Normen
ABGB §936;
ABGB §983;
GebG 1957 §17 Abs1;
GebG 1957 §2 Z3;
GebG 1957 §33 TP19 idF 1976/668;
GebG 1957 §33 TP19;
GebG 1957 §33 TP8 Abs1;
GebG 1957 §33 TP8;
GebG 1957 §33;
VwRallg;
ABGB §936;
ABGB §983;
GebG 1957 §17 Abs1;
GebG 1957 §2 Z3;
GebG 1957 §33 TP19 idF 1976/668;
GebG 1957 §33 TP19;
GebG 1957 §33 TP8 Abs1;
GebG 1957 §33 TP8;
GebG 1957 §33;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerde liegen zwei jeweils als "Darlehensvorvertrag" überschriebene, im wesentlichen gleichlautende Vertragsurkunden je vom 16. und 18. Jänner 1989 zugrunde, in denen sich die beschwerdeführende GmbH bereit erklärte, dem jeweiligen Vertragspartner "zum Zwecke der Anmeldung von Patenten" ... ein zinsenbegünstigtes Darlehen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag "unter nachstehenden Bedingungen in Hinkunft zuzuzählen." Die Punkte I. und II. der Vertragsurkunden lauten wörtlich:
"I.Widmung
(1) Dieses Darlehen ist ausschließlich zur Deckung von 75 Prozent der Kosten, die im Zusammenhang mit den Anmeldungen der oben bezeichneten Patente in den oben genannten Staaten entstehen, zu verwenden. Die restlichen 25 Prozent der Kosten sind durch Eigenleistung zu tragen. Als Kosten gelten dabei ausschließlich Aufwendungen für die Befassung eines inländischen Patentanwaltes, dessen ausländischen Korrespondenzpatentanwaltes, die Erstellung notwendiger Übersetzungen sowie die Begleichung amtlicher Gebühren inklusive der Jahresgebühren für die ersten beiden Jahre des Patentschutzes. Umsatzsteuerbeträge gelten nur dann als Kosten, wenn Sie im Zeitpunkt der Darlehenszuzählung nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind.
(2) Die gesamten Anmeldungen haben durch einen inländischen Patentanwalt zu erfolgen.
II. Darlehenszuzählung
(1) Das Darlehen wird nur unter der Bedingung und in dem Ausmaß zugezählt, als Sie einerseits mittels Kopie der Honorarnote des von Ihnen beauftragten inländischen Patentanwaltes nachweisen, daß Sie Ihre 25 prozentige Eigenleistung auf diese Kosten bereits erbracht haben. Die Zuzählung der Darlehensvaluta und damit der restlichen 75 Prozent der Kosten erfolgt namens und auftrags der Innovationsagentur durch die X-Kredit Aktiengesellschaft direkt an den von Ihnen beauftragten inländischen Patentanwalt, wozu Sie hiemit Ihr ausdrückliches Einverständnis erklären. Eine solche Zahlung gilt als Zuzählung der Darlehensvaluta an Sie und begründet Ihre Rückzahlungsverpflichtung.
(2) Die Zuzählung der Darlehensvaluta an eine andere Person als den von Ihnen beauftragten inländischen Patentanwalt ist grundsätzlich nicht vorgesehen und kann nur in Ausnahmefällen und in entsprechender Anwendung der Bestimmungen des Abs. 1 erfolgen. Ein Rechtsanspruch darauf besteht jedenfalls nicht.
(3) Das Darlehen wird nur in dem Ausmaß zugezählt, als Sie die gemäß Abs. 1 geforderten Nachweise bis spätestens 1. Jänner 1991 erbringen."
Mit zwei Bescheiden je vom 28. Juni 1989, schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien Rechtsgebühren nach § 33 TP 19 Abs. 1 Z. 1 GebG 1957 sowie feste Gebühren nach § 6 GebG 1957 und eine Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG vor.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 1990 wurden die beiden gleichlautenden Berufungen der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat darin die Auffassung, daß mit den gegenständlichen Vereinbarungen die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag eingeräumt worden sei.
