VwGH 90/19/0013

VwGH90/19/001322.3.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 30. November 1989, Zl. 8-42 He 4/2-89, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §7 Abs1;
JagdG Stmk 1986 §76;
JagdG Stmk 1986 §77;
JagdRallg;
VStG §38;
AVG §7 Abs1;
JagdG Stmk 1986 §76;
JagdG Stmk 1986 §77;
JagdRallg;
VStG §38;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur (BH) vom 30. Dezember 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei als beeidetes Jagdschutzorgan seiner Verpflichtung, den durch seinen Sohn Harald H. am 18. Juni 1988 um ca. 20.30 Uhr im Jagdrevier G. im Gemeindegebiet G. während der Schonzeit erlegten Gamsbock der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, nicht nachgekommen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 76 Abs. 1 des Steiermärkischen Jagdgesetzes begangen. Über ihn wurde gemäß § 77 leg. cit. eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die Steiermärkische Landesregierung (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 30. November 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis mit der Maßgabe, daß die übertretene Rechtsvorschrift § 77 in Verbindung mit § 76 Abs. 1 Steiermärkisches Jagdgesetz 1986, LGBl. Nr. 23, zu lauten habe.

Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für die Erledigung der Beschwerde von Belang - zusammengefaßt aus, sie habe davon abgesehen, den vom Beschwerdeführer beantragten Ortsaugenschein durchzuführen, da für das Verfahren nicht entscheidend sei, ob der Zeuge O. von seinem Beobachtungsstandpunkt aus sehen habe können, ob der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Sohn einen Gams- und einen Rehbock oder zwei Rehböcke verladen habe. Entscheidend sei vielmehr die Tatsache, daß der Beschwerdeführer mit einem anderen Mann zwei Stück Wild verladen habe. Es stehe nämlich unbestritten fest, daß der Sohn des Beschwerdeführers einen Gamsbock und der Beschwerdeführer einen Rehbock geschossen habe. Es bestehe daher kein Grund, daran zu zweifeln, daß der Zeuge O. die für die Übertretung maßgebliche Tathandlung (die gemeinsame Verladung von zwei Stück Wild durch den Beschwerdeführer und seinen Sohn) tatsächlich beobachtet und nicht frei erfunden habe. Der Aussage des Sohnes des Beschwerdeführers habe kein Glauben geschenkt werden können. Er habe erst nach anfänglichem Leugnen ein Geständnis abgelegt. Seine Behauptung, er habe den erlegten Gamsbock 400 m bergan transportiert und dann des Nachts weggeführt sei unhaltbar, da bei den umfangreichen Erhebungen am Tag nach dem Abschuß in dem von dem Zeugen bezeichneten Bereich trotz weichen Erdreiches keine Spuren von Reifen eines Pkws vorgefunden hätten werden können. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe den Vorfall deshalb nicht zur Anzeige bringen dürfen, weil auf ihn als beeidetes Jagdschutzorgan die Bestimmungen des AVG Anwendung finden würden und gemäß § 7 leg. cit. Verwaltungsorgane sich der Ausübung ihres Amtes in Sachen zu enthalten hätten, an denen ein Verwandter oder Verschwägerte in auf- oder absteigender Linie beteiligt sei. Ein beeidetes Jagdschutzorgan handle zwar für die Behörde, sei aber selbst nicht Behördenorgan.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht bestraft zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wird vom Beschwerdeführer wie schon im Verwaltungsstrafverfahren der Einwand erhoben, dem Beschwerdeführer könne die Unterlassung der Anzeige nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil dem gemäß dem Steiermärkischen Jagdgesetz 1986 bestellten Jagdschutzpersonal (§ 34 leg. cit.) in Ausübung des Dienstes die Stellung eines Organes der Steiermärkischen Landesjägerschaft und somit einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes zukomme. Gemäß Art. II Abs. 2 B Z. 27 EGVG 1950 sei auf das behördliche Verfahren der Organe der Körperschaften des öffentlichen Rechtes das AVG in vollem Umfang, das VStG mit Ausname der Bestimmungen der §§ 37, 39, 50 und 56 anzuwenden. Gemäß § 7 Abs. 1 AVG hätten sich Verwaltungsorgane unter anderem in Sachen, an denen ein Verwandter oder Verschwägerter in auf- oder absteigener Linie beteiligt seien, der Ausübung ihres Amtes zu enthalten. Aber auch wenn man dieser Ansicht nicht folge, ließe sich aus § 76 Abs. 1 Steiermärkisches Jagdgesetz 1986 nicht die Verpflichtung zur Anzeige naher Verwandter ableiten, zumal der Beschwerdeführer gemäß § 38 VStG sogar von der Ablegung eines Zeugnisses gegen seinen Sohn befreit sei.

Dieser Einwand ist nicht stichhältig.

