Normen
AVG §13 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art8;
VwRallg;
AVG §13 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art8;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 3. Mai 1989, ihn als Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes anzuerkennen. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien stellte mit Bescheid vom 12. Juni 1989 gemäß § 1 Asylgesetz fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling ist; gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die er in türkischer Sprache verfaßt hat.
Mit Schreiben der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. August 1989 wurde unter anderem der Beschwerdeführer aufgefordert, die "Berufung binnen einer Woche nach Erhalt dieses Schreibens neuerlich unter Beifügung einer Übersetzung in deutscher Sprache vorzulegen, widrigenfalls das gegenständliche Schreiben nicht in Verhandlung genommen wird". Innerhalb der gesetzten Frist brachte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bei der zuvor genannten Behörde einen am 16. August 1989 der Post übergebenen Antrag ein, die mit Auftrag vom 7. August 1989 eingeräumte Frist um drei Wochen zu erstrecken. Er begründete den Antrag im wesentlichen damit, daß die Frist zu kurz bemessen sei, um während der Urlaubszeit die Berufungsschrift übersetzen zu lassen. Diesen Antrag legte die Bundespolizeidirektion Wien mit Schreiben vom 28. August 1989 der belangten Behörde vor, bei der er am 31. August 1989 eingegangen ist. Bereits mit Schriftsatz vom 29. August 1989 übermittelte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der Sicherheitsdirektion eine Übersetzung der Berufungsschrift.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. August 1989 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG 1950 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz habe der Beschwerdeführer eine Berufungsschrift in seiner Muttersprache abgefaßt. Da, gestützt auf Art. 8 B-VG, die deutsche Sprache Staatssprache der Republik Österreich sei, seien schriftliche sowie mündliche Anbringen grundsätzlich in deutscher Sprache zu formulieren. Der Beschwerdeführer sei daher am 26. Juli 1989 durch das Bundesministerium für Inneres telefonisch und am 9. August 1989 durch die Sicherheitsdirektion für Wien als "Berufungseinbringungsbehörde" schriftlich aufgefordert worden, innerhalb einer Frist von einer Woche seinen Berufungsantrag in deutscher Sprache beizubringen. Gleichzeitig sei dem Beschwerdeführer schriftlich zur Kenntnis gebracht worden, daß seine Berufung, wenn er dem Verbesserungsauftrag nicht nachkomme, keine Berücksichtigung finden könne. Da "seitens des Beschwerdeführers" keine Vorlage der Berufung mit deutscher Übersetzung erfolgt sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Dieser Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 7. September 1989 zugestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf meritorische Erledigung über die von ihm am 19. Juni 1989 eingebrachte Berufung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist eine Berufung nicht in deutscher Sprache abgefaßt, so stellt dies einen nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 verbesserungsfähigen Mangel dar. Die nach dieser Gesetzesstelle von der Behörde gesetzte Frist zur Vorlage einer Übersetzung der Berufungsschrift muß angemessen sein. Nun hat der Beschwerdeführer drei Wochen vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides einen Fristerstreckungsantrag gestellt, in dem er die Unangemessenheit der gesetzten Frist einsichtig dargelegt hat. Wenn auch das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz keine Verpflichtung kennt, über einen Antrag zur Verlängerung der nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 gesetzten Frist in förmlicher Weise abzusprechen (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 27. Jänner 1975, Zl. 304/73 und vom 23. Mai 1979, Zl. 398/79), so wäre die belangte Behörde dennoch verpflichtet gewesen, in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Frage der Angemessenheit der Frist einzugehen, zumal eine einwöchige Frist zur Beibringung einer Übersetzung während der Urlaubszeit eher knapp bemessen ist. Abgesehen davon ist die Behörde, selbst wenn die Partei einem Verbesserungsauftrag der Behörde nicht innerhalb der gesetzten Frist, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, aber noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides entspricht, zufolge eines dann ordnungsgemäß belegten Antrages nicht mehr berechtigt, mit Zurückweisung vorzugehen (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 13. Mai 1986, Zl. 83/05/0206, 0209). Der Umstand, daß die bei der Behörde erster Instanz einzubringenden und eingebrachten Schriftsätze des Beschwerdeführers (vom 16. August und 29. August 1989) von dieser erst nach Abfassung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vorgelegt worden sind, ist hiebei ohne rechtliche Bedeutung, ist doch der angefochtene Bescheid erst am 7. September 1989 zugestellt worden.
Die belangte Behörde hat sohin den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)