Normen
ErbStG §2 Abs1 Z1;
GebG 1957 §15 Abs3;
GebG 1957 §33 TP16 Abs1 Z1 litc;
ErbStG §2 Abs1 Z1;
GebG 1957 §15 Abs3;
GebG 1957 §33 TP16 Abs1 Z1 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 23. November 1980 verstorbene Franz S. hatte seine Ehegattin - die Mutter des Beschwerdeführers - in einem Testament als Alleinerbin eingesetzt. Ein Gerichtsbeschluß vom 30. März 1981 hält fest, daß der Beschwerdeführer - der Adoptivsohn des Franz S. - sein gesetzliches Pflichtteilsrecht in Anspruch nehme und die Berichtigung des Pflichtteils mit der Witwe außergerichtlich regeln werde. Am 30. März 1981 wurde der Nachlaß des Franz S. seiner Witwe auf Grund des Testamentes zur Gänze eingeantwortet. Für den mit S 719.990,-- ermittelten Pflichtteil setzte die Abgabenbehörde gegenüber dem Beschwerdeführer mit endgültigem Bescheid vom 21. Mai 1982 die Erbschaftsteuer mit S 27.600,-- (rechtskräftig) fest.
Im Jahre 1986 schloß der Beschwerdeführer mit seiner Mutter ein auf den Tod des Franz S. rückwirkendes Pflichtteilsübereinkommen, das ausdrücklich vermerkt, daß die Berichtigung des Pflichtteils außergerichtlicher Regelung vorbehalten worden sei. Nach diesem Übereinkommen wurde der Pflichtteilsanspruch des Beschwerdeführers - beziffert wie im seinerzeitigen vorläufigen Erbschaftssteuerbescheid mit
S 719.283,-- - durch Geschäftsanteile, die dem Verstorbenen an einer Kommanditgesellschaft als Kommanditist zugestanden waren, abgefunden (überlassenes festes Einlagenkonto Anteil
S 91.666,--, überlassenes Verrechnungskonto Anteil
S 530.496,--). Das Finanzamt sah in dieser Abfindung die Überlassung eines Geschäftsanteiles durch die Mutter an den Beschwerdeführer im Sinne des § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG 1957 und setzte nach dieser Gesetzesstelle von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von S 719.283,-- die Rechtsgebühr von S 14.386,-- fest.
Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1982, Zl. B 66/81, Slg. Nr. 9446, und das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1985, Zl. 83/16/0178, Slg. Nr. 6058/F, sinngemäß ein, es handle sich bei der Abfindung des Pflichtteilsanspruches durch Hingabe der zum Nachlaß gehörenden Geschäftsanteile um eine Hingabe an zahlungsstatt, für die der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch die Rechtsgrundlage wäre. Damit sei der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG 1955 erfüllt und eine Rechtsgebühr gemäß § 15 Abs. 3 GebG 1957 nicht zu entrichten.
Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Es habe sich bei der Abgeltung der Pflichtteilsforderung nicht um einen erbrechtlichen Vorgang gehandelt, sondern um ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, durch das eine bestehende und anerkannte Forderung durch Überlassung des der Verpflichteten im Erbweg angefallenen Geschäftsanteiles beglichen worden sei. Zudem sei Franz S. 1980 verstorben, der Pflichtteil 1981 geltend gemacht worden, während die Abfindung des Pflichtteiles erst 1986 erfolgt sei. Ein Zusammenhang zwischen dem Tod des Erblassers und dem Vertrag aus dem Jahre 1986 könne nicht mehr bestehen, zumal selbst bei der Teilung des Nachlaßgrundstückes durch die Miterben die Befreiung gemäß § 3 Z. 3 GrEStG 1955 nicht anzuwenden sei, wenn die Teilung erst erfolge, nachdem der Nachlaß schon eingeantwortet worden wäre. Nach der Einantwortung stünden die einzelnen Nachlaßgegenstände bereits im Eigentum der Erben. Somit habe die Erbin kraft eigenen Rechtes über den ihr bereits eingeantworteten Gesellschaftsanteil verfügt, weswegen ein Rechtsgeschäft unter Lebenden vorliege. Die vom Beschwerdeführer ins Spiel gebrachte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffe die Hingabe eines Grundstückes an zahlungsstatt und nicht die Überlassung eines Gesellschaftsanteiles, die auch nach Fellner, Kommentar zur Erbschafts- und Schenkungssteuer, § 2 Tz 43 e, einer Rechtsgebühr unterliege. Der Rechtsgrund, der es dem Beschwerdeführer ermöglichte, den vom Erblasser hinterlassenen Geschäftsanteil nach einem bestimmten Verhältnis aufzuteilen, liege ausschließlich in dem Vertrag (Pflichtteilsübereinkommen). Es habe erst dieses Vertrages bedurft, also einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung unter Lebenden, um den von den Beteiligten gewünschten Rechtszustand herzustellen.
