Normen
RezeptpflichtG 1972 §6 lita;
TierärzteG 1975 §12 Abs1 Z4;
VStG §5 Abs1;
VStG §6;
RezeptpflichtG 1972 §6 lita;
TierärzteG 1975 §12 Abs1 Z4;
VStG §5 Abs1;
VStG §6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 23. Juli 1986 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am Vormittag des 5. Mai 1985 an den Sohn von Frau Z Berta das rezeptpflichtige Arzneimittel "Combisec Injektor ad us.vet."
ohne tierärztliche Verschreibung in seiner Apotheke in X abgegeben und Frau Z vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung dadurch erleichtert zu haben, daß sie noch am selben Tag dieses Medikament einer Kuh injizieren habe können, obwohl solche Medikamente nur von einem Tierarzt verabreicht werden dürften. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1.) gemäß § 6 in Verbindung mit § 1 des Rezeptpflichtgesetzes, BGBl. Nr. 413/1972 und zu 2.) nach § 7 VStG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Z. 4 des Tierärztegesetzes, BGBl. Nr. 16/1975 begangen, weshalb über ihn gemäß § 6 Rezeptpflichtgesetz und § 68 Tierärztegesetz Geldstrafen von je S 4.000,-- (Ersatzarreststrafen je 5 Tage) verhängt wurden. Zur Begründung führte die Strafbehörde erster Instanz aus, der Beschwerdeführer habe angegeben, er habe lediglich die Kleinstpackung des in Rede stehenden Medikamentes abgegeben und dies nur deshalb, da ein besonderer Notfall vorgelegen sei. Die betreffende Kuh sei auf Grund der bevorstehenden Geburt laut Angaben des Tierarztes trocken zu stellen gewesen. Der Tierarzt wäre nicht erreichbar gewesen. Auf Grund dieser Tatsache sei das Euter zum damaligen Zeitpunkt bereits angeschwollen gewesen und es sei daher eine Behandlung der Kuh unbedingt sofort erforderlich gewesen. Der Sohn von Frau Z habe ihm immer wieder beteuert, daß er dieses Medikament für seine Kuh dringend benötige, da er schon seit 2 Tagen versucht habe, einen Tierarzt zu erreichen, dies jedoch nicht möglich gewesen sei. Darüberhinaus habe Herr Z erklärt, daß er am Weg zur Apotheke versucht habe, einen anderen Tierarzt zu erreichen, um dieses Medikament zu bekommen. Die Zeugin Berta Z habe angegeben, sie habe noch nie irgendwelche Arzneimittel für Tiere in dieser Apotheke geholt. Ihr Tierarzt sei, seitdem er in D praktiziere, Dr. T. Sie habe schon längere Zeit versucht, ihre Kuh, die schon vorher 2 Jahre lang immer wieder an Eutererkrankungen gelitten habe, trocken zu stellen. Sie habe immer wieder mit warmem Schnaps und Eutersalben die Kuh behandelt. Dies sei ihr von Dr. T verschrieben worden. Das Euter der Kuh sei immer größer angelaufen und nach 3 Tagen sei das Euter so groß geworden, daß sie Dr. T hätte anrufen müssen, dort habe sich aber niemand gemeldet. Daraufhin sei sie zum Tierarzt in E gefahren, dessen Tür aber versperrt gewesen sei. Sie habe ihren Sohn gebeten, in die Apotheke des Beschwerdeführers zu fahren, um sich dort das Medikament zu besorgen. Sie habe nicht gewußt, welches Medikament sie hätte anwenden sollen. In der Apotheke hätte dann ihr Sohn, nach dem er die schwierige Situation dem Beschwerdeführer erklärt habe, dieses Präparat bekommen, um dieses gleich zuhause zu injizieren. Sie sei zwar skeptisch gewesen, weil sie das Präparat noch nie zuvor gesehen habe, doch sei das Euter allmählich weicher geworden.
