Normen
ASVG §314 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
ASVG §314 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird - soweit er einen den Betrag von S 358.447,50 übersteigenden Überweisungsbetrag festsetzt - wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Der Zweitmitbeteiligte richtete am 24. März 1989 ein Schreiben an die erstmitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt, in dem er die Regelung seiner pensionsversicherungsrechtlichen Angelegenheit (Nachversicherung) gemäß § 314 ASVG in der Fassung der 29. Novelle beantragte. Er sei vom 4. Oktober 1948 bis Jänner 1971 Angehöriger des Franziskanerordens gewesen. Am 16. Jänner 1971 sei er aus diesem Orden ausgeschieden. Seit 25. Februar 1971 stehe er in der Bundesrepublik Deutschland in einem lückenlosen Arbeitsverhältnis als Gymnasiallehrer. Am 9. März 1989 habe er mit seinem 65. Lebensjahr die gesetzliche Altersgrenze erreicht.
Diesem Schreiben war unter anderem ein kurzer Lebenslauf angeschlossen, dem zu entnehmen war, daß der Zweitmitbeteiligte nach Abschluß seines Theologiestudiums im Schuldienst als Religionslehrer und als Vertragslehrer an Haupt- und polytechnischen Schulen in naturwissenschaftlichen Fächern in Oberösterreich in Verwendung gestanden sei.
Das Provinzialiat der Tiroler Franziskanerprovinz bestätigte mit Schreiben vom 24. Juni 1989, daß der Zweitmitbeteiligte sein Noviziat am 12. Oktober 1948 begonnen habe. Als Tag seines Ausscheidens aus dem Orden wurde der 3. Jänner 1971 genannt. Im letzten Monat vor seinem Ausscheiden sei er als Katechet und Lokalkaplan tätig gewesen.
Mit Schreiben vom 17. August 1989 teilte der Landesschulrat für Oberösterreich mit, daß der Zweitmitbeteiligte im Dezember 1970 einen monatlichen Bruttobezug von insgesamt S 8.205,05 erhalten habe.
1.2. Mit Bescheid vom 18. September 1989 stellte die Erstmitbeteiligte fest, daß der Zweitmitbeteiligte in der Zeit von Oktober 1948 bis Dezember 1970, somit 267 Monate, dem Provinzialat der Tiroler Franziskanerprovinz angehört habe. Gemäß § 314 Abs. 4 ASVG in der derzeit gültigen Fassung werde als Berechnungsgrundlage bei einem Entgelt von S 8.205,05 die Höchstbeitragsgrundlage von S 7.650,-- festgesetzt. Diese wäre gemäß Art. VI Abs. 37 der 29. Novelle zum ASVG mit dem Faktor 2,507 (71/89) aufzuwerten und betrage somit S 19.178,55. Hievon sei ein Überweisungsbetrag von je 7 Prozent für jeden Monat, somit S 1.342,50, zu entrichten. Der gesamte Überweisungsbetrag von S 358.447,50 sei binnen 4 Wochen bei sonstiger Exekution durch die Superiorenkonferenz zu leisten.
Nach der Begründung sei an den zuständigen Pensionsversicherungsträger vom Orden ein Überweisungsbetrag zu leisten, wenn ein Angehöriger eines Ordens aus diesem ausscheide. Der Überweisungsbetrag betrage für jeden Monat der Zugehörigkeit 7 Prozent jenes Entgeltes, auf das der Angehörige im letzten Monat vor seinem Ausscheiden Anspruch gehabt habe, höchstens jedoch vom 30-fachen der im Zeitpunkt des Ausscheidens in Geltung gestandenen Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung (§ 45 Abs. 1 ASVG). Infolge der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Zweitmitbeteiligten als Religionslehrer sei eine Einstufung nach dem Vertragsbedienstetengesetz 1948 vorzunehmen gewesen.
Gegen diesen Bescheid hat nur der Zweitmitbeteiligte Einspruch erhoben. Er sei zuletzt nicht nur als verantwortlicher Ortsseelsorger und hauptamtlicher Religionslehrer tätig gewesen, sondern habe auch als Vertragslehrer in Mathematik und Lebenskunde an einer Haupt- und polytechnischen Schule Verwendung gefunden. Möglicherweise ergebe sich daraus eine höhere Einstufung.
Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt verwies in ihrem Vorlagebericht zunächst auf § 314 Abs. 4 ASVG. Danach betrage der Überweisungsbetrag für jeden Monat, der im Geistlichen Stand bzw. als Angehöriger eines Ordens oder einer Kongregation verbracht worden sei, 7 v.H. des auf den Monat entfallenden Entgelts (§ 49), auf das der Geistliche bzw. der Angehörige des Ordens (der Kongregation) im letzten Monat vor seinem Ausscheiden Anspruch gehabt habe, höchstens jedoch von dem Betrag von S 1.800,--, wenn das Ausscheiden vor dem 1. August 1954 erfolgt sei bzw. bei späterem Ausscheiden höchstens vom 30-fachen der im Zeitpunkt des Ausscheidens in Geltung gestandenen Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung (§ 45 Abs. 1). Ausgehend von der im Bescheid erster Instanz unbestrittenen Feststellung, daß der Zweitmitbeteiligte bis Dezember 1970 dem Franziskanerorden angehört habe, sei bei der Berechnung des Überweisungsbetrages gemäß § 314 ASVG von der im Jahre 1970 in Geltung gestandenen Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1 ASVG) von S 7.650,-- auszugehen gewesen. Alle über diesen Betrag hinausgehenden Bezüge des Zweitmitbeteiligten seien im Hinblick auf die eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen außer Betracht zu lassen. Der Vollständigkeit halber werde jedoch festgehalten, daß die erstmitbeteiligte Partei bei der Berechnung des Überweisungsbetrages zu Unrecht den Aufwertungsfaktor gemäß § 108 c ASVG für das Jahr 1971 (2,507) herangezogen habe, da unter Bedachtnahme auf die im erstinstanzlichen Bescheid ausgesprochene Ordenszugehörigkeit bis Dezember 1970 die Höchstbeitragsgrundlage für das Jahr 1970 mit dem Faktor für das Jahr 1970 (2,732) aufzuwerten gewesen wäre. Daraus ergebe sich, daß der für 267 Monate gemäß § 314 ASVG zu leistende Überweisungsbetrag S 390.618,33 betragen würde.
1.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch des Zweitmitbeteiligten gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 Folge gegeben und ausgesprochen, daß die Beschwerdeführerin auf Grund von § 314 Abs. 4 ASVG in Verbindung mit Art. VI Abs. 37 der 29. Novelle zum ASVG verpflichtet sei, für den Zweitmitbeteiligten einen Überweisungsbetrag von S 390.618,33 an die Erstmitbeteiligte zu leisten.
In ihrer Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Zweitmitbeteiligte im Dezember 1970 aus dem Orden ausgeschieden sei. Sein damaliger Verdienst in der Höhe von S 8.205,05 sei über der damaligen Höchstbeitragsgrundlage von S 7.650,-- gelegen, weshalb sein zusätzlicher Verdienst als Vertragslehrer nicht mehr habe berücksichtigt werden können. Entsprechend dem Vorlagebericht sei der Aufwertungsfaktor für das Jahr 1970 (2,732) in Anwendung zu bringen gewesen. Der zu leistende Überweisungsbetrag sei daher mit S 390.618,33 zu bestimmen.
1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
1.5. Die belangte Behörde, die - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand nahm, hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
1.6. Mit Beschluß vom 30. November 1990 hat der Verwaltungsgerichtshof die Verfahrensparteien gemäß § 41 VwGG darüber informiert, daß gemäß § 314 Abs. 1 ASVG die Diözese bzw. der ORDEN (die KONGREGATION) dem Pensionsversicherungsträger unter bestimmten Voraussetzungen einen Überweisungsbetrag zu leisten hat. Im Gegensatz dazu sei mit dem angefochtenen Bescheid die Leistung jedoch der im Gesetz nicht genannten Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften in Wien vorgeschrieben worden. Ferner scheine sich der angefochtene Bescheid auf die Stammfassung des § 314 Abs. 4 ASVG (BGBl. 1973/31) zu gründen, ohne zu berücksichtigen, daß mit Wirkung vom 1. Jänner 1990 diese Bestimmung durch die 48. Novelle zum ASVG, BGBl. 1989/642, neu gefaßt worden sei. Der angefochtene Bescheid könnte daher auch aus diesen Gründen mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet sein.
Die erstmitbeteiligte Partei hat sich dieser Auffassung vollinhaltlich angeschlossen.
