VwGH 90/16/0210

VwGH90/16/021014.2.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Kramer als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des MR gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. September 1990, Zl. GA 14-1/R-191/1/90, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
BAO §183 Abs4;
BAO §93 Abs2;
BAO §93;
FinStrG §11;
FinStrG §114 Abs3;
FinStrG §114;
FinStrG §115;
FinStrG §136;
FinStrG §137;
FinStrG §35 Abs1;
FinStrG §56 Abs2;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §82 Abs3;
FinStrG §82;
FinStrG §83 Abs2;
FinStrG §83;
BAO §115 Abs1;
BAO §183 Abs4;
BAO §93 Abs2;
BAO §93;
FinStrG §11;
FinStrG §114 Abs3;
FinStrG §114;
FinStrG §115;
FinStrG §136;
FinStrG §137;
FinStrG §35 Abs1;
FinStrG §56 Abs2;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §82 Abs3;
FinStrG §82;
FinStrG §83 Abs2;
FinStrG §83;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte das Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 14. März 1989 gegen den Beschwerdeführer gemäß § 82 Abs. 3 FinStrG das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, daß er 1985 und 1986 anläßlich von sechs konkret bezeichneten Einreisen aus Ungarn gemeinsam mit S und SR vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren (wie Uhren, Silber-, Porzellan- und Messinggegenstände), die nach Anzahl, Art und Beschaffenheit sowie nach ihrem Wert im Spruch einzeln angeführt worden waren, und 1986 anläßlich einer konkret bezeichneten Einreise aus Ungarn vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren (Porzellan und Gläser) unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen und im Dezember 1985 anläßlich seiner Ausreise aus Österreich vorsätzlich 180 Stück Baumwolljeans im Werte von 41.400 S unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht in der Ausfuhr dem Zollverfahren entzogen und hiemit Finanzvergehen nach § 35 Abs. 1 FinStrG begangen habe. Zur Begründung war ausgeführt worden, der dieser Einleitung zugrundeliegende Sachverhalt stütze sich auf die Aussagen des S vom 13. und 19. Mai 1987, auf die eigenen Aussagen des Beschwerdeführers vom 13. und 19. Mai 1987, auf die Aussagen des G vom 23. April 1987 vor der bescheiderlassenden Finanzstrafbehörde sowie auf die weiteren amtlichen Ermittlungsergebnisse.

Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 13. September 1990 der (Administrativ-)Beschwerde (§ 152 Abs. 1 FinStrG) des Beschwerdeführers, in der er die Einleitung des Finanzstrafverfahrens als rechtswidrig bezeichnete, weil die seinem auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgewiesenen Rechtsfreund anläßlich der am 24. Mai 1989 (richtig wohl: 25. April 1989) gewährten Akteneinsicht ausgefolgten Abschriften der beiden Niederschriften vom 13. und 19. Mai 1987 keine ausreichenden Verdachtsmomente für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens enthielten, keine Folge. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, ausgeführt, die bisherigen Ermittlungsergebnisse zeigten, daß eine Vielzahl der von S an G verkauften Waren vorher vom Beschwerdeführer gemeinsam mit S und dem Bruder des Beschwerdeführers, SR, aus Ungarn eingeschmuggelt worden seien. Nach den detaillierten Angaben des S seien diese Geschäfte in Gewinnabsicht getätigt worden, woraus der subjektive Tatbestand (Ersparnis der Eingangsabgaben) klar ersichtlich sei. Ein weiterer Hinweis für die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Finanzvergehen werde in der Aussage des Beschwerdeführers vom 19. Mai 1987 selbst erblickt, wonach er zugegebenermaßen öfters pro Ungarnfahrt ca. 30 Jeans in Österreich am Mexikoplatz angekauft und in seinem Personenkraftwagen nach Ungarn geschmuggelt habe. Von seiner Freundin B seien sodann jeweils Silbergegenstände angekauft worden, die sie vorher in Ungarn erworben habe. Die drei obgenannten Personen seien dann gemeinsam nach Österreich zurückgefahren. Es scheine somit naheliegend, daß der Erlös der geschmuggelten Jeans zur Finanzierung des Schmuggels der Silberwaren gedient habe. Zur Frage der genauen Beteiligung des Beschwerdeführers an der Tat werde noch die Aussage seiner Freundin B einzuholen sein. Bis jetzt stehe jedenfalls fest, daß die drei genannten Personen gemeinsam Schmuggelfahrten durchgeführt hätten. Angesichts der Gleichwertigkeit der drei Täterschaftsformen des § 11 FinStrG könne dem Beschwerdeführer die vorläufig vorgenommene Subsumtion unter die Täterschaftsform des unmittelbaren Täters nicht zum Nachteil gereichen. Ob dieser Verdacht zur Überzeugung der Finanzstrafbehörde, der Beschwerdeführer habe die ihm zur Last gelegten Finanzvergehen tatsächlich begangen, führen werde, sei dem Ergebnis des fortzusetzenden Untersuchungsverfahrens nach §§ 114 ff FinStrG und dem Straferkenntnis vorbehalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in dem Recht auf Einstellung der gegen ihn geführten Vorerhebungen verletzt. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit unter Wiedergabe des § 82 Abs. 3 FinStrG vor, daß aus den dort aufgezählten Gründen von der Einleitung eines Verfahrens hätte Abstand genommen werden müssen. Auf Grund der Aktenteile, in die sein Rechtsfreund habe einsehen können, sei der von der belangten Behörde angenommene Verdacht keineswegs anzunehmen. Der Beschwerdeführer bestreite in allen seinen Aussagen entschieden, die ihm zur Last gelegten Straftaten begangen zu haben. Andere Aktenteile, als die mit ihm aufgenommenen Niederschriften, seien dem Beschwerdeführer bei der Akteneinsicht nicht ausgefolgt bzw. die Einsicht in andere als diese verwehrt worden. Dem Beschwerdeführer sei es daher unmöglich, seine Rechte wahrzunehmen. Es sei aber mit den ein rechtsstaatliches Verfahren tragenden Grundsätzen des Parteiengehörs und der freien Beweiswürdigung unvereinbar, einen Bescheid auf Beweismittel zu stützen, die der Partei nicht zugänglich seien.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung, vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt diese Prüfung, daß die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz nach der Anordnung des Abs. 3 erster Satz der zuletzt zitierten Gesetzesstelle das Strafverfahren einzuleiten.

Im Beschwerdefall geht der Streit darüber, ob die belangte Behörde die sich auf der Grundlage des § 82 Abs.1 FinStrG stellende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens dem Gesetz entsprechend beantwortete oder nicht.

Da die Einleitungsverfügung einen Bescheid darstellt (vgl. den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1988, B 92/88), gelten gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG für Inhalt und Form die Vorschriften der Bundesabgabenordnung über Inhalt und Form von Bescheiden (§ 93 BAO). Für die Beantwortung der Frage, was in den Spruch der Einleitungsverfügung (§ 93 Abs. 2 BAO) aufzunehmen ist, ist auf Funktion und Rechtswirkungen dieses Aktes zurückzugreifen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinen Erkenntnissen vom 21. September 1982, Zl. 81/14/0062, Slg. Nr. 5707/F und vom 17. Feber 1983, Zl. 81/16/0187, Slg. Nr. 5761/F, mit der Rechtsnatur der Einleitungsverfügung eingehend auseinandergesetzt und in den Entscheidungsgründen dargelegt, daß durch die im § 83 Abs. 2 FinStrG vorgesehene Bekanntgabe der in Betracht kommenden Strafbestimmungen im speziellen dem Beschuldigten die Verantwortung vor der Finanzstrafbehörde erleichtert und ihm ermöglicht werden soll, auch Einwände gegen das Vorliegen der einzelnen Elemente des in Betracht kommenden Tatbestandes vorzubereiten.

Im Spruch der Einleitungsverfügung muß daher, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Jänner 1990, Zl. 89/16/0183, dargelegt hat, das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen umschrieben werden; die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung der Einleitungsverfügung ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Der Verdacht muß sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken.

Wie bereits oben dargelegt, genügt es für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens, wenn gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt.

Ein VERDACHT kann immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (vgl. im Zusammenhang die Ausführungen im Erkenntnis vom 25. Jänner 1990, Zl. 89/16/0183). "Verdacht" ist mehr als eine bloße Vermutung. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht aus.

