VwGH 90/05/0104

VwGH90/05/010416.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Domittner und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der N reg. Genossenschaft m.b.H. gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 4. April 1990, Zl. MDR-B X-2/90, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) Richard R und 2) Herta R), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §83;
BauRallg;
AVG §42;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §83;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 6. März 1989 ersuchten die Mitbeteiligten beim Magistrat der Stadt Wien um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf der Liegenschaft Wien X, X-Weg 1. Zu der für 3. November 1989 anberaumten mündlichen Verhandlung wurde die Beschwerdeführerin als Nachbarin unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 geladen. Bei dieser Verhandlung brachte der Vertreter der Beschwerdeführerin vor, daß gegen die Situierung des Gebäudes Einspruch erhoben werde, "da hiedurch insoferne keine einheitliche Verbauung eintritt, als die Nachbarobjekte wesentlich weiter hinter der Baulinie stehen". Bei einer weiteren, am 26. Jänner 1990 durchgeführten mündlichen Verhandlung hielt die Beschwerdeführerin die erhobene Einwendung aufrecht.

Mit Bescheid vom 2. März 1990 erteilte der Wiener Magistrat die angestrebte baubehördliche Bewilligung unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Die Einwendung der Beschwerdeführerin wurde mit der Begründung abgewiesen, daß nach dem Flächwidmungs- und Bebauungsplan für die Liegenschaft keine Baufluchtlinien festgesetzt seien und auch keine Vorschriften für eine einheitliche Situierung von Gebäuden in diesem Bereich bestünden. Vom Standpunkt der Stadtbildpflege bestehe gegen die Situierung des Gebäudes kein Einwand.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung änderte die Bauoberbehörde für Wien den erstinstanzlichen Abspruch über die Einwendung dahingehend, daß diese als unzulässig zurückgewiesen werde. Dies wurde damit begründet, daß die Bestimmungen über das örtliche Stadtbild und dessen Wahrung nicht zu jenen gehören, durch welche subjektiv-öffentliche Nachbarrechte begründet werden. Die Einwendung, die sich auf das örtliche Stadtbild beziehe, sei daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Nachbarrechten, insbesondere auf Vermeidung einer Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes und hinsichtlich der sich aus dem Weg ergebenden Berechtigungen verletzt.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und den mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 28/1987 sind Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften im Baubewilligungsverfahren dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren. Solche Rechte werden durch jene Bestimmungen begründet, die dem Schutz der Nachbarn dienen. Hiezu zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.

Aus dieser Regelung über die Rechtsstellung der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ergibt sich, daß dem Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur eine beschränkte Parteistellung zukommt. Darüber hinaus ergibt sich aus § 42 Abs. 1 und 2 AVG 1950, daß ein ordnungsgemäß zur Bauverhandlung geladener Nachbar nur dann mit seinen Einwendungen durchdringen kann, wenn er sie rechtzeitig vor oder während der Verhandlung vorgebracht hat; hinsichtlich später erhobener Einwendungen ist ein Nachbar als präkludiert anzusehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, zum Ausdruck gebracht, daß ein Nachbar nur hinsichtlich rechtzeitig erhobener Einwendungen dort ein Mitspracherecht besitzt, wo der Gesetzgeber ihm ausdrücklich ein solches eingeräumt hat. Das bedeutet insbesondere, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend festgestellt hat, daß dem Nachbarn nach § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien in der Frage einer Störung des Ortsbildes ein subjektiv-öffentliches Recht nicht zusteht (vgl. etwa schon das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1954, Slg. N.F. Nr. 3.600/A, u.a.). Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin räumt sohin die Bauordnung für Wien einem Nachbarn kein Recht auf Vermeidung einer Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes ein.

Auf die Ausführungen in der Beschwerde betreffend die Benutzung des Weges und sich allenfalls daraus ergebender Rechte war schon deshalb nicht einzugehen, weil in dieser Beziehung eine Einwendung rechtzeitig gar nicht erhoben worden ist. Es konnte daher insbesondere auch unerörtert bleiben, ob ein solches Vorbringen überhaupt der Erteilung der Baubewilligung hätte entgegenstehen können.

Da sich die Beschwerde auf Grund der dargelegten Erwägungen als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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