VwGH 87/05/0185

VwGH87/05/018525.6.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde des D in V, vertreten durch Dr. A Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 26. August 1987, Zl. ad MA 64-B 32/84, betreffend Kosten einer Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §17 Abs1;
AVG §37;
AVG §39;
AVG §58 Abs2;
AVG §66 Abs4;
BauO Wr §129 Abs2;
BauRallg;
VVG §10 Abs1;
VVG §11 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §17 Abs1;
AVG §37;
AVG §39;
AVG §58 Abs2;
AVG §66 Abs4;
BauO Wr §129 Abs2;
BauRallg;
VVG §10 Abs1;
VVG §11 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. November 1981 trug der Magistrat der Stadt Wien den Eigentümern des Hauses Wien V, X-Straße 69, EZ nn1, KG XY, (darunter dem Beschwerdeführer) auf, binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides

1. die eingezogenen Eternitrohre aus dem schleifbaren Rauchfangteil im Dachboden zu entfernen,

2. für die engen Rauchfänge (die im einzelnen konkret angeführt waren) im Dachboden ein dem Baukonsens entsprechendes Rauchfangzungenmauerwerk bis zur Rauchfangmündung herzustellen und

3. das Rauchfangkopfmauerwerk sämtlicher Rauchfanggruppen wieder aufmauern zu lassen.

Dieser Bescheid wurde, soweit er angefochten wurde, mit Berufungsbescheid vom 26. August 1982, MDR-B V-2/82, mit der Maßgabe bestätigt, daß anstelle einer zweimonatigen eine viermonatige Erfüllungsfrist festgesetzt wurde. Dieser Bescheid ist nach der Aktenlage nicht weiter bekämpft worden.

Da dem Auftrag innerhalb der Erfüllungsfrist nicht entsprochen wurde, leitete der Magistrat der Stadt Wien mit Androhung der Ersatzvornahme am 20. Jänner 1983 das Vollstreckungsverfahren ein; diese Androhung wurde dem Beschwerdeführer am 26. Jänner 1983 zugestellt. Da nach einem Erhebungsbericht vom 6. April 1983 mit den Instandsetzungsarbeiten weiterhin nicht begonnen worden war, erging schließlich (nach einem für dieses verwaltungsgerichtliche Verfahren bedeutungslosen Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten) die Vollstreckungsverfügung vom 8. September 1983 (dem Beschwerdeführer zugestellt am 15. September 1983), mit dem die zwangsweise Durchführung der Maßnahmen durch Ersatzvornahme angeordnet und bestimmte Unternehmen mit der Durchführung dieser Maßnahmen beauftragt wurden. Dieser Bescheid erwuchs der Aktenlage nach in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 5. Jänner 1984 schrieb der Magistrat der Stadt Wien gemäß § 11 Abs. 1 VVG den Eigentümern der Liegenschaft Wien V, X-Straße 69, ident mit B-Straße 41, die mit S 214.745,57 bestimmten Kosten der durchgeführten Ersatzvornahme vor. Bei nicht fristgerechter Einzahlung würden vom Zustellungstag an Zinsen in der Höhe von 4 % p.a. berechnet.

Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers, in der er vor allem den im Wege der Zwangsversteigerung erfolgten Eigentümerwechsel hinsichtlich seines Miteigentumsanteiles geltend machte, wurde der Beschwerdeführervertreter mit Erledigung vom 3. April 1985 aufgefordert, binnen einer Woche zu den gleichzeitig mitgeteilten Ausführungen der MA 25 Stellung zu nehmen, und darauf hingewiesen, daß in den Akt mit allen Beilagen (Kostenvoranschläge, Rechnungen, etc.) Einsicht genommen werden könne.

Nach Akteneinsicht äußerte sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten und bemängelte die seiner Ansicht nach willkürliche Aufteilung zwischen dem Zeitraum vor und dem nach dem Versteigerungstermin. Zur Höhe der Kosten wurde nicht Stellung genommen.

