VwGH 90/06/0194

VwGH90/06/019427.6.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 16. Oktober 1990, Zl. 1/02-31.355/5-1990, betreffend Nachbareinwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) Stadtgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister, 2) B Gesellschaft m.b.H.), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauPolG Slbg 1973 §7 Abs1 Z1 lita;
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litg;
BauRallg;
BauTG Slbg 1976 §34 Abs4;
BauTG Slbg 1976 §53;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12 Abs4;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
AVG §8;
BauPolG Slbg 1973 §7 Abs1 Z1 lita;
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litg;
BauRallg;
BauTG Slbg 1976 §34 Abs4;
BauTG Slbg 1976 §53;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12 Abs4;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde erteilte mit Bescheid vom 14. September 1987 gemäß § 9 Abs. 2 des Salzburger Baupolizeigesetzes, LGBl. Nr. 117/1973 (BauPolG), die Bewilligung zum Abbruch des auf dem Grundstück Nr. 2 KG A befindlichen Gebäudekomplexes "C" unter verschiedenen Vorschreibungen. Das Objekt umfaßt ein Erdgeschoß, drei Obergeschoße und ein Dachgeschoß. Es ist das Eckhaus an der Kreuzung D-Gasse - E-Gasse, welches im Norden (in der D-Gasse) an die Feuermauer des Anwesens des F (Grundstück Nr. 3) angebaut ist, im Westen (in der E-Gasse) an die Liegenschaft eines Bankhauses.

Die Bezirkshauptmannschaft Zell am See hatte bereits mit Bescheid vom 12. Mai 1987 gemäß §§ 12 ff. des Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. Nr. 69/1968 (BGG), in Verbindung mit § 1 der Zuständigkeitsverordnung LGBl. Nr. 101/1968 das Grundstück Nr. 2 unter verschiedenen Vorschreibungen zum Bauplatz erklärt, darunter, daß die Baufluchtlinie, wie im Plan dargestellt (es ist dies die Grenze zur öffentlichen Verkehrsfläche), und die Höchsthöhe des obersten Gesimses (Dachtraufe) mit 13 m festgelegt werden. Der Amtssachverständige hatte in einem Gutachten dargelegt, daß die bestehenden Baufluchtlinien bei der Errichtung des neuen Gebäudes einzuhalten und sich die Höhe an der Traufenhöhe des Bestandes auf dem Nachbargrundstück Nr. 3 zu orientieren habe.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 1. März 1988 erfolgte eine Abänderung des Bescheides vom 12. Mai 1987 u.a. hinsichtlich der Gebäudehöhe mit der Maßgabe, daß diese mit 13,07 m (Höhe des obersten Gesimses) festgelegt wurde, zumal als Beurteilungsmaßstab die höchste Traufe des Nachbarobjektes F herangezogen worden sei und diese nach neuester Vermessung 13,07 m und nicht 13,00 m betrage.

Mit Antrag vom 1. Oktober 1988 suchte die zweitmitbeteiligte Partei um die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses (ein Erdgeschoß, drei Erdgeschoße und ein Dachgeschoß) unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen an. In einem Bericht des Gestaltungsbeirates der mitbeteiligten Stadtgemeinde heißt es, daß den stadtgestalterischen Rahmenbedingungen bei der Planung entsprochen worden sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. Jänner 1989, bei der ein bautechnischer Amtssachverständiger die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit der Bauplatzerklärung bestätigte, brachte der Beschwerdeführer - sein Grundstück Nr. 5 liegt im Süden des Bauplatzes und ist von diesem durch die öffentliche Verkehrsfläche Nr. a/2 (E-Gasse) getrennt, welche eine Breite von unter 4 m aufweist - vor, er erhebe wegen Unterschreitung des Mindestabstandes an der Südseite zu seiner Liegenschaft Einspruch. Derzeit sei er in Verhandlungen mit dem Bauwerber. Im Falle einer Einigung werde er den Einspruch zurückziehen.

