Normen
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §41 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Vorbringen der Beschwerde in Verbindung mit dem Inhalt des vorgelegten angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt.
Im Verfahren über das Ansuchen des Erstmitbeteiligten um Baubewilligung für die Errichtung eines Holzschuppens auf dem Grundstück Nr. 2000/8, KG Y, wendete die Beschwerdeführerin, die als Nachbarin dem Verfahren beigezogen worden war, bei der mündlichen Verhandlung ein, durch die Bauführung bestehe die Möglichkeit, daß ein Teil des Bauwerkes über der nicht ordnungsgemäß verlegten Rohrleitung ("Verrohrung des Z-Baches") auf dem Grundstück Nr. 2356, KG Y, errichtet werde (also die Rohrleitung teilweise auf dem Grundstück des Bauwerbers verlaufen könne), da zu erwarten sei, daß in nächster Zeit die Rohrleitung ordnungsgemäß neu verlegt werden müsse und der Beschwerdeführerin daraus wahrscheinlich beträchtliche materielle und rechtliche Kosten erwachsen würden. Diese Einwendungen seien nicht ausschließlich privat-, sondern subjektiv öffentlich-rechtlicher Natur.
Mit Bescheid vom 29. März 1990 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die beantragte Baubewilligung und verwies die Einwendungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der "Überbauung der nicht ordnungsgemäß verlegten Rohrleitung" gemäß § 30 Abs. 3 TBO auf den ordentlichen Rechtsweg; dies deshalb, weil es sich bei diesen Einwendungen nicht um subjektiv öffentlich-rechtliche handle, die sich auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz stützten, sondern auf sonstige Ansprüche, die durch eine angeblich unsachgemäße Verrohrung des Z-Baches entstehen könnten. Die Verrohrung stehe in keinem Zusammenhang mit dem Verfahren um Erteilung der Baubewilligung.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 17. Mai 1990 ab. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung als unbegründet ab und führte hiezu aus:
Zweck eines über ein Bauvorhaben durchzuführenden nachbarrechtlichen Verfahrens sei es, den durch das Bauvorhaben Betroffenen die Möglichkeit zu geben, in der Rechtsstellung einer Partei die Verletzung baurechtlich eingeräumter subjektiv-öffentlicher Rechte abzuwehren. Unter diesem Gesichtspunkt sei ein Eingriff in die Rechtssphäre eines Nachbarn nur dann möglich, wenn durch die Bauführung zwingende Vorschriften der Tiroler Bauordnung, des Tiroler Raumordnungsgesetzes oder baurechtlicher Nebengesetze verletzt würden, die dem Interesse der Nachbarn dienten. Die Tiroler Bauordnung enthalte zwar eine Reihe von Bestimmungen als Voraussetzung für eine Baubewilligung, dem Nachbarn eines Bauvorhabens stehe jedoch nur hinsichtlich der Einhaltung eines Teiles der Vorschriften ein Mitspracherecht zu, der Umfang sei im § 30 TBO abgesteckt. Nur die im § 30 Abs. 4 TBO beschriebenen subjektiv öffentlich-rechtlichen Einwendungen aus dem Baurechtsbereich könnten vom Nachbarn verfolgt werden. Wie sich aus dem vorliegenden Akt ergebe, seien im gegenständlichen Bauverfahren von Anfang an nicht solche baurechtliche Fragen im aufgezeigten eingeschränkten Sinn releviert worden, hinsichtlich derer eine Mitsprachemöglichkeit der Nachbarn nach der Tiroler Bauordnung bestünde. Anliegen der Beschwerdeführerin sei es lediglich, von den möglichen wasserrechtlichen, zivilrechtlichen und in der Folge wirtschaftlichen Konsequenzen verschont zu bleiben, die sich daraus ergeben könnten, daß die von wem auch immer zu verantwortende, nicht ordnungsgemäß verlegte Verrohrung des Z-Baches unter dem baurechtlich beantragten und bewilligten Holzschuppen zu liegen komme. Dieses verständliche Anliegen betreffe keinen aus dem Tiroler Baurecht abzuleitenden subjektiv-öffentlichen Anspruch und könne daher auch nicht in einem Baubewilligungsverfahren nach der Tiroler Bauordnung mit Erfolg verfolgt werden. Die unter dem Eigentum des Bauwerbers vermutlich teilweise verlaufende Verrohrung könne keineswegs die Beschaffenheit der Grundfläche als