Den in der Folge ergangenen Berufungsbescheid vom 24. September 1985 hob die Wiener Landesregierung mit Bescheid vom 6. Dezember 1985 gemäß § 68 Abs. 2 AVG auf.

Mit 26. August 1987 erging der nunmehr angefochtene Bescheid der Wiener Landesregierung, mit dem über die Berufung des Beschwerdeführers (und anderer Miteigentümer) gegen den Kostenvorschreibungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 5. Jänner 1984 entschieden wurde. In diesen Bescheid wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG im Zusammenhalt mit § 10 Abs. 1 VVG der erstinstanzliche Bescheid, soweit er sich an den Beschwerdeführer (und andere Miteigentümer) richtete, dahin abgeändert, daß dem Beschwerdeführer (und zwei anderen Miteigentümern) die bis zum Zeitpunkt des Eigentumswechsels aufgelaufenen Kosten der Ersatzvornahme von S 175.110,28 vorgeschrieben würden. Im übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der letzte Satz des Spruches (betreffend Zinsen) zu entfallen habe.

Begründend führte die belangte Behörde aus, aus dem Akteninhalt, insbesondere den vorliegenden Baustellenberichten und den von den beauftragten Unternehmern gelegten Rechnungen ergebe sich, daß die Baumeister-, Spengler-, Dachdecker- und Zimmermannsarbeiten am bzw. vor dem 5. Oktober 1983 fertiggestellt worden seien. Die Kosten für diese Arbeiten hätten S 175.110,28 betragen. Die restlichen Arbeiten (Kaminausschleifen, Rauchfangkehrerarbeiten) im Ausmaß von S 39.635,29 seien erst in der Zeit vom 19. bis 25. Oktober 1983 durchgeführt worden. Aus dem Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 6. Oktober 1983, GZ. 21 E 65/82-25, ergebe sich, daß im Zuge des Versteigerungsverfahrens hinsichtlich des Anteiles des Beschwerdeführers der J-GesmbH der Zuschlag erteilt worden sei. Somit sei seit 6. Oktober 1983 der Beschwerdeführer nicht mehr Miteigentümer der Liegenschaft und Baulichkeit; damit könnten ihm nur die Kosten für die bis zu diesem Zeitpunkt bereits beendeten Arbeiten zum Ersatz vorgeschrieben werden. Abgesehen davon, daß für die preisliche Unangemessenheit der Kosten der Ersatzvornahme der Verpflichtete den Beweis zu erbringen habe und ein derartiger Nachweis nicht erfolgt sei, sei die Berufungsbehörde der Ansicht, daß die im Wege der Ersatzvornahme vorgenommenen Arbeiten fachgerecht und dem behördlichen Auftrag entsprechend durchgeführt und die Kosten durch ordnungsgemäße Rechnungslegung ausgewiesen worden seien. Auf Grund des Akteninhaltes, insbesondere der vorgelegten Rechnungen, sei die Berufungsbehörde ferner der Ansicht, daß nur tatsächlich durchgeführten Arbeiten verrechnet worden seien und die verrechneten Arbeiten alle im Rahmen des Bauauftrages lägen. Dies ergebe sich auch aus den angeschlossenen Bautagebüchern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist festzustellen, daß durch die Aufhebung des Berufungsbescheides vom 6. Dezember 1985 gemäß § 68 Abs. 2 AVG die Berufungsbehörde berechtigt und verpflichtet war, neuerlich über die Berufung zu entscheiden.

