VwGH 90/14/0202

VwGH90/14/020211.12.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom 14. Dezember 1989, Zl. 292-GA4BK-DWe/87, betreffend Einkommensteuer 1985, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §119 Abs1;
BAO §25;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs3;
BAO §119 Abs1;
BAO §25;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem VwGH angefochtenen Bescheid lehnte die belangte Behörde im Instanzenzug die Anerkennung einer Kreditrückzahlung von S 200.000,-- als außergewöhnliche Belastung (Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage vom Vater) ab, weil der Beschwerdeführer bei Aufnahme und Verwendung des Kredites (von insgesamt S 300.000,--) zur Begleichung von Schulden seines Vaters mit Erfolgsaussichten seiner Hilfsmaßnahme nicht mehr habe rechnen können. Da zur Erbringung aussichtsloser und sinnloser Opfer keine sittliche Pflicht bestehe, verneinte die belangte Behörde die Zwangsläufigkeit der Aufwendung. Im Zeitpunkt der Hingabe des Geldbetrages durch den Beschwerdeführer sei die wirtschaftliche Situation des Vaters des Beschwerdeführers, über dessen Vermögen 1984 der Konkurs eröffnet wurde, aussichtslos gewesen (Verluste laut Bilanzen:

31.12.1978 0,461 Mio Schilling, 31.12.1979, 0,245 Mio Schilling, 31.12.1980, 2,22 Mio Schilling, 31.12.1981, 0,6 Mio Schilling, 31.12.1982, 2,5 Mio Schilling).

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung der erwähnten Aufwendung als außergewöhnliche Belastung verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat ebenso wie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren bereits auf das hg. Erkenntnis vom 19. September 1989, 89/14/0108, ÖStZB 1990, 62, hingewiesen, wonach die sittliche Pflicht auch davon abhängig ist, daß den zu Opfern bereiten Angehörigen vom Notleidenden die Möglichkeit geboten wird, die Erfolgsaussichten der Hilfsmaßnahmen zu prüfen, weil keine Pflicht zu sinnlosen Opfern besteht. Der Beschwerdeführer mißversteht das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1985, 84/14/0200, ÖStZB 1986, 47, wenn er glaubt, die subjektive Meinung des Angehörigen von den Erfolgsaussichten sei ausschlaggebend. Eine derartige Aussage enhält diese Entscheidung nicht, sie ist auch nicht in diesem Sinn zu verstehen. Voraussetzung einer außergewöhnlichen Belastung ist im gegebenen Zusammenhang das Bestehen einer sittlichen Pflicht zur Aufwendung. Für das Bestehen einer sittlichen Pflicht ist nicht die subjektive Meinung des Helfenden ausschlaggebend, sondern die objektive Lage des Hilfsbedürftigen, wie sie sich bei objektiver Betrachtung dem zu Hilfe Gerufenen darbietet. Es kommt daher darauf an, ob er unter diesen Gesichtspunkten glaubt (richtig: glauben darf), eine existenzbedrohende Notlage abwenden zu können. Ein Widerspruch in der Judikatur liegt nicht vor.

Im Hinblick auf die Höhe der geleisteten Hilfe bestand die sittliche Pflicht zur Unterstützung u.a. nur unter der Voraussetzung vorhergehender Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch den notleidenden Vater. Daß auf Grund der solcherart offengelegten Verhältnisse zu erkennen gewesen wäre, die Hilfsmaßnahme hätte noch Aussicht auf Erfolg, mußte die belangte Behörde nicht als erwiesen annehmen.

Der Beschwerdeführer behauptet, das Geld seinem Vater Ende 1983 - Anfang 1984 übergeben zu haben, die Abschlußarbeiten der Bilanz 1982 seien damals in Gang gewesen. Er hätte daher jedenfalls über die aus den Bilanzen 1982 und vorhergehender Jahre entnehmbare wirtschaftliche Lage des Unternehmens seines Vaters Bescheid wissen können, aber auch über die wesentlichen Daten des Jahres 1983, die zu Ende dieses Jahres bereits feststellbar gewesen sein müssen.

Wenn der Beschwerdeführer behauptet, die Konkurseröffnung sei erst 1 1/2 Jahre nach der Übergabe des Geldes durch ihn erfolgt, ist ihm entgegenzuhalten, daß er durch seinen Vertreter im Abgabenverfahren (Eingabe an die belangte Behörde vom 7. März 1988) den Zeitpunkt der Konkurseröffnung mit 14. September 1984 angegeben hat. Die Konkurseröffnung lag daher kaum ein 3/4 Jahr nach dem vom Beschwerdeführer selbst behaupteten Zeitpunkt der Übergabe des Geldes. Der Beschwerde kann daher nicht einmal darin gefolgt werden, daß die Hingabe des Geldes auch nur eine wesentliche Verschiebung des Konkurseröffnungszeitpunktes bewirkt hätte.