Dem Beschwerdeführer wurde das Finanzvergehen des Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG zur Last gelegt, begangen als unmittelbarer Täter.

Gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG macht sich des Schmuggels schuldig, wer eingangs- oder ausgangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzieht.

(Unmittelbarer) Täter dieses Finanzvergehens kann somit nur sein, wen eine zollrechtliche Stellungs- oder Erklärungspflicht trifft. Andere PERSONEN kommen im Hinblick auf § 11 FinStrG allerdings als Bestimmungstäter oder sonst zur Ausführung des Delikts Beitragende in Betracht.

In Ansehung der Bezeichnung des Subjektes mit "wer" ist der Personenkreis, der als Täter für das Finanzvergehen des Schmuggels ins Frage kommt, unbeschränkt. Tatsächlich kann aber (unmittelbarer) Täter nur diejenige natürliche Person sein, die eine zollrechtliche Stellungs- oder Erklärungspflicht zu erfüllen hat.

Da die abschließende rechtliche Beurteilung des dem Beschuldigten zur Last gelegten Verhaltens in der Einleitungsverfügung nicht erforderlich ist, gereicht angesichts der Gleichwertigkeit der drei Täterschaftsformen des § 11 FinStrG die hier vorgenommene Subsumtion unter die allenfalls falsche Täterschaftsform nicht zum Nachteil (vgl. Kienapfel, Strafrecht, AT E 2 RN 46 und die dort zitierte Judikatur).

Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführte, hat sie den Verdacht für das Vorliegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG und damit auch für das vorsätzliche Handeln des Beschwerdeführers aus dem bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden niederschriftlichen "Gegenüberstellungsprotokoll" vom 19. Mai 1987, von welchem seinem Rechtsfreund anläßlich der am 25. April 1989 gewährten Akteneinsicht nach Ausweis der Verwaltungsakten eine Abschrift ausgefolgt worden war, geschlossen.

Anläßlich der an diesem Tage erfolgten Gegenüberstellung war dem S vom Verhandlungsleiter nachfolgende Frage gestellt worden:

"Bleiben Sie bei Ihre Aussagen, daß Sie im Zeitraum Oktober 1985 bis zumindest Jänner 1986 Schmuggelfahrten mit MR von Ungarn nach Österreich durchgeführt haben?"

Diese Frage beantwortete S wie folgt:

"Es ist richtig, daß ich gemeinsam mit MR Schmuggelfahrten von Ungarn nach Österreich unternommen habe. Bei diesen Schmuggelfahrten war auch dessen Bruder SR beteiligt."

Darauf antwortete der Beschwerdeführer: "Ich kann nur bei meiner bisherigen Aussage bleiben, daß ich mit dem Schmuggel von Ungarn nach Österreich nichts zu tun habe. Ich kann nur sagen, daß S die Unwahrheit spricht. Ich gebe an, daß ich öfters Jeans in Österreich angekauft habe und nach Ungarn verbrachte. Ich habe pro Ungarnfahrt ca 30-Jeans in Österreich am Mexikoplatz angekauft und mit meinem Pkw nach Ungarn geschmuggelt. In Hotels in Budapest habe ich die geschmuggelten Jeans weiterverkauft. Ich bezahlte am Mexikoplatz für 1 Stück Jean ca. S 230,--. In Ungarn erhielt ich pro Jean 1.200,-- Forint. In Ungarn habe ich auch immer meine Freundin B, welche in Budapest wohnhaft ist, besucht. Die genaue Anschrift von B kann ich nicht angeben und weiß ich nur Ihre Telefonnummer:

00361nnnnn1. Es ist richtig, daß B in Ungarn Silbergegenstände angekauft hat und hat Sie diese Silbergegenstände an Zoran S und an meinen Bruder SR weiterverkauft. Ich habe von meiner Freundin B keine Silbergegenstände angekauft. Diese Silbergegenstände wurden in den Pkw von S eingeladen und führte dieser den Schmuggel nach Österreich durch. Ich selbst bestreite jedoch mit dem Silberschmuggel etwas zu tun zu haben. Die Bezahlung erfolgte immer von S und von SR. Des weiteren bestreite ich, daß ich bei Verkäufen von Silber dabei war."

