Normen
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20 Abs1;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Finanzbeamter und als Referent in der Geschäftsabteilung n1 der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland tätig. Sein Aufgabengebiet umfaßt die Besteuerung von Körperschaften. Weiters ist er als Rechtsmittelreferent Mitglied eines Berufungssenates.
Für das Jahr 1985 beantragte der Beschwerdeführer u.a. Kosten für Fachliteratur im Ausmaß von insgesamt S 10.836,-- als erhöhte Werbungskosten zu berücksichtigen. In dem Betrag waren auch Kosten von S 155,30 für Aktenordner enthalten.
Das Finanzamt gab dem Antrag nur in eingeschränktem Ausmaß Folge und begründete dies damit, daß ein Großteil der Fachliteratur "in der Bücherei der Finanzlandesdirektion vorhanden" sei.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Die von ihm angeschafften Bücher und Zeitschriften seien ausschließlich solche der steuerlichen Fachliteratur, die er für seine Berufsausübung benötige und die ihrer Art nach der privaten Lebensführung nicht zugeordnet werden könnten. Ein Abgrenzungsproblem zwischen beruflicher und privater Sphäre, wie es bei vielen anderen Aufwendungen entstehen könne, sei daher nicht gegeben. Es stelle sich damit auch nicht die Frage, ob die Anschaffung der Fachliteratur "notwendig" gewesen sei. Sowohl in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes als auch in der Literatur werde die Auffassung vertreten, daß Werbungskosten ebensowenig das Merkmal der Notwendigkeit aufweisen müßten wie Betriebsausgaben. Schließlich belegte der Beschwerdeführer diese Auffassungen durch eine Reihe von zitierten Entscheidungen und Literaturhinweisen.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab und änderte den angefochtenen Bescheid insoweit zum Nachteil des Beschwerdeführers, als sie die Anschaffung von zwei weiteren Büchern (Kodex Steuerrecht und Kodex Verfassungsrecht) sowie der Aktenordner nicht als berufsnotwendig ansah und damit zu Werbungskosten von insgesamt weniger als S 4.914,-- (= Werbungskostenpauschale) gelangte. Dies hatte zur Folge, daß die Eintragung eines Freibetrages für erhöhte Werbungskosten auf der Lohnsteuerkarte unterblieb.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen.
Demgegenüber fallen Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen, für den Unterhalt seiner Familienangehörigen und für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung der Steuerpflichtigen mit sich bringt, unter das Abzugsverbot des § 20 EStG.
Zu Abgrenzungschwierigkeiten kommt es insbesondere bei Aufwendungen, die sowohl im beruflichen als auch im privaten Interesse gelegen sein können. Bei solchen Aufwendungen sind an die steuerliche Abzugsfähigkeit strenge Maßstäbe anzulegen, soll das Gebot des § 20 EStG gleichermaßen für alle Steuerpflichtigen zum Tragen kommen. Es wäre aus der Sicht gleichmäßiger Besteuerung nicht vertretbar, wollte man einen Aufwand, der regelmäßig einer Vielzahl von Steuerpflichtigen in ihrer Privatsphäre erwächst und der daher steuerlich nicht abzugsfähig ist, bei einer kleinen Gruppe von Steuerpflichtigen nur deswegen zum Abzug zulassen, weil bei dieser Gruppe ein zusätzliches berufsspezifisches Aufwandsinteresse nicht ausgeschlossen werden kann.
Der Gerichtshof hat daher in seiner Rechtsprechung verschiedene Kriterien genannt, die für die Abgrenzung der beruflichen von der privaten Sphäre von Bedeutung sind. Eines dieser Kriterien ist die berufsbedingte NOTWENDIGKEIT eines Aufwandes. Ist sie zu bejahen, dann tritt eine allenfalls gegebene private Mitveranlassung des Aufwandes derart in den Hintergrund, daß sie auch vom Gesichtspunkt des § 20 EStG aus betrachtet vernachlässigt werden kann.
Auf diesen Überlegungen beruht die hg. Rechtsprechung, die zum Teil auch von der belangten Behörde zitiert wird und die stets solche Fälle betraf, in denen eine maßgebende private Mitveranlassung eines Aufwandes im Sinne des § 20 EStG nicht auszuschließen war (vgl. z.B. auch die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1981, Zl. 13/3438/80, vom 3. November 1981, Zl. 81/14/0022, vom 15. Februar 1983, Zl. 82/14/0135, und vom 23. Mai 1984, Zl. 82/13/0184).