Mit Bescheid vom 1. August 1989 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die beantragte Baubewilligung unter verschiedenen Vorschreibungen gemäß § 9 Abs. 2 BauPolG. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers wurde in der Begründung dargelegt, der Beschwerdeführer sei nicht direkter Anrainer, da dazwischen die E-Gasse liege. Nach den Bestimmungen des Bebauungsgrundlagengesetzes gelte für den Abstand von der gegen die Verkehrsfläche liegenden Grundgrenze die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im Bauplatzerklärungsverfahren sei eine Baufluchtlinie festgelegt worden, die dem derzeitigen Stand entspreche. Diese Baufluchtlinie werde eingehalten. Des weiteren sei die Höchsthöhe des Objektes ebenfalls unter Berücksichtigung der Erhaltung eines gegebenen Ortsbildes dem Nachbarobjekt des F angepaßt worden, wobei diese Bebauungsgrundlagen in der Planung berücksichtigt seien. Im gegenständlichen Fall habe daher die Regelung über den gesetzlichen Mindestabstand keine Geltung.

In der rechtzeitig erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, es würden die gesetzlichen Mindestabstande des § 25 Abs. 3 BGG nicht eingehalten. Es werde nicht einmal der gesetzliche Mindestabstand von 4 m eingehalten, auf jeden Fall aber der Mindestabstand im Ausmaß von drei Viertel der Höhe des geplanten Gebäudes unterschritten. Die gemäß § 9 BGG im Bauplatzerklärungsverfahren festgelegte Baufluchtlinie entspreche dem Bestand, weshalb er im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens dagegen keinen Einwand erhoben habe. Sein Einwand richte sich gegen die Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes, da in der Bauplatzerklärung durch die geplante Aufstockung um einen weiteren Stock die Höchsthöhe des Gebäudes verändert werde. Die Festlegung von Höchsthöhen, die § 25 Abs. 3 und 4 BGG außer Kraft setze, könne nur im Rahmen eines Bebauungsplanes erfolgen. Ein solcher bestehe aber nicht.

Der zur Beurteilung im Sinne des § 25 Abs. 7 lit. a BGG beigezogene Sachverständige für Raumordnungsfragen führte in seinem Gutachten vom 1. Februar 1990, welches eine entsprechende Befundgrundlage enthält, aus, der Bauplatz liege im Ortszentrum, ca. 20 m vom G-Platz, entfernt. Für diese Kernzone sei im Ortsbildkonzept sogar eine Festlegung als Ortsbildschutzgebiet vorgeschlagen. Es handle sich um einen Bereich, in dem das Ortsbild wegen seines eigenartigen, für die örtliche Tradition charakteristischen Gepräges besonders erhaltungswürdig sei. Die Lage des Objektes "C" im Bauplatz mit seiner vertikalen Raumkante und dem freigestellten - in den Straßenraum vorspringenden - Baukörper stelle ein wesentliches Merkmal der Ortsbildcharakteristik dar. Durch die Anhebung und Anpassung der Traufkante an das Nachbarobjekt werde eine dem Ortsbild abträgliche Giebel(Feuer)mauer des Nachbarobjektes abgedeckt. Die Behörde habe daher im Sinne des historisch gewachsenen Ortsbildes gehandelt, wenn sie in Anwendung des § 25 Abs. 7 lit. a BGG die Bebauungsgrundlagen so festgelegt habe, daß der Neubau mit den gleichen Fronten wie das Bestandsobjekt und mit einer, an das Nachbarobjekt angepaßten Traufenhöhe errichtet werden kann.

