VwGH 90/16/0014

VwGH90/16/001420.6.1990

A-GmbH gegen Finanzlandesdirektion für Tirol vom 25. Juli 1988, Zl. V 60/2/2-7/88, betreffend Vorschreibung von Eingangsabgaben

Normen

BAO §115 Abs1;
B-VG Art22;
EG-Abk Art1 Prot3;
EG-Abk Art11;
EG-Abk Art16 Prot3;
EG-Abk Art17 Prot3;
EG-Abk Prot3 idF 1988/616 Art17;
EG-Abk Prot3 idF 1988/616 Art18 EG-AbkDG idF 1984/545 §12 Abs2;
EG-AbkDG §12 Abs2 idF 1984/545;
EG-AbkDG §12 Abs3 idF 1984/545;
BAO §115 Abs1;
B-VG Art22;
EG-Abk Art1 Prot3;
EG-Abk Art11;
EG-Abk Art16 Prot3;
EG-Abk Art17 Prot3;
EG-Abk Prot3 idF 1988/616 Art17;
EG-Abk Prot3 idF 1988/616 Art18 EG-AbkDG idF 1984/545 §12 Abs2;
EG-AbkDG §12 Abs2 idF 1984/545;
EG-AbkDG §12 Abs3 idF 1984/545;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens waren vom Hauptzollamt Innsbruck in den Jahren 1983 und 1984 für die Beschwerdeführerin als Empfängerin insgesamt 23 Sendungen mit Bekleidungsstücken zum freien Verkehr durch Verzollung abgefertigt worden. Auf Grund der Angaben in den bezughabenden schriftlichen Anmeldungen, es handle sich um Ursprungserzeugnisse im Sinne des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, BGBl. Nr. 466/1972, und der jeweils vorgelegten und vom ausländischen Lieferer der Waren, der Z-GmbH & Co KG, Düsseldorf, selbst ausgestellten Ursprungserklärungen auf dem Formblatt EUR. 2 waren die Textilien zollfrei belassen worden.

Da bei einem anderen Zollamt anläßlich der Verzollung von Pullovern, die vom genannten ausländischen Lieferer nach Österreich versendet worden waren, Zweifel an der sachlichen Richtigkeit einer vom genannten Exporteur in alleiniger Verantwortung ohne Mitwirkung der Zollverwaltung ausgestellten Ursprungserklärung auf dem Formblatt EUR. 2 deswegen gehegt worden waren, weil zwei Pullover und deren Verpackung mit dem Vermerk "Fabrique de Malaisie" versehen waren, hatte das Bundesministerium für Finanzen gemäß Art. 16 und 17 des Protokolls Nr. 3 zum obgenannten Freihandelsabkommen den deutschen Bundesminister der Finanzen ersucht, nachträglich die materielle Richtigkeit der den bezughabenden Verzollungen zugrundegelegten Ursprungserklärungen auf dem Formblatt EUR. 2 zu prüfen.

Mit Schreiben vom 20. Mai 1987 hatte der Bundesminister der Finanzen mitgeteilt, daß nach dem Ergebnis einer vom Hauptzollamt Düsseldorf vorgenommenen Prüfung den in den streitverfangenen Ursprungserklärungen auf dem Formblatt EUR. 2 aufgeführten Waren die Eigenschaft von Ursprungserzeugnissen iSd Protokolls Nr. 3 des Freihandelsabkommens zwischen der EWG und Österreich mangle.