Bauplatz beeinträchtigen, auch die Frage der Mindestabstände werde damit nicht releviert, da diese nicht zu einer allenfalls nicht ordnungsgemäß verlegten Rohrleitung, sondern zur Nachbargrenze eingehalten werden müßten, was im vorliegenden Falle zutreffe. Wenn daher überhaupt öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin betroffen werden sollten, so seien dies jedenfalls nicht aus dem Baurecht ableitbare Berechtigungen. Die strittige Frage der Verrohrung stelle auch keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950 dar, die von der Baubehörde zu beurteilen wäre. Unter einer Vorfrage in dem hier maßgebenden verfahrensrechtlichen Sinn sei nämlich eine für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar, d. h. eine notwendige Grundlage sei. Dies treffe nicht zu, wenn zwei verschiedene Akte über Rechte oder Pflichten zu ergehen hätten, die von verschiedenen Behörden nach verschiedenen Gesichtspunkten zu erlassen seien, wie etwa die wasserrechtliche und baurechtliche Zulässigkeit einer Bauführung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Hierüber hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung LGBl. Nr. 33/1989 (TBO) lautet:
"(4) Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das in einer Bestimmung dieses Gesetzes oder einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dient (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung), so hat die Behörde über diese Einwendung abzusprechen, indem sie die Einwendung als unbegründet abweist, die Baubewilligung unter Bedingungen oder mit Auflagen erteilt, oder die Baubewilligung überhaupt versagt. Subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere auf die §§ 12 bis 16 b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden."
Nach § 31 Abs. 9 leg. cit. hat die Behörde das Bauansuchen zu bewilligen, wenn keine Gründe für die Zurückweisung oder eine Abweisung vorliegen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, dürfen die Berufungsbehörde bzw. in weiterer Folge die Vorstellungsbehörde und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes in Fällen eines eingeschränkten Mitspracherechtes einer Partei, wie es sich aus § 30 TBO ergibt, auf Grund des von ihr eingebrachten Rechtsmittels nicht über den Themenkreis hinausgehen, in dem die Partei mitzuwirken berechtigt ist. Sache im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG 1950 ist ausschließlich jener Bereich, in welchem dem Berufungswerber ein Mitspracherecht zusteht. Damit gehen aber alle Ausführungen der Beschwerdeführerin, die sich auf keines der im § 30 Abs. 4 TBO genannten, aus dem Bau- oder Raumordnungsrecht sich ergebenden subjektiv-öffentlichen Rechte stützt, ins Leere. Insbesondere vermag die Beschwerdeführerin nicht darzutun, worauf sie ihren Anspruch auf Schutz der Rohrleitung, deren Lage sie offenbar nicht einmal kennt, stützt. Handelt es sich um eine ersessene Servitut, so liegt eindeutig ein ausschließlich zivilrechtlicher Anspruch vor. Soweit die Beschwerdeführerin dem Erstmitbeteiligten aber Verstöße gegen wasserrechtliche Vorschriften vorwirft, hat darüber ausschließlich die Wasserrechtsbehörde zu erkennen; ist für die Ausführung des Baues eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich, so wird diese ohnehin nicht durch die Baubewilligung ersetzt. Die angeblich "nicht umfassend vorgelegten Planunterlagen" können im Zusammenhang des Vorbringens nur dahin verstanden werden, daß zwar das Bauvorhaben mit seiner Situierung, nicht aber die Rohrleitung, auf die die Beschwerdeführerin Anspruch erhebt, ausgewiesen ist; dies ist aber keinesfalls Sache des Bauwerbers.
Aus diesen Gründen ist daher die "strittige Frage der Verrohrung des Z-Baches" für die Baubewilligung keineswegs präjudiziell, daher auch keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950.
Da sich sohin bereits aus den Ausführungen der Beschwerde ergibt, daß Rechte der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
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