In der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin hält darin der belangten Behörde entgegen, daß sie sich in den vorliegenden Urkunden lediglich bereit erklärt habe, den Darlehensnehmern in Hinkunft ein Darlehen zuzuzählen. Es werde die Gewährung eines Darlehens bloß versprochen oder in Aussicht gestellt. Derartige Verträge seien nicht gebührenpflichtig. Überdies macht die Beschwerdeführerin die Gebührenfreiheit nach § 2 Z. 3 GebG 1957 geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 GebG 1957 in der hier maßgeblichen Fassung unterliegen Kreditverträge, mit welchen den Kreditnehmern die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag eingeräumt wird, einer Rechtsgebühr.
Gemäß § 6 Abs. 2 GebG ist bei Rechtsgeschäften, die einer Hundertsatzgebühr unterliegen, für den zweiten und jeden weiteren Bogen der bezüglichen Schrift (Urkunde) eine feste Gebühr von je S 120,-- in Stempelmarken zu entrichten.
Wird eine Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig in Stempelmarken entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs. 1 GebG 1957 eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 v.H. der verkürzten Gebühr zu erheben.
Beim Kreditvertrag handelt es sich um einen den Vertragstypen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches nicht zuzuordnenden Vertrag sui generis (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1981, Zlen. 81/15/0005
bis 81/15/0009, Slg. Nr. 5590/F, mit ausführlichen Literaturhinweisen).
§ 33 TP 19 Abs. 1 GebG hat alle Kreditverträge im Sinne des Zivilrechtes zum Gegenstand, die dem Kreditnehmer die Möglichkeit einer Fremdfinanzierung privater oder betrieblicher Bedürfnisse aus vertraglich hiefür bereitgestellten Mitteln des Kreditgebers eröffnen. Das Tatbestandsmerkmal, daß dem Kreditnehmer mit dem Kreditvertrag die Verfügung über einen Geldbetrag eingeräumt wird, bedeutet, spiegelbildlich betrachtet, nichts anderes, als daß der Kreditnehmer auf Grund des Kreditvertrages rückzahlbare, verzinsliche Geldmittel des Kreditgebers vereinbarungsgemäß in Anspruch nehmen kann (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1981, Zlen. 81/15/0005 bis 81/15/0009).
Der Kreditvertrag ist ein Konsensualvertrag; er kommt bereits mit der Leistungsvereinbarung und nicht erst mit Erbringung der vereinbarten Leistungen zustande (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1981, Slg. Nr. 5590/F; SZ 35/125, SZ 51/81; Canaris im Großkommentar zum HGB3 III/3 Rdn 1200; Stanzl in Klang2 IV/1 707; Schinnerer-Avancini, Bankverträge3 II/1 ff).
Ein Vorvertrag ist im Sinn des § 936 ABGB eine verbindliche Vereinbarung, in Zukunft einen Vertrag mit einem bestimmten Inhalt abzuschließen. Zentrales Begriffsmerkmal des Vorvertrages ist der korrespondierende Wille der Parteien, nicht schon den Hauptvertrag abzuschließen, sondern seinen Abschluß erst zu vereinbaren, ein Hinausschieben der endgültigen Verpflichtungen, da die Zeit noch nicht reif ist (vgl. OGH vom 25. Juni 1976, 2 Ob 524/76, NZ 1978, S. 29).
Der Kreditvertrag ist kein Darlehensvertrag, weil dieser ein Realvertrag ist, bei dem der verbindliche Abschluß erst mit der Erbringung der vereinbarten Leistungen zustande kommt (§ 983 ABGB), aber auch kein Darlehensvorvertrag, da der Wille der Parteien nicht auf den künftigen Abschluß eines Vertrages gerichtet ist (vgl. OGH vom 7. Juni 1978, 3 Ob 542/77, SZ 51/81, und vom 17. Juni 1980, 4 Ob 504/80, JBl 1981, 90). Der Kreditvertrag schafft nämlich nicht bloß Anspruch auf Abschluß eines Hauptvertrages (Darlehensvertrages), sondern begründet bereits unmittelbar die in ihm vorgesehenen Leistungsansprüche und Leistungsverpflichtungen. Die Inanspruchnahme der Kreditsumme durch den Kreditnehmer erfolgt auf Grund des Kreditvertrages selbst in dessen Erfüllung und nicht erst auf Grund eines weiteren Vertrages (Darlehensvertrages; vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1981, Zlen. 81/15/0005 bis 81/15/0009).