Mit der Darlegung des S, der seine ursprünglichen Aussagen vom 13. und 19. Mai 1987 bestätigte und sich bei der Gegenüberstellung in Anwesenheit des Verhandlungsleiters als Freund des Beschwerdeführers bezeichnete sowie dem Eingeständnis von Schmuggelfahrten mit Jeans nach Ungarn, hat die Begehung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Finanzvergehen einen Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht, der ihn von einer bloßen Vermutung abhebt. Es geht bei dieser Prüfung, ob tatsächlich genügende Verdachtsgründe iSd § 82 Abs. 1 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind, nicht darum, wie es dem Beschwerdeführer offenbar vorschwebt, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens gleichsam vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Verständigungen und Mitteilungen im Sinne eines ausreichenden VERDACHTES auch zutreffen. Ob der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 114 ff FinStrG und dem Straferkenntnis vorbehalten.

Das im Beschwerdefalle anzuwendende Verfahrensrecht ist das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren, welches im

2. Abschnitt des Finanzstrafgesetzes geregelt ist. Eine Verletzung der vom Beschwerdeführer zitierten Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist daher rechtens nicht möglich.

Das Recht des Beschuldigten auf Akteneinsicht ist in § 79 FinStrG geregelt. Es dient der Verwirklichung des dem Beschuldigten zustehenden Anspruchs auf rechtliches Gehör. Gemäß § 79 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde dem Beschuldigten in jeder Lage des Verfahrens und auch nach dessen Abschluß die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten, deren Kenntnis zur Geltenmachung oder Verteidigung seiner finanzstrafrechtlichen oder abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung solcher Pflichten erforderlich ist; sie kann ihm statt dessen auch Abschriften (Ablichtungen) ausfolgen.

Wenn der Beschwerdeführer dazu in der Beschwerde ausführt, bei seiner Akteneinsicht am 24. Mai 1987 (richtig wohl: 25. April 1989) sei seinem ausgewiesenen Rechtsfreund nur die Einsicht in die beiden Niederschriften vom 13. und 19. Mai 1987 gewährt worden, obwohl der Akt aus einem vollgefüllten Ordner bestanden habe, so ist ihm folgendes zu erwidern:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 9. April 1962, Zl. 528/59, Slg. Nr. 2622/F, und vom 6. Mai 1980, Zlen. 1217, 1306/79) ist es mit einem rechtsstaatlichen Verfahren zwar GRUNDSÄTZLICH nicht vereinbar, einen Bescheid auf Beweismittel zu stützen (hier: im Bescheid der Finanzstrabehörde erster Instanz auf die Aussagen des S vom

13. und 19. Mai 1979 sowie jene des G vom 23. April 1987), die dem Beschuldigten nicht zugänglich sind; vielmehr ist eine solche Vorgangsweise durch die §§ 114 Abs. 3 und 115 FinStrG untersagt.

Da es sich bei dem hier im Vorfeld des eigentlichen Finanzstrafverfahrens zu überprüfenden Verdachtsgrad um eine vorläufig gezogene Schlußfolgerung aus tatsächlichen Anhaltspunkten handelt, die im nachfolgenden förmlichen Untersuchungsverfahren, welches in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, zu bestätigen oder zu verwerfen sein wird, genügte es jedoch, daß die oben konkret dargestellten Umstände den VERDACHT begründeten.

Die in der Beschwerdeschrift weiters aufgestellte Behauptung, der erstinstanzliche Einleitungsbescheid stütze sich offenbar allein auf Aussagen des S, welche dem Beschwerdeführer nicht zugänglich seien, widerspricht der Aktenlage, weil die vom Beschwerdeführer eingesehene Niederschrift vom 19. Mai 1987 ("Gegenüberstellungsprotokoll") die oben wörtlich wiedergegebene Aussage des Genannten beinhaltet.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen, welche die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung nicht als rechtswidrig erkennen lassen, kommt der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, die der Beschwerdeführer in einer nicht hinreichend gewährten Akteneinsicht als gegeben annimmt, in Ansehung der von der belangten Behörde im Verdachtsbereich zu treffenden Entscheidung jedenfalls nicht die erforderliche Wesentlichkeit für die Erkenntnisfindung zu.

Da demnach der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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