Aus diesem Grunde forderte das Hauptzollamt Innsbruck von der Beschwerdeführerin mit 23 Bescheiden je vom 30. Oktober 1987, Zlen. 800/ITW-Z 208/1/6 bis 28/84, im Grunde des § 12 Abs. 1 des EG-Abkommen-Durchführungsgesetzes, BGBl. Nr. 468/1972, idF des BGBl. Nr. 545/1984 (EGAbkDG), die nach dem Ergebnis der Ermittlungen anläßlich der Zollabfertigungen infolge der vorgelegten und sachlich als unrichtig erkannten Präferenznachweise unerhoben gebliebenen Eingangsabgaben ein.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie im wesentlichen ausführte, für den gegenständlichen Rechtsfall seien die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. März 1984, Zlen. 83/16/0164, 0166, Slg. Nr. 5871/F, zum Ausdruck gebrachten Grundsätze maßgeblich. Es werde daher eine eingehende amtliche Überprüfung der Richtigkeit der Ursprungserzeugnisse bei den Vorlieferanten des ausländischen Lieferers, der Z-GmbH & Co KG, beantragt. Sowohl aus dem äußeren Erscheinungsbild als auch der Etikettierung und dem Preis der Waren stehe außer Zweifel, daß es sich hierbei um Waren französischen Ursprungs handle. Der Beschwerdeführerin sei bekannt, daß der ausländische Lieferer ausschließlich französische Ware führe und mit Fernostwaren nur in ganz untergeordnetem Maße handle. Auf Grund der Feststellungen eines eingeschalteten deutschen Rechtsanwaltes dürfte die Ursache für die unzutreffenden Feststellungen der deutschen Zollbehörden in einer gewissen Sachunkundigkeit des Verwalters der Verlassenschaft des seinerzeitigen Geschäftsführers gelegen sein, der auch alle Geschäftsunterlagen vorgelegt habe. Hieraus hätten auch die jeweiligen französichen Importfirmen entnommen werden können. Unklar sei allerdings die Zuordnung der vorliegenden Ursprungszeugnisse zu den einzelnen Exportlieferungen gewesen, die vom Verlassenschaftsverwalter nicht habe vorgenommen werden können. Die deutschen Zollbehörden hätten diese aufwendigen Arbeiten abgelehnt und sich mit der lapidaren Feststellung des Nichtvorliegens von Ursprungszeugnissen begnügt. Es werde daher beantragt, im Rahmen der Amtshilfe eine Zuordnung der vorliegenden Ursprungszeugnisse vornehmen zu lassen. Nach dem obzitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes habe die Abgabenbehörde ihre Ermittlungen auch zugunsten des Abgabepflichtigen bis zur Grenze des Zumutbaren durchzuführen. Aus den zum Zeitpunkt der Importe geltenden Bestimmungen des § 12 Abs. 3 EGAbkDG ergebe sich, daß die Abgabenbehörden die Voraussetzungen für das Entstehen des Abgabenanspruches, nämlich die Vorlage eines sachlich unrichtigen Ursprungsnachweises, dartun müßten. Dies sei nicht geschehen.