Gemäß § 34 Abs. 1 Steiermärkisches Jagdgesetz 1986 ist jeder Besitzer oder Pächter einer Eigenjagd der im § 3 bezeichneten Art und jeder Pächter einer Gemeindejagd verpflichtet, zur Beaufsichtigung der Jagd und zum Schutz des Lebensraumes des Wildes (§ 35 Abs. 2) Jagdschutzpersonal in entsprechender Anzahl zu bestellen und dieses von der für das Jagdgebiet zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde bestätigen und beeiden zu lassen. Jagdschutzorgane sind demnach qualifizierte physische Personen, die zur Beaufsichtigung der Jagd und zum Schutz des Lebensraumes des Wildes vom Jagdausübungsberechtigten bestellt und durch die Bezirksverwaltungsbehörde mit einer öffentlichen Funktion betraut werden. § 7 AVG 1950 bezieht sich nur auf das Verfahren vor der erkennenden Behörde. Ein solches Verfahren war naturgemäß im Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer die Anzeige erstatten hätte müssen, nicht einmal anhängig. Der Verweis des Beschwerdeführers auf § 7 AVG 1950 und § 38 VStG 1950 ist daher nicht geeignet, ihn von der ihm angelasteten Unterlassung der Anzeigenerstattung zu exkulpieren.

§ 76 des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986 sieht aber keine Ausnahme von der Verpflichtung des Jagdschutzpersonals, wahrgenommene Übertretungen der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, für den Fall vor, daß die Übertretung durch nahe Angehörige begangen worden ist.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerde der belangten Behörde zum Vorwurf, sie habe zu Unrecht von der Durchführung des von ihm beantragten Ortsaugenscheines Abstand genommen. Die belangte Behörde gehe davon aus, daß der Zeuge O. gesehen habe, wie der Beschwerdeführer und sein Sohn zwei Stück Wild in den Geländewagen des Beschwerdeführers geladen hätten. Obwohl diese Aussage der des Sohnes des Beschwerdeführers widersprochen habe, habe die belangte Behörde nicht überprüft, "aus welcher Warte der Zeuge O. das Geschehen beobachtet hatte".

Der Verwaltungsgerichtshof vermag in der Abstandnahme von dem vom Beschwerdeführer beantragten Ortsaugenschein keinen Verfahrensfehler zu erblicken. Vom Beschwerdeführer wurde im Verwaltungsstrafverfahren bestritten, von dem Abschuß eines Gamsbockes während der Schonzeit durch seinen Sohn am 18. Juni 1988 Kenntnis erlangt zu haben. Zur Anzeige gebracht wurde der Abschluß am 19. Juni 1988 durch das beeidete Jagdschutzorgan Karl O. Als Zeuge vernommen gab Karl O. an, er habe gesehen, daß sowohl ein Rehbock als auch ein Gamsbock vom Beschwerdeführer und dessen Sohn in den Geländewagen des Beschwerdeführers verladen worden seien. Dieser Aussage, die durch die bei den noch am Tag der Anzeige von der Gendarmerie an Ort und Stelle durchgeführten eingehenden Erhebungen vorgefundenen Spuren erhärtet wird, stand die Behauptung des Beschwerdeführers entgegen, er habe nur den von ihm erlegten Rehbock in den Geländewagen verladen und könne sich die gegenteilige Behauptung des Zeugen O. nicht erklären. Der Sohn des Beschwerdeführers gab nach anfänglichem Leugnen den Abschuß eines Gamsbockes zu, behauptete jedoch, er habe aus Angst vor seinem Vater den erlegten Gamsbock bis ca. 300 m nördlich des Anschusses im Jungwald gezogen und dort liegengelassen, um ihn in der Nacht mit seinem Pkw abzutransportieren. Wie die Gendarmerie bei ihren Erhebungen festgestellt hat, führt ca. 30 m unterhalb der Schußabgabestelle eine Forststraße vorbei. Die Feststellung, daß entgegen der Behauptung des Sohnes des Beschwerdeführers sowohl der vom Beschwerdeführer erlegte Rehbock als auch der vom Sohn des Beschwerdeführers erlegte Gamsbock vom Beschwerdeführer und dessen Sohn in den Geländewagen des Beschwerdeführers verladen worden seien, ist nicht als unschlüssig zu erkennen. Es kann auch keine Unschlüssigkeit darin erblickt werden, wenn die belangte Behörde auf Grund der festgestellten Schleifspuren von dem erlegten Gamsbock, die übrigens mit den Angaben des Sohnes des Beschwerdeführers übereinstimmen, im Zusammenhalt mit der Tatsache, daß ca. 30 m unterhalb der Schußabgabestelle eine Forststraße vorbeiführt, die Ansicht vertrat, es wäre nicht glaubwürdig, daß der Sohn des Beschwerdeführers sich die Mühe gemacht hätte, den erlegten Gamsbock 400 m bergan zu ziehen, wenn er tatsächlich die Absicht gehabt hätte, das erlegte Wild ohne Wissen seines Vaters des Nachts allein abzutransportieren. Die Abstandnahme von der Durchführung des vom Beschwerdeführer beantragten Ortsaugenscheines bildet keinen Verfahrensmangel, da der Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht erklärt hat, welche zu seiner Entlastung geeigneten Tatsachen durch den Ortsaugenschein bewiesen werden sollten. Sein Beweisantrag lief vielmehr auf einen im Verwaltungsverfahren unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren niemals behauptet, daß und aus welchen Gründen der Zeuge Karl O. ihn nicht von seinem Standort aus bei der Verladung des Wildbrets beobachten habe können.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere Art. III Abs. 2.

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