Dem Abgrenzungskriterium der Notwendigkeit eines Aufwandes ist aber dann keine entscheidende Bedeutung beizumessen, wenn ein Aufwand seiner Art nach NUR eine berufliche Veranlassung erkennen läßt. Dies gilt grundsätzlich sowohl für Betriebsausgaben als auch für Werbungskosten. So hat der Gerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 22. Dezember 1980, Zl. 2001/79, betont, daß Werbungskosten (bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit) "weder unvermeidbar noch ..... im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers gelegen sein" müssen. Wesentlich ist, daß "die Aufwendungen eindeutig und ausschließlich im Zusammenhang mit der Erzielung der jeweiligen Einnahmen stehen". Im Erkenntnis vom 21. Oktober 1986, Zl. 84/14/0037, hat der Gerichtshof diesen Grundsatz ausdrücklich wiederholt.
Der Beschwerdeführer hat im wesentlichen die Kosten für die Anschaffung folgender Zeitschriften und Bücher als Werbungskosten geltend gemacht:
Abonnement "Steuer- und Wirtschaftskartei" inkl. Sammelmappe und Index,
Abonnement "Recht der Wirtschaft" inkl. Sammelmappe, Abonnement "Der Gesellschafter", Ergänzungslieferung "Beamtendienstrechtsgesetz", Abonnement "Zeitschrift für Gebühren- und Verkehrssteuern", Kodex "Wirtschaftsgesetze",
Kodex "Steuerrecht",
Kodex "Verfassungsrecht",
Ergänzungslieferungen "Philip, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz",
Abonnement "Finanzjournal", Ergänzungslieferungen "Zach, Gehaltsgesetz", Ergänzungslieferungen "Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer",
Kodex "Bürgerliches Recht",
Kodex "Arbeitsrecht",
Kodex "Steuererlässe".
Diese Zeitschriften und Fachbücher sind derart auf spezifische berufliche Bedürfnisse des Beschwerdeführers abgestellt, daß ihnen die Eignung fehlt, private Bedürfnisse literarisch interessierter Bevölkerungskreise zu befriedigen. Eine private Mitveranlassung des Aufwandes für ihre Anschaffung ist nicht erkennbar. Entscheidend ist daher nur, ob die Aufwendungen eindeutig im Zusammenhang mit der Erzielung der Einkünfte des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit standen. Dies ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zu bejahen und zwar gleichgültig, ob und inwieweit der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt hätte, die genannte Fachliteratur aus der Amtsbibliothek zu entlehnen.
Die belangte Behörde hat aber auch nicht schlüssig begründet, warum sie die Anschaffungskosten von drei Aktenordnern im Gesamtbetrag von S 155,70 nicht als Werbungskosten anerkannt hat. Sie hat nämlich keine Zweifel daran geäußert, daß die Aktenordner für berufliche Zwecke des Beschwerdeführers Verwendung fanden, sondern lediglich darauf hingewiesen, "daß Aktenordner in völlig ausreichendem Umfang vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden".
Diese Überlegung berechtigte die belangte Behörde jedoch nicht, einem eindeutig beruflich veranlaßten Aufwand die steuerliche Anerkennung als Werbungskosten zu versagen. Ebenso wie es möglich ist, daß einem Arbeitnehmer Werbungskosten erwachsen, die ihm von seinem Arbeitgeber nicht ersetzt werden, ist es auch möglich, daß ein Arbeitnehmer einen beruflich veranlaßten Aufwand aus eigenem trägt, obwohl sein Arbeitgeber bereit wäre, diesen Aufwand abzudecken.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Artikel III Abs. 2. Stempelgebühren waren nur in dem Ausmaß zuzuerkennen, in dem sie durch die Beschwerdeführung veranlaßt waren, wobei darauf hinzuweisen ist, daß die Stempelgebühr pro Beschwerdeausfertigung auch dann nur in einfacher Höhe zu entrichten ist, wenn die Beschwerde aus mehreren Bogen besteht (§ 14 TP 6 Abs. 1 GebG).
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