Gemäß § 11 Abs. 1 VVG fallen die Kosten der Vollstreckung dem Verpflichteten zur Last und sind gemäß § 3 VVG einzutreiben. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn gemäß § 4 Abs. 1 VVG der zu einer Arbeits- und Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist und daher die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden mußte. Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1989, Zl. 84/05/0035, hat der Gerichtshof klargestellt, daß das eigentliche Vollstreckungsstadium bereits mit dem Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Frist beginnt, sodaß ab diesem Zeitpunkt bis zum tatsächlichen Abschluß der Ersatzvornahme alle Eigentümer der hievon betroffenen Liegenschaft als Verpflichtete anzusehen sind, und zwar in dem Sinn, daß ihnen zur gesamten Hand die Kosten der Vollstreckung zur Last fallen. Der Beschwerdeführer weist daher mit Recht darauf hin, daß die Ersatzvornahme ein einheitliches Geschehen ist und nicht in einzelne Arbeiten zerlegt werden kann, zieht allerdings daraus den falschen Schluß, daß ihm die Kosten dieser Leistungen nicht auferlegt werden können; in Wahrheit haftet er, da er im Zeitpunkt des Ablaufes der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Nachfrist noch Eigentümer war, für die Kosten der gesamten Ersatzvornahme, wenn auch solidarisch mit seinen Rechtsnachfolgern. Damit gehen aber alle Ausführungen der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Arbeiten ins Leere. Wieweit eine Regreßmöglichkeit gegenüber dem Ersteher seines Liegenschaftsanteiles in Betracht kommt, ist eine ausschließlich von den Zivilgerichten zu beantwortende Frage.

Der Beschwerdeführer verkennt aber auch das Wesen der uneingeschränkten Verpflichtung des Miteigentümers zur Erhaltung der Liegenschaft nach § 129 Abs. 2 der Wiener Bauordnung. Ist nämlich der Behörde gegenüber jeder Miteigentümer ohne Rücksicht auf seinen Miteigentumsanteil zur Vornahme der Instandhaltungsarbeiten verpflichtet, so haftet er dementsprechend für die GESAMTEN Kosten der Ersatzvornahme, wenn auch solidarisch mit den übrigen Miteigentümern. Auch insofern ist daher die belangte Behörde zu Recht von der Solidarhaftung und nicht von einer bloßen Anteilshaftung des Beschwerdeführers ausgegangen. Daß zivilrechtlich eine Geldleistung teilbar ist, ist hier umso weniger von Bedeutung, als der Beschwerdeführer im Titelbescheid ja nicht zu Geldleistungen, sondern zur Vornahme von Instandhaltungsarbeiten verhalten wurde, und nun lediglich über den Ersatz der durch die Ersatzvornahme verursachten Kosten abgesprochen wird.

Der Verwaltungsgerichtshof kann auch keine entscheidungswesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften erkennen. Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, daß der Kostenersatzbescheid erster Instanz weder selbst die erforderliche Begründung enthielt, noch daß im Verfahren erster Instanz ein den Vorschriften des § 39 Abs. 2 AVG entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde, dies obwohl selbst nach der Rechtsprechung vor dem Erkenntnis des verstärkten Senates vom 6. Juni 1989, Zl. 84/05/0035, für Kostenersatzbescheide das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden war. Diesen Verfahrensmangel hat jedoch die belangte Behörde - ungeachtet ihrer verfehlten Rechtsansicht über eine dem Amtswegigkeitsprinzip des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes widersprechende Beweislast des Verpflichteten - dadurch behoben, daß sie den Vertreter des Beschwerdeführers ausdrücklich zur Akteneinsicht aufgefordert und sie ihm auch uneingeschränkt gewährt hat. Wenn in der daraufhin erfolgten Stellungnahme sich der Beschwerdeführer zur Höhe der Kosten nicht geäußert hat, war die belangte Behörde nicht gehalten, ohne konkrete Einwendungen über einzelne Posten gesondert abzusprechen. Daß der Beschwerdeführer nach seinen Ausführungen eine derartige Stellungnahme deshalb unterlassen hat, weil er der Ansicht war, zu keinerlei Kostenersatz verpflichtet zu sein, kann daran nichts ändern.

Da der Beschwerdeführer daher im Ergebnis durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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