VwGH 87/13/0201

VwGH87/13/020122.3.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 7. August 1987, Zl. 6/1-1012/87, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1984, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1175;
BAO §188 Abs3;
EStG 1972 §23 Z3;
EStG 1972 §24 Abs1 Z2;
ABGB §1175;
BAO §188 Abs3;
EStG 1972 §23 Z3;
EStG 1972 §24 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war bis Ende 1983 Gesellschafterin einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und an dieser mit einem 50 %igen Kapitalanteil beteiligt. Zweite Gesellschafterin mit einem ebenfalls 50 %igen Kapitalanteil war P. Mit Kaufvertrag vom 29. Dezember 1983 verkaufte die Beschwerdeführerin ihren Gesellschaftsanteil an L. um einen Kaufpreis von S 375.000,-- zahlbar in zwei Teilbeträgen von S 215.000,-- und S 160.000,--. Der Übergang des Gesellschaftsanteiles auf den Käufer war mit 1. Jänner 1984 vereinbart. Weiters war vereinbart, daß der Käufer auch alle Verbindlichkeiten übernehmen und die Beschwerdeführerin "hinsichtlich aller Forderungen Dritter, insbesondere auch Dienstnehmeransprüche" schad- und klaglos halten sollte.

Aus einer Erklärung des Steuerberaters der Gesellschaft ging hervor, daß auch P. ihren Gesellschaftsanteil an L. mit Wirkung vom 1. Jänner 1984 übertragen hatte.

Der Gewerbesteuererklärung für das Jahr 1984 war eine Rechnung der Gesellschaft an L. beigeschlossen, in der die Veräußerung beider Gesellschaftsanteile zusammengefaßt und als Gesamtkaufpreis für beide Gesellschaftsanteile S 957.177,-- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer ausgewiesen worden war. Der Gesamtkaufpreis war unter dem Begriff "Zahlungskonditionen" wie folgt aufgegliedert:

Zahlung an die Beschwerdeführerin S 375.000,--

Zahlung an P. S 375.000,--

Umsatzsteuer S 191.435,40

übernommene Abfertigungsrücklage S 112.000,--

Barzahlung 31. 12.1983 S 90.000,--

Barzahlung S 5.177,--

Summe S 1,148.612,40.

Der Veräußerungsgewinn wurde von der Gesellschaft wie folgt

erklärt:

Zahlungsverpflichtung lt. Rechnung S 845.177,--

übernommene Abfertungsverpflichtung + S 112.367,--

Buchwerte des Anlagevermögens - S 11.296,--

Buchwert Warenlager - S 63.677,--

S 882.571,--

Auflösung Investitionsrücklage 1979 + S 1.043,--

Auflösung Investitionsrücklage 1980 + S 1.180,--

S 884.794,--

abzüglich Freibetrag - S 100.000,--

Veräußerungsgewinn S 784.794,--.

 

Dieser Veräußerungsgewinn wurde beiden Gesellschafterinnen nach Maßgabe ihrer Kapitalbeteiligung je zur Hälfte zugerechnet.

In der Folge wurde diese Erklärung noch insoweit berichtigt, als Anwaltskosten der Beschwerdeführerin im Ausmaß von S 10.984,--, die im Zusammenhang mit der Veräußerung des Gesellschaftsanteiles entstanden waren, als Aufwand geltend gemacht und von dem auf die Beschwerdeführerin entfallenden Anteil am Veräußerungsgewinn abgezogen wurden. Dadurch ergab sich für die Beschwerdeführerin ein Anteil am Veräußerungsgewinn von S 381.413,--.

Das Finanzamt erließ einen erklärungsgemäßen Bescheid betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1984.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie habe für den Verkauf ihres Gesellschaftsanteiles nur S 375.000,-- erhalten und davon die Kosten für anwaltliche Beratung getragen. Unter Berücksichtigung des anteiligen Freibetrages nach § 24 Abs. 4 EStG müsse der auf sie entfallende Veräußerungsgewinn wesentlich geringer sein.

In einer Berufungsergänzung wies die Beschwerdeführerin darauf hin, daß der P. ca. 60 % des Veräußerungserlöses zugeflossen sei. Die von L. zusätzlich geleisteten Barzahlungen seien nämlich nur ihr zugute gekommen. Es müsse daher der Veräußerungsgewinn im Verhältnis 40 : 60 zwischen ihr und P. aufgeteilt werden.

Nach einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Es habe sich nicht um einen einheitlichen Veräußerungsvorgang gehandelt, dessen Ergebnis zwischen den Gesellschafterinnen aufzuteilen sei, sondern um zwei getrennte Verträge. Die Veräußerungserlöse seien unterschiedlich hoch gewesen.

