VwGH 90/03/0124

VwGH90/03/012419.9.1990

N gegen Steiermärkische Landesregierung vom 27. November 1989, Zl. 11-74 Pu 18-89, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Normen

VStG §49 Abs1;
VStG §49 Abs2;
VStG §49 Abs1;
VStG §49 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 10. August 1989, mit der über den Beschwerdeführer wegen der von ihm am 13. Juli 1989 als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe 36 Stunden) verhängt wurde, erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 23. August 1989 Berufung, die er wie folgt begründete:

1) Die Festsetzung der Geldstrafe mit S 1.000,-- berücksichtigt meine Einkommensverhältnisse nicht, diese wurden nicht erhoben. Die Strafverfügung ist daher mangelhaft. Ich befinde mich im persönlichen Konkurs und lebe mit meiner 6-köpfigen Familie von Notstandshilfe.

2) Die Festsetzung einer Ersatzarreststrafe ist verfassungswidrig, da sowohl nach B-VG, als auch gem. MRK Freiheitsstrafen nur nach vorangegangener gerichtlicher Entscheidung verhängt werden dürfen. Das Verwaltungsstrafrecht ist verfassungswidrig.

3) Die Strafverfügung ist nicht mir, sondern meinem Masseverwalter XY, zuzustellen, da dieser über vermögensrechtliche Angelegenheiten in meinem Konkurs nnn, entscheidet.

4) Aus diesen Gründen beantrage ich die Aufhebung der Strafverfügung und Zustellung an XY."

Am 25. September 1988 erklärte der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vor dem Marktgemeindeamt Z, daß er grundsätzlich den ihm zur Last gelegten Tatbestand nicht bestreite, aber seinen Einspruch gegen die Höhe der Strafe sowie auch die sonstigen Ausführungen seiner Berufung aufrecht erhalte.

Mit Bescheid vom 27. November 1989 wies die Steiermärkische Landesregierung den "Einspruch" des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 10. August 1989 ab und führte in der Begründung des Bescheides dazu aus, daß der "Einspruch" des Beschwerdeführers sich nur gegen das Strafausmaß richte und daher als Berufung gemäß § 49 Abs. 2 VStG anzusehen sei. Der Berufung komme jedoch keine Berechtigung zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst wird zum Vorbringen in der Beschwerde, der Beschwerdeführer habe wegen seiner Bedenken "gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 99 Abs. 3 lit. a StVO und des Verwaltungsstrafgesetzes in Bezug auf die Verhängung von Freiheitsstrafen in Form von Ersatzarreststrafen" den mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Bescheid auch vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten, und zu der in diesem Zusammenhang vorgetragenen Anregung, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß Art. 140 B-VG einen entsprechenden Antrag an den Verfassungsgerichtshof aus den von ihm in seiner Verfassungsgerichtshofbeschwerde, von der er eine Abschrift der vorliegenden Beschwerde anschloß, angeführten Gründen stellen, bemerkt, daß der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 11. Juni 1990, B 45/90-12, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt hat. In Hinsicht auf diesen Beschluß und die darin angeführte weitere Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1981, Slg. 9158, sowie das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Mai 1987, Slg. Nr. 12466/A, ferner das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1989, Zl. 89/03/0145) sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht zu einer Antragstellung im Sinne der Anregung des Beschwerdeführers an den Verfassungsgerichtshof veranlaßt, zumal der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt, sondern lediglich auf sein Vorbringen in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof Bezug genommen hat.

Der Beschwerdeführer meint - abgesehen davon, daß unter Punkt 4 seiner Eingabe vom 23. August 1989 ausdrücklich die Aufhebung der Strafverfügung und nicht etwa die Herabsetzung der ausgesprochenen Strafe beantragt werde -, daß seine Ausführungen, es sei die Festsetzung einer Ersatzarreststrafe verfassungswidrig, da sowohl nach dem B-VG als auch gemäß MRK Freiheitsstrafen nur nach vorangehender gerichtlicher Entscheidung verhängt werden dürfen, und es sei das Verwaltungsstrafrecht verfassungswidrig, jedenfalls als Einwendungen dem Grunde nach anzusehen seien, weshalb das ordentliche Verfahren einzuleiten gewesen wäre. Daß die genannte Eingabe fehlerhaft als Berufung von ihm bezeichnet worden sei, könne ihm nicht zum Nachteil gereichen.

Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 49 Abs. 2 VStG ist der Einspruch, wenn mit ihm ausdrücklich nur das Ausmaß der auferlegten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten in Beschwerde gezogen wird, als Berufung anzusehen und der Berufungsbehörde vorzulegen. Es ist zwar richtig, daß es für die Beurteilung der Frage, ob eine gegen eine Strafverfügung gerichtete Eingabe als Einspruch im Sinne des § 49 Abs. 1 VStG oder als Berufung gemäß § 49 Abs. 2 leg. cit. zu werten ist, nicht allein auf die Bezeichnung der Eingabe ankommt, sondern daß der Inhalt dieses Rechtsmittels in seiner Gesamtheit dafür maßgebend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, daß der Bestrafte auch den Schuldspruch bekämpft hat. Für das Vorliegen eines auch den Schuldspruch umfassenden Einspruches bieten aber die Verwaltungsstrafakten im Beschwerdefall entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keinen Anhaltspunkt. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer den ihm zur Last gelegten Tatbestand ausdrücklich unbestritten ließ, wie der mit ihm im Marktgemeindeamt Z am 25. September 1989 aufgenommenen Niederschrift zu entnehmen ist, besteht in Ansehung der über den Beschwerdeführer mit Strafverfügung vom 10. August 1989 verhängten Geldstrafe selbst nach dem Inhalt der Eingabe des Beschwerdeführers vom 23. August 1989 kein Zweifel, daß damit ausdrücklich nur die Strafhöhe bekämpft wird. Das zur Ersatzarreststrafe in dieser Eingabe erstattete Vorbringen richtet sich gegen die Zulässigkeit dieser Strafe, weil die Festsetzung einer Ersatzarreststrafe und das Verwaltungsstrafrecht verfassungswidrig seien. Diese nach dem Vorgesagten im übrigen nicht berechtigten Bedenken gegen das Verwaltungsstrafgesetz "in bezug auf die Verhängung von Freiheitsstrafen in Form von Ersatzarreststrafen" haben ebenfalls nur die Strafe, und zwar die Art der Strafe als Ersatzarreststrafe, zum Gegenstand und stellen solcherart entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine auch den Schuldspruch einschließende Einwendungen dem Grunde nach dar. Ausgehend vom Inhalt der Eingabe vom 23. August 1989 ist schließlich der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung der Strafverfügung bloß in dem Sinne zu verstehen, daß von der Festsetzung einer Geldstrafe überhaupt oder in der ausgesprochenen Höhe und von der Festsetzung einer Ersatzarreststrafe abgesehen werden möge.

Wenn die belangte Behörde bei diesem Sachverhalt die vom Beschwerdeführer als Berufung gegen die Strafverfügung vom 10. August 1989 bezeichnete Eingabe vom 23. August 1989 als Berufung im Sinne des § 49 Abs. 2 VStG wertete und darüber mit dem angefochtenen Bescheid entschied, vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegenzutreten. Die behaupteten Rechtswidrigkeiten haften demnach dem angefochtenen Bescheid nicht an, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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