Normen
B-VG Art131a;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art131a;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die über den 9. August 1988 hinaus andauernde vorläufige Beschlagnahme wird als rechtswidrig erklärt und aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Zuge der Kontrolle eines Fitnesstudios in X am 8. Juli 1988 durch ein Organ des Gendarmeriepostenkommandos Seekirchen am Wallersee wurden zwei Pokerautomaten "Jolly-Card" gemäß § 39 VStG 1950 vorläufig beschlagnahmt. Mit Eingabe vom 15. Juli 1988 stellte die Beschwerdeführerin sodann als Eigentümerin und Aufstellerin der beiden Geldspielautomaten den Antrag auf Ausfolgung der Automaten.
In Beantwortung dieser Eingabe teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 9. August 1988 der Beschwerdeführerin mit, die Beschlagnahme sei zu Recht erfolgt und es werde im Verwaltungsstrafverfahren der Verfall der Automaten ausgesprochen werden.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen die Beschlagnahme der Glückspielautomaten erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 28. November 1989, B 1454/88-11, ab und trat die Beschwerde zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof ab.
In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigebrachten Beschwerdeergänzung machte die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit der bekämpften Maßnahme und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, die gemäß § 39 Abs. 2 VStG 1950 zu Unrecht erfolgte Beschlagnahme nicht dulden zu müssen. Die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme seien nicht vorgelegen und die belangte Behörde habe es unterlassen, das Vorliegen entsprechender Umstände darzulegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 39 Abs. 1 VStG 1950 kann die Behörde, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen können bei Gefahr im Verzuge auch die Organe der öffentlichen Aufsicht aus eigener Macht solche Gegenstände vorläufig in Beschlag nehmen. Sie haben darüber dem Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen und der Behörde Anzeige zu erstatten.
Gemäß § 21 Abs. 1 lit. b des Salzburger Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 71/1987 (VeranstG), ist das Aufstellen und der Betrieb von Geldspielapparaten sowie die Verwendung von Spielapparaten zur Ausspielung von Gewinnen verboten. Gemäß Abs. 2 sind Geldspielapparate Glückspielautomaten, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen, sowie Geschicklichkeitsspielapparate, bei denen die Entscheidung über Gewinn oder Verlust ausschließlich oder vorwiegend von der Geschicklichkeit des Spielers abhängt. Gemäß Abs. 3 ist die Ausspielung von Gewinnen jedenfalls bei Spielapparaten, bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt, anzunehmen, wenn diese nach ihrer Art und ihren Vorrichtungen, insbesondere Aufzählvorrichtungen, zur Verwendung als Geldspielapparate geeignet sind.
Gemäß § 28 Abs. 3 VeranstG unterliegen Spielapparate und -automaten, die entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes aufgestellt oder betrieben werden, samt ihrem Inhalt dem Verfall.
Die Beschwerdeführerin hat weder in der ursprünglichen Beschwerde noch in der Beschwerdeergänzung gegen die Wertung der beschlagnahmten Spielapparate als Geldspielapparate bzw. als Spielautomaten zur Ausspielung von Gewinn Stellung genommen. Nach dem in den Verwaltungsakten aufscheinenden, unwidersprochen gebliebenen Bericht des die vorläufige Beschlagnahme durchführenden Gendarmerieorganes handelte es sich bei den beiden Apparaten um "Pokerautomaten", sodaß die Einordnung unter die in § 21 Abs. 1 lit. b VeranstG angeführten Spielapparate bzw. -automaten gerechtfertigt ist. Demgemäß war aber das Aufstellen und auch der Betrieb dieser Apparate gemäß § 28 Abs. 3 VeranstG mit dem Verfall bedroht.
Das Vorliegen von Gefahr im Verzug hat die belangte Behörde in der Gegenschrift damit begründet, daß die jederzeitige Verbringung bzw. der Verkauf der Apparate möglich gewesen wäre. Die Beschlagnahme sei gemäß § 39 Abs. 2 VStG 1950 erfolgt und könne nicht auf eine Anordnung der belangten Behörde zurückgeführt werden. Die "Nennung" eines Organwalters der belangten Behörde auf der Beschlagnahmebestätigung sei nur deshalb erfolgt, weil dem Gendarmerieorgan auf seine Anfrage über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine vorläufige Beschlagnahme fernmündlich von diesem Organ der belangten Behörde eine bejahende Auskunft erteilt worden sei.
Daß das kontrollierende Gendarmerieorgan von einer möglichen Vereitlung der behördlichen Beschlagnahme bzw. des Verfalls ausgehen konnte, ergibt sich auch daraus, daß die belangte Behörde in ihrem Antwortschreiben zum Ausfolgungsantrag der Beschwerdeführerin auf die bereits mehrfach erfolgte Aufforderung zur Entfernung der Apparate hingewiesen hat. Demnach kann nicht von der Hand gewiesen werden, daß die Beschwerdeführerin oder der Inhaber des Betriebes, in dem die Apparate aufgestellt waren, die Kontrolle durch das Gendarmerieorgan möglicherweise zum Anlaß für eine Verbringung der Geräte genommen hätten.
Es ergibt sich somit, daß die vorläufige Beschlagnahme am 8. Juli 1988 zunächst zu Recht erfolgt ist.
Wie bereits der Wortlaut des § 39 Abs. 2 VStG 1950 zeigt, stellt die Beschlagnahme durch Organe der öffentlichen Aufsicht lediglich eine "vorläufige" Maßnahme dar. Da die Beschlagnahme selbst gemäß § 39 Abs. 1 VStG 1950 von der zuständigen Behörde durch Bescheid anzuordnen ist, hat die Behörde über die von ihrem Hilfsorgan "aus eigener Macht" (§ 39 Abs. 2 VStG 1950) vorläufig in Beschlag genommenen Gegenstände unverzüglich bescheidmäßig abzusprechen oder die beschlagnahmten Gegenstände zurückzustellen. Solange die Behörde die Beschlagnahme weder durch Bescheid bestätigt noch die beschlagnahmten Gegenstände tatsächlich zurückgegeben hat, liegt eine die gesamte Dauer der Beschlagnahme umfassende Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor (vgl. Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 1988, B 942/87-9, und vom 27. September 1988, B 159/88-8, sowie die dort zitierte Literatur). Auf Grund der vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß die belangte Behörde spätestens im Zeitpunkt der Abfassung des Antwortschreibens zum Ausfolgungsantrag der Beschwerdeführerin - das ist der 9. August 1988 - in der Lage gewesen wäre, durch Bescheid die Beschlagnahme der Spielapparate auszusprechen, oder die Apparate zurückzustellen. Aus dem Inhalt dieses Antwortschreibens ist nämlich zu ersehen, daß sich die belangte Behörde in diesem Zeitpunkt über ihre weitere Vorgangsweise bereits im Klaren war, hat sie doch die Beschlagnahme als rechtmäßig bezeichnet und der Beschwerdeführerin den Verfall der Spielapparate im Verwaltungsstrafverfahren angekündigt. Demgemäß stand die dennoch über diesen Zeitpunkt hinaus andauernde, bescheidmäßig nicht gedeckte Beschlagnahme der beiden Apparate in Widerspruch zu § 39 VStG 1950.
Die über den 9. August 1988 hinaus andauernde, lediglich auf § 39 Abs. 2 VStG 1950 gegründete Beschlagnahme war daher gemäß § 42 Abs. 4 VwGG als rechtswidrig zu erklären und - da den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen ist, daß die vorläufige Beschlagnahme etwa bereits beendet worden wäre - aufzuheben, die Beschwerde aber im übrigen als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
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