VwGH 90/06/0149

VwGH90/06/014917.5.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 31. Juli 1990, Zl. 03-12 Sche 47-90/17, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Strafsache wegen Übertretung der Stmk. Bauordnung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;
VwGG §46 Abs3;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1;
AVG §71 Abs2;
VwGG §46 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 31. Juli 1990 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gegen die Strafverfügung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 26. Juli 1989, Zl. A 17-St-2.126/1989-1, wegen Übertretung des § 73 Abs. 1 in Verbindung mit § 63 Abs. 2 der Stmk. Bauordnung als verspätet zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer hatte den am 19. Dezember 1989 zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsantrag (vom 13. Dezember 1989) damit begründet, daß er "erst heute (also am 13. Dezember 1989) auf Grund des Erhebungs- und Vollstreckungsbescheides durch Akteneinsicht des Herrn X von diesem Verfahren Kenntnis erlangt habe, daß am 11. August 1989 in der Fa. A (Arbeitsplatz des Beschwerdeführers) etwas hinterlegt worden sei". Die Hinterlegungsanzeige sei ihm in der Firma nicht ausgefolgt worden. Er legte auch eine eidesstattliche Erklärung des B von der Fa. A 13. Dezember 1989 vor, wonach dieser am 11. August 1989 zwar mehrere Hinterlegungsanzeigen für den Beschwerdeführer übernommen habe, diese aber dem Beschwerdeführer nicht übergeben, sondern offensichtlich irrtümlich weggeworfen worden seien. Dazu führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, es sei laut Rückschein am 11. August 1989 die gesetzlich vorgesehene Verständigung über die Hinterlegung erfolgt. Am 21. September 1989 sei an den Beschwerdeführer eine behördliche Mahnung zur Bezahlung der Geldstrafe unter Hinweis auf die Strafverfügung vom 26. Juli 1989 erfolgt, welche von einem Postbevollmächtigten am 25. September 1989 übernommen worden sei. Laut Inhalt der Akten habe der mit Vollmacht ausgewiesene Vertreter des Beschwerdeführers X am 29. November 1989 Akteneinsicht genommen und eine Kopie des Aktes ausgefolgt erhalten. Es sei von einer rechtswirksamen Zustellung im August 1989 auszugehen, also grundsätzlich ein Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Einspruchsfrist zulässig. Gemäß § 71 Abs. 1 AVG sei gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleide, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn (unter anderem) die Partei glaubhaft mache, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Nach § 71 Abs. 2 AVG (in der noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle 1990) müsse der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Woche nach Aufhören des Hindernisses gestellt werden. Für den Beginn des Fristenlaufes sei nach einhelliger Anschauung von Lehre und Rechtsprechung im Falle der Versäumung einer Frist, wie im Gegenstandsfall, der Zeitpunkt maßgebend, zu dem das für die Säumnis kausale Hindernis weggefallen sei. Das Hindernis für die Versäumung der Einspruchsfrist im Gegenstandsfall sei nach dem Antragsvorbringen die Unkenntnis von der ergangenen Strafverfügung. X habe als bevollmächtigter Vertreter des Beschwerdeführers bereits am 29. November 1989 Akteneinsicht genommen und damit Kenntnis vom gegenständlichen Verfahren gehabt. Da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Verschulden des Vertreters einer Partei einem Verschulden der Partei gleichzuhalten sei, sei das Hindernis für die Versäumung der Einspruchsfrist, nämlich die als unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Wiedereinsetzungswerbers bestehende Unkenntnis von der ergangenen Strafverfügung, wenn nicht schon mit der Zustellung der Mahnung vom 21. September 1989 am 25. September 1989, so doch spätestens am 29. November 1989 weggefallen. Die Untätigkeit des Vertreters bilde keinen Wiedereinsetzungsgrund. Es sei, wenn ein bevollmächtigter Vertreter einer Partei Kenntnis von der Verspätung eines Rechtsmittels erlangt habe, diese Kenntnis so zu werten, wie wenn die Partei selbst davon Kenntnis erhalten habe, sodaß die einwöchige Frist für die Stellung des Antrages mit der Kenntnisnahme durch den Vertreter zu laufen begonnen habe. Daher habe die Frist gemäß § 71 Abs. 2 AVG nicht erst am 13. Dezember 1989, sondern spätestens am 29. November 1989 zu laufen begonnen. Daher erweise sich der erst am 19. Dezember 1989 zur Post gegebene Antrag vom 13. Dezember 1989 als verspätet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet, jedoch mit der Vorlage der Verwaltungsstrafakten beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer läßt die Feststellungen der belangten Behörde unbestritten, vertritt jedoch die Meinung, auch wenn durch die Akteneinsicht seines Vertreters (am 29. November 1989) die Erlassung der Strafverfügung und die erfolgte Hinterlegung bekannt geworden seien, habe er erst am 13. Dezember 1989 durch die Mitteilung des B (von der Fa. A), daß offenkundig mehrere Zustellscheine weggeworfen worden seien, vom Wiedereinsetzungsgrund erfahren. Daher sei der mit 13. Dezember 1989 datierte, am 19. Dezember 1989 zur Post gegebene Antrag auf Wiedereinsetzung rechtzeitig.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 7. September 1988, Zl. 88/18/0104, und vom 22. Oktober 1990, Zl. 90/19/0314) ist die Zustellung einer Mahnung zur Bezahlung einer Geldstrafe unter Hinweis auf eine erlassene Strafverfügung nicht dem Aufhören des der Einbringung eines Einspruches gegen die Strafverfügung, mit der die Geldstrafe verhängt wurde, entgegenstehenden Hindernisses gleichzusetzen. Demzufolge hat auch die belangte Behörde den Zeitpunkt der Zustellung der Mahnung nicht als maßgebend für den Beginn des Laufes der Wiedereinsetzungsfrist erachtet. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers fällt aber das Hindernis im Falle einer sodann durch den Vertreter des Beschwerdeführers erfolgten Einsicht in den maßgebenden Verwaltungsstrafakt, bei welchem der Umstand, daß eine Hinterlegungsanzeige erfolgt ist, diese aber den Beschwerdeführer nicht erreicht hat, bekannt wird, weg (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1988, Zl. 88/18/0104). Denn schon damit war es dem Beschwerdeführer möglich, einen Antrag auf Wiedereinsetzung unter Hinweis darauf, daß er keine Hinterlegungsanzeige erhalten habe, zu stellen. Er konnte im übrigen auch sogleich an seinem Arbeitsplatz in dieser Richtung weitere Erhebungen anstellen. Da somit die Wiedereinsetzungsfrist mit Ablauf des 29. November 1989 zu laufen begonnen hat, hat die belangte Behörde mit Recht den erst am 19. Dezember 1989 zur Post gegebenen Antrag als verspätet erachtet.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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