VwGH 88/16/0231

VwGH88/16/023125.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Iro sowie die Hofräte Dr Närr, Mag Meinl, Dr Kramer und Dr Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr Cerne, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. April 1988, Zl GA 11 - 274/41/88, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1220;
ErbStG §3 Abs5;
ABGB §1220;
ErbStG §3 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zug polizeilicher und gerichtlicher Ermittlungen gegen die Beschwerdeführerin und deren Ehegatten (in der Folge nur: Ehegatte) kam zutage, die Beschwerdeführerin habe von ihrem Vater (in der Folge nur: Vater) im Jahr 1974 ein bestimmtes Sparbuch mit einer Einlage von 1 Mio S für den Erwerb einer bestimmten bebauten Liegenschaft (in der Folge nur: Liegenschaft) erhalten. Das Sparbuch sei am 12. September 1974 aufgelöst worden. Der darauf befindliche Betrag sei mehrmals umgebucht (Sparbücher, Wertpapierkonten) worden und habe sich ab 22. Dezember 1976 auf einem bestimmten Girokonto des Ehegatten befunden. Der Ehegatte habe mit diesem Betrag am 30. Dezember 1976 einen Teil einer Kaufpreisforderung für die Liegenschaft beglichen.

Das Finanzamt hielt der Beschwerdeführerin nach Wiedergabe der Ergebnisse der polizeilichen und gerichtlichen Ermittlungen mit Schreiben vom 14. November 1986 vor, sie habe niemals angezeigt, daß sie eine unentgeltliche Zuwendung vom Vater erhalten habe, wobei es die Ansicht vertrat, die Hingabe des Betrages von 1 Mio S unterliege der Schenkungssteuer.

In Beantwortung dieses Vorhalts führte die Beschwerdeführerin aus, der in Rede stehende Betrag sei ihr vom Vater als Heiratsgut hingegeben worden. Zwar habe sie sich bereits im Jahr 1964 verehelicht. Zum damaligen Zeitpunkt sei eine derartige Leistung unterblieben. Da der Anspruch auf Hingabe eines Heiratsgutes nicht verjähre, sei der Vater anläßlich seiner Pensionierung (Abfertigungszahlung) im beiderseitigen Einvernehmen seiner Dotationsverpflichtung nachgekommen. Der Erhalt eines Heiratsgutes sei nach § 3 Abs 5 ErbStG steuerfrei.

Ungeachtet der eben wiedergegebenen Ausführungen setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin für den vom Vater erhaltenen Betrag Schenkungssteuer fest, wobei es zur Begründung zunächst darauf hinwies, im Zug der bereits erwähnten Ermittlungen habe es die Beschwerdeführerin zunächst offen gelassen, ob das zweifellos an sie übergebene Sparbuch wieder dem Vater zurückgegeben worden sei. Später habe sie, zum Rechtsgrund der Hingabe des in Rede stehenden Betrages befragt, ebenfalls offen gelassen, ob dieser Betrag geliehen oder geschenkt worden sei. Erst in der Vorhaltsbeantwortung habe sie angegeben, sie glaube, dieser Betrag sei für Reparaturen und Investitionen für das sich auf der Liegenschaft befindliche Haus sowie für die Beschaffung von Möbeln verwendet worden. Das Finanzamt wies weiters auf offenkundig unrichtige Behauptungen der Beschwerdeführerin bezüglich des Geldflusses vor anderen Abgabenbehörden hin und gelangte in freier Beweiswürdigung zum Schluß, der Vater habe der Beschwerdeführerin schenkungsweise 1 Mio S überlassen. Mangels Anlasses für die Hingabe eines Heiratsgutes im Jahr 1974 könne jedoch keine Steuerbefreiung nach § 3 Abs 5 ErbStG gewährt werden. Denn ein Heiratsgut sei nur dann von der Schenkungssteuer befreit, wenn dessen Hingabe zur Einrichtung des ersten gemeinsamen Haushaltes erfolge. Der auf der Liegenschaft gegründete Haushalt sei nicht der erste gemeinsame der Ehegatten. Bemessungsverjährung sei nicht eingetreten.

Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin nach Wiedergabe der Bestimmung des § 3 Abs 5 ErbStG ein, es komme nicht darauf an, daß das Heiratsgut zur Einrichtung des ERSTEN Haushaltes, sondern nur darauf, daß dieses ZUR EINRICHTUNG EINES ANGEMESSENEN Haushaltes gewährt werde, zumal der Anspruch auf die Hingabe eines Heiratsgutes nicht verjähre. Es werde nicht bestritten, daß bereits vor Begründung des Haushaltes auf der Liegenschaft ein gemeinsamer Haushalt mit dem Ehegatten bestanden habe. Dieser vormalige Haushalt sei jedoch weder ihren Vermögensverhältnissen und ihrer Lebensstellung noch der des Ehegatten angemessen gewesen. Das erhaltene Heiratsgut habe zur Ausstattung der ersten Einrichtung eines den Vermögensverhältnissen und der Lebensstellung der Ehegatten angemessenen Haushaltes gedient, weswegen die Hingabe des Betrages von 1 Mio S steuerfrei zu belassen sei.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid schloß sich die belangte Behörde der vom Finanzamt vertretenen, eben dargestellten Rechtsansicht an, wobei sie zunächst nochmals darauf hinwies, daß der in Rede stehende Betrag am 30. Dezember 1976 vom Ehegatten zur Begleichung eines Teiles der Kaufpreisforderung für die Liegenschaft verwendet worden sei. Das Finanzamt habe nicht von sich aus festgestellt, der Betrag von 1 Mio S sei als Heiratsgut hingegeben worden. Vielmehr sei es in dieser Frage den erstmals in der Vorhaltsbeantwortung gemachten Ausführungen der Beschwerdeführerin gefolgt. Doch selbst wenn davon ausgegangen werde, der in Rede stehende Betrag sei im Jahr 1974 als Heiratsgut hingegeben worden, könne die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs 5 ErbStG nicht angewandt werden. Denn diese fordere zum Zeitpunkt der Zuwendung einen Anlaß. Dieser Anlaß sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Eheschließung, welche im vorliegenden Fall bereits im Jahr 1964 erfolgt sei. Das vorgebrachte Argument der erreichten Lebensstellung der Ehegatten beziehe sich auf das Jahr 1974. Weiters sei für die Befreiung Voraussetzung, daß das Heiratsgut zur Einrichtung des ERSTEN gemeinsamen Haushaltes der Ehegatten verwendet werde. Nach einer zehnjährigen Ehe mit zwei Kindern im Alter von zehn und acht Jahren und bereits eingerichteter Wohnung liege kein Anlaß im Sinn des § 3 Abs 5 ErbStG vor und könne das Bewohnen der früheren Wohnung auch nicht mehr als vorübergehend angesehen werden.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 27. September 1988, B 1085/88-4, ab und trat sie gemäß Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die Festsetzung von Schenkungssteuer für die Zuwendung eines Heiratsgutes nur mehr in ihrem Recht auf gesetzmäßige Anwendung des § 3 ErbStG verletzt und macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde möge als unbegründet kostenpflichtig abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3 Abs 1 ErbStG bestimmt, was als steuerpflichtige Schenkung im Sinn dieses Gesetzes gilt. Während die weiteren Absätze 2 bis 4 des § 3 ErbStG die Schenkungssteuerpflicht näher abgrenzen, enhält sein Absatz 5 die Bestimmung, daß eine Ausstattung oder ein Heiratsgut, das Abkömmlingen zur Einrichtung eines den Vermögensverhältnissen und der Lebensstellung der Beteiligten angemessenen Haushaltes gewährt wird, nicht als Schenkung gilt, sofern zur Zeit der Zuwendung ein Anlaß für eine Ausstattung oder ein Heiratsgut gegeben ist und der Zweck der Zuwendung innerhalb zweier Jahre erfüllt wird. Eine Ausstattung oder ein Heiratsgut, das über das angegebene Maß hinausgeht, ist insoweit steuerpflichtig.

Ein Heiratsgut gilt nur dann nicht als Schenkung, wenn alle im Gesetz genannten Tatbestandsmerkmale (gegebener Anlaß, Angemessenheit, Erfüllung des Zweckes innerhalb zweier Jahre) vorliegen. Die belangte Behörde stellt lediglich in Abrede, daß für die Hingabe des Heiratsgutes ein gegebener Anlaß vorhanden gewesen sei.

Damit ist die belangte Behörde im Recht. Im Jahr 1974 ist nämlich aus folgenden Gründen kein Anlaß zur Hingabe eines Heiratsgutes vorhanden gewesen:

Die Beschwerdeführerin und der Ehegatte sind bereits seit dem Jahr 1964 verehelicht und haben im gemeinsamen Haushalt gewohnt. Frühestens im Jahr 1976 haben die bfrin und der Ehegatte einen Haushalt auf der Liegenschaft gegründet. In diesem Jahr waren ihre beiden Kinder zwölf und acht Jahre alt. Wenngleich die Eigenschaft eines Heiratsgutes nicht verloren geht, wenn dieses nicht - wie das Gesetz es als Regelfall hinstellt - bei der Verehelichung (§ 1220 ABGB), sondern erst später hingegeben wird, so muß doch ZUR ZEIT DER ZUWENDUNG ein Anlaß für ein Heiratsgut gegeben sein. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl Dorazil. Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, 3. Auflage, Rz 19.8 e) zu § 3 sowie die Erkenntnisse vom 19. Mai 1988, Zl 87/16/0091, und vom 30. Juni 1988, Zl 87/16/0026), kann als Anlaß im Sinn des § 3 Abs 5 ErbStG nur die Einrichtung des ERSTEN gemeinsamen Haushaltes verstanden werden. Daß bei einer in sehr guter Lage gelegenen Wohnung IM AUSMAß VON NUR ZWEI RÄUMEN (die unterstrichenen Worte wurden erstmals in der Beschwerde vorgebracht; auf § 41 VwGG wird verwiesen), die durch zwölf Jahre hindurch zunächst von drei, später vier Personen bewohnt worden ist, von einem vorübergehenden und unzumutbaren Provisorium keine Rede sein kann, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Bei dem von der Beschwerdeführerin in Anspruch genommenen Begünstigungstatbestand wäre es bereits im Verwaltungsverfahren ihre Aufgabe gewesen darzutun, weswegen die vormalige Wohnung in der F-Straße im Zeitpunkt der Errichtung des ersten gemeinsamen Haushaltes nicht als eine den Vermögensverhältnissen und der Lebensstellung der Ehegatten angemessener Haushalt angesehen habe werden können (vgl das hg Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl 90/14/0064). Die von der Beschwerdeführerin als Argument herangezogene Lebensstellung des Ehegatten ist von diesem am 21. April 1970 erlangt worden und steht somit weder mit der Hingabe des Heiratsgutes noch mit der Begründung des Haushaltes auf der Liegenschaft in einem zeitlichen Zusammenhang.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl Nr 104/1991.

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