VwGH 90/10/0191

VwGH90/10/019117.12.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Puck, Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. September 1990, Zl. 18.341/15-IA8/90, betreffend Waldfeststellung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 §1 Abs2;
ForstG 1975 §1 Abs3;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §5 Abs2;
AVG §38;
ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 §1 Abs2;
ForstG 1975 §1 Abs3;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 67/6, KG. A. Zum Zwecke der Erhaltung einer über dieses Grundstück führenden Skipiste beantragte die Gemeinde A die Erteilung einer Rodungsbewilligung. Das darüber eingeleitete Verfahren wurde mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. April 1970 bis zum Abschluß eines anhängigen zivilgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt; es wurde trotz Erledigung dieses Verfahrens durch außergerichtlichen Vergleich vom 15. Dezember 1975 bisher noch nicht bescheidmäßig beendet. Die Bezirkshauptmannschaft B leitete in Ansehung des gegenständlichen Grundstückes am 27. September 1988 durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung von Amts wegen ein Feststellungsverfahren gemäß § 5 des Forstgesetzes 1975 ein.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 5 Abs. 2 leg. cit. festgestellt, daß es sich bei der im Lageplan rot eingezeichneten Teilfläche des Grundstückes 67/6 nicht um Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 handle. Die Ermittlungen der Vorinstanzen hätten eindeutig ergeben, daß die gegenständliche Teilfläche - zumindest in dem für die Waldfeststellung maßgebenden Zeitraum von 15 Jahren vor der amtswegigen Einleitung des Feststellungsverfahrens - nicht bestockt gewesen und als Skipiste genützt worden sei; sie sei daher nicht Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes. Der maßgebliche Zeitraum sei von der Einleitung des Feststellungsverfahrens am 27. September 1988 zurückzurechnen und erstrecke sich daher bis zum 27. September 1973. Auch die Frage der Breite der Skiabfahrt sei durch die (näher angeführten) Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichend geklärt. Der Ausnahmefall des § 1 Abs. 3 des Forstgesetzes 1975 liege nicht vor, da die Feststellungsfläche nach den Ausführungen des forsttechnischen Amtssachverständigen weder in einem forstbetrieblichen Zusammenhang mit dem angrenzenden Wald stehe noch dessen Bewirtschaftung diene.

Der Beschwerdeführer macht in seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 1 Abs. 1 bis 3 des Forstgesetzes 1975 (in der Fassung der Forstgesetz-Novelle 1987, BGBl. Nr. 576) lautet:

"(1) Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes sind mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.

(2) Wald im Sinne des Abs. 1 sind auch Grundflächen, deren forstlicher Bewuchs infolge Nutzung oder aus sonstigem Anlaß vorübergehend vermindert oder beseitigt ist.

(3) Unbeschadet ihrer besonderen Nutzung gelten als Wald im Sinne des Abs. 1 auch dauernd unbestockte Grundflächen, insoweit sie in einem unmittelbaren räumlichen und forstbetrieblichen Zusammenhang mit Wald stehen und dessen Bewirtschaftung dienen (wie forstliche Bringungsanlagen, Holzlagerplätze, Waldschneisen)."

§ 5 Abs. 1 und 2 des Forstgesetzes 1975 haben folgenden

Wortlaut:

"(1) Bestehen Zweifel, ob

  1. a) eine Grundfläche Wald ist oder
  2. b) ein bestimmter Bewuchs in der Kampfzone des Waldes oder als Windschutzanlage den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegt,

    so hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 2 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen. § 19 Abs. 4 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Stellt die Behörde fest, daß die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen 15 Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, so hat sie mit Bescheid auszusprechen, daß es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, daß

a) die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder

  1. b) eine Rodungsbewilligung erteilt wurde oder
  2. c) die Behörde aus einem anderen Anlaß festgestellt hat, daß es sich nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt,

    und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, daß es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt."