Die belangte Behörde verwies in ihrer Stellungnahme vom 4. Dezember 1990 im wesentlichen darauf, daß aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der 48. Novelle zum ASVG hervorgehe, daß die Superiorenkonferenz unter anderem die Vorfinanzierung der Überweisungsbeträge zugunsten der zahlungspflichtigen Ordensgemeinschaften übernommen habe.
Die Beschwerdeführerin und die zweitmitbeteiligte Partei haben keine Stellungnahme erstattet.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Dem gesamten Beschwerdevorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, daß die belangte Behörde den Überweisungsbetrag unter Anwendung des für das Jahr 1970 (anstelle des für das Jahr 1971) geltenden Aufwertungsfaktor gemäß § 108 c ASVG errechnet und festgesetzt hat.
Ungeachtet des umfassend formulierten Aufhebungsantrages geht der Verwaltungsgerichtshof daher davon aus, daß sich die Beschwerdeführerin lediglich insoweit gegen den angefochtenen Bescheid wendet, als damit gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid (der von der Beschwerdeführerin nicht bekämpft wurde und daher ihr gegenüber in Rechtskraft erwachsen ist) ein den Betrag von S 358.447,50 übersteigender Überweisungsbetrag festgesetzt worden ist.
2.2. § 314 Abs. 1 ASVG bestimmt:
"§ 314. (1) Scheidet ein gemäß § 5 Abs. 1 Z. 7 von der Vollversicherung ausgenommener Geistlicher der Katholischen Kirche aus dem Geistlichen Stand bzw. ein Angehöriger eines Ordens oder einer Kongregation der Katholischen Kirche aus dem Orden bzw. der Kongregation aus, so hat die Diözese bzw. der Orden (die Kongregation), soweit in den Abs. 2 und 3 nichts anderes bestimmt wird, dem Pensionsversicherungsträger, der auf Grund der vom Geistlichen bzw. vom Angehörigen des Ordens oder der Kongregation ausgeübten Tätigkeit zuletzt zuständig gewesen wäre, einen Überweisungsbetrag zu leisten."
2.3. Nach dem klaren Wortlaut des § 314 Abs. 1 ASVG hat die Diözese bzw. der ORDEN (die KONGREGATION) dem Pensionsversicherungsträger unter den dort genannten Voraussetzungen einen Überweisungsbetrag zu leisten.
Daß die Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs in Wien als Vereinigung der höheren Oberen aller in Österreich beheimateten und arbeitenden männlichen Orden, Gesellschaften, Kongregationen und Säkularinstitute aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Vorfinanzierung zugunsten der - worauf auch die von der belangten Behörde zitierten Erläuternden Bemerkungen (vgl. 1098 BlgNR, 17. GP ., 14) verweisen - ZAHLUNGSPFLICHTIGEN Ordensgemeinschaften in der Praxis übernimmt und damit den Sozialversicherungsträgern Zinsen und sonstige Kosten erspart bzw. diesen bei einer Reihe finanziell schwacher Ordensgemeinschaften das Einbringlichkeitsrisiko abnimmt, ändert nichts an dem Umstand, daß nach der zitierten Bestimmung des Gesetzes nur der Diözese bzw. dem Orden (der Kongregation) ein Überweisungsbetrag vorgeschrieben werden kann.
2.4. Da die belangte Behörde den Überweisungsbetrag für die zweitmitbeteiligte Partei der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften vorgeschrieben hat, belastete sie schon deshalb den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts, weshalb dieser - im angefochtenen Umfang - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
2.5. Der Vollständigkeit halber sei auch darauf hingewiesen, daß sich die belangte Behörde in ihrem Bescheid nicht mit der Frage nach der im Beschwerdefall geltenden Rechtslage auseinandergesetzt hat. Der die Berechnung des Überweisungsbetrages näher regelnde Abs. 4 des § 314 ASVG hat mit Wirkung vom 1. Jänner 1990 durch die 48. Novelle zum ASVG, BGBl. 1989/642, eine neue Fassung erhalten (vgl. dazu auch Art. III Z. 2 und 10 und Art. VI Abs. 8 und 9 der Novelle). Die belangte Behörde hat ihrem Bescheid vom 26. Februar 1990 jedoch ohne nähere Begründung den § 314 Abs. 4 ASVG in seiner Stammfassung, BGBl. 1973/31, zugrundegelegt.
2.6. Die Kostenenscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 1989/206. Die geltend gemachten Bundesstempel konnten im Hinblick auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende sachliche Abgabenfreiheit des § 110 ASVG nicht zugesprochen werden.
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