VwGH 90/19/0468

VwGH90/19/046822.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 23. Juli 1990, Zl. 3/07-7090/2-1990, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

ARG 1984 §27 Abs1;
ARG 1984 §3 Abs2;
ARGV 1984 Abschn17 Z1 lita;
VStG §20;
ARG 1984 §27 Abs1;
ARG 1984 §3 Abs2;
ARGV 1984 Abschn17 Z1 lita;
VStG §20;

 

Spruch:

Der Bescheid, der in seinem nicht angefochtenen Schuldspruch unberührt bleibt, wird im Umfang des Strafausspruches und des Kostenausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Straferkenntnis vom 21. August 1989 sprach der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg aus, der nunmehrige Beschwerdeführer habe es als der gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1950 veranwortliche Beauftragte der N. Handelsgesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß im Betrieb in W., N.-Straße, am Samstag, den 26. November 1988 in der Zeit von 13.00 bis 17.00 Uhr insgesamt 41 (namentlich genannte) Arbeitnehmer beschäftigt worden seien, obwohl der Betrieb bereits am 5. November 1988 offengehalten worden sei und die Wochenendruhe für alle Arbeitnehmer, die nicht mit unbedingt notwendigen Abschluß-, Reinigungs-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten beschäftigt seien, spätestens am Samstag um 13.00 Uhr zu beginnen habe; dadurch habe der Beschwerdeführer gegen § 3 Abs. 2 des Arbeitsruhegesetzes - ARG, BGBl. Nr. 144/1983, iVm Abschnitt XVII Z. 1 lit. a der Arbeitsruhegesetz-Verordnung - ARG-VO, BGBl. Nr. 149/1984, verstoßen. Es wurde deshalb über ihn gemäß § 27 Abs. 1 ARG eine Geldstrafe zu 1) bis 41) in der Höhe von je S 5.000,-- (insgesamt S 205.000,--), im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe zu 1) bis 41) in der Dauer von je vier Tagen (insgesamt 164 Tage), verhängt. Ferner wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von S 20.500,-- verpflichtet (§ 64 VStG 1950).

2. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der Landeshauptmann von Salzburg (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 23. Juli 1990 insoweit Folge, "als gemäß § 20 VStG 1950 die Strafe je unerlaubt Beschäftigten auf S 2.500,--, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 2 Tagen, herabgesetzt wird". Der vom Beschwerdeführer zu leistende Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurde mit S 10.250,-- festgesetzt (§ 64 Abs. 2 VStG 1950).

Begründend führte die belangte Behörde aus, sie sei nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage zur Anschauung gelangt, daß die - im einzelnen angeführten - mildernden Umstände des gegenständlichen Falles die Herabsetzung der Strafe gemäß § 20 VStG 1950, wonach bei Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden könne, gerechtfertigt erscheinen ließen. Somit sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

3. Gegen diesen Bescheid, und zwar ausdrücklich nur im Umfang des Straf- und Kostenausspruches, richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und mitgeteilt, daß sie "im Rahmen einer Gegenschrift auf die ausführliche Begründung des angefochtenen Bescheides, welcher nach ha. Auffassung in rechtlicher Hinsicht nichts mehr hinzugefügt werden kann", verweise. Die Beschwerde erweise sich als zur Gänze unbegründet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften eine unzureichende Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes infolge Unterlassung verschiedener Beweisaufnahmen behauptet, mit der Folge, daß sich bei Aufnahme dieser Beweise (Einvernahme namentlich genannter Personen als Zeugen) herausgestellt hätte, daß sich der Beschwerdeführer in einem Rechtsirrtum i.S. des § 5 Abs. 2 VStG 1950 befunden habe, darüber hinaus aber auch Notstand i.S. des § 6 leg. cit. oder zumindest daraus folgende wesentliche Milderungsgründe vorgelegen seien, so genügt es, in dieser Hinsicht auf das vom Beschwerdeführer selbst zitierte hg. Erkenntnis vom 13. Juli 1990, Zl. 90/19/0263, zu verweisen (§ 43 Abs. 2 VwGG). Aus dessen Punkten II.3.2. und 4.2. ergibt sich die rechtliche Unhaltbarkeit des eben dargestellten Beschwerdevorbringens.

2.1. Für inhaltlich rechtswidrig hält die Beschwerde den Straf- und den damit zusammenhängenden Kostenausspruch des bekämpften Bescheides deshalb, weil die belangte Behörde, obwohl sie ausdrücklich von § 20 VStG 1950 Gebrauch gemacht habe, die von der Erstinstanz je unzulässig beschäftigten Arbeitnehmer verhängte Geldstrafe von S 5.000,-- (auf S 2.500,--) herabgesetzt habe. Damit sei außer acht gelassen worden, daß die Mindeststrafe gemäß § 27 Abs. 1 ARG S 500,-- betrage, somit die Strafe im Grunde des § 20 VStG 1950 auf S 250,-- herabzusetzen gewesen wäre.

2.2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg. Gemäß dem von der belangten Behörde ausdrücklich herangezogenen § 20 VStG 1950 kann dann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Die Anwendung dieser eine Ausnahme vom Grundsatz des § 10 VStG, soweit er vom Strafsatz handelt, bildenden Norm setzt voraus, daß der in der betreffenden, im konkreten Fall herangezogenen Verwaltungsvorschrift enthaltene Strafsatz eine Mindeststrafe vorsieht. Trifft dies zu, so ist bei Gebrauchnahme der Möglichkeit der außerordentlichen Milderung der Strafe von der betreffenden Mindeststrafe auszugehen.

Nach dem im Beschwerdefall als Strafnorm angewendeten § 27 Abs. 1 ARG sind die dort genannten Zuwiderhandlungen mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis S 30.000,-- zu bestrafen. Diese, mit S 500,-- festgesetzte Mindeststrafe hatte die belangte Behörde bei der von ihr als gerechtfertigt angesehenen Anwendung des § 20 VStG 1950 zugrunde zu legen, wobei sie diesen Betrag "bis zur Hälfte", also höchstens bis S 250,--, unterschreiten konnte.

Dadurch, daß die belangte Behörde im Beschwerdefall bei Gebrauchmachen von der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG 1950 in offensichtlicher Verkennung der Rechtslage nicht von der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe (S 500,--) ausging und diese unterschritt, vielmehr die im erstinstanzlichen Straferkenntnis verhängte Strafe (S 5.000,--) zugrunde legte und diese auf die Hälfte herabsetzte, wurde der Beschwerdeführer in subjektiven Rechten verletzt.

3. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid im bekämpften Umfang - ohne daß es noch eines Eingehens auf das weitere die Strafbemessung betreffende Beschwerdevorbringen bedurfte - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben (§ 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG).

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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