    2. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht der Zeitpunkt der Einleitung des amtswegigen Feststellungsverfahrens, nämlich der 27. September 1988 (Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch die Erstbehörde), außer Streit. Strittig ist unter anderem, ob sich - wie die belangte Behörde annimmt - nach diesem Zeitpunkt der gemäß § 5 Abs. 2 des Forstgesetzes 1975 maßgebliche Zeitraum von 15 Jahren bestimmt und es daher im vorliegenden Fall auf den Zeitraum vom 27. September 1973 bis 27. September 1988 ankommt, oder ob die in dieser Gesetzesstelle normierte Frist von 15 Jahren im Hinblick auf das anhängige Rodungsverfahren frühestens mit 15. Dezember 1975 beginnen konnte, wie der Beschwerdeführer meint.

    Anders als im Falle der Einleitung eines Verfahrens auf Antrag regelt das Gesetz nicht ausdrücklich, welcher Zeitpunkt im Falle eines amtswegigen Feststellungsverfahrens für die Berechnung der "vorangegangenen 15 Jahre" im Sinne des § 5 Abs. 2 erster Satz des Forstgesetzes 1975 maßgeblich ist. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß auch bei einem von Amts wegen eingeleiteten Feststellungsverfahren der Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens maßgebend ist. Hiefür spricht nicht nur der Gleichklang mit dem ausdrücklich geregelten Fall der Einleitung eines solchen Verfahrens auf Antrag einer Partei, sondern auch die Überlegung, daß solcherart der entscheidungswesentliche Zeitraum von 15 Jahren kalendermäßig bereits ab Einleitung des Feststellungsverfahrens feststeht und nicht vom Verfahrensablauf und allenfalls bloß manipulativen Umständen abhängig ist, was der Fall wäre, wollte man etwa den Zeitpunkt der Erlassung des Feststellungsbescheides erster oder gar letzter Instanz als für die Berechnung des 15-jährigen Zeitraumes maßgebend ansehen.

    Keine rechtliche Bedeutung kommt dem vom Beschwerdeführer eingewendeten Umstand zu, daß in Ansehung der gegenständlichen Teilfläche ein Rodungsverfahren anhängig war und noch ist. Die Frage der Waldeigenschaft eines Grundstückes ist eine präjudizielle Rechtsfrage im Sinne des § 38 AVG 1950 für die Entscheidung der Forstbehörde über eine beantragte Rodungsbewilligung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1988, Zl. 87/10/0143). Eine solche Entscheidung setzt das Vorliegen der Waldeigenschaft der betreffenden Fläche voraus. Angesichts dieser Rechtslage schließt ein anhängiges Rodungsverfahren keineswegs die Einleitung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 5 des Forstgesetzes 1975 aus und ist die Anhängigkeit eines solchen Verfahrens ohne Bedeutung für die Frage, welcher Zeitpunkt für die Berechnung der Frist nach Abs. 2 bei einem von Amts wegen eingeleiteten Feststellungsverfahren maßgebend ist. Der gegenteilige Standpunkt findet keine Deckung im Gesetz.

    Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde mit Recht davon ausgegangen ist, für die von ihr zu treffende Entscheidung sei der Zeitraum vom 27. September 1973 bis 27. September 1988 maßgebend.

    3. Aus dem Zusammenhang der Bestimmungen des § 1 Abs. 1 bis 3 und des § 5 Abs. 2 des Forstgesetzes 1975 ergibt sich, daß in Ansehung einer unbestockten Grundfläche die Feststellung, es handle sich bei ihr nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes, unter anderem dann erfolgen kann, wenn diese Fläche nach Entfernung eines allenfalls vorhanden gewesenen forstlichen Bewuchses durch 15 Jahre hindurch unbestockt geblieben und zu einem anderen Zweck als dem der Waldkultur verwendet worden ist (Rodung im Sinne des § 17 leg. cit.); eine allfällige rechtswidrige Rodung ist in diesem Fall saniert (vgl. Bobek-Plattner-Reindl, Forstgesetz 1975, Anm. 3 zu § 5; Wohanka-Stürzenbecher, Forstgesetz 1975, Wien 1990, Anm. 3 zu § 5; Kalss, Forstrecht, 25).

    Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, daß die in Rede stehende Teilfläche in dem maßgebenden Zeitraum von 15 Jahren vom forstlichen Bewuchs freigeblieben und als Skipiste genützt worden ist. Bei seinem unter Hinweis auf § 1 Abs. 3 des Forstgesetzes 1975 erstatteten Vorbringen, es sei danach jedenfalls nicht erforderlich, daß ein Grundstück mit Bäumen bewachsen sei, vielmehr genüge "die Zweckbestimmung, der Waldkultur zu dienen", und diese Zweckbestimmung sei beim gegenständlichen Grundstück seit jeher vorgelegen, läßt der Beschwerdeführer den insoweit klaren Wortlaut der genannten Bestimmung außer acht. Danach genügt eben nicht allein schon die besagte Zweckbestimmung, vielmehr bedarf es der dort angeführten weiteren Voraussetzungen. Der ihr Vorliegen ausdrücklich verneinenden Feststellung der belangten Behörde tritt die Beschwerde nicht konkret entgegen. Insbesondere nennt sie keinerlei Ermittlungsergebnisse, die die besagte Annahme als fragwürdig oder gar als aktenwidrig erscheinen ließen. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang als "nicht nachvollziehbar" bezeichnete Auffassung, "daß der Bestand einer Skipiste den Bestand einer Waldfläche unterbricht", ist die Folge der vorhin dargestellten Rechtslage, wonach bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen eine negative Waldfeststellung in Betracht kommt.

    4. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe sich mit der "zentralen Frage, in welcher Breite die Skiabfahrt über meine verfahrensgegenständliche Grundparzelle führt und ob die Skiabfahrt durch bauliche Maßnahmen verbreitert worden sei", nicht auseinandergesetzt. Andernfalls wäre hervorgekommen, "daß die Skiabfahrt immer nur eine Breite für höchstens 2 nebeneinander fahrende Skifahrer hatte und durch eine so schmale Rinne die Nichtwaldeigenschaft einer Grundfläche nicht begründet werden kann".

    Damit vermag der Beschwerdeführer keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil mangels einer gegenteiligen gesetzlichen Regelung auch eine Waldfläche in der Breite "für höchstens 2 nebeneinander fahrende Skifahrer" die Waldeigenschaft verlieren kann, wenn sie nicht mehr zu forstlichen Zwecken, sondern - so wie hier - als Skipiste verwendet wird. Der Vollständigkeit halber sei dazu festgehalten, daß in der im angefochtenen Bescheid insoweit wiedergegebenen Begründung des mit ihm bestätigten Bescheides des Landeshauptmannes von Salzburg der "Hauptzweck" der gegenständlichen Teilfläche wie folgt angegeben wird: "Nutzung als Schiabfahrt in der Wintersaison und Nutzung eines Teiles der Schiabfahrt als Hochwassergerinne während des ganzen Jahres". Dem ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.

    5. Der Beschwerdeführer rügt schließlich, er sei dadurch, daß er zum angenommenen Sachverhalt nicht "nochmals und abschließend" habe Stellung nehmen können, in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, und diese Unterlassung sei wesentlich, weil er andernfalls die Möglichkeit gehabt hätte, "Beweismittel für die Waldeigenschaft meiner Grundfläche anzuführen".

    Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit des insoweit behaupteten Verfahrensmangels schon deshalb nicht darzutun, weil er es seinerseits unterlassen hat anzuführen, was er, wäre ihm die Möglichkeit zur abschließenden Stellungnahme geboten worden, vorgebracht hätte.

    6. Aus den vorstehenden Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Da dies bereits ihr Inhalt erkennen läßt, ist sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

    Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den (zur hg. Zl. AW 90/10/0064 protokollierten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

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