In der Folge wird der Inhalt eines Gutachtens des Amtstierarztes zur Frage der Notwendigkeit der in Rede stehenden Behandlung und der Folgen der Verwendung des in Rede stehenden Medikamentes dargestellt. Der Beschwerdeführer habe dazu Stellung genommen und ausgeführt, im Hinblick auf die Aussage der Zeugin Z habe es sich bei der fraglichen Kuh um eine chronische Entzündung gehandelt. Zur Zeit der Trockenstellung sei das Euter leicht geschwollen, also offensichtlich mit Milch gefüllt gewesen. Da die Instillation spätestens am fünften Tage nach dem letzten Melkakt erfolgen sollte und der Tierhalter somit schon Tage im Verzug gewesen sei, habe er nach verzweifelter Vorsprache des Tierhalters das Präparat ausgefolgt. Der Tierhalter habe mehr als dreimal versucht, den behandelnden Tierarzt Dr. T telefonisch zu erreichen, was ihm nicht gelungen sei. Daraufhin habe der Tierhalter versucht, einen anderen Tierarzt zu erreichen, auch dies sei ihm nicht gelungen. Erst dann habe er den Weg zur Apotheke gewählt, wobei dies an einem Samstag oder Sonntag gewesen sei und offensichtlich Gefahr im Verzug gewesen sei. Die Erstbehörde traf in diesem Zusammenhang noch die Feststellung, daß im Umkreis von etwa 15 km vom Wohnort des Tierbesitzers fünf praktische Tierärzte ansässig seien, sodaß er, wenn er sich die nötige Mühe genommen hätte, ohne weiteres einen dieser Tierärzte hätte erreichen können.
Zur Begründung der Strafbemessung führte die Erstbehörde aus, als mildernd sei die bisherige einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten. Erschwerend sei gewesen, daß bei Abgabe von derartigen Medikamenten zur Behandlung von Tieren ohne tierärztliche Aufsicht bzw. ohne tierärztliches Rezept es dazu komme, daß antibiotikahältiges Fleisch und antibiotikahältige Milch in den Verkehr gelange. Der Konsum solcher Lebensmittel könne zur Entwicklung von antibiotikaresistenten Bakterien und zur Ausbildung von Antibiotikaallergien beim Menschen führen. Im Interesse der Aufrechterhaltung der menschlichen Gesundheit müsse derartiges unbedingt vermieden werden, weshalb die Vorschriften des Rezeptpflichtgesetzes streng anzuwenden seien. Aus diesen Gründen dürften auch solche Präparate nur unter der Aufsicht eines Tierarztes verwendet werden, um dagegen vorzubeugen, daß keine Fleisch- und Milchwaren in den Verkehr gelangen und konsumiert werden, die Antibiotika enthalten. Der Tierarzt sei im Rahmen seiner Tätigkeit auch verpflichtet, bei Behandlung von Tieren mit antibiotikahältigen Präparaten dem Tierbesitzer eine bestimmte Wartefrist vorzuschreiben, innerhalb der der Besitzer Fleisch und Milch einer behandelten Kuh nicht in den Verkehr bringen dürfe. Gemäß § 19 VStG sei auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers Bedacht genommen worden.
Der gegen dieses Straferkenntnis vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Steiermark mit dem Bescheid vom 2. Oktober 1987 keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. In Erwiderung eines diesbezüglichen Vorbringens des Beschwerdeführers führte der Landeshauptmann zur Begründung aus, die Behörde erster Instanz habe sich in ausreichender Weise mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und schlüssig dargelegt, weshalb sie zu ihrer in den Spruch des Straferkenntnisses mündenden Ansicht gelangt sei. Aus dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers mit der Behauptung, das Gutachten des Amtssachverständigen sei einfach unrichtig, könne keine ausreichende Begründung zur Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Dem Beschwerdeführer wäre die Möglichkeit offengestanden, seine Behauptungen durch Vorlage von geeigneten Sachverständigenäußerungen zu untermauern. Das Vorliegen eines besonderen Notfalles, das der Beschwerdeführer durch zusätzliche Sachverständigengutachten zu erhärten getrachtet habe, könne schon deshalb nicht angenommen werden, da im Umkreis von ca. 15 km vom Wohnort der Tierhalterin 5 Tierärzte ihren Berufssitz hätten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Rezeptpflichtgesetzes, BGBl. Nr. 413/1972, dürfen Arzneimittel, die auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder Tieren gefährden können, wenn sie ohne ärztliche oder tierärztliche Überwachung angewendet werden, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen in Apotheken nur auf Grund ärztlicher Verschreibung (Rezept eines Arztes oder Tierarztes) abgegeben werden.
