VwGH 89/17/0269

VwGH89/17/026923.5.1990

OW und FW gegen Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz vom 9. November 1989, Zl. A 8-K-94/1989-5, betreffend Aufschließungsbeitrag

Normen

GO GdR Graz 1968 §19 Abs4;
GO GdR Graz 1968 §19 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 30. März 1989 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968 in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 12. Dezember 1983 aus Anlaß der Baubewilligung vom 23. Jänner 1989 für eine näher bezeichnete Liegenschaft ein Aufschließungsbeitrag von S 51.124,-- vorgeschrieben.

Mit dem namens des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom Magistrat ausgefertigten Berufungsbescheid vom 9. November 1989 wurde der dagegen erhobenen Berufung gemäß § 213 der Steiermärkischen LAO teilweise Folge gegeben und der Aufschließungsbeitrag mit S 33.918,-- festgesetzt.

Nach der Aktenlage erging dieser Berufungsbescheid (nach Befassung des zuständigen Berufungsausschusses des Gemeinderates) in Handhabung des § 19 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz ohne förmlichen, auf einer Abstimmung beruhenden Beschluß des Kollegiums durch (bloße) Auflage des Geschäftsstückes zur Einsicht durch die Mitglieder des Gemeinderates. Gegenteiliges wird auch nicht - trotz Hinweises in der Berichterverfügung vom 3. April 1990 auf das noch zu erwähnende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1990 - in der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift behauptet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Am 4. Dezember 1989 hat der Verfassungsgerichtshof in den bei ihm zu den Zlen. B 1747/88 und B 1856/88 anhängigen Rechtssachen den Beschluß gefaßt, gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG von Amts wegen die Gesetzmäßigkeit des § 19 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz zu prüfen.

Da auch der Verwaltungsgerichtshof Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogenen Bestimmung der Geschäftsordnung hatte, stellte er mit Beschluß vom 19. Jänner 1990 in der vorliegenden Beschwerdesache an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 19 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz (Beschluß des Gemeinderates vom 24. Oktober 1968, GZ. Präs. 314/4-1968; kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 8/1969