrage vom 21. Oktober 1990 zu beantworten. Die Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens wären gehalten gewesen, die Nichtbeantwortung der Aufforderung vom 21. Juli 1990 zu ahnden. Der von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretene Standpunkt, der Grundsatz der Einmaligkeit der Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 gelte nicht im Fall der Nichtbeantwortung der ersten Aufforderung, sondern nur dann, wenn der Zulassungsbesitzer eine - wenn auch unrichtige - Auskunft erteilt habe, ist unzutreffend. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Jänner 1977, Slg. N.F. Nr. 9215/A, dem zwar ein Fall zugrundelag, in dem auf die erste Anfrage hin eine Auskunft erteilt worden war; der in Rede stehende Rechtssatz enthält jedoch keine entsprechende Einschränkung. Der angefochtene Bescheid erweist sich damit als mit der vom Beschwerdeführer der Sache nach geltend gemachten inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet. Er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)