Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 9.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Jänner 1990 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 28. März 1989 im Grunde des § 63 Abs. 5 AVG 1950 als verspätet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf Grund von gegen die im Standort X befindliche gastgewerbliche Betriebsanlage "Y-Bar" der mitbeteiligte Partei erhobenen Beschwerden der Beschwerdeführer habe die Bezirkshauptmannschaft Schwaz einen Bescheid vom 23. November 1987 erlassen, in dem sie gemäß § 79 GewO 1973 für die in Rede stehende Betriebsanlage mittels Auflage ein Ende der täglichen Betriebszeit mit 2.00 Uhr vorgeschrieben habe. Auf Grund einer dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Berufung habe der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 28. März 1989 in der Weise entschieden, daß der erstbehördliche Bescheid im Grunde des § 74 Abs. 3 GewO 1973 behoben werde. Dagegen hätten die Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A, Berufungen erhoben. Der zweitbehördliche Bescheid trage das Datum 28. März 1989 und sei am 31. März 1989 bei der Bezirkshauptmannschaft Schwaz eingelangt, der weisungsgemäß die nachweisliche Zustellung dieses Bescheides an die Verfahrensparteien oblegen sei. Mit Schriftsatz vom 8. März 1989, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Schwaz am 9. März 1989, hätten sich die Beschwerdeführer erstmals nicht unmittelbar, sondern vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A im laufenden Verfahren an die Gewerbebehörde gewendet. Der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 28. März 1989 sei von der Bezirkshauptmannschaft Schwaz am 4. April 1989 jeweils mittels RSb an die Verfahrensparteien abgefertigt worden. An die Beschwerdeführer sei "zu Handen Herrn Rechtsanwalt Dr. A, C-Straße 30, W", zugestellt worden. Der entsprechende Rückschein sei am 5. April 1989 von einem Arbeitgeber des Empfängers handschriftlich unterfertigt worden. Am 20. April 1989 sei seitens der Bezirkshauptmannschaft Schwaz neuerlich an die Beschwerdeführer, jedoch diesmal nicht zu Handen ihres ausgewiesenen Rechtsvertreters, sondern an ihre Privatadresse "X 245", zugestellt worden; der entsprechende Rückschein sei am 21. April 1989 von einem Postbevollmächtigten für RSb-Briefe übernommen worden. Der Berufungsschriftsatz der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A, sei am 3. Mai 1989 zur Post gegeben worden. Gemäß § 63 Abs. 5 AVG 1950 sei die Berufung von der Partei schriftlich oder telegraphisch binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen habe. Die Frist beginne für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides. Gemäß § 6 Zustellgesetz 1982 sei im Falle, daß das gleiche Schriftstück mehrmals gültig zugestellt werde, die erste Zustellung maßgebend. Gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. habe eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis habe, ihre bisherige Abgabestelle ändere, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Nach § 9 Abs. 1 leg. cit. habe die Behörde, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt sei, im Falle, daß eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt sei, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle gelte der § 8 leg. cit. für Zustellungsbevollmächtigte sinngemäß. Im vorliegenden Fall sei der zweitbehördliche Bescheid den Beschwerdeführern zweimal zugestellt worden, das erste Mal am 5. April 1989 zu Handen des Rechtsanwaltes Dr. A, das zweite Mal an ihre Privatadresse. Wie bereits dargelegt, hätten sich die Beschwerdeführer noch vor dem Zeitpunkt, an dem die Bezirkshauptmannschaft Schwaz die Zustellung des zweitbehördlichen Bescheides an die Verfahrensparteien vorgenommen habe, erstmals mittels ihres ausgewiesenen Vertreters, des Rechtsanwaltes Dr. A, an die Bezirkshauptmannschaft Schwaz mit einem zum laufenden Verfahren bezüglichen Schriftsatz gewandt. Da auf diesem Schriftsatz nicht nur der Name, sondern auch die Adresse des genannten Rechtsanwaltes vermerkt gewesen sei, sei dieser Schriftsatz als Mitteilung im Sinne des § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Zustellgesetz anzusehen; der zweitbehördliche Bescheid sei daher gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. richtigerweise von der Bezirkshauptmannschaft Schwaz zunächst den Beschwerdeführern zu Handen ihres nunmehrigen Zustellungsbevollmächtigten, des Rechtsanwaltes Dr. A, zugestellt worden. Diese Zustellung sei am 5. April 1989 erfolgt; die zweiwöchige Berufungsfrist gegen den zweitbehördlichen Bescheid habe daher mit Ablauf des 19. April 1989 geendet. Da der gegenständliche Berufungsschriftsatz erst am 3. Mai 1989, somit verspätet, zur Post gegeben worden sei, seien die Berufungen ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen gewesen. Die am 21. April 1989 an die Beschwerdeführer neuerlich vorgenommene Zustellung des zweitbehördlichen Bescheides ändere daran nichts, da gemäß § 6 Zustellgesetz