VwGH 90/04/0002

VwGH90/04/000219.6.1990

N gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 22. November 1989, Zl. 04-25 Se 30-88/1, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973

Normen

GewO 1973 §74 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs1 idF 1988/399;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. November 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, in der Zeit von Oktober 1987 bis 2. März 1988 im Gastgewerbebetrieb in Leoben, A-Straße Nr. X und B-Straße Nr. 1 eine Hackschnitzelheizanlage betrieben zu haben, ohne im Besitz einer behördlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 begangen, weshalb über ihn nach der zitierten Gesetzesstelle eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt wurde. Zur Begründung führte der Landeshauptmann im wesentlichen aus, aus einem näher zitierten Akt gehe eindeutig hervor, daß es durch den Betrieb der Hackschnitzelanlage zu Belästigungen der Nachbarn gekommen sei. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, nach den Angaben der "Erzeugerfirma" sei eine gewerberechtliche Genehmigung der Betriebsanlage nicht erforderlich, sei entgegenzuhalten, die Genehmigungspflicht könne nicht von einem Unternehmen beurteilt werden, sodaß ein Schuldausschließungsgrund nach § 6 VStG 1950 nicht vorliege, weil sich der Beschwerdeführer selbst noch vor Inbetriebnahme der Anlage über die Genehmigungspflicht derselben bei der zuständigen Behörde hätte erkundigen müssen. Es folgen sodann die Strafbemessung betreffende Erwägungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer vor, die gegenständliche Hackschnitzel-Feuerungsanlage sei eine überwiegend nicht gewerblich genutzte Betriebsanlage, da sie überwiegend für die Beheizung von Räumen diene, die nicht gewerblich, sondern privat genutzt würden. Selbst bei überwiegender gewerblicher Nutzung sei eine Genehmigungspflicht nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 nicht erforderlich, sodaß auch aus diesem Grund die Inbetriebnahme nicht strafbar erscheine. Der Beschwerdeführer habe, um diese Frage zu klären, vor mehr als drei Jahren einen Antrag auf Feststellung der "Nichtgenehmigungspflicht" gestellt. Die Entscheidung hierüber sei eine Vorfrage dafür, ob die Inbetriebnahme strafbar sei oder nicht. Solange über den Antrag nicht entschieden sei, könne eine Bestrafung wegen des Betriebes der Hackschnitzelheizanlage ohne behördliche Genehmigung nicht erfolgen.

Die hier anzuwendende Rechtslage stellt sich nach der im Hinblick auf den Tatzeitraum anzuwendenden Fassung der Gewerbeordnung 1973 vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, wie folgt dar:

Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1973 jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der regelmäßigen Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist. Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 dieser Gesetzesstelle genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

Gemäß § 81 leg. cit. bedarf, wenn eine genehmigte Anlage so geändert wird, daß sich neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 ergeben können, auch die Änderung der Anlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.

Nach § 366 Abs. 1 Z. 3 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe (Arreststrafe) zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt. Nach der Ziffer 4 dieser Gesetzesstelle begeht eine derartige Verwaltungsübertretung, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können (vgl. die hg. Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A, und vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11.894/A).

Diesen Anforderungen kommt der Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses, welchen die belangte Behörde durch dessen unveränderte Bestätigung zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhob, insofern nicht nach, als der für die Erfüllung des Tatbestandselementes der Genehmigungspflicht der in Rede stehenden Betriebsanlage maßgebliche Sachverhalt nicht dargestellt ist.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Aus Gründen der Prozeßökonomie wird für das fortgesetzte Verfahren noch auf folgendes hingewiesen:

Als gewerbliche Betriebsanlage ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Gesamtheit jener Einrichtungen anzusehen, die dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind und in örtlichem Zusammenhang stehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1982, Slg. N.F. Nr. 10.675/A). Nach der Umschreibung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde die Hackschnitzelheizanlage vom Beschwerdeführer im Rahmen eines Gastgewerbebetriebes betrieben. Im Hinblick auf die oben gegebene Definition des Begriffes einer gewerblichen Betriebsanlage als der Gesamtheit jener Einrichtungen, die dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind und in örtlichem Zusammenhang stehen, bestehen daher (durch das Beschwerdevorbringen erhärtete) Anhaltspunkte dafür, daß es sich bei der in Rede stehenden Heizanlage nicht um eine selbständige gewerbliche Betriebsanlage handelt, sondern lediglich um einen (von mehreren) Teilen einer der Ausübung des Gastgewerbes dienenden Betriebsanlage.

Das Gesetz unterscheidet, wie oben dargestellt, zwischen dem strafbaren Tatbestand der genehmigungslosen Errichtung oder des genehmigungslosen Betriebes einer (selbständigen) genehmigungspflichtigen Betriebsanlage und der genehmigungslosen Änderung oder des Betriebes einer genehmigungspflichtig geänderten Betriebsanlage. Es wäre daher Sache der belangten Behörde gewesen, Feststellungen darüber zu treffen, ob es sich bei der in Rede stehenden Heizanlage tatsächlich um eine selbständige Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1973 handelt, sodaß deren genehmigungsloser Betrieb (bei vorliegender Genehmigungspflicht) den Tatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 zu erfüllen geeignet ist, oder ob es sich dabei um einen Teil der der Ausübung des Gastgewerbes gewidmeten Betriebsanlage des Beschwerdeführers handelt, deren Errichtung eine Änderung dieser Betriebsanlage bedeutet, sodaß im Falle des genehmigungslosen Betriebes der Anlage bei bestehender Genehmigungspflicht der Änderung der Tatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 erfüllt wäre.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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