VwGH 90/19/0505

VwGH90/19/050511.11.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des XY in F, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 29. September 1990, Zl. Frb-4250/90, betreffend Versagung einer Bewilligung gemäß § 6 Abs. 1 zweiter Satz Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
FrPolG 1954 §3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrPolG 1954 §3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §6 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 2. März 1990 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, ein bis zum 31. Dezember 1999 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen.

Mit Schreiben vom 15. März 1990 stellte er den Antrag, gemäß § 6 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz

"a) das über XY verhängte Aufenthaltsverbot nicht zu vollstrecken;

b) XY zu erlauben, das österreichische Bundesgebiet wiederholt zu betreten;

c) das Aufenthaltsverbot nicht als Grundlage für die Aufhebung bzw. Versagung des Sichtvermerkes bzw. der Arbeitsbewilligung zu verwenden", und zwar bis zum Abschluß der bei den Höchstgerichten einzuleitenden Verfahren gegen das mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 2. März 1990 erlassene Aufenthaltsverbot.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 10. April 1990 wurde gemäß § 6 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. Verfassungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der eingebrachten Beschwerde "unter folgenden Auflagen und Bedingungen aufgeschoben:

1. Der Fremde wird weder verwaltungsrechtlich noch gerichtlich straffällig.

2. Der Fremde geht einer geregelten Arbeit nach".

Dieser Bescheid enthält den Hinweis, daß gemäß § 58 Abs. 2 AVG eine Begründung entfalle, weil dem Antrag stattgegeben worden sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. April 1990 Berufung.

Mit Bescheid vom 25. April 1990 wies die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch gemäß § 6 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung, das österreichische Bundesgebiet wiederholt betreten zu dürfen, ab und führte begründend aus, durch die Erteilung der beantragten Bewilligung könnte die "Schleppertätigkeit", deretwegen gegen den Beschwerdeführer das Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, erleichtert werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 2. Mai 1990 Berufung, in der er ausführte, der Erlassung des Bescheides vom 25. April 1990 stehe das anhängige Berufungsverfahren betreffend den Bescheid vom 10. April 1990 entgegen. Im übrigen benötige er die beantragte Bewilligung zu Verwandtenbesuchen in der Türkei und müsse die im Bescheid vom 25. April 1990 von der Behörde geäußerte Befürchtung entschieden zurückweisen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. September 1990 gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge und führte begründend aus, im Hinblick darauf, daß es sich bei der Bewilligung gemäß § 6 Abs. 1 zweiter Satz Fremdenpolizeigesetz und einem Vollstreckungsaufschub gemäß § 6 Abs. 2 leg. cit. um zwei voneinander unabhängige Angelegenheiten handle, sei ein getrennter bescheidmäßiger Abspruch möglich gewesen. Der Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 10. April 1990 habe nur den Vollstreckungsaufschub betroffen, sodaß dieser Bescheid und das darüber anhängige Berufungsverfahren der Erlassung des Bescheides vom 25. April 1990 nicht entgegengestanden sei. Im übrigen teile die belangte Behörde die Auffassung der erstinstanzlichen Behörde, daß die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 6 Abs. 1 zweiter Satz Fremdenpolizeigesetz zu versagen gewesen sei, um zu verhindern, daß der Beschwerdeführer weiterhin als Schlepper agiere.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Gemäß § 6 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz hat der Fremde, gegen den ein Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, das Gebiet, in dem ihm der Aufenthalt verboten ist, innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Bescheides zu verlassen. Er darf dieses Gebiet während der Geltungsdauer des Aufenthaltsverbotes ohne Bewilligung nicht wieder betreten.

Gemäß § 6 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde die im Abs. 1 festgesetzte Frist bei Gefahr im Verzuge verkürzen oder aus Billigkeitsgründen verlängern. Ebenso kann sie die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes aus triftigen Gründen aufschieben. Der Aufschub kann an Bedingungen geknüpft oder mit Auflagen erteilt werden.

2. Der Beschwerdeführer vertritt auch im Beschwerdeverfahren die Auffassung, der Erlassung des Bescheides vom 25. April 1990 sei das Berufungsverfahren betreffend den Bescheid vom 10. April 1990 entgegengestanden, weil der Prozeßgegenstand in beiden Berufungsverfahren identisch sei.

Diese Auffassung ist verfehlt. Nach dem unmißverständlichen Inhalt des Spruches des Bescheides vom 10. April 1990 hat die erstinstanzliche Behörde damit über den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung des Vollstreckungsaufschubes (entsprechend lit. a des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages vom 15. März 1990) abgesprochen. Ein darüber hinausgehender normativer Inhalt, insbesondere eine Entscheidung über die vom Beschwerdeführer beantragte Bewilligung zum wiederholten Betreten des Bundesgebietes, ist dem Bescheid vom 10. April 1990 nicht zu entnehmen, weshalb die erstinstanzliche Behörde noch über diesen Antrag zu entscheiden hatte, wollte sie nicht säumig werden. "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 erster Satz AVG ist für die Berufungsbehörde die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat (siehe dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11237/A), und nicht - wie der Beschwerdeführer offenbar meint - das, was der Berufungswerber zum Inhalt der Berufungsschrift gemacht hat.

3. Mit seinen weiteren Ausführungen versucht der Beschwerdeführer ausschließlich die Unrichtigkeit des Bescheides der belangten Behörde vom 2. März 1990, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, darzutun. Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 6 Abs. 1 zweiter Satz Fremdenpolizeigesetz mit Erfolg nicht darauf gestützt werden kann, das rechtskräftige Aufenthaltsverbot sei zu Unrecht erlassen worden. Die Richtigkeit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes kann nur in dem diesbezüglichen Rechtsmittelverfahren einer Überprüfung unterzogen werden.

4. Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren auf Ersatz des Vorlageaufwandes war abzuweisen, weil die belangte Behörde die Verwaltungsakten nicht in diesem Beschwerdeverfahren, sondern in dem ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden Verfahren zur hg. Zl. 90/19/0447 vorgelegt hat.

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