Da der Beschwerdeführer eine steuerliche Begünstigung in Anspruch nahm, wäre es seine Aufgabe gewesen, aus eigenem Antrieb den Verwaltungsbehörden alle Tatsachen schlüssig und nachprüfbar vorzutragen, die dafür gesprochen hätten, daß ungeachtet der für die Aussichtslosigkeit seiner Hilfsmaßnahme sprechenden jahrelangen Verluste im Unternehmen seines Vaters doch mit einem Erfolg der Hilfsmaßnahme zu rechnen gewesen wäre. Daß dem Beschwerdeführer die maßgebliche Problematik bekannt war, zeigt nicht nur der Inhalt seiner Berufung, sondern vor allem sein Hinweis auf das oben erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1989 in der Eingabe seines Vertreters an die belangte Behörde vom 4. November 1989. Trotzdem beschränkte sich der Beschwerdeführer, was die Erfolgsaussichten seiner Hilfe betrifft, auf die pauschale Behauptung, die Auftragslage sei bei Hilfeleistung gut gewesen, ohne Zahlen zu nennen, die Aufschluß über das Ausmaß der aus der Auftragslage zu erwartenden Erlöse und Erträge hätten geben können.

Der Beschwerdeführer irrt daher, wenn er meint, die belangte Behörde hätte noch festzustellen gehabt, wie der Beschwerdeführer die wirtschaftliche Lage zum Zeitpunkt der Geldübergabe eingeschätzt hat, kam es doch nur darauf an, wie er sie bei gewissenhafter Prüfung nach Einholung ausreichender Informationen hätte beurteilen müssen. Im Hinblick auf die aus den Bilanzen ersichtlichen jahrelangen erheblichen Verluste des Unternehmens des Vaters des Beschwerdeführers und im Hinblick auf den Umstand, daß den Beschwerdeführer als Begünstigungswerber eine qualifizierte Mitwirkungspflicht im Verfahren traf, war es nicht mehr Aufgabe der belangten Behörde, von Amts wegen weitere Insolvenzursachenforschung zu treiben. Vielmehr hatte der Beschwerdeführer aus eigenem im einzelnen nachprüfbar und durch Zahlen sowie nähere Daten belegt darzulegen, warum ungeachtet der aus den Bilanzen ersichtlichen tristen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens noch mit dessen Sanierung durch die Hilfeleistung seitens des Beschwerdeführers Ende 1983 und Anfang 1984 zu rechnen gewesen wäre. Dies hat der Beschwerdeführer nach der Aktenlage nicht getan. Auch dem Beschwerdevorbringen läßt sich nicht entnehmen, daß der Beschwerdeführer vor den Verwaltungsbehörden ein derartig substantiiertes Vorbringen gemacht hätte.

Der Beschwerde kann es auch nicht zum Erfolg verhelfen, wenn in ihr darauf hingewiesen wird, der Beschwerdeführer habe niemals behauptet, die von ihm zugewendeten S 300.000,-- seien die einzige Maßnahme gewesen, um die Insolvenz zu vermeiden, er sei diesbezüglich von der Behörde nicht weiter befragt worden. Es wäre nämlich - wie bereits dargelegt - seine Aufgabe gewesen, aus eigenem Antrieb alles für die Erfolgsaussichten der Hilfsmaßnahme Sprechende vorzutragen. Weitere Maßnahmen als seine Hilfe hat er jedoch nie erwähnt.

Das Vorbringen in der Beschwerde, es seien beim Vater des Beschwerdeführers "nicht unerhebliche Vermögenswerte, wie Grundstücke etc." vorhanden gewesen, eignet sich schon wegen seiner Verspätung (§ 41 VwGG) und seiner Unbestimmtheit nicht zum Nachweis dafür, der Beschwerdeführer hätte zumutbarerweise die Aussichtslosigkeit seiner Hilfe anläßlich ihrer Gewährung nicht erkennen können.

Die belangte Behörde durfte daher davon ausgehen, daß nach dem im Zeitpunkt der Hilfsmaßnahme vorliegenden Stand der für den Beschwerdeführer zumutbarerweise erkennbaren Fakten der Beschwerdeführer nicht (berechtigt) glaubte, mit seiner Hilfe die der Existenz seines Vaters drohende Notlage abwenden zu können. Die Verneinung der sittlichen Pflicht war daher nicht rechtswidrig.

Da der Beschwerdeführer somit durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes nicht in seinen Rechten verletzt wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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