Dem erwiderte der Beschwerdeführer im wesentlichen, er habe nichts gegen die Baufluchtlinie, sondern nur gegen die erweiterte Höhe. § 25 Abs. 7 lit. a BGG komme nicht zum Tragen, weil es (noch) keine Verordnung hinsichtlich des Ortsbildschutzes gebe.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 26. März 1990 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. In der Begründung heißt es nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen, daß für den Abstand von der gegen die Verkehrsfläche liegenden Grundgrenze die Baufluchtlinie gelte (§ 25 Abs. 3 BGG). Gemäß § 9 Abs. 3 BGG solle nach Tunlichkeit der Abstand der Baufluchtlinie von der Achse der Verkehrsfläche wenigstens zwei Drittel der obersten Traufenhöhe betragen. Wegen des Ortsbildes sei aber die Baufluchtlinie mit dem derzeitigen Bestand festgelegt worden (§ 25 Abs. 7 lit. a BGG). Der Beschwerdeführer wende sich nur gegen die Höherzonung des Objektes, welche sich daraus ergebe, daß die Geschoße etwas höher und damit dem Nachbarobjekt angepaßt seien. Der Meinung des Beschwerdeführers, eine Festlegung der Höchsthöhen, die § 25 Abs. 3 und 4 BGG außer Kraft setze, sei nur durch einen Bebauungsplan möglich, könne nicht gefolgt werden. Seiner Ansicht, § 25 Abs. 7 lit. a BGG lasse keine Festlegung von Höchsthöhen zu, sondern nur die Situierung des Baues im Bauplatz, sei entgegenzuhalten, daß hier die Bestimmungen über die Festlegung der Höchsthöhe und der Nachbarabstände bzw. Baufluchtlinien ineinandergreifen, d.h. daß aus Gründen der Erhaltung eines gegebenen Ortsbildes Bauten, die auf Grund des gegebenen Ortsbildes eine gewisse Höhe aufweisen müssen, unter Außerachtlassung der Bestimmungen des § 25 Abs. 3 und 4 BGG situiert werden können. Folgte man dem Beschwerdeführer, so wäre eine Bebauung des Bauplatzes mit der festgelegten Baufluchtlinie überhaupt unmöglich, da ja selbst bei einem nur einstöckigen Objekt die Nachbarabstände bzw. die zulässige Höchsthöhe überschritten wären. Um die Bebauung eines solchen Gebietes dennoch zu ermöglichen, habe der Gesetzgeber die Ausnahmebestimmung des § 25 Abs. 7 lit. a BGG geschaffen. Die Anwendung dieser Bestimmung setze die Existenz einer Verordnung nach § 10 des Ortsbildschutzgesetzes nicht voraus.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Vorstellung wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Oktober 1990 wurde die Vorstellung abgewiesen. Die belangte Behörde führte in der Begründung nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der bezughabenden Bestimmungen des Baupolizeigesetzes sowie des Bebauungsgrundlagengesetzes (insbesondere § 25 Abs. 1, 3 und 7 lit. a sowie § 9 Abs. 3) im wesentlichen aus, es sei zunächst festzustellen, daß den Eigentümern der auf der gegenüberliegenden Seite der Verkehrsfläche gelegenen Grundflächen kein Anspruch auf Einhaltung des im § 25 Abs. 3 BGG normierten gesetzlichen Mindestabstandes zukomme. Es sei für die Einhaltung des Abstandes von der Verkehrsfläche vielmehr die Baufluchtlinie, die durch das Gebäude nicht überschritten werden dürfe, maßgeblich. Wie der Aktenlage zu entnehmen sei, sei die Baufluchtlinie im Hinblick auf die Höchsthöhe und den Abstand des Objektes zur Verkehrsfläche im Interesse eines einheitlichen Ortsbildes unter Zugrundelegung von Sachverständigengutachten festgelegt worden. Da kein Bebauungsplan bestehe, habe daher entgegen der Meinung des Beschwerdeführers die Festlegung der Baufluchtlinie nicht im Verordnungswege, sondern individuell konkret als Bebauungsgrundlage im Bauplatzerklärungsverfahren zu erfolgen gehabt. Den Einwendungen des Beschwerdeführers bezüglich der Höchsthöhe des Bauwerkes und der seiner Meinung nach erfolgten Verletzung der gesetzlichen Abstände zu seiner Liegenschaft sei entgegenzuhalten, daß die Festlegung gesetzeskonform unter Anwendung der im § 25 Abs. 7 BGG enthaltenen Kriterien erfolgt sei. Hinsichtlich der weiteren Einwendungen im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes sei bemerkt, daß durch diese Regelungen subjektiv-öffentliche Nachbarrechte nicht begründet würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Ein gleichlautender Antrag wurde von der zweitmitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende

Bestimmungen von Bedeutung:

"Baupolizeigesetz, LGBl. Nr. 117/1973

§ 7

(1) Parteien im Bewilligungsverfahren sind der Bewilligungswerber, der Grundeigentümer und außerdem

1. als Nachbarn

a) bei den im § 2 Abs. 1 lit. a angeführten baulichen Maßnahmen die Eigentümer jener Grundstücke, die von den Fronten des Baues nicht weiter entfernt sind als die nach § 25 Abs. 3 des Bebauungsgrundlagengesetzes maßgebenden Höhen der Fronten betragen. Bei oberirdischen Bauten mit einem umbauten Raum von über 300 cbm haben jedenfalls auch alle Eigentümer von Grundstücken, die von den Fronten des Baues weniger als 15 m entfernt sind, Parteistellung;

.....

§ 9

(1) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn die bauliche Maßnahme vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unzulässig erscheint. Dies ist der Fall, wenn

.....

g) durch die bauliche Maßnahme ein subjektiv-öffentliches Recht einer Partei verletzt wird; solche Rechte werden durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien; hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz.