Die Finanzlandesdirektion für Tirol als Abgabenbehörde zweiter Instanz gab mit dem Bescheid vom 25. Juli 1988 dieser Berufung, nachdem sie der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 17. Mai 1988 Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen gegeben hatte, keine Folge. Zur Begründung führte die Rechtsmittelbehörde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, aus, auf Grund der oberwähnten Mitteilung der zuständigen bundesdeutschen Zollbehörde habe das Hauptzollamt Innsbruck als Abgabenbehörde erster Rechtsstufe zu Recht angenommen, daß durch die Vorlage eines sachlich unrichtigen Ursprungsnachweises in den betreffenden Zollverfahren bewirkt worden sei, daß der EG-Vorzugszollsatz zu Unrecht angewendet worden sei. Hierbei sei die Behörde nicht verhalten, über den Umfang der getroffenen Feststellungen des durchgeführten Verifizierungsverfahrens hinaus die sachliche Unrichtigkeit der Ursprungsnachweise darzutun. Der in diesem Zusammenhang vorgetragene Berufungseinwand, es fehle am Tatbestandsmerkmal der sachlichen Unrichtigkeit, weil zum Zeitpunkt der betreffenden Importe die Bestimmung des § 12 Abs. 2 der 4. EG-Abkommen-Durchführungsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 545/1984, nicht in Kraft gewesen sei, sei nicht berechtigt. Mit dieser am 29. Dezember 1984 in Kraft getretenen Bestimmung sei verbindlich festgelegt worden, daß ein Ursprungsnachweis sachlich unrichtig sei, wenn die Zollbehörde, die im Ausfuhrstaat die Überprüfung gemäß Art. 16 und 17 des Protokolls Nr. 3 durchgeführt habe, mitteile, daß die Erfordernisse des Protokolls Nr. 3 für die Ausstellung des Nachweises nicht gegeben gewesen seien oder ihr Vorliegen nicht nachgewiesen worden sei. Im Hinblick darauf, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem obzitierten Erkenntnis vom 15. März 1984 davon ausgegangen sei, daß das Freihandelsabkommen zwischen Österreich und der EWG dem betreffenden innerstaatlichen Verfahrensgesetz (Bundesabgabenordnung) nicht derogiere, sei, um Kollisionen zwischen dem innerstaatlichen Verfahrensrecht und den mit dem Freihandelsvertrag übernommenen Verpflichtungen zu vermeiden, durch ergänzende Bestimmungen im EG-Abkommen-Durchführungsgesetz ein Verfahren festgelegt worden, das den Zielsetzungen dieses Vertrages gerecht werde und auch mit der von allen Staaten des erweiterten Integrationsraumes, aber auch von den österreichischen Behörden schon bisher geübten Vorgangsweise in Einklang stehe. Bei der bezogenen Bestimmung handle es sich somit um eine verfahrensregelnde Vorschrift. Verfahrensvorschriften seien, soweit nicht anderes bestimmt sei, nach Lehre und Rechtsprechung anzuwenden, sobald sie ihre verbindliche Kraft erlangt hätten. Die betreffende Bestimmung sei auf den vorliegenden Rechtsfall anzuwenden, weil die Mitteilung der deutschen Zollbehörde, daß die in den betreffenden Ursprungsnachweisen angeführten Waren keine Ursprungserzeugnisse im Sinne des Protokolls Nr. 3 des Abkommens zwischen Österreich und der EWG seien, in den zeitlichen Geltungsbereich dieser Vorschrift falle. Die zwingende Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Rechtsfall ergebe sich nämlich schon aus deren Wortlaut. Erfolge eine solche Mitteilung im zeitlichen Geltungsbereich dieser Vorschrift, sei die gesetzliche Voraussetzung für das Vorliegen eines sachlich unrichtigen Ursprungsnachweises gegeben. Der Gesetzgeber, der mit dieser Vorschrift nur eine Klarstellung der sich aus dem Freihandelsabkommen ergebenden Bindung an das Prüfungsergebnis der Zollbehörde des Ausfuhrstaates bezweckt habe, gehe nämlich davon aus, daß zur Feststellung der Frage, ob eine aus der Gemeinschaft ausgeführte Ware ein Ursprungserzeugnis iSd Protokolls Nr. 3 darstelle, die Zollbehörden des Ausfuhrstaates zuständig seien. Sie hätten im Falle eines vom Einfuhrstaat beantragten Verifizierungsverfahrens nach Art. 16 und 17 des Protokolls Nr. 3 nach den im Ausfuhrstaat geltenden Bestimmungen das Verfahren zur Prüfung der Ursprungseigenschaft vorzunehmen. In diesem Verfahren habe nur der Ausführer, der den zu überprüfenden Ursprungsnachweis beantragt (EUR. 1) oder selbst ausgestellt habe (EUR. 2), Parteistellung. Ein Verifizierungsverfahren ziele, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. März 1988, Zl. 87/16/0045, dargetan habe, im Gegensatz zu einem Zollverfahren nicht darauf ab, ob ein inländischer Abgabenanspruch bestehe, sondern nur darauf, ob ein richtiger Ursprungsnachweis ausgestellt worden sei oder nicht. Dem Exporteur als alleiniger Partei im Verfahren zur Ausstellung eines Ursprungsnachweises obliege der Nachweis, daß die Waren Ursprungserzeugnisse iSd Protokolls Nr. 3 seien; der Ausführer, der ein Formblatt EUR. 2 ausgefüllt habe, habe auf Verlangen der Zollbehörde alle Nachweise über die Verwendung dieses Formblattes zu erbringen. Stelle der Ausfuhrstaat in einem Verifizierungsverfahren fest, daß die Ursprungseigenschaft der ausgeführten Waren nicht gegeben sei oder nicht nachgewiesen werden könne, wovon der Ausführer im Verfahren Kenntnis erlange, sei es kraft seiner Parteistellung dessen Sache, diese Feststellung, falls er sie für unzutreffend halte, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln des Verfahrensrechtes des Ausfuhrstaates zu bekämpfen und seinem Recht auf gesetzmäßige Feststellung der Ursprungseigenschaft zum Durchbruch zu verhelfen. Sei das Prüfungsverfahren durch den Ausfuhrstaat rechtskräftig abgeschlossen und durch diesen eine Mitteilung iSd Art. 17 Abs. 3 des Protkolls Nr. 3 erfolgt, so sei für den um Nachprüfung ersuchenden Einfuhrstaat das Ergebnis der Überprüfung bindend. Daraus ergebe sich, daß die Zollbehörde des Einfuhrstaates, dem eine Mitteilung der zuständigen Zollbehörde des Ausfuhrstaates zukomme, daß die von den überprüften Ursprungsnachweisen erfaßten Waren keine Ursprungserzeugnisse seien, im Verfahren betreffend den inländischen Abgabenanspruch keinerlei weitere, gegen diese Feststellung gerichtete Beweisaufnahmen im Ausfuhrstaat durchzuführen habe. Dem darauf gerichteten Antrag der Beschwerdeführerin sei somit nicht näherzutreten gewesen; umsoweniger, als die Einleitung eines solchen Ermittlungsverfahrens nach Abschluß des durchgeführten Verifizierungsverfahrens gerade jener Vorschrift zuwiderlaufen würde, die aus Anlaß der vom Verwaltungsgerichtshof in dem erwähnten Erkenntnis vertretenen Auffassung durch die 4. EG-Abkommen-Durchführungsgesetz-Novelle mit dem Ziel der Vermeidung einer solchen Verfahrensmaßnahme geschaffen worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und Gleichheit vor dem Gesetz. Die Behandlung der Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit dem Beschluß vom 15. Dezember 1989, B 1603/88, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt, weil die gerügten Rechtsverletzungen nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung einfachgesetzlicher, insbesondere verfahrensrechtlicher Bestimmungen wären. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen. Gleichzeitig wurde die Beschwerde nach Art. 144 Abs. 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die Beschwerdeführerin erstattete im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Beschwerdeergänzung, in welcher sie inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (Mißachtung des Parteiengehörs und der übrigen Parteienrechte) geltend machte.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Soweit die Beschwerdeführerin zunächst unter dem Gesichtspunkt einer "rechtswidrigen Abtretung" durch den Verfassungsgerichtshof im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auch die - wie oben dargestellt - vor dem Verfassungsgerichtshof gerügte Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten geltend macht, so ist ihr zu erwidern, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem obzitierten Ablehnungsbeschluß offenkundig von der Gesetzmäßigkeit der hier maßgebenden Bestimmungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, BGBl. Nr. 466/1972, sowie des EG-Abkommen-Durchführungsgesetzes ausgegangen ist. Auch beim Verwaltungsgerichtshof sind aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der hier anzuwendenden und unten näher dargestellten Gesetzesstellen entstanden.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen weiters in dem Recht verletzt, daß die in Streit stehende Eingangsabgabenschuld für sie nicht kraft Gesetzes entstanden sei. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin im Einklang mit ihrem Vorbringen vor der Administrativbehörde unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis VwSlg. 5871/F zum Ausdruck gebracht, daß sich im Rahmen der Eingriffsverwaltung Beweisschwierigkeiten nicht zum Nachteil des betroffenen Abgabepflichtigen auswirken dürften, die Offizialmaxime auch das abgabenbehördliche Verwaltungsverfahren beherrsche und die Behörden ihre Ermittlungen auch zugunsten der Abgabepflichtigen bis zur Grenze des Zumutbaren durchzuführen hätten, die inländische Behörde Herrin des Verfahrens bleibe und der ersuchten Behörde nur eine unterstützende Tätigkeit zukomme. Genau dieser Rechte seien die österreichischen Abgabenbehörden auf Grund der Schaffung der Bestimmung des § 12 Abs. 2 zweiter Satz der 4. EG-Abkommen-Durchführungsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 545/1984, verlustig gegangen. Diese Bestimmung stelle einen Souveränitätsverzicht der österreichischen Abgabenbehörden und damit der Republik Österreich dar. Diese Bestimmung sei aber auf den streitgegenständlichen Sachverhalt deshalb nicht anzuwenden, weil für die Beurteilung der maßgebenden Rechtsgrundlage nicht auf den Zeitpunkt der Auslösung des Verifizierungsverfahrens durch die österreichische Behörde bzw. die Mitteilung der ausländischen Behörde, sondern auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Ursprungsnachweise und deren Kenntnis durch die Behörden (Eingangsabfertigung) abzustellen sei.

