VwGH 90/09/0062

VwGH90/09/006211.7.1990

A gegen Landeshauptmann von Tirol vom 13. Feber 1990, Zl. 16.402/1, betreffend Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Spruch des Bescheides der Behörde erster Instanz vom 8. Juni 1989 wurde über den Beschwerdeführer - soweit dies für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung ist - wegen folgender Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 AuslBG eine Geldstrafe von S 5.000,-- verhängt:

Der Beschwerdeführer habe den jugoslawischen Staatsangehörigen P, geboren am 20. September 1967, in der Zeit vom 3. November 1988 bis 21. November 1988 im Gasthaus "N" in E, ohne die erforderliche Beschäftigungsbewilligung beschäftigt. Dadurch habe der Beschwerdeführer die §§ 3, 4 und 15 Abs. 1 AuslBG verletzt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er "materielle" Rechtswidrigkeit, die Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften sowie unrichtige Beweiswürdigung geltend machte. Im wesentlichen brachte der Beschwerdeführer vor: Aus den gesamten Erhebungen der Behörde gehe hervor, daß der genannte ausländische Staatsangehörige in dieser Zeit zwar in seinem Gasthaus wohnhaft, jedoch nicht beschäftigt gewesen sei. Die Behörde mißverstehe offensichtlich den Begriff einer Beschäftigung im Sinne der einschlägigen arbeitsrechtlichen Gesetze. Das Arbeitsverhältnis sei ein Rechtsverhältnis, das die Leistung abhängiger, fremdbestimmter Arbeit zum Inhalt habe und durch Arbeitsvertrag begründet werde. Ein Arbeitsvertrag sei zwischen dem Beschwerdeführer und dem genannten Ausländer jedoch weder ausdrücklich noch schlüssig begründet worden. Zu diesem Thema sei von der Behörde weder der Beschwerdeführer, noch seien die Zeugen je vernommen worden. Zwar ergebe sich aus der Einvernahme des genannten Ausländers, daß er ab und zu Vieh gefüttert habe, den Stall ausgemistet habe; sowie gelegentlich beim Transport von Getränkekisten mitgewirkt habe, diese Mithilfe stelle jedoch in keiner Weise ein Arbeitsverhältnis dar, für das Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes benötigten. Für jeden Gast, der sein Bierglas von der Schank hole, der gefälligkeitshalber einer Kellnerin beim Bierkistentragen helfe, der die Tiere füttere, müsse sonst eine Beschäftigungsbewilligung beantragt werden. Da im konkreten Fall eine Beschäftigungsbewilligung daher keinesfalls erforderlich gewesen sei, könne der Beschwerdeführer auch keine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes begangen haben. In der Berufung werden weiters Verfahrensmängel geltend gemacht und Zeugen genannt, sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber begehrt, ob ein unentgeltliches Helfen im Stall, sowie ein fallweises Helfen beim Tragen von Bierkisten ein Arbeitsverhältnis im Sinne der arbeitsrechtlichen Bestimmungen darstellen könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung, soweit sie gegen die Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gerichtet war, als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung wird nach Wiedergabe des bereits dargestellten Verfahrensablaufes im wesentlichen weiter dargelegt: Feststehe, daß der genannte Ausländer im Gasthaus des Beschwerdeführers freie Kost und Unterkunft erhalten und dafür unentgeltlich stundenweise in der Landwirtschaft und im Gastbetrieb des Beschwerdeführers Arbeiten verrichtet habe. Somit erscheine der vorliegende Sachverhalt als erwiesen.

Dies gehe einerseits aus dem Bericht des Gendarmeriepostenkommandos X vom 23. November 1988 und den Zeugenaussagen des genannten Ausländers und seines Vaters sowie andererseits aus der Einvernahme des Beschwerdeführers vor der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23. Feber 1989 und seinen Berufungsausführungen hervor. Laut Gendarmeriebericht vom 23. November 1988 sei der genannte Ausländer anläßlich der Kontrolle am 20. November 1988 von zwei Beamten in der Küche des Gastbetriebes des Beschwerdeführers arbeitend angetroffen worden. Weiters habe sich dabei herausgestellt, daß der genannte Ausländer im Dachboden des Gasthofes N ein Zimmer bewohne; dies allerdings nicht ständig. Bei der Einvernahme habe sich herausgestellt, daß der genannte Ausländer offensichtlich nicht deutsch verstanden habe, weshalb sein Vater zum Sachverhalt niederschriftlich einvernommen worden sei. Dieser habe in der Niederschrift die Erhebungen der Gendarmeriebeamten bestätigt. Sein Sohn schlafe öfters beim Beschwerdeführer und arbeite bei ihm in der Landwirtschaft und helfe als Hausbursche aus. Dafür erhalte er zwar kein Entgelt, jedoch freie Kost und Unterkunft. Der genannte Ausländer gebe in seiner Zeugeneinvernahme ebenfalls an, daß er beim Beschwerdeführer für freie Unterkunft und Verpflegung stundenweise vormittags und nachmittags im Stall und bei Heuarbeiten sowie fallweise beim Transport von Getränkekisten geholfen habe; Bezahlung habe er dafür keine erhalten. Der Beschwerdeführer bestreite in seiner Niederschrift vom 23. Feber 1989 die vom genannten Ausländer und seinem Vater gemachten Angaben nicht. Er weise nur darauf hin, daß er sich selbst zum fraglichen Zeitpunkt nicht am Ort des Geschehens aufgehalten habe. Der genannte Ausländer habe bei ihm zwar freie Unterkunft und Verpflegung erhalten, dies aber deshalb, weil er seinen Vater gut kenne; er habe ihm nie Arbeiten aufgetragen und den genannten Ausländer auch nie arbeiten gesehen. Er könne eine stundenweise Mithilfe des genannten Ausländers in seiner Landwirtschaft und in seinem Gastbetrieb nicht ausschließen, bestreite aber, daß es sich bei dieser Hilfe um ein Arbeitsverhältnis gehandelt habe.

