Normen
B-VG Art129;
B-VG Art130;
B-VG Art131a;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art129;
B-VG Art130;
B-VG Art131a;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erhob gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung seines gesetzlich gewährleisteten Rechtes nach § 193 Abs. 3 StPO, bis spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufes der gesetzlichen Dauer der Untersuchungshaft einen Gerichtsauftrag bzw. -beschluß über die Aufhebung bzw. Fortsetzung der Untersuchungshaft zugestellt zu erhalten.
Er brachte vor:
"Ich wurde aufgrund eines Haftbefehles vom 23.02.1990 am 19.04.1990 um 20.15 Uhr verhaftet. Über mich wurde am 20.04.1990 die Untersuchungshaft im Landesgericht für Strafsachen Wien aus den Haftgründen des § 180 Abs. 2 Zif. 1, 2, 3 lit. a und b StPO verhängt. Am 14.05.1990 beantragte ich meine Haftung, "(sicÜ)", in eventu unter Anwendung gelinderer Mittel gem. § 180 Abs. 5 StPO; diesem Antrag wurde von der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien nach Durchführung einer Haftprüfungsverhandlung keine Folge gegeben und die Fortsetzung aus den drei vorgenannten Haftgründen angeordnet. Meiner dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wurde vom OLG Wien mit Beschluß vom 12.07.1990 keine Berechtigung zuerkannt. Der Haftgrund des § 180 Abs. 2 Zif. 2 StPO entfiel infolge des Ablaufes der Zweimonatsfrist des § 193 Abs. 3 erster Halbsatz StPO. Ich befand mich sohin danach nach Rechtsmeinung des OLG Wien deshalb in U-Haft, da dieselbe aufgrund der Verdachtlage als dringend angesehen wurde und die durch gelindere Mittel nicht substituierbaren Haftgründe der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach den §§ 180 Abs. 2 Zif. 1 und 3 lit. b StPO weiterhin vorlagen. Aufgrund der genannten gerichtlichen Entscheidungen war sohin gem. § 193 Abs. 3 StPO die Dauer meiner Untersuchungshaft gesetzlich auf die Dauer von 6 Monaten beschränkt.
In der Folge wurde ich angeblich aus baulichen Gründen in das Gefangenenhaus des Kreisgerichtes Korneuburg überstellt. Nach Abschluß der Voruntersuchung wurde mir dort die Anklageschrift zugestellt. Mein Strafakt wurde dem zuständigen Vorsitzenden des Landesgerichtes für Strafsachen Wien übermittelt. Eine Hauptverhandlung hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht stattgefunden, ja wurde eine solche noch nicht einmal anberaumt.
Weder vor Ablauf, noch nach Ablauf der sechsmonatigen Frist der Untersuchungshaft wurde ich auf freien Fuß gesetzt, noch wurde mir oder meinem ausgewiesenen Rechtsvertreter ein Gerichtsbeschluß bzw. Gerichtsauftrag über die Aufhebung bzw. Fortsetzung meiner Untersuchungshaft zugestellt. Sowohl ich selbst, als auch mein ausgewiesener Rechtsvertreter haben sowohl am 19., 21., 22., 23. und 24.10.1990 eine derartige gerichtliche Entscheidung nicht zugestellt erhalten, noch wurde ich auf freien Fuß gesetzt.
Die Unterlassung einer Enthaftung bzw. die Unterlassung der Zustellung an mich oder an meinen ausgewiesenen Rechtsvertreter eines Gerichtsbeschlusses bzw. Gerichtsauftrages der die Aufhebung oder die Verlängerung meiner Untersuchungshaft verfügt, fand am 19. bzw. 20.10.1990 statt, weshalb die sechswöchige Beschwerdefrist gewahrt ist. Meine Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, daß ich durch unmittelbare Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in meinem bereits genannten gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde, wogegen administrative Rechtschutzmöglichkeiten nicht bestehen, sodaß der Instanzenzug ausgeschöpft ist. Ich bin daher zur sofortigen Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes berechtigt.
Gem. Art. 129 B-VG ist zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung der Verwaltungsgerichtshof berufen. Gem. Art. 130 Abs. 1 lit. b B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerden, womit Rechtswidrigkeit der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person behauptet wird. Gem. Art. 131a B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person diese Person Beschwerde erheben, wenn sie durch die betreffenden Maßnahmen in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet. Gem. Art. 133 Zif. 1 B-VG sind von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes die Angelegenheiten ausgeschlossen, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören. Gem. Art. 144 Abs. 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichthof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Unter den gleichen Voraussetzungen erkennt der Verfassungsgerichtshof auch über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person.
Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmung ergibt sich, daß im Verwaltungsgerichtshof ungeachtet der ihm nach Art. 129 B-VG obliegenden Aufgabe der Kontrolle der gesamten öffentlichen Verwaltung auf ihre Gesetzmäßigkeit eine Zuständigkeit zu einer solchen Kontrolle in den Angelegenheiten mangelt, in denen gem. Art. 133 Zif. 1 B-VG ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof (als Sonderverwaltungsgericht) die nachprüfende Kontrolle obliegt. Im vorliegenden Fall ergibt sich aber, daß auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Schutz der persönlichen Freiheit von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausgeschlossen ist, da die von mir behauptete Verletzung eines gesetzlich gewährleisteten Rechtes nach Art. 133 Zif. 1 B-VG behauptet wurde. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.12.1988 zu Zl. 86/03/0157.