Diesen Beschwerdeausführungen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Rechtsgrundlage der im Instanzenzug bestätigten 23 erstinstanzlichen Abgabenbescheide des Hauptzollamtes Innsbruck je vom 30. Oktober 1987 ist § 12 Abs. 2 des gemäß § 24 Abs. 3 des Integrations-Durchführungsgesetzes 1988, BGBl. Nr. 623/1987, am 1. Jänner 1988 außer Kraft getretenen EG-Abkommen-Durchführungsgesetzes, BGBl. Nr. 468/1972, in der Fassung der 4. EG-Abkommen-Durchführungsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 545/1984. Darnach entstand, wenn durch Vorlage eines sachlich unrichtigen Ursprungsnachweises oder durch die Nichterfüllung des Erfordernisses der unmittelbaren Beförderung nach Art. 7 des Protokolls Nr. 3 in einem Zollverfahren bewirkt wurde, daß ein Vorzugszollsatz zu Unrecht angewendet wurde, mit der Ausfolgung der Waren die Abgabenschuld kraft Gesetzes hinsichtlich des unerhoben gebliebenen Abgabenbetrages. Ein Ursprungsnachweis war sachlich unrichtig, wenn die Zollbehörde, die im Ausfuhrstaat die Überprüfung gemäß Art. 16 und 17 des Protokolls Nr. 3 durchgeführt hatte, mitteilte, daß die Erfordernisse des Protokolls Nr. 3 für die Ausstellung des Nachweises nicht gegeben waren oder ihr Vorliegen nicht nachgewiesen wurde.