Diese Rechtfertigungen des Beschwerdeführers seien nicht geeignet, seinem Berufungsantrag auf Einstellung des Strafverfahrens zu entsprechen. Allein dadurch, daß der Beschwerdeführer Arbeitsleistungen von einem Ausländer, für den er keine Beschäftigungsbewilligung besessen habe und der auch nicht im Besitz eines Befreiungsscheines gewesen sei, in seinem Betrieb geduldet habe, hätte er gegen die Bestimmung des § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verstoßen. Dabei sei es unerheblich, ob der genannte Ausländer von sich aus Arbeiten verrichtet habe oder vom Beschwerdeführer dazu aufgefordert worden sei. Es sei auch unerheblich, ob ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis bzw. eine Entlohnung vereinbart worden sei. Aus diesem Grund hätte auch die vom Beschwerdeführer beantragte Zeugeneinvernahme und die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterbleiben können.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides folgten noch eine Wiedergabe des § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sowie Ausführungen zur Frage der Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:

Nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt, noch ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt worden ist. § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sieht vor, daß ein Arbeitgeber - soweit im Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht anderes bestimmt ist - einen Ausländer nur beschäftigen darf, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein besitzt. Als "Beschäftigung" gilt - soweit die Regelung für den Beschwerdefall in Betracht kommt - gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis.

Wie der vorher wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist, sieht die belangte Behörde den Tatbestand des § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bereits dadurch verwirklicht, daß der Beschwerdeführer Arbeitsleistungen des genannten Ausländers in seinem Betrieb geduldet hat und bezeichnet es als unerheblich, ob der Ausländer von sich aus Arbeiten verrichtet habe oder ob er zu solchen aufgefordert worden sei.

Diese Rechtsauffassung ist im Gesetz nicht gedeckt.

Das Ausländerbeschäftigungsgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern in Österreich. Der Begriff der Beschäftigung ist durch § 2 Abs. 2 AuslBG - soweit dies für den Beschwerdefall in Betracht kommt - in der Weise bestimmt, daß die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis erfolgen muß. Maßgebend ist daher, daß die Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird (vgl. Schnorr, AuslBG, Manz, 2. Auflage, Wien 1989, Seite 22).

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid in Übereinstimmung mit den Akten des Verwaltungsverfahrens davon aus, daß der genannte Ausländer beim Beschwerdeführer freie Kost und freies Quartier gehabt hat. Sie zieht weiters daraus den Schluß, daß der genannte Ausländer "dafür unentgeltlich stundenweise in der Landwirtschaft und im Gastbetrieb" Arbeiten verrichtet habe.

Abgesehen davon, daß damit noch nicht hinreichend die für das Vorbringen einer persönlichen bzw. wirtschaftlichen Abhängigkeit erforderliche Beweisführung erbracht bzw. Feststellungen darüber getroffen worden sind, entbehrt diese Schlußfolgerung auch des logisch zwingenden Zusammenhanges insbesondere deshalb, weil der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hat, daß er den genannten Ausländer gleichsam aus Gefälligkeit gegen dessen ihm bekannten Vater bei sich aufgenommen gehabt habe. Eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen ist aber unterblieben, weil die belangte Behörde von der Rechtsauffassung ausgegangen ist, daß bereits die Duldung, das bedeutet im Ergebnis die Nichtunterbindung von Tätigkeiten eines Ausländers in dem im Beschwerdefall gegebenen Rahmen (Landwirtschaft und Gastgewerbebetrieb), selbst wenn diese Tätigkeiten ohne jegliche Verpflichtung, lediglich gefälligkeitshalber erbracht worden sind, bereits eine Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes darstelle.

Der angefochtene Bescheid mußte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden, weil die belangte Behörde ausgehend von einer unrichtigen Rechtsauffassung eine hinlängliche Feststellung und Würdigung des Sachverhaltes unterlassen hat bzw. eine entsprechende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung unterblieben ist.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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