Ungeachtet der Bezeichnung der vorliegenden Vertragsurkunden ("Darlehensvorvertrag"), die für die Entscheidung, welches Rechtsgeschäft nach dem Urkundeninhalt anzunehmen ist, ohne Bedeutung ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. März 1987, Zl. 85/15/0155), ist darin eine Vereinbarung, erst in Zukunft einen Vertrag, nämlich einen Darlehensvertrag, abzuschließen, nicht zu erkennen. Vielmehr hat sich die Beschwerdeführerin bereits durch die gegenständlichen Vereinbarungen zu der - von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängigen - Zuzählung bestimmter Geldbeträge verbunden. Von einem Hinausschieben der endgültigen Verpflichtung der Beschwerdeführerin kann somit keine Rede sein.
Die von der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Verträge begründen für den Fall der Erfüllung der in den Verträgen vorgesehenen Bedingungen unmittelbar die in ihnen vorgesehenen Leistungsansprüche und Leistungsverpflichtungen: Die Inanspruchnahme des "Darlehens"betrages durch die Vertragspartner erfolgt bereits auf Grund der vorliegenden Vereinbarung selbst in deren Erfüllung und nicht erst auf Grund eines weiteren Vertrages. Die Beschwerdeführerin hat somit den Partnern des Rechtsgeschäftes die Verfügung über bestimmte Geldbeträge eingeräumt, womit der Tatbestand nach § 33 TP 19 Abs. 1 GebG erfüllt ist.
Soweit die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf § 33 TP 8 Abs. 3 GebG 1957 darauf hinweist, daß in den vorliegenden Urkunden nicht der Erhalt der Darlehensvaluta bestätigt worden ist, ist ihr entgegenzuhalten, daß dem angefochtenen Bescheid eine Kreditvertragsgebühr im Sinne des § 33 TP 19 GebG zugrunde liegt. Die im § 33 TP 8 Abs. 3 GebG enthaltene unwiderlegliche Rechtsvermutung für das Zustandekommen eines Darlehensvertrages, eben eines Realkontraktes (vgl. dazu die Erläuterungen der Regierungsvorlage zur Gebührengesetz-Novelle 1976, 338 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XIV. GP.) ist allein im Bereich dieser Tarifpost, nicht aber im Bereich des Kreditvertrages im Sinne der § 33 TP 19 GebG von Bedeutung.
Die Beschwerdeführerin ist auch mit der auf § 2 Z. 3 GebG 1957 gestützten Auffassung, wonach eine persönliche Gebührenbefreiung der Beschwerdeführerin gegeben sei, nicht im Recht: Es trifft zwar zu, daß die Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Juni 1984 betreffend die Errichtung einer Innovationsagentur, BGBl. 256, abgabenrechtlich wie eine Körperschaft öffentlichen Rechts zu behandeln ist. Die angesprochene Befreiung nach § 2 Z. 3 GebG ist aber in sachlicher Hinsicht auf den "Schriftenverkehr" der dort genannten (juristischen) Personen mit den öffentlichen Behörden und Ämtern eingeschränkt. Es mag dahingestellt sein, für welche Arten von "Schriften" im Sinne des II. Abschnittes des Gebührengesetzes 1957 diese Befreiung von den Gebühren zur Anwendung kommt; eine Befreiung für ein mit einer Person des privaten Rechtes abgeschlossenes Rechtsgeschäft von einer Rechtsgebühr kann der Bestimmung des § 2 Z. 3 GebG keinesfalls entnommen werden.
Im Hinblick darauf, daß die beschwerdegegenständlichen Vereinbarungen somit einer Hundertsatzgebühr unterliegen, entsprach auch die Festsetzung der auf § 6 Abs. 2 GebG gestützten festen Gebühren sowie in weiterer Folge der Gebührenerhöhungen im Sinne des § 9 Abs. 1 GebG dem Gesetz.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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