VwGH 90/18/0009

VwGH90/18/000927.6.1990

N gegen burgenländische Landesregierung vom 6. Dezember 1989, Zl. V/1-8840/20-1989, betreffend Zurückweisung eines Antrages nach dem burgenländischen Tierzuchtförderungsgesetz

Normen

AVG §13 Abs3;
AVG §13 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Hengstenkörkommission für das Burgenland schrieb einen Erst- und Hauptkörungstermin für Hengste für die Deckperiode 1988 für den 19. November 1987 nach Oberwart (9.00 Uhr) und nach Pöttsching (14.00 Uhr) aus, zu welchem Termin auch der Beschwerdeführer eingeladen wurde. Bei Erstkörungen, so die Belehrung in der Einladung, sei der Originalabstammungsnachweis sowie ein Kauf-, Pacht- oder Mietvertrag vorzulegen. Der Beschwerdeführer teilte mit Schreiben vom 16. November 1987 der Hengstenkörkommission unter Punkt 5 mit, daß er "selbstverständlich für die Körung relevante Unterlagen wie Abstammungsnachweis etc. vorlegen" werde, "nicht jedoch Kauf-, Pacht- oder Mietverträge, die für die Frage der Körung völlig unerheblich" seien. Auf Antrag des Beschwerdeführers wurde eine Sonderkörung für bestimmte Hengste des Beschwerdeführers für 11. Dezember 1987 10.00 Uhr in Z (Sportplatz) anberaumt. Auch in dieser Einladung war angeführt, daß Kauf-, Pacht- oder Mietverträge sowie Abstammungsnachweise im Original oder in beglaubigter Übersetzung vorzulegen seien. Nach einem Aktenvermerk der Hengstenkörkommission vom 11. Dezember 1987 verwies der Beschwerdeführer an diesem Tag gegenüber den Mitgliedern der Kommission auf sein Schreiben vom 16. November 1987, wonach es ihm nicht möglich sei, einen Kauf-, Pacht- oder Mietvertrag für den Hengst Don Carlos aus den in seinem Schreiben dargelegten Gründen vorzulegen. Es bestünde lediglich ein mündlicher Leasingvertrag. Die Hengstenkörkommission, so der Aktenvermerk, sah sich auf Grund des § 11 Abs. 1 des burgenländischen Tierzuchtförderungsgesetzes, LGBl. Nr. 19/1985 (TZFG) außer Stande, die Erstkörung des Hengstes Don Carlos vorzunehmen.

Mit Schreiben vom 5. April 1988 ersuchte die Hengstenkörkommission den Beschwerdeführer, innerhalb von drei Wochen die nach § 11 Abs. 1 TZFG erforderlichen Unterlagen hinsichtlich des Hengstes Don Carlos vorzulegen; es wurde auf die Rechtsfolge nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 verwiesen. Mit Schriftsatz vom 18. Juli 1988 stellte der Beschwerdeführer hinsichtlich der Entscheidung über die Körung des Hengstes Don Carlos einen Devolutionsantrag an die burgenländische Landesregierung, da die Hengstenkörkommission bisnun nicht entschieden habe. Zum Körtermin 11. Dezember 1987 seien der Kommission vorgewiesen worden ein mehrsprachiger internationaler Abstammungsnachweis im Original, eine Bestätigung eines ausländischen Außenhandelsunternehmens über ein Leistungsergebnis dieses Hengstes und schließlich die Bestätigung einer Gesellschaft mit beschränkter

Haftung & Co KG, wonach diese Gesellschaft den Hengst ordnungsgemäß aus Polen importiert und ihn nach mündlicher Vereinbarung dem Beschwerdeführer zur Nutzung für Zuchtzwecke überlassen habe. Für die Vorlage dieser Urkunden wurden eine Zeugin und die Vernehmung des Beschwerdeführers als Beweismittel angeboten.

Mit Bescheid vom 21. November 1988 wies die burgenländische Landesregierung diesen Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 ab. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, die Erstkörung des Hengstes Don Carlos sei deshalb unterblieben, weil kein Kauf-, Pacht- oder Mietvertrag über diesen Hengst vorgelegt worden sei. Die Behauptung des Beschwerdeführers, alle für die Körung erforderlichen Unterlagen seien zum Körtermin vorgelegen, stünde im Widerspruch zur Aktenlage. Auch seien diese Unterlagen nicht dem Antrag beigefügt oder bei der Körung übergeben worden. Deshalb seien auch weder die Zeugin noch der Beschwerdeführer zu vernehmen gewesen. Schließlich habe der Beschwerdeführer nicht einmal auf das schriftliche Ersuchen der Hengstenkörkommission vom 5. April 1988 die schriftlichen Unterlagen vorgelegt. Aus diesen Gründen gehe die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Erstbehörde zurück, weshalb der Devolutionsantrag abzuweisen gewesen sei. Über diesen letztinstanzlichen Bescheid ist nach der Aktenlage kein Erkenntnis eines Höchstgerichtes des öffentlichen Rechtes ergangen.

Mit Bescheid der Hengstenkörkommission vom 10. Juli 1989 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 23. November 1987 auf Körung des Hengstes Don Carlos gemäß § 11 Abs. 1 TZFG zurückgewiesen mit der Begründung, die nach dieser Gesetzesstelle erforderlichen Unterlagen seien trotz schriftlicher Aufforderung nicht beigebracht worden.

