Normen
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Jeder der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer - rumänische Staatsangehörige - reisten am 5. März 1990 legal in das Bundesgebiet ein und stellten am 6. März 1990 Asylanträge.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 15. März 1990 brachte der Erstbeschwerdeführer vor, er gehöre der ungarischen Minderheit an und sei seit 1981 Mitglied der "UTC". Mitglied der kommunistischen Partei sei er nie gewesen. Er habe am 21. und 22. Dezember 1989 bei den Demonstrationen zur Revolution in Cluj mit einem Vetter teilgenommen. Dieser sei dabei von einem Polizisten erschossen worden. Nach der Revolution habe er Erkundigungen eingezogen, um den Schützen zur Verantwortung ziehen zu können. Er sei auch zu einem Rechtsanwalt gegangen. Dieser habe ihm jedoch von seinem Vorhaben abgeraten. Er habe aber weitergeforscht. Anfang Februar habe er einen anonymen Anruf erhalten. Man habe ihm gedroht, daß er das selbe Schicksal wie sein Vetter erleiden könnte, falls er die Fragerei nicht einstelle. Seine Frau habe damals den Anruf entgegengenommen; sie habe sich sehr gefürchtet. Er sei in der Folge aus Rumänien ausgereist, weil man gegen Angehörige der ungarischen Nationalität eine Hetzkampagne gestartet habe. Ein ehemaliger Angehöriger der Securitate habe eine Partei gegründet, von der aus gegen die Ungarn geschürt werde. Wenn Sonntags in der Kirche die Siebenbürgerhymne gesungen werde, so finde dies in der rumänischen Presse Niederschlag und es komme zu Hetzartikeln gegen die Ungarn. Im Jänner habe man ihn an seiner Arbeitsstelle vollkommen isoliert. Er habe mit niemandem Kontakt. Das Verhältnis für die Ungarn verschlechtere sich zusehends.
Die Zweitbeschwerdeführerin führte bei der Befragung aus, sie sei ebenfalls Mitglied der "UTC" gewesen. Sie sei aus Rumänien mit ihrem Mann deshalb ausgereist, weil er bei Demonstrationen zur Revolution teilgenommen habe. Bei dieser Demonstration sei sein Freund und Vetter erschossen worden. Dreimal sei sie von unbekannten Personen angerufen worden, die gegen ihren Mann Drohungen ausgestoßen hätten, falls er seine Nachforschungen nicht einstelle. Auch sie selbst sei bedroht worden, falls sie ihn nicht davon abhalten sollte. Auch an ihrer Arbeitstelle habe sie sehr gelitten. Die Ungarn und die Rumänen würden separiert. Es herrsche ein äußerst schlechtes Arbeitsklima. Die Ungarn würden von der Firmenleitung ständig aufgefordert, nicht ungarisch zu sprechen. Sie sei ihrem Mann nach Österreich gefolgt, um ihre Familie in Freiheit zu begründen.
Mit zwei Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 17. Mai 1990 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführer nicht Flüchtlinge im Sinne des Asylgesetzes sind.
Gegen diese Bescheide haben die Beschwerdeführer Berufung erhoben, in der sie im wesentlichen gleichlautend ausführten, die Behörde erster Instanz habe nicht auf den der Weltöffentlichkeit bekannten Umstand bedacht genommen, daß die Securitate weiterhin Personen verfolge, die eine demokratische Gesinnung aufwiesen und während der Revolution die dargestellten Aktivitäten gesetzt hätten. Zur Unterstützung der Rechtsansicht, daß die Beschwerdeführer als politische Flüchtlinge anzusehen seien, sei anzuführen, daß sich in Rumänien die politischen Verhältnisse seit der Revolution in Wahrheit nicht verändert hätten und die Securitate alle Personen verfolge, in denen sie eine wie immer geartete Gefahr für die bestehende Struktur sehe. Zu Unrecht habe die Behörde erster Instanz eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus dem Grunde der Zugehörigkeit zur ungarischen Minderheit in Rumänien als nicht gegeben erachtet. Dazu beantragten sie die Einvernahme von zwei in Rumänien und Ungarn lebenden Zeugen. Die Bescheide der Behörde erster Instanz seien mangelhaft begründet und überdies habe die Behörde erster Instanz es unterlassen festzustellen, wie Angehörige der ungarischen Minderheit in Rumänien behandelt würden.