Wesentlicher Zweck eines Abkommens zur Begründung einer Freihandelszone, deren Partner - zum Unterschied von einer Zollunion, etwa der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft - keinen gemeinsamen Außenzolltarif haben, ist die Bestimmung des Warenursprungs. In Freihandelszonen sind komplizierte Ursprungsregeln notwendig, die gemeinsam mit den Bestimmungen über die Methoden der Zusammenarbeit der Zollverwaltungen im Protokoll Nr. 3 (Art. 11 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, BGBl. Nr. 466/1972) festgelegt sind.

Nach den in § 12 Abs. 2 zweiter Satz EGAbkDG zitierten Artikeln 16 und 17 des Protokolls Nr. 3, welche nunmehr auf Grund der Beschlüsse des Gemischten Ausschusses Nr. 1/88 vom 27. Jänner 1988, BGBl. Nr. 616/1988, Nr. 3/88 vom 14. Dezember 1988, BGBl. Nr. 16/1989, und Nr. 5/88 vom 14. Dezember 1989, BGBl. Nr. 18/1989, als Artikel 17 und 18 bezeichnet werden, leisten sich die Zollbehörden der Mitgliedsstaaten der EWG und Österreichs gegenseitig Amtshilfe bei der Überprüfung der Echtheit und Richtigkeit der Warenverkehrsbescheinigungen. Dementsprechend ersuchte das österreichische Bundesministerium für Finanzen die deutschen Zollbehörden um die Überprüfung der vom ausländischen Lieferer der Waren, der Z-GmbH & Co KG, selbst und ohne Mitwirkung der deutschen Zollverwaltung ausgestellten Ursprungserklärungen auf dem Formblatt EUR. 2. Entsprechend führte die deutsche Zollverwaltung eine Nachprüfung durch und gelangte dabei zu dem Ergebnis, daß diese Ursprungsnachweise hinsichtlich der ausgeführten Bekleidungsstücke sachlich unrichtig waren. Nach Art. 17 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 haben die deutschen Zollbehörden das Ergebnis ihrer Überprüfung den österreichischen Zollbehörden mitgeteilt.