Über die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid erkannte die burgenländische Landesregierung mit Bescheid vom 6. Dezember 1989 dahin, daß ihr gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt werde, daß als Rechtsgrundlage auch § 13 Abs. 3 AVG 1950 heranzuziehen sei. In der Begründung wurde auf das Fehlen eines Kauf-, Pacht- oder Mietvertrages, eines Abstammungsnachweises und des Leistungszertifikates hingewiesen. Die Hengstenkörkommission sei zu einer Sachentscheidung nicht verpflichtet gewesen, weil das Fehlen von Unterlagen ein Formgebrechen nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 darstelle, welches Formgebrechen bisnun nicht behoben worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen "unrichtiger Rechtsansicht" sowie wegen "Verletzung von Verfahrensvorschriften" erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 berechtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen wie auch das Fehlen einer Unterschrift an sich die Behörde noch nicht zur Zurückweisung; sie hat deren Behebung von Amts wegen zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung auftragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist nicht mehr berücksichtigt wird.

Wohl kann das Fehlen von Beilagen an sich den Formgebrechen zugezählt werden (vgl. Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I. Band, Anmerkung 11 sowie die unter Nummer 18 dort abgedruckten Entscheidungen), jedoch kann von einem Formgebrechen dann nicht mehr gesprochen werden, wenn zwischen der Partei und der Behörde strittig ist, ob eine Beilage als zur positiven Sacherledigung notwendig vorzulegen ist oder nicht.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer schon im Schriftsatz vom 16. November 1987 seine Unwilligkeit kundgetan, Kauf-, Pacht- oder Mietverträge als Voraussetzung für die Körung vorzulegen. Später (nämlich sowohl im erwähnten Devolutionsantrag als auch im Schriftsatz vom 20. Oktober 1988 als auch in der Berufung gegen den Bescheid der Hengstenkörkommission vom 10. Juli 1989) brachte der Beschwerdeführer vor, daß er auch hinsichtlich des Hengstes Tannhäuser der Hengstenkörkommission keinen solchen schriftlichen Vertrag habe vorlegen können; doch habe die Kommission sich hinsichtlich dieses Hengstes mit einer mündlichen Erklärung der XY dahin, daß eine mündliche Mietvereinbarung vorläge, begnügt.

Der Beschwerdeführer machte somit schon im Verwaltungsverfahren den Behörden den Vorwurf, hinsichtlich verschiedener Hengste verschiedene Maßstäbe anzulegen, was die Beibringung schriftlicher Unterlagen anlangt. Es ist eindeutig ersichtlich, daß der Beschwerdeführer sich aus diesem Grunde weigerte, schriftliche Verträge hinsichtlich des Hengstes Don Carlos vorzulegen. Die Behörden des Verwaltungsverfahrens hätten daher darlegen müssen, aus welchen Gründen sie - Feststellungen über die Vorgangsweise hinsichtlich des Hengstes Tannhäuser wurden nicht getroffen - nur oder auch beim Hengst Don Carlos auf der Vorlage schriftlicher Unterlagen bestanden. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers (im Devolutionsantrag und in der Berufung) liege nämlich hinsichtlich des Hengstes Don Carlos ebenfalls eine mündliche Vereinbarung über eine Bewilligung der Nutzung des Pferdes durch den Beschwerdeführer vor.

Über die Rechtsfrage, ob eine solche mündliche Vereinbarung den Erfordernissen des § 11 Abs. 1 TZFG entspreche, hat die belangte Behörde aber nicht entschieden.

Darüber hinaus ergibt sich aus dem Schreiben der Hengstenkörkommission vom 5. April 1988 nicht, welche "Unterlagen" der Beschwerdeführer im einzelnen vorlegen sollte, die bloße Bezugnahme auf die Gesetzesstelle des § 11 Abs. 1 TZFG genügt deshalb nicht, weil eine - mögliche - Auslegung, die Kauf-, Pacht- oder Mietverträge müßten schriftlich vorliegen, insbesondere im Hinblick auf Art. 15 Abs. 9 B-VG nicht unzweifelhaft erscheint. Was den Abstammungsnachweis anlangt, so hat der Beschwerdeführer stets (im Devolutionsantrag, im Schriftsatz vom 20. Oktober 1988, in der Berufung vom 31. Juli 1989) behauptet, einen internationalen Abstammungsnachweis im Original vorgelegt zu haben. Da der Aktenvermerk der Kommission vom 11. Dezember 1987 keine Einzelheiten über die Vorlage oder Nichtvorlage einzelner Urkunden enthält, kann nur aus dem Schreiben der Kommission vom 8. August 1989 an die Landesregierung entnommen werden, daß dieser Abstammungsnachweis wohl vorlag, aber nicht in deutscher Sprache. Diesbezüglich wäre wohl ein Auftrag nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 auf Vorlage einer beglaubigten Übersetzung gerechtfertigt gewesen, nur geht aus den Akten nicht hervor, daß ein solcher Auftrag im einzelnen und mit diesem Inhalt erteilt wurde. Diese Umstände begründen, zusätzlich zu dem oben aufgezeigten Aufhebungsgrund, einen Verfahrensmangel iS des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG.

Der Verwaltungsgerichtshof bemerkt, daß der Bescheid der burgenländischen Landesregierung vom 21. November 1988 für diese Frage keine Rechtskraft bewirkt, da in materieller Rechtskraft nur der Spruch dieses Bescheides erwuchs, wonach der Devolutionsantrag abgewiesen wurde.

Der angefochtene Bescheid war daher, da § 13 Abs. 3 AVG auf die vorliegende, rechtlich strittige Frage der Pflicht zur Vorlage schriftlicher Verträge nicht angewendet werden kann, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil zu dem Betrag für Schriftsatzaufwand von S 10.110,-- keine zusätzliche Umsatzsteuer gebührt, da diese in diesem Pauschalbetrag bereits enthalten ist.

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