VwGH 88/07/0118

VwGH88/07/011819.11.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde der B OHG in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des BMLF vom 23.8.1988 Zl. 410.921/03-I4/87, betreffend Aufhebung von Dienstbarkeiten im Zusammenhang mit dem Erlöschen einer wasserrechtlichen Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Peter S in E), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §27 Abs1;
WRG 1959 §29 Abs5;
WRG 1959 §29;
WRG 1959 §70 Abs1;
WRG 1959 §27 Abs1;
WRG 1959 §29 Abs5;
WRG 1959 §29;
WRG 1959 §70 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.346,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. August 1988 erklärte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft aufgrund des Antrages der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei vom 30. Juli 1986 und deren für gerechtfertigt erachteten Devolutionsantrages vom 2. Jänner 1988 die durch das mit Ablauf des 30. Juli 1985 eingetretene Erlöschen des im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Kufstein unter Post-Zahl nn1 eingetragenen Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich gewordenen, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten gemäß § 29 Abs. 5 WRG 1959 in Verbindung mit § 73 AVG 1950 für erloschen und die aus Anlaß des Verfahrens durch die Übereinkommen vom 17. Dezember und 25. November 1923 bestellten, unter Einlagezahl X des Grundbuches E, Bezirksgericht Kufstein, eingetragenen Dienstbarkeiten gemäß § 70 Abs. 1 letzter Satz WRG 1959 in Verbindung mit § 73 AVG 1950 für aufgehoben.

Begründend wurde unter Hinweis auf § 27 Abs. 1 lit. c WRG 1959, wonach Wasserbenutzungsrechte bei zeitlichen Bewilligungen durch Ablauf der Zeit erlöschen, ausgeführt, aus den vorliegenden Akten sei ersichtlich, daß der antragstellende Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 22. Juli 1925, mit welchem über die Konsensdauer des bezeichneten Wasserbenutzungsrechtes rechtskräftig entschieden worden sei, am 30. Juli 1925 zugestellt erhalten habe. Die mit dem eben genannten Bescheid festgesetzte Konsensdauer von 60 Jahren habe daher mit Ablauf des 30. Juli 1985 geendet. Der vom Landeshauptmann von Tirol - vor Ablauf der Konsensdauer - erlassene Bescheid vom 27. Mai 1985 betreffend die Wiederverleihung des Wasserbenutzungsrechtes an die Beschwerdeführerin sei jedoch auf Grund von Berufungen unter anderem des Mitbeteiligten nicht in Rechtskraft erwachsen, sondern vielmehr mit Berufungsbescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 20. Februar 1986 gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 behoben worden. Das gegenständliche Wasserbenutzungsrecht sei sohin mangels rechtskräftigen Wiederverleihungsbescheides mit Ablauf des 30. Juli 1985 ex lege erloschen.

An das Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes seien die Rechtsfolgen des § 29 WRG 1959 geknüpft. Die Wasserrechtsbehörde habe nach Abs. 1 dieser Bestimmung den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisherige Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden, angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen habe.

Aus dieser Bestimmung sei zu schließen, daß derartige Anordnungen den Schutz öffentlicher oder privater Interessen insoweit zum Ziel haben sollten, als solche Interessen durch die mit dem Erlöschen des Wasserrechtes verbundenen Folgewirkungen im Anlagenbereich nachteilig betroffen würden. Ob man derartige negative Wirkungen zu befürchten habe, sei erst nach Abschluß des Wiederverleihungsverfahrens, in dem nach dem Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 20. Februar 1986 insbesondere Sicherheitsfragen eingehend zu prüfen sein würden, zu beurteilen. Überdies erscheine es dem Zweck dieser Bestimmung widerstrebend und wirtschaftlich unzumutbar, vor einem etwaigen positiven Abschluß des Verfahrens über den Wiederverleihungsantrag einen Beseitigungsauftrag zu erlassen.

Nach § 29 Abs. 5 WRG 1959 habe jedoch die Behörde im Falle des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes auch ausdrücklich auszusprechen, daß die durch das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich gewordenen, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten (§ 70 Abs. 1 erster Satz WRG 1959) erloschen seien.

§ 70 Abs. 1 WRG 1959 bestimme hiezu, daß mit dem Erlöschen einer wasserrechtlichen Bewilligung alle nach den §§ 63 bis 67 eingeräumten oder aus Anlaß des wasserrechtlichen Verfahrens durch Übereinkommen bestellten, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten, soweit sie durch das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich geworden seien, erlöschen würden. Sei jedoch eine solche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen, so könne sowohl der Eigentümer des belasteten Gutes als auch der bisherige Wasserberechtigte die ausdrückliche Aufhebung der Dienstbarkeit bei der Wasserrechtsbehörde verlangen.

Da im Gegenstande, wie schon oben ausgeführt, das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes eingetreten sowie ein auf §§ 29 Abs. 4 (richtig: 5) und 70 Abs. 1 letzter Satz gestützter Antrag des Mitbeteiligten, lautend auf umgehende Löschung der im Grundbuch zugunsten der Beschwerdeführerin eingetragenen Dienstbarkeiten, vorgelegen sei, habe die Behörde, mangels eines vom Gesetz eingeräumten Ermessensspielraumes, spruchgemäß entscheiden müssen.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen, die Dienstbarkeiten betreffenden Erklärungen mit der Begründung verletzt erachtet, bei den 1923 getroffenen Übereinkommen handle es sich um zivilrechtliche Verträge, die nicht vom Wasserbenutzungsrecht abhingen und deren Gültigkeit nicht durch die Konsensdauer beschränkt sei.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Der Mitbeteiligte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 21. Jänner 1972, Slg. 8150/A, dargetan hat, ist die vom Eigentümer des belasteten Gutes begehrte Aufhebung einer im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit gemäß § 70 Abs. 1 WRG 1959 gleichzeitig mit der Feststellung des Erlöschens des Wasserrechtes auszusprechen.

Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, wenn sie vermeinte, eine Dienstbarkeitsaufhebung gesondert verfügen zu können, ohne daß das Erlöschen des betreffenden Wasserbenutzungsrechtes gemäß § 29 WRG 1959 bescheidmäßig festgestellt ist; die übrigen nach dieser Bestimmung erforderlichen Beurteilungen (wozu schließlich "auch" ein Ausspruch nach § 29 Abs. 5 WRG 1959 gehört) setzen die Erlöschensfeststellung bereits voraus. Darüber hinaus hat die belangte Behörde die unzutreffende Anschauung vertreten, bei Vorliegen des Antrages eines von Dienstbarkeiten belasteten Grundeigentümers gehalten zu sein, im Sinne dieses Antrages zu entscheiden, ohne daß die gemäß § 70 Abs. 1 WRG 1959 rechtserhebliche Frage sachverhaltsbezogen beantwortet wird, ob es sich bei jener Dienstbarkeit, deren Aufhebung beantragt ist, um eine solche handelt, die, wenn sie nicht "eingeräumt" wurde, durch Übereinkommen "aus Anlaß des wasserrechtlichen Verfahrens" bestellt worden ist.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG sowie der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, im Rahmen des gestellten Antrages, mit welchem die bereits zur Zeit der Antragstellung geltenden Sätze unterschritten worden waren.

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