Da eine derartige Mitteilung nur eine Wissenserklärung und Meinungsäußerung ohne normativen Regelungscharakter (Bescheid) darstellt und eine Bindung, noch dazu an die Mitteilung einer ausländischen Behörde, jedenfalls zur Voraussetzung haben müßte, daß sie gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist, vertrat der erkennende Senat des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 15. März 1984, Zlen. 83/16/0164, 0166, Slg. Nr. 5871/F, die Rechtsansicht, daß eine derartige Mitteilung nach der Regelung der Art. 16 und 17 des Protokolls Nr. 3 a.F. für die österreichischen Zollbehörden KEINE verbindliche Wirkung habe und deshalb auf die amtswegige Ermittlung des wahren Sachverhaltes nach nationalem Recht (hier: § 115 Abs. 1 BAO) zurückzugreifen sei.

Da bei der Durchführung solcher Verifizierungsverfahren und anderer nachträglicher Überprüfungen vermehrt Unklarheiten bezüglich der dabei gegebenen Rechte und Pflichten der betroffenen Personen, nämlich des Exporteurs und des Importeurs, sowie bezüglich der Frage der Bindung der anfragenden Zollbehörde an das Prüfungsergebnis der Zollbehörde des Ausfuhrstaates aufgetreten seien (vgl. dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der 4. EG-Abkommen-Durchführungsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 545/1984, 399 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVI. GP), nahm der Gesetzgeber aus Anlaß des obzitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes eine "klarstellende" Novellierung vor. Nach den obzitierten Materialien seien Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Ursprungsnachweise nur im Rahmen des vertraglich vereinbarten Verifizierungsverfahrens abzuklären, wobei der österreichischen Zollbehörde das Ergebnis der Prüfung der Zollbehörde des Ausfuhrstaates "genügen werde".

Aus der konditionalen Verknüpfung von Tatbestand und Rechtsfolge mittels des Wortes "wenn" im Zusammenhang mit dem verbum legale "mitteilt" folgt, daß von den Abgabenbehörden ohne weitere Ermittlungen die an einen sachlich unrichtigen Ursprungsnachweis geknüpften Rechtswirkungen (§ 12 Abs. 2 erster Satz iVm § 12 Abs. 3 EGAbkDG) angenommen werden können.

Solcherart erweist sich bei der wiedergegebenen Sach- und Rechtslage die Annahme, die streitverfangenen Ursprungsnachweise seien sachlich unrichtig, weshalb die Beschwerdeführerin die Zollschuld zu tragen habe, als nicht rechtswidrig.

Auch die weitere Rechtsrüge, die Bestimmung des § 12 Abs. 2 zweiter Satz der 4. EG-Abkommen-Durchführungsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 545/1984, sei im Beschwerdefall deshalb nicht anzuwenden, weil wegen Fehlens einer Vorschrift über ihre rückwirkende Anwendung nicht auf den Zeitpunkt der Mitteilung der ausländischen Zollbehörde, sondern auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Ursprungsnachweise und deren Vorlage bei der Zollabfertigung abzustellen sei, schlägt nicht durch, weil der die Zollschuld kraft Gesetzes auslösende Tatbestand auch bereits VOR dieser Novelle durch die Vorlage eines sachlich unrichtigen Ursprungsnachweises im Zeitpunkt der Ausfolgung der Waren bewirkt worden war (vgl. § 12 Abs. 1 und 2 EGAbkDG idF der 2. EG-Abkommen-Durchführungsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 599/1980).

Wenn die Beschwerdeführerin letztlich vermeint, durch den angefochtenen Bescheid sei der verfassungsrechtlich geschützte Anspruch einer Partei des Verfahrens auf rechtliches Gehör und an der Mitwirkung der Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes verletzt worden, so ist ihr zu erwidern, daß sie im gesamten Verfahren hinlänglich Gelegenheit gehabt hätte, die auf Grund der Mitteilung bestehende gesetzliche Vermutung der sachlichen Unrichtigkeit der streitverfangenen Ursprungsnachweise durch substantiierte Darlegungen und konkrete Beweise zu widerlegen.

Die Beschwerde vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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