im Falle einer mehrmaligen Zustellung die erste Zustellung maßgeblich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachten sich die Beschwerdeführer in dem Recht auf Entscheidung über ihre Berufungen unter Abstandnahme von dem bezogenen Zurückweisungsgrund verletzt. Sie bringen hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, in dem der Berufung zugrundeliegenden Verfahren sei die Vollmacht des einschreitenden Rechtsanwaltes bis zur Erhebung der Berufung vom 3. Mai 1989 - über die durch den angefochtenen Bescheid durch Zurückweisung abgesprochen werde - nicht ausgewiesen gewesen. Der Sachverhaltsmitteilung vom 8. März 1989 - die die belangte Behörde als Mitteilung im Sinne des § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Zustellgesetz gewertet habe - sei ein solcher Inhalt nicht beizumessen. Es handle sich dabei um keine Verfahrenshandlung im Verfahren zu Zl. 8906/1m-87 der Bezirkshauptmannschaft Schwaz. Tatsächlich sei der Bezirkshauptmannschaft Schwaz damit lediglich mitgeteilt worden, daß der bislang von ihr für aufrecht gehaltene Konzessionsverleihungsbescheid vom 15. Oktober 1970 der mitbeteiligten Partei in sinngemäßer Anwendung des § 80 Abs. 1 GewO 1973 außer Kraft getreten sei und daher die gegenständliche Betriebsanlage ohne aufrechte Betriebsanlagenbewilligung betrieben werde. Im Zeitpunkt der Zumittlung dieser Sachverhaltsmitteilung an die Bezirkshauptmannschaft Schwaz hätten überdies Verfahrensschritte gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Schwaz nicht gesetzt werden können, da, wie in der bezüglichen Mitteilung auch ausdrücklich hingewiesen werde, das Verfahren Zl. 8906/1m-87 der Bezirkshauptmannschaft Schwaz in jenem Zeitpunkt im Berufungsstadium beim Amt der Tiroler Landesregierung anhängig gewesen sei. Überdies - es handle sich ja auch nur um eine Mitteilung - sei keine schriftliche Vollmacht vorgelegt worden. Damit sei jedenfalls im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol, die im Wege der Bezirkshauptmannschaft Schwaz durchzuführen gewesen sei, der einschreitende Rechtsanwalt nicht als Vertreter der Beschwerdeführer in diesem Verfahren ausgewiesen. Wenn sogar die Bescheidzustellung an einen Rechtsanwalt, der den Antrag gestellt, aber keine Vollmacht schriftlich vorgelegt habe, diese Rechtsmittelfrist nicht in Lauf setze (Slg. N.F. Nr. 1367/A), könne die Zustellung an den Einschreiter im vorliegenden Fall umso weniger die Rechtsmittelfrist in Lauf setzen. Der in der Sachverhaltsmitteilung vom 8. März 1989 enthaltene Hinweis auf das Verfahren Zl. 3995/3-89 der Bezirkshauptmannschaft Schwaz sei nicht hinreichend, eine Bevollmächtigung im gegenständlichen Verwaltungsverfahren darzutun - die erst durch die schriftliche Vollmachtsvorlage mit der Berufung vom 3. Mai 1989 erfolgt sei -, da es sich bei dem bezogenen Verfahren nicht um ein früheres Verfahren in der gleichen Sache, sondern um ein gleichzeitiges Verfahren in einer anderen Sache, wenngleich teilweise "mit gleichen" Parteien, handle. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die Sperrstunde der "Y-Bar", Gegenstand des Verfahrens Zl. 3995/3-89 der Bezirkshauptmannschaft Schwaz sei die Hinzunahme weiterer Betriebsräume zu einem Restaurant, also einer anderen Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei. Abgesehen davon, daß die rechtlichen Voraussetzungen für eine Zustellung an den nunmehrigen Einschreiter im April 1989 nicht vorgelegen seien, sei auch der Hinweis auf § 9 Abs. 4 Zustellgesetz nicht völlig verständlich. Diese Bestimmung käme in ihrer Verweisung auf § 8 Abs. 1 Zustellgesetz zur Anwendung, wenn sich die Abgabestelle des Zustellungsbevollmächtigten ändere, was vorliegendenfalls weder vorgekommen sei, noch auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnt werde. Gemeint sei von der belangten Behörde offenbar die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz, die die Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten vorschreibe, jedoch naturgemäß auch ihrer Textierung nach eine solche Zustellvollmacht voraussetze. Eine solche wäre zwar in der Bevollmächtigung des Einschreiters als Parteienvertreter - wie in Ansehung der Berufung vom 3. Mai 1989 im vorliegenden Fall - mitumfaßt, jedoch sei eine solche Bevollmächtigung in einer für das Verwaltungsverfahren hinreichenden Form jedenfalls im Zeitpunkt der Zustellung des zweitbehördlichen Bescheides an den einschreitenden Rechtsanwalt nicht vorgelegen. Sei aber keine Zustellvollmacht gegeben, so könne naturgemäß die Bestimmung des § 9 Zustellgesetz nicht angewendet werden. Im gegenständlichen Verfahren sei daher eine Zustellung an den Einschreiter und nunmehrigen Vertreter der Beschwerdeführer vor dem 3. Mai 1989 unwirksam und habe keine Rechtswirkungen entfalten können. Damit sei eine rechtswirksame Zustellung erst am 21. April 1989 an die Beschwerdeführer persönlich erfolgt, weshalb die Berufungsfrist daher am 5. Mai 1989 geendet und die am 3. Mai 1989 zur Post gegebene Berufung rechtzeitig sei.
Gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz hat die Behörde, wenn eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt ist, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde nicht berechtigt, auch wenn der Gewalthaber in einer Rechtssache eine allgemeine Vollmacht des Machtgebers vorgelegt hat, diesen im Verfahren über andere bereits schwebende oder erst später anhängige Rechtsangelegenheiten als durch den einmal ausgewiesenen Gewalthaber vertreten zu behandeln, es sei denn, daß die Partei ihren Willen, sich in weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmißverständlich zu erkennen gegeben hat (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1986, Zl. 86/03/0073, und die weitere dort zitierte hg. Rechtsprechung).
Der angefochtene Bescheid enthält in Ansehung des von der belangten Behörde als entscheidungsrelevant bezeichneten Schriftsatzes vom 8. März 1989 die Darlegung, daß sich darin "die beschwerdeführenden NM und N erstmals nicht unmittelbar, sondern vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A im laufenden Verfahren" an die Gewerbebehörde gewendet hätten.
Nach der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens - worauf im übrigen die belangte Behörde erst in ihrer Gegenschrift hinwies - ergibt sich, daß der in Rede stehende, "als Sachverhaltsmitteilung" bezeichnete Schriftsatz laut Anführung im Rubrum zur Geschäftszahl des dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden erstbehördlichen Verfahrens erstattet wurde, und daß bei der Vertretungsklausel der Vermerk aufscheint "(Vollmacht ausgewiesen im Verfahren 3995/3-89)". Nach dem Inhalt dieses Schriftsatzes, in dem die Beschwerdeführer eingangs auf den erstbehördlichen Bescheid vom 23. November 1987 und auf die dort zugrunde gelegte Rechtsansicht in Ansehung der Berechtigung der mitbeteiligten Partei zum Betrieb der in Rede stehenden gastgewerblichen Betriebsanlage hinweisen, wird in weiterer Folge zum Ausdruck gebracht, die Beschwerdeführer gingen davon aus, daß die mitbeteiligte Partei im Hinblick auf eine Unterbrechung des Betriebes der gegenständlichen Anlage über eine Berechtigung zu ihrem Betrieb nicht verfüge und daher ihrer Meinung nach verpflichtet sei, ein Betriebsanlagenbewilligungsverfahren zu beantragen. Abschließend enthält der Schriftsatz folgenden Passus:
"Die Einschreiter ersuchen, als Parteien im Betriebsanlagenbewilligungsverfahren von den Schritten der Behörde in Kenntnis gesetzt zu werden."
Unabhängig von der Frage der Rechtserheblichkeit des Verweises auf eine in einem anderen Verfahren erteilte Vollmacht (vgl. hiezu sinngemäß die Darlegungen im
hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1990, Zlen. 88/03/0191, 89/03/0299, 0300) ergibt sich aber aus dem dargelegten Inhalt des Schriftsatzes, insbesondere im Zusammenhalt mit dessen letzten Absatz im Sinne der vordargestellten Rechtslage nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, daß sich die Beschwerdeführer durch den einschreitenden Rechtsanwalt schlechthin in weiteren, insbesondere in dem beschwerdegegenständlichen Verfahren nach § 79 GewO 1973 vertreten lassen wollten.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich im Rahmen des geltend gemachten Kostenersatzanspruches auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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