.....

Bebauungsgrundlagengesetz, LGBl. Nr. 69/1968

§ 9

(1) Die Baufluchtlinie (§ 3 Abs. 4 lit. d) ist jene Linie, die durch oberirdische Bauten gegen eine Verkehrsfläche hin nicht überschritten werden darf.

(2) Die Baulinie (§ 3 Abs. 4 lit. d) ist jene Linie, an die ein oberirdischer Bau an einer Verkehrsfläche herangebaut werden muß.

(3) Die Baufluchtlinie oder die Baulinie ist unter Bedachtnahme auf die besonderen örtlichen Erfordernisse, insbesondere im Hinblick auf eine möglichste Herabminderung der gesundheitsschädigenden Auswirkungen des Verkehrs, mit einem Abstand von der Achse der vor der Grundfläche liegenden Verkehrsfläche festzulegen. Dieser Abstand soll nach Tunlichkeit wenigstens zwei Drittel der für das oberste Gesimse oder die oberste Dachtraufe festgesetzten Höchsthöhe jener Bauten haben, für die die Baufluchtlinien oder die Baulinien gelten.

§ 11

(1) Unter der Mindesthöhe der Bauten (§ 3 Abs. 4 lit. f) ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jene Höhe zu verstehen, die von einem Bau nicht unterschritten, und unter der Höchsthöhe der Bauten (§ 3 Abs. 4 lit. f) ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jene Höhe zu verstehen, die von einem Bau nicht überschritten werden darf. Diese Höhen sind unter Bedachtnahme auf die nach anderen Rechtsvorschriften bestehenden Höhenbegrenzungen und die besonderen örtlichen Erfordernisse, insbesondere im Hinblick auf die gesundheitlichen Belange sowie gegebenenfalls auf die Erhaltung oder Gestaltung eines charakteristischen Ortsbildes, festzulegen

  1. a) für den höchsten Punkt des Baues und
  2. b) für das oberste Gesimse oder die oberste Dachtraufe.

    ......

§ 25

(1) Die Bauten sollen im Bauplatz und zueinander so gelegen sein, daß sowohl sie als auch die auf benachbarten Bauplätzen bestehenden oder zu errichtenden Bauten eine ihrem Zweck entsprechende Sonnenbestrahlung erhalten und daß die dem Aufenthalt von Menschen dienenden Räume so weit wie möglich vor Lärmeinwirkung geschützt sind.

(2) Soweit nicht durch die im Bebauungsplan festgelegten Bebauungsgrundlagen Bestimmungen über die Lage der Bauten im Bauplatz vorgesehen sind und soweit nicht durch andere Rechtsvorschriften ein größerer Abstand der Bauten zu den Grenzen des Bauplatzes oder der Bauten zueinander vorgeschrieben ist, gelten hinsichtlich der Lage der Bauten im Bauplatz die nachstehenden Bestimmungen.

(3) Die Bauten müssen im Bauplatz so gelegen sein, daß ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben. Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist sinngemäß nach § 11 Abs. 5 und 6 zu berechnen. Grenzt der Bauplatz an Flächen an, die ihrer Bodenbeschaffenheit nach nicht bebaubar sind (Gewässer, Böschungen u.dgl.), so vermindert sich dieser Abstand um die halbe Breite dieser Flächen; er darf jedoch keinesfalls weniger als 4 m betragen. Für den Abstand von der gegen die Verkehrsflächen liegenden Grundgrenze gilt die Baufluchtlinie oder die Baulinie. .....

(7) Die vorstehenden Bestimmungen gelten nicht

a) wenn aus Gründen der Erhaltung eines gegebenen Ortsbildes eine besondere Lage des Baues im Bauplatz erforderlich ist;

....."

Da im Verfahren über die Bauplatzerklärung den Nachbarn keine Parteistellung zukommt (§ 12 Abs. 4 BGG), entfaltet der diesbezüglich ergehende Bescheid ihnen gegenüber keine Rechtswirkungen. Die Nachbarn sind daher im Baubewilligungsverfahren berechtigt, ihnen zustehende subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen zu erheben, welche den Gegenstand des Bauplatzerklärungsverfahrens betreffen, wozu auch die Abstandsvorschriften nach § 25 Abs. 3 BGG zählen. Der Nachbar hat daher ein subjektiv-öffentliches Recht nicht nur auf die Einhaltung der in der Bauplatzerklärung festgelegten Baufluchtlinie, sondern auch auf deren gesetzmäßige Festsetzung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 10. April 1986, Zl. 84/06/0081, BauSlg. Nr. 654).

Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die Festlegung der Baufluchtlinie, die zufolge des Altbestandes mit der Grenze zur Verkehrsfläche erfolgte. Er vertritt vielmehr die Meinung, er werde in seinem Recht auf Einhaltung des im § 25 Abs. 3 BGG normierten Mindestabstandes zu seiner Grundgrenze (im Hinblick auf die festgelegte Gebäudehöhe von rund 13 m) verletzt, da die zwischen dem Baugrundstück und seiner Liegenschaft liegende Verkehrsfläche nicht einmal eine Breite von 4 m (im Sinne des vorgesehenen Mindestabstandes) aufweise. Es finde auch gegenüber dem Altbestand, an dessen Stelle das neue Gebäude zur Errichtung komme, eine gewisse Erhöhung statt.

Die Ansicht der belangten Behörde, wonach der Eigentümer der an der gegenüberliegenden Seite der Verkehrsfläche gelegenen Grundfläche keinen Anspruch auf Einhaltung der im § 25 Abs. 3 erster Satz BGG genannten Mindestabstände habe, sondern nur auf Einhaltung der Baufluchtlinie, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Aus dem Gesetzeszusammenhang mit § 7 Abs. 1 Z. 1 lit. a und § 9 Abs. 1 lit. g BauPolG ist zu schließen, daß bei Fehlen eines Bebauungsplanes (mit besonderen Festlegungen) der Nachbar grundsätzlich ein subjektiv-öffentliches Recht auf Wahrung des (sich aus der Gebäudehöhe ergebenden) gesetzlichen Mindestabstandes nach § 25 Abs. 3 erster Satz BGG gegenüber SEINEM Grundstück hat, also die Straßenbreite auf den gesetzlichen Abstand anzurechnen ist (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1982, Slg. Nr. 10.930/A, zur Frage des Abstandes im Zusammenhang mit §§ 34 Abs. 4 und 53 des Bautechnikgesetzes).

Ebenso irrt aber der Beschwerdeführer, wenn er vorbringt, es könne, sofern kein Bebauungsplan existiere, eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindestabstände in keinem Fall vorgenommen werden. Wie sich aus § 25 Abs. 7 lit. a BGG ergibt, kann dies aus Gründen der Erhaltung eines gegebenen Ortsbildes geschehen. Aus dem Einleitungsteil des Abs. 7 und dem Regelungszusammenhang der Bestimmungen des § 25 BGG insgesamt ist abzuleiten, daß Erfordernisse des Ortsbildes die Festlegung von Baufluchtlinien und Gebäudehöhen rechtfertigen können, die eine Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes des § 25 Abs. 3 erster Satz BGG ermöglichen. Für die Gebäudehöhe ist auch die Lage im Bauplatz von Bedeutung. Die Ansicht des Beschwerdeführers, § 25 Abs. 7 lit. a BGG finde keine Anwendung, weil es an einer Verordnung, mit der ein Ortsbildschutzgebiet nach § 10 des Ortsbildschutzgesetzes festgelegt wurde, mangle, findet in den bestehenden gesetzlichen Regelungen keine Deckung.

Wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt wurde, hat die oberste Gemeindeinstanz, gestützt auf ein ausreichendes Sachverständigengutachten, dem der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde wirksam entgegengetreten ist, dargelegt, daß es aus Gründen der Erhaltung des gegebenen Ortsbildes der Festsetzung der Baufluchtlinie und der Gebäudehöhe im Sinne des § 25 Abs. 7 lit. a BGG, wie dies hier geschehen ist, bedarf. Gegen die Schlüssigkeit dieser Ausführungen bestehen keine Bedenken. Da die belangte Behörde ihrer Entscheidung auch das Erfordernis der Erhaltung des gegebenen Ortsbildes im Sinne des § 25 Abs. 7 lit. a BGG zugrunde gelegt hat, ist sie daher im Ergebnis zutreffend zu der Schlußfolgerung gelangt, daß der Beschwerdeführer durch die Erteilung der Baubewilligung an die zweitmitbeteiligte Partei in seinen ihm nach den baurechtlichen Vorschriften zustehenden Rechten nicht verletzt wurde.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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