Gemäß § 6 lit. a des Rezeptpflichtgesetzes in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 363/1990 macht sich, wer entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes ein Arzneimittel abgibt, sofern die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- oder mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 4 des Tierärztegesetzes (BGBl. Nr. 16/1975) dürfen unbeschadet der anderen Personen gemäß § 1 Abs. 3 zustehenden Befugnisse die Impfung, Injektion, Transfusion, Infusion, Instillation und Blutabnahme bei Tieren nur von Tierärzten ausgeübt werden.
Nach § 68 lit. a leg. cit. in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 643/1987 macht sich einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu S 30.000,-- oder im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer eine der im § 12 Abs. 1 umschriebenen Tätigkeiten ausübt, ohne hiezu nach diesem Bundesgesetz oder nach einer anderen gesetzlichen Vorschrift berechtigt zu sein.
Der Beschwerdeführer räumt selbst ein, daß es sich bei dem gegenständlichen Medikament "zweifelsfrei um ein rezeptpflichtiges" gehandelt habe. Er hat daher durch das von der belangten Behörde festgestellte Verhalten den Tatbestand des § 6 lit. a Rezeptpflichtgesetz in objektiver Hinsicht jedenfalls erfüllt, da die genannte Strafbestimmung den Eintritt einer Gefährdung oder gar eines Schadens zur Erfüllung des Tatbildes nicht voraussetzt.
Der Beschwerdeführer macht allerdings in seiner Beschwerde das Vorliegen eines Notstandes geltend, weil der Tierhalter mit der Vornahme der fraglichen Instillation ohnedies schon Tage im Verzug gewesen sei. Dazu komme noch, daß er mehr als dreimal versucht habe, den behandelnden Tierarzt telefonisch zu erreichen, was ihm nicht gelungen sei. Daraufhin habe er versucht, einen anderen Tierarzt zu erreichen, was ebenfalls mißlungen sei. Erst danach habe sich der Tierhalter an den Beschwerdeführer um Hilfe gewandt, da er in größter Sorge um die Gesundheit seiner Kuh gewesen sei, dies umsomehr, als es sich um ein Wochenende gehandelt habe.
Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Unter Notstand im Sinne der zitierten Gesetzesstelle kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. In der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, kann eine unmittelbar drohende Gefahr und ein Notstand im Sinne des § 6 VStG nicht gesehen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1956, Slg. N.F. Nr. 4074/A, und die seither ständige Judikatur).
Diese Voraussetzungen für die Annahme eines Notstandes sind auch bei Zugrundelegung des diesbezüglichen Vorbringens des Beschwerdeführers nicht gegeben. Denn daß durch eine Verzögerung der Behandlung der Kuh, auch wenn dies zu deren Verenden geführt hätte, die Lebensmöglichkeiten der Tierhalterin unmittelbar bedroht gewesen wären, wird weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch ergeben sich aus dem Akteninhalt derartige Anhaltspunkte.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Verneinung des Vorliegens eines den Beschwerdeführer begünstigenden Notstandes eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erblicken.
Mit seinem unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erstatteten Vorbringen, die belangte Behörde habe es unterlassen, die von ihm zur Erschütterung des Gutachtens des beigezogenen Amtstierarztes angebotenen Beweise durchzuführen, vermag der Beschwerdeführer schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil die im Gutachten dieses Amtstierarztes behandelten Fragen für die Beurteilung der vorliegenden Verwaltungsstrafsache ohne Bedeutung sind. Einerseits ist, wie oben bereits ausgeführt, für die Tatbildmäßigkeit des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltens der Eintritt einer Gefahr oder gar eines Schadens bei Mensch oder Tier nicht erforderlich, und andererseits ist auch im Hinblick auf die oben gegebene Definition des Notstandes der Verlauf der Krankheit der in Rede stehenden Kuh für die Beurteilung, ob eine den Beschwerdeführer entlastende Notstandssituation gegeben war, nicht von Relevanz.
Schließlich vermag der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die von der Erstbehörde dargelegten und von der belangten Behörde übernommenen Strafzumessungsgründe in der Höhe der über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen bei Berücksichtigung der gesetzlichen Höchststrafen eine rechtswidrige Überschreitung des der Behörde bei der Strafbemessung eingeräumten Ermessensspielraumes nicht zu erblicken, zumal der Beschwerdeführer konkrete, etwa in seinen (von der belangten Behörde nicht festgestellten) Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnissen gelegene Gründe für die Unangemessenheit der über ihn verhängten Geldstrafen nicht vorbrachte.
Die Beschwerde erweist sich somit als nicht begründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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