In der Zwischenzeit war P. verstorben. Die belangte Behörde gab den beiden Erben der P. Gelegenheit, zur Berufung der Beschwerdeführerin Stellung zu nehmen. Daraufhin teilten die Erben mit, auch P. habe mit L. am 29. Dezember 1983 einen eigenen Kaufvertrag abgeschlossen und legten eine Kopie dieses Vertrages vor. Danach betrug zwar der vereinbarte Kaufpreis ebenfalls S 375.000,--, war aber (abweichend vom Kaufvertrag mit der Beschwerdeführerin) zum Teil in 36 wertgesicherten Monatsraten zu entrichten. Laut Angaben der Erben sei der Kaufvertrag nur unter der Bedingung zustande gekommen, daß die Beschwerdeführerin ihren Verkaufserlös erhalte.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Z. 3 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24. § 24 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. sieht als eigenen Steuertatbestand den Gewinn vor, der bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles erzielt wird.

§ 188 BAO bestimmt, daß Gewinne aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert festzustellen sind, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Nach Abs. 3 der genannten Bestimmung ist Gegenstand der Feststellung auch die Verteilung des festgestellten Betrages auf die Teilhaber.

Die belangte Behörde schließt aus den zitierten Vorschriften, daß Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen in gleicher Weise nach einem im Einzelfall festzustellenden Gewinnverteilungsschlüssel auf die einzelnen Gesellschafter aufzuteilen sind, wie die laufend gemeinschaftlich erzielten Gewinne.

Diese Auffassung ist verfehlt. Der Steuertatbestand der Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles ist ausschließlich dem betreffenden Mitunternehmer zuzurechnen. Das ergibt sich aus der Art des Steuertatbestandes, der auf den Veräußerungserlös für den einzelnen Mitunternehmeranteil bzw. dessen Buchwert zum Zeitpunkt der Veräußerung abstellt, und daher nur eine Zurechnung an den jeweils veräußernden Mitunternehmer zuläßt. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles ist zwar zusammen mit gemeinschaftlich erzielten Einkünften gemäß § 188 BAO steuerlich zu erfassen, unterliegt aber selbst keiner "Verteilung ... auf die Teilhaber".

Dieser aus dem Steuertatbestand abzuleitende Grundsatz ist auch dann zu beachten, wenn alle Mitunternehmer einer Gesellschaft ihre Anteile gleichzeitig veräußern. Auch in einem solchen Fall kann nämlich die getrennte Zurechnung der einzelnen Veräußerungsgewinne zu einem anderen Ergebnis führen als die Verteilung eines "gemeinschaftlich erzielten Veräußerungsgewinnes" auf die Gesellschafter nach Maßgabe ihrer Beteiligung am Kapital der Gesellschaft. Dies nicht nur deswegen, weil für die Höhe des Veräußerungsgewinnes auch der Stand der variablen Kapitalkonten der einzelnen Gesellschafter von Bedeutung ist, soweit in der Vergangenheit unterschiedlich getätigte Einlagen und Entnahmen nicht anläßlich der Veräußerung ausgeglichen werden. Auch die steuerlichen Auswirkungen der Veräußerung bei allfälligem Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen einzelner Gesellschafter könnte zu Abweichungen gegenüber einem "verteilten" Veräußerungsgewinn führen. Schließlich darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß es die Mitunternehmer einer Gesellschaft selbst bei "gemeinsamer" Veräußerung ihrer Anteile in der Hand haben, von ihrem Beteiligungsverhältnis abweichende Veräußerungserlöse zu erzielen. Gerade auf diesen Umstand weist die Beschwerdeführerin hin, wenn sie behauptet, daß P. für die Veräußerung ihres Gesellschaftsanteiles um S 95.177,-- mehr erhalten habe als sie. Bei Beurteilung dieses Mehrerlöses als "unterschlagene Gewinnanteile" i.S. des hg. Erkenntnisses vom 14. Dezember 1983, Zl. 81/13/0204, verkennt die belangte Behörde das Wesen der getrennten Ermittlung und Zurechnung von Gewinnen aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Vollständigkeitshalber sei noch darauf hingewiesen, daß der Gerichtshof mit Rücksicht auf den Beschwerdepunkt keine Feststellungen darüber zu treffen hatte, ob die Einbeziehung der Nachversteuerung von Investitionsrücklagen in den Veräußerungsgewinn rechtens erfolgte oder nicht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Der Ersatz von Stempelgebühren wurde nur für jene Schriftsätze und Beilagen gewährt, zu deren Vorlage die Beschwerdeführerin vom Gerichtshof aufgefordert wurde, bzw. die der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienten.

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