Aufgrund des aufgezeigten Schverhaltes endete meine Untersuchungshaft am 19. bzw. 20.10.1990 gem. § 193 Abs. 3 StPO. Die einschreitenden Organe, nämlich die diensthabenden Justizwachebeamten des Gefangenenhauses Korneuburg wären sohin verpflichtet gewesen, mich nach Ablauf dieser Frist auf freien Fuß zu setzen bzw. mir eine entsprechende gerichtliche Entscheidung zuzustellen, aus der hervorgeht, ob meine Untersuchungshaft aufgehoben oder fortgesetzt wird.
Jedenfalls häte der zuständige Vorsitzende bzw. dessen Stellvertreter beim LG für Strafsachen Wien zu 4 a Hv 5669/90 dafür Sorge tragen müssen, daß mir oder meinem ausgewiesenen Rechtsvertreter eine entsprechende gerichtliche Entscheidung VOR, spätestens im Zeitpunkt des Ablaufs der Sechsmonatefrist zugestellt wird.
Es kann keinesfalls im Ermessen der zuständigen Organe liegen, wann, das heißt auch nach Ablauf der gesetzlich normierten Dauer der Untersuchungsfrist, entsprechende Gerichtsentscheidungen zugestellt werden. Ich habe ein Anrecht darauf, spätestens in der juristischen Sekunde, mit der meine Untersuchungshaft abläuft, durch Zustellung einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung zu erfahren, ob die Untersuchungshaft aufgehoben bzw. fortgesetzt wird.
Die entsprechende gesetzliche Verpflichtung bzw. meine Berechtigung ergibt sich allein aus dem Umstand, daß widrigenfalls ich bzw. ein anderer Untersuchungshäftling allein aus der verspäteten Zustellung der Aufhebung der Untersuchungshaft nach deren Ablauf widerrechtlich längere Zeit in Untersuchungshaft gehalten werden könnte; eine entsprechende Gesetzesauslegung würde dazu führen, daß Freiheitsentziehung widerrechtlich aufrecht erhalten bliebe, da die diensthabenden Justizwachebeamten nicht ohne entsprechenden Gerichtsauftrag Untersuchungshäftlinge enthaften dürfen. Dies kann aber keinesfalls dem Sinn des Gesetzgebers entsprechen, insbesonders da dieser die persönliche Freiheit als eines der höchsten Rechtsgüter einschätzt."
Gemäß Art. 131a B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person diese Person Beschwerde erheben, wenn sie durch die betreffende Maßnahme in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet. Aus dem Zusammenhang dieses Artikels des B-VG mit Art. 129 und Art. 130 leg. cit. ergibt sich, daß die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nur hinsichtlich der Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Verwaltungsbehörden oder ihre Organe in ihrem Dienste gegeben ist.
Aus dem Inhalt der Beschwerde ergibt sich, daß der Beschwerdeführer sich durch die Verletzung des § 193 Abs. 3 StPO beschwert erachtet. Diese Bestimmung lautet:
"Im übrigen darf die Dauer der bloß aus dem Grund der Verdunkelungsgefahr verhängten Untersuchungshaft (§ 180 Abs. 2 Z. 2) zwei Monate, die Dauer der auch oder ausschließlich aus einem anderen Grund verhängten Untersuchungshaft (§ 180 Abs. 2 Z. 1 und 3 oder Abs. 7) sechs Monate nicht übersteigen."
Der Beschwerdeführer legt die von ihm behauptete Verzögerung in seiner Haftentlassung dem Vorsitzenden und - offenbar für den Fall von dessen Verhinderung - seinem Stellvertreter zur Last, also Organen der Rechtsprechung. Im gesamten Beschwerdevorbringen findet sich kein Hinweis, daß die Justizwachebeamten des Gefangenenhauses des Kreisgerichtes Korneuburg, in dem die Untersuchungshaft am Beschwerdeführer vollzogen wird, außerhalb der gegebenen oder unterlassenen Aufträge der Organe der Rechtsprechung handelten, also etwa auf eigene Faust den Beschwerdeführer in Haft hielten. Schließlich wird der Bundesminister für Justiz im gesamten Beschwerdevorbringen überhaupt nicht und im Beschwerdeantrag nur insofern erwähnt, als er schuldig sein soll, dem Beschwerdeführer den Aufwandersatz im Sinne der §§ 47 ff VwGG zu bezahlen. Die Anführung des Bundesministers für Justiz kann daher nur so verstanden werden, daß ihn der Beschwerdeführer als oberste Dienstbehörde der Justizwachebeamten des Gefangenenhauses des Kreisgerichtes Korneuburg ansieht.
Die Beschwerde erweist sich wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes als unzulässig, weil ihr Gegenstand allein das Handeln oder Nichthandeln von Organen der Rechtsprechung ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1982, Slg. N.F. Nr. 10.870/A; ferner die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, z.B. Slg. 8921/1980, 9018/1981, 10975/1986). Das von der Beschwerde zitierte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 7. Dezember 1988, Slg. N.F. Nr. 12821/A, gibt zwar dem Verwaltungsgerichtshof die Zuständigkeit, auch in Fällen der Verletzung der persönlichen Freiheit zu entscheiden, aber - vom dortigen Sachverhalt ausgehend - nur dann, wenn die persönliche Freiheit ausschließlich durch das Handeln von Organen von Verwaltungsbehörden als solchen verletzt wurde; nicht aber in Fällen, in denen diese Verwaltungsbehörden oder diese Verwaltungsorgane allein im Dienste der Strafjustiz handeln.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.
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