Mit den nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde wurden die Berufungen abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen gleichlautend ausgeführt, die Nachteile betreffend die Zugehörigkeit zur ungarischen Minderheit stellten keinen derart gravierenden Eingriff in die Grundrechte dar, um ihn der Flüchtlingskonvention zugrunde legen zu können. Die Beschwerdeführer seien über Jugoslawien und Ungarn, Mitgliedstaaten der Genfer Konvention, in das Bundesgebiet eingereist; es wäre den Beschwerdeführern daher möglich gewesen, schon dort Asyl zu beantragen. Da sie dies nicht getan hätten, erscheine es nicht glaubwürdig, daß sie gravierenden Eingriffen in ihre Grundrechte ausgesetzt gewesen seien. Dies und auch die Tatsache, daß sie legal mit ihrem Reisepaß hätten ausreisen können, seien Indizien dafür, daß sie keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen seien. Eine legale Ausreise wäre wohl nicht möglich gewesen, wenn man ein Interesse an der Verfolgung der Beschwerdeführer gehabt hätte. Die Revolution im Dezember 1989 habe die Abhaltung von demokratischen Wahlen zur Folge gehabt. Durch diese Wahlen sei die derzeitige Regierung legitimiert worden. Aus diesem Grunde sei die Behauptung, daß der Erstbeschwerdeführer wegen der Teilnahme an der Revolution von den rumänischen Behörden verfolgt worden sei bzw. Verfolgungshandlungen befürchten müßte, nicht glaubwürdig. Die Abhaltung freier Wahlen am 20. Mai 1990 im Heimatland der Beschwerdeführer sei wesentliches Indiz für den Demokratisierungsprozeß, somit seien die für die Aera Ceausescu typischen Verfolgungshandlungen weggefallen. Wenn der Erstbeschwerdeführer jedoch derartige Rechtseingriffe behaupte, seien diese Angaben gemessen an den Verhältnissen in seinem Heimatland unglaubwürdig. Der vom Erstbeschwerdeführer angeführte Vorfall während der Demonstration sei nicht konkret gegen seine Person gerichtet gewesen. Nachforschungen über Täter oblägen den jeweiligen Polizeibehörden sowie den Gerichten. Nachforschungen von Privatpersonen könnten behördliche Ermittlungstätigkeiten nicht nur stören, sondern auch zunichte machen. Eine konkrete Verfolgung seiner Person aus einem der in der Konvention genannten Gründen sei aber aus dem Vorfall und seinen Folgen nicht erkennbar. Auf die Einvernahme der beantragten Zeugen habe verzichtet werden können, weil sie zum Nachweis allgemeiner Lebensumstände im Heimatland der Beschwerdeführer dienen sollten oder zum Nachweis eines Sachverhaltes, der nicht bezweifelt werde. Es sei den Beschwerdeführern im gesamten Verwaltungsverfahren nicht möglich gewesen, konkrete gegen ihre Person gerichtete Verfolgungshandlungen im Sinne der Konvention darzutun. Ihr Vorbringen enthalte keine konkrete Verfolgungshandlungen. Soweit es sich nicht auf ihre Person bezöge, lägen keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetzes vor. Die Zugehörigkeit zu einer Minderheit allein könne nicht als Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft angesehen werden. Die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte, lediglich subjektiv empfundene Furcht sei ebensowenig wie der Hinweis auf Medienberichte als Fluchtgrund im Sinne der Konvention anzusehen.
Gegen diese Bescheide richten sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerden. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und hierüber erwogen:
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126 (Asylgesetz), in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen ist ein Fremder Flüchtling im Sinne des Gesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschn. A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschn. C oder F dieser Konvention vorliegt. Art. 1 Abschn. A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Soweit die Beschwerdeführer auf die allgemeine schwierige Lage hinweisen, der Ungarn im Heimatstaat der Beschwerdeführer ausgesetzt seien, stellt dies keine Verfolgung im Sinne der Konvention dar.
Kern des Vorbringens der Beschwerdeführer ist Furcht vor Verfolgung durch Angehörige der Securitate, weil der Erstbeschwerdeführer Nachforschungen über jenen Polizisten angestellt habe, der seinen Vetter bei einer Demonstration erschossen habe. Schon nach dem Wortlaut der Konvention muß die Verfolgung von den staatlichen Behörden ausgehen. Die gegenüber den Beschwerdeführern telefonisch geäußerten Drohungen sind, wie die Beschwerdeführer selbst zugeben, nicht von den staatlichen Behörden ausgegangen. In den Beschwerden wird erstmals die Behauptung aufgestellt, daß der Heimatstaat der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, bestimmte Volks- oder Personengruppen vor der Verfolgung durch bestimmte Gruppen zu schützen. Die Beschwerdeführer haben aber im gesamten Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht, sie hätten zu ihrem Schutz die staatlichen Stellen ohne Erfolg angerufen, weshalb auch diese Ausführungen nicht zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide führen konnten. Soweit die Beschwerdeführer die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden über den Demokratisierungsprozeß in Rumänien bekämpfen, ist ihnen zwar grundsätzlich beizupflichten, doch kann dies den Beschwerden schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Beschwerdeführer im Verfahren niemals vorgebracht haben, wegen der Teilnahme an den Demonstrationen, die zur Revolution führten, von den staatlichen Behörden verfolgt worden zu sein.
Da die Beschwerden sich sohin als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 und 59 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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