Der Beschwerdeführer erhob zunächst beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde, doch lehnte dieser Gerichtshof deren Behandlung mit Beschluß vom 28. November 1989, Zl. B 1317/88-7, ab. Nach Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof machte der Beschwerdeführer in einem ergänzenden Schriftsatz inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Grunderwerbsteuerbefreiung für den Grundstückserwerb von Todes wegen gemäß § 3 Z. 2 GrEStG 1955 hatte der Verwaltungsgerichtshof in seiner früheren Rechtsprechung die Auffassung vertreten, wenn ein Pflichtteilsberechtigter mit dem Erben ein Übereinkommen schließe, daß ihm aus dem Nachlaß anstelle des ausgesetzten Barlegates ein Grundstück zukommen solle, dann unterliege der Erwerb des Grundstückes, da es sich um ein Rechtsgeschäft unter Lebenden handle, der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1955; die Befreiungsbestimmung des § 3 Z. 2 GrEStG 1955 könne nicht zur Anwendung gelangen.
Von dieser dort zitierten Rechtsprechung ging der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 12. Dezember 1985, Zl. 83/16/0178, Slg. Nr. 6058/F, ab. Er brachte in diesem Erkenntnis zum Ausdruck, daß es sich bei der Abfindung eines Pflichtteilsanspruches durch Hingabe von Grundstücken um eine Hingabe an zahlungsstatt im Sinne des § 1414 ABGB handle, die kein neues Schuldverhältnis begründe, sondern lediglich das alte Schuldverhältnis durch Erfüllung bzw. in Form eines "Erfüllungssurrogates" zum Erlöschen bringe. Gegenstand eines Pflichtteilsübereinkommens, das wie im Beschwerdefall auf Berichtigung des Pflichtteiles abziele, sei nicht die Errichtung einer neuen, sondern lediglich die Tilgung der bereits bestehenden Verbindlichkeit. Rechtsgrund für die Hingabe des Grundstückes sei, wie es im Erkenntnis des verstärkten Senates weiter heißt, unmittelbar der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch des Berechtigten, womit der Tatbestand "AUF GRUND eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches" des § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG 1955 erfüllt sei und ein Erwerb von Todes wegen vorliege.
Der Tatbestand eines Erwerbes auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG 1955 wird auf dem Boden der Erwägungen des verstärkten Senates nicht nur dann verwirklicht, wenn ein Grundstück, sondern auch dann, wenn zur Erfüllung des geltend gemachten Pflichtteilsanspruches ein Geschäftsanteil an einer Personengesellschaft hingegeben wird. Denn auch für die Hingabe des Geschäftsanteiles ist Rechtsgrund im Sinne des Erkenntnisses des verstärkten Senates der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch des Berechtigten. Derselben Auffassung ist auch Dorazil, ErbStG3, Seite 69, der eine Differenzierung zwischen Grundstücken und anderen Sachen im gegebenen Zusammenhang für unvertretbar hält und ausdrücklich den Fall erwähnt, in dem dem Pflichtteilsberechtigten in Abgeltung des geltend gemachten Pflichtteils ein Anteil an einer Personengesellschaft übertragen wird; die Pflicht zur Entrichtung einer Rechtsgebühr sollte in einem solchen Fall verneint werden.
Bei seiner letzten Aussage hat Dorazil zweifellos § 15 Abs. 3 GebG 1957 im Auge, wonach von der Gebührenpflicht unter anderem Rechtsgeschäfte ausgenommen sind, die unter das ErbStG 1955 fallen. Die belangte Behörde meint in der zur Beschwerde erstatteten Gegenschrift, § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG 1955 erfasse nicht die Abgabe einer Willenserklärung, also kein Rechtsgeschäft, sondern den auf Grund der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches eintretenden ERWERB, womit, wie zu folgern ist, § 15 Abs. 3 GebG 1957, bei dem das Rechtsgeschäft unter das ErbStG 1955 fallen muß, nicht zum Zug käme. Damit mißt die belangte Behörde dem § 15 Abs. 3 GebG 1957 aber ein zu enges Verständnis bei. Erkennbarer Sinn des § 15 Abs. 3 GebG 1957 ist es nämlich in bezug auf die Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Belastung desselben RECHTSVORGANGES (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1968, Zlen. 1079, 1080/67, vom 12. Dezember 1968, Zl. 60/68, vom 18. November 1971, Zl. 1209/79, vom 11. September 1989, Zl. 88/15/0155, und vom 29. Jänner 1990, Zl. 87/15/0082) mit dieser Steuer UND einer Rechtsgebühr zu vermeiden.
Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, §§ 15-18 B VI 2b, stellen bei der Erörterung der Gebührenfreiheit nach § 15 Abs. 3 GebG 1957 wegen Erbschafts- und Schenkungssteuerpflicht auf die Tatbestände ab, die unter das ErbStG 1955 fallen und erwähnen dabei ausdrücklich den ERWERB von Todes wegen gemäß § 2 ErbStG 1955. Auch nach Warnung-Dorazil, Stempel- und Rechtsgebühren4, Seite 367, kommt es schlüssig nur darauf an, ob der betreffende Rechtsvorgang der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegt, soll er von einer Rechtsgebühr ausgeschlossen sein:
"Nur der entgeltliche Erwerb eines Gesellschaftsanteiles unterliegt der Gebühr nach (§ 33 TP 16) Abs. 1 Z. 1 lit. c (GebG 1957). Der unentgeltliche, also schenkungsweise Erwerb oder der ERWERB VON TODES WEGEN unterliegt der Erbschaftssteuer (Schenkungssteuer) und daher gemäß § 15 Abs. 3 (GebG 1957) keiner Gebühr."
Auch für Arnold, Rechtsgebühren nach dem Stand
1. Jänner 1988, Kommentierung zu § 15 Abs. 3 GebG 1957, Seite 127, ist der ERWERB (eines Anteiles) an einer Personengesellschaft des Handelsrechts von Todes wegen gebührenfrei.
Der Verwaltungsgerichtshof folgt der Meinung des eben zitierten Schrifttums und teilt die Auffassung von Fellner, aaO, wenn der Pflichtteilsberechtigte zur Abgeltung seines Anspruches vom Erben einen Gesellschaftsanteil erhalte, dann habe er außer der Erbschaftssteuer für den Erwerb des Pflichtteiles für die Überlassung des Gesellschaftsanteiles eine Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG 1957 zu entrichten, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des verstärkten Senates nicht.
Der Rechtsvorgang der Übertragung der Geschäftsanteile an der KG auf den Beschwerdeführer erfolgte in Erfüllung des Pflichtteilsanspruches und stellte damit nach dem Erkenntnis des verstärkten Senates einen der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegenden Erwerb auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches entsprechend § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG 1955 dar, womit die(selbe) Übertragung der Geschäftsanteile gemäß § 15 Abs. 3 GebG 1957 von der bei Überlassung eines Geschäftsanteiles nach § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c dieses Gesetzes vorgesehenen Gebührenpflicht ausgenommen ist.
Die Tatsache, daß im Beschwerdefall das Pflichtteilsübereinkommen erst einige Jahre nach der Einantwortung abgeschlossen wurde, ändert nichts daran, daß der Beschwerdeführer (schon vor der Einantwortung) seinen Pflichtteil geltend gemacht hatte und mit dem Pflichtteilsübereinkommen Geschäftsanteile des Verstorbenen auf Grund des geltend gemachten Pflichtteilsanspruches in dessen Erfüllung erhielt. Einen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts (§ 22 BAO) hat weder die belangte Behörde behauptet noch ist ein solcher Mißbrauch für den Verwaltungsgerichtshof zu erkennen. Der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Tatbestand des § 3 Z. 3 GrEStG 1955, wonach der Erwerb eines zum Nachlaß gehörigen Grundstückes durch Miterben zur Teilung des Nachlasses von der Besteuerung nach dem GrEStG 1955 ausgenommen ist, gibt keine Auskunft darüber, ob ein Pflichtteilsberechtigter etwas auf Grund des geltend gemachten Pflichtteilsanspruches erwarb.
Die in der Gegenschrift erwähnten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 1981, Zl. 15/0734/80, und vom 16. September 1982, Zl. 15/1698/80, sind VOR dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom 12. Dezember 1985 ergangen und betrafen überdies nicht das Verhältnis des § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG zu § 15 Abs. 3 und § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. c GebG 1957.
Die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Gebührenfestsetzung entspricht somit nicht dem Gesetz. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG absehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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