VwGH 90/09/0115

VwGH90/09/011517.1.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der E-GmbH gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 31. Jänner 1990, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei, die in Wien ein Restaurant betreibt, hatte mit ihrem (undatierten) Antrag beim Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 (AuslBG), für den indischen Staatsangehörigen A für die Tätigkeit als Schankhilfe ersucht. Als spezielle Kenntnisse bzw. (besonderes) Ausbildungserfordernis gab die beschwerdeführende Partei "Sprach- und Fachkenntnisse" an.

Dieser Antrag war vom genannten Arbeitsamt mit Bescheid vom 8. August 1989 gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt worden, es läge ein unter Bedachtnahme auf die öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen bestehendes besonderes Bedürfnis der inländischen Wirtschaft nicht vor.

In ihrer innerhalb offener Frist erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen vor, der Bescheid der Behörde erster Instanz enthalte nur eine formularmäßige Scheinbegründung, die nicht nachvollziehbar sei. Es habe kein Ermittlungsverfahren stattgefunden; Ergebnisse von Ermittlungen seien der beschwerdeführenden Partei nicht zur Kenntnis gebracht worden, sodaß sie sich dazu nicht hätte äußern können. Sie begehre daher die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung. Die Berufung enthält ferner folgende Erklärung:

"Als weiters teilen wir dem Arbeitsamt mit, daß wir keine anderen Kräfte anstelle des beantragten Ausländers verwenden können. Es war uns durch monatelange Inserate nicht möglich, einen geeigneten Inländer zu finden, weshalb wir auf dieser Zurechnung bestehen müssen.

Wir möchten ferner noch ausführen, daß ein Vermittlungsantrag seit langem beim angeführten Arbeitsamt aufliegt und das Arbeitsamt nicht in der Lage war uns einen geeigneten Inländer zuzuweisen, weshalb wir auch aus diesem Grund auf der Vermittlung bestehen müssen."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31. Jänner 1990 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung wurde nach Wiedergabe der §§ 3 und 4 AuslBG und (formularmäßigen) allgemeinen Erörterungen über die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 leg. cit. im wesentlichen ausgeführt, vorab sei zu prüfen, ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die im Einzelfalll angestrebte konkrete Beschäftigung zulasse. Dies sei dann nicht der Fall, wenn die Beschäftigung von Inländern oder diesen auf Grund ihres Arbeitslosengeldanspruches gleichgestellten begünstigt zu behandelnden Ausländern gefährdet werde. Es sei festgestellt worden, daß A noch keine entsprechenden Dienstverhältnisse in Österreich nachweisen könne, auf Grund derer er Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung habe. Derzeit sei eine Ersatzstellung durch inländische und ausländische Kräfte, die Arbeitslosengeld bezögen und beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stünden, möglich. Für die konkrete Beschäftigung - Schankhilfe (ausdrücklich ohne spezielle Bildungserfordernis) stünden derzeit geeignete in- und ausländische Arbeitskräfte, die Arbeitslosengeld bezögen und beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkungen stünden, zur Verfügung. An der Vermittlung dieser Personen bestünde - im Hinblick auf die für einen Großteil dieser Personen aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung - ein dringendes öffentliches Interesse; diesem Personenkreis sei primär die Eingliederung in den Arbeitsprozeß zu ermöglichen. Sinn und Zweck einer Ersatzkraftstellung sei es daher herauszufinden, ob sich unter den beim Arbeitsamt vorgemerkten, im Leistungsbezug stehenden und deshalb bevorzugt zu behandelnden Ersatzkräften eine befinde, die bereit und fähig sei, die konkret beantragte Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Dazu sei es erforderlich, dem Arbeitgeber objektiv geeignete Bewerber zu vermitteln. Nur dann, wenn kein derart qualifizierter Arbeitnehmer gestellt werden könne, erlaube die Arbeitsmarktlage die Beschäftigung des beantragten Ausländers. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erübrige sich diese Beweisführung jedoch dann, wenn der Arbeitgeber die Stellung von Ersatzkräften von vornherein ohne zwingenden Grund ablehne. In ihrer Berufung habe die beschwerdeführende Partei der Behörde erster Instanz ausdrücklich mitgeteilt, daß sie keine anderen Kräfte an Stelle des beantragten Ausländers verwenden könne. Durch das Desinteresse der beschwerdeführenden Partei an der angebotenen Ersatzkraftstellung habe sie sich die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Dem Berufungsvorbringen, das ein Vermittlungsauftrag seit langem beim angeführten Arbeitsamt aufliege und das Arbeitsamt nicht in der Lage gewesen sei, einen geeigneten Inländer zuzuweisen, sei entgegenzuhalten, daß die beschwerdeführende Partei niemals einen Vermittlungsauftrag lautend auf Schankhilfe beim Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe getätigt habe. Die Berufung sei daher nicht geeignet, den beantragten Ausländer als einzige für den konkreten Arbeitsplatz geeignete Arbeitskraft erscheinen zu lassen. Im Hinblick auf die aufgezeigten Umstände sei daher die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 1 AuslBG nicht für vertretbar erachtet worden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 12. Juni 1990, B 177/90 u.a. (darunter auch Zl. B 399/90, die sich auf die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 1990 bezog) die Behandlung der Beschwerden ab und trat diese antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens verletzt und macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ist demnach an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich

1. daran, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt UND

2. wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Fehlt auch nur eine dieser beiden Tatbestandsvoraussetzungen, ist den Arbeitsämtern die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verwehrt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter Hinweis auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, beispielsweise das Erkenntnis vom 2. Juli 1987, Zl. 87/09/0051, vom 18. Februar 1988, Zl. 87/09/0289 und vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0149) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Dies wird aber immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben.

Diese Beweisführung erübrigt sich dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein und unbegründet abgelehnt wird (vgl. in diesem Sinn z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1987, Zl. 87/09/0012, vom 25. November 1987, Zl. 87/09/0164, vom 18. Februar 1988, Zl. 87/09/0289, vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0149 sowie vom 12. Juli 1990, Zl. 90/09/0047).

Die Behörde stützt ihren angefochtenen Bescheid im wesentlichen und hinreichend erkennbar darauf, die beschwerdeführende Partei habe eine Ersatzkraftstellung ohne ausreichende Begründung abgelehnt. Die in diesem Zusammenhang von der beschwerdeführenden Partei erhobene Verfahrensrüge, die Begründung des angefochtenen Bescheides lasse nicht erkennen, worauf sich die Nichterteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung stütze, geht daher ins Leere.

Nach der Aktenlage hat die beschwerdeführende Partei ausdrücklich in ihrer Berufung erklärt, keine andere Kraft an Stelle des beantragten Ausländers verwenden zu können. Den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei in ihrer Berufung, daß ein Vermittlungsauftrag seit langem beim zuständigen Arbeitsamt vorliege und dieses nicht in der Lage gewesen sei, ihr einen geeigneten Inländer zuzuweisen, ist entgegenzuhalten, daß sie der Feststellung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, dieses Vorbringen sei unzutreffend, in der Beschwerde nicht entgegengetreten ist. Ohne einen dem Arbeitsamt erteilten Vermittlungauftrag konnte aber keinesfalls davon als feststehend ausgegangen werden, daß sich unter den dort gemeldeten Arbeitssuchenden keine für den Betrieb der beschwerdeführenden Partei gewillte und geeignete Arbeitskräfte befunden hätten (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1990, Zl. 89/09/0120). Die privaten Bemühungen der beschwerdeführenden Partei, durch Inserate die Nachfrage an Arbeitskräften zu decken, vermag an diesem Umstand nichts zu ändern.

Soweit die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang in ihrer Beschwerde vorbringt, die Beschäftigung einer Ersatzkraft, die vielleicht vorhanden sei, sei deshalb nicht möglich, weil diese ihrem Anforderungsprofil nicht entspreche und nicht "Urdo", eine indische Sprache, die in ihrem Betrieb, in dem fast ausschließlich Inder tätig seien, "Betriebssprache" sei, beherrsche, ist folgendes zu entgegnen: Die im Antrag der beschwerdeführenden Partei in der Spalte "Spezielle Kenntnisse oder Ausbildung erforderlich" gemachte Angabe "Sprach- und Fachkenntnisse" läßt mangels weiterer Konkretisierung kein spezielles Anforderungsprofil erkennen, das in den objektiven Gegebenheiten des Betriebs der beschwerdeführenden Partei seine Grundlage finden könnte. Weitere Angaben hiezu hat die beschwerdeführende Partei trotz gebotener Gelegenheit im Verwaltungsverfahren, insbesondere in ihrer Berufung, nicht gemacht. Der Hinweis auf die Betriebssprache "Urdo" findet sich erstmals in der Beschwerde und ist als Neuerung unbeachtlich (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).

Die belangte Behörde konnte daher im Beschwerdefall unbedenklich davon ausgehen, die Ablehnung der Ersatzkraftstellung sei von der beschwerdeführenden Partei ohne ausreichende Begründung erfolgt. Sie konnte deshalb die Erteilung der begehrten Beschäftigungsbewilligung versagen.

Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, ohne daß auf das sonstige Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 206/1989.

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