Normen
GSGG §1 Abs1;
GSGG §2 Abs1 Z1;
GSLG NÖ §1 Abs1;
GSLG NÖ §2 Abs1;
VwRallg;
GSGG §1 Abs1;
GSGG §2 Abs1 Z1;
GSLG NÖ §1 Abs1;
GSLG NÖ §2 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde (ABB) vom 7. August 1986 wurde in Stattgebung eines diesbezüglichen Antrages der Beschwerdeführer gemäß § 2 des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1973, LGBl. 6620-0 (GSLG), zugunsten des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstückes 997 und zu Lasten des Grundstückes 995, je KG H, letzteres im Eigentum der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei, ein landwirtschaftliches Bringungsrecht auf einer näher beschriebenen, ca. 1 m breiten Trasse, mit dem Recht eingeräumt, auf dieser zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des notleidenden Grundstückes zu gehen und mit Fahrzeugen aller Art zu fahren, sowie hiefür gemäß § 7 Abs. 3 GSLG eine einmalige Entschädigung festgesetzt.
Der Berufung der Beschwerdeführer - die die Bewilligung eines Bringungsweges mit einer größeren (näher angegebenen) Gesamtbreite sowie eine Neufestsetzung der Entschädigung verlangt hatten - gab der Landesagrarsenat beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (LAS) mit Erkenntnis vom 5. Mai 1987 sodann gemäß § 66 Abs. 4 AVG (§ 1 AgrVG 1950) sowie §§ 2 und 3 GSLG teilweise Folge und änderte den Bescheid der ABB dahin ab, daß die Breite des Bringungsweges mit 1,5 m bestimmt, die Entfernung von Bäumen verfügt und die Entschädigung erhöht wurde.
Der auch dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer - die eine weitere Erhöhung der Gesamtbreite des Weges sowie die Neufestsetzung der Entschädigung begehrt hatten - gab schließlich der Oberste Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 1 AgrVG 1950 und § 66 Abs. 4 AVG im Zusammenhalt mit §§ 1 und 2 GSLG statt, behob das Erkenntnis des LAS und wies den Antrag der Beschwerdeführerin ab. Begründend verwies der Oberste Agrarsenat auf die §§ 1 und 2 GSLG, wonach es eine Voraussetzung für die Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes bilde, daß das zu erschließende Grundstück land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken "gewidmet" sei; dies treffe auf das Grundstück 997 nicht zu, da es zwar als Obstgarten genutzt werde, die Widmung nach dem Flächenwidmungsplan aber auf "Bau-Wohngebiet" laute; es sei auch zu berücksichtigen, daß eine Nutzung stets subjektiven Kriterien unterliege, während die Widmung (durch ihre Festlegung im Flächenwidmungsplan) objektivierbar sei.
Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführer in dem Recht auf Einräumung eines Bringungsrechtes im Sinne ihrer Anträge verletzt erachten.
Die belangte Behörde und die Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in denen die Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 GSLG ist ein Bringungsrecht im Sinne dieses Gesetzes das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen oder Sachen über fremde Grundstücke zu bringen.
Gemäß § 2 Abs. 1 GSLG hat die Agrarbehörde ein Bringungsrecht auf Antrag des Eigentümers von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, einzuräumen, wenn
- 1. die zweckmäßige Bewirtschaftung der Grundstücke oder die Führung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich beeinträchtigt wird, daß für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Möglichkeit besteht, und
- 2. dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht beseitigt oder gemildert werden kann, das öffentliche Interessen, insbesondere auf dem Gebiet des Forstwesens, des Bergwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumordnung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft, der öffentlichen Versorgung (z.B. mit Energie), des öffentlichen Verkehrs, der Landesverteidigung oder der Sicherheit des Luftraumes nicht verletzt und den im § 3 Abs. 1 aufgestellten Erfordernissen entspricht.
Die angeführten Bestimmungen decken sich im wesentlichen, insbesondere auch in der Verwendung des Begriffes "gewidmet" mit den korrespondierenden Vorschriften des Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetzes 1967, BGBl. Nr. 198 (GSGG). Bereits nach diesem mußten also die (begünstigten) Grundstücke land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken "gewidmet" sein. Nach den Erläuternden Bemerkungen zum GSGG ist berechtigtes Grundstück stets ein Grundstück, "das land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet ist, also unmittelbar (zum Beispiel als Acker, Alpe, Wald, Weide, Wiese) oder mittelbar (zum Beispiel durch darauf errichtete Wirtschaftsgebäude) der land- oder forstwirtschaftlichen Produktion zu dienen bestimmt ist".
Der Bundesgrundsatzgesetzgeber konnte unter den zu jener Zeit (1967) gegebenen Rechtsverhältnissen zweifellos nicht davon ausgehen, daß bereits für alle im bezeichneten Sinn relevanten Grundstücke Flächenwidmungspläne oder ihnen vergleichbare Vorschriften erlassen waren (zum Land Niederösterreich vgl. noch NÖ. Raumordnungsgesetz 1976, LGBl. 8000, § 30 Abs. 5; siehe ferner Österreichische Raumordnungskonferenz, Erster Raumordnungsbericht Wien 1975, S. 140). "Gewidmet" konnte daher jedenfalls nicht notwendig bedeuten "durch Festlegung im Flächenwidmungsplan bestimmt" (wie die belangte Behörde offenbar annimmt). "Gewidmet" kann aber ebensowenig - in einem dem Grundgedanken der belangten Behörde nahekommenden Sinn - heißen: so lange Flächenwidmungspläne nicht bestehen, "tatsächlich genutzt", sofern sie bestehen, "in ihrem Sinn gewidmet"; denn in einem solchen Fall hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft, die den Doppelsinn in der angegebenen Weise zum Ausdruck gebracht hätte.
Dazu kommt, daß nach § 2 GSLG die erhebliche Beeinträchtigung der zweckmäßigen Bewirtschaftung von Grundstücken infolge Fehlens einer Bringungsmöglichkeit oder deren Unzulänglichkeit maßgebender Ansatzpunkt für die vom Gesetz angebotene Abhilfe ist. Es wäre daher von der Zielsetzung des Gesetzes her unverständlich, wenn im Fall einer (erlaubtermaßen vorgenommenen) zweckmäßigen Bewirtschaftung unter den für diese hinderlichen Einschränkungen nur deshalb eine entsprechende Bringungsmöglichkeit verweigert werden müßte, weil das land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienende (und insoweit - siehe oben - "zu dienen bestimmte"), zulässigerweise bewirtschaftete Grundstück im Flächenwidmungsplan für einen anderen Zweck vorgesehen ist, wobei jener keine der Einräumung eines derartigen Bringungsrechtes widersprechende Vorschrift enthält und die in ihm zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interessen im Fall von deren Verletzung durchaus im Einzelfall gemäß § 2 Abs. 1 Z. 2 GSLG (arg.: "der Raumordnung") berücksichtigt werden können.
Bringungsrechte, denen kein "dauerndes" Bedürfnis zugrundeliegt - dieses kann etwa in einem Fall wie dem vorliegenden fehlen -, sind gemäß § 3 Abs. 2 GSLG "nur für einen bestimmten Zeitraum einzuräumen".
Ändern sich die für die Einräumung eines Bringungsrechtes maßgebenden Umstände, ist dieses gemäß § 12 Abs. 1 GSLG auf Antrag den geänderten Verhältnissen entsprechend abzuändern, bei dauerndem Wegfall des Bedarfes aufzuheben.
Das Gesetz sieht demnach durchaus auch Regelungen vor, die verhindern, daß - wie die belangte Behörde offenbar befürchtet - mit "subjektiven Kriterien" der "objektivierbare" Bedarf unterlaufen wird.
Aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich, daß die im angefochtenen Erkenntnis vorgenommene Gleichsetzung des normativen Begriffes "gewidmet" mit der Bedeutung "im Flächenwidmungsplan festgelegt" eine mit der Rechtslage nicht in Einklang stehende Verengung von dessen Sinngehalt darstellt, wodurch die Beschwerdeführerin im Beschwerdepunkt in ihren Rechten verletzt wurde.
Dies führt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2. Stempelübergebühren in der Höhe von 480,- S sowie Stempelgebühren für eine zur Rechtsverfolgung nicht erforderliche (vierte) Ausfertigung des Beschwerdeschriftsatzes konnten nicht zum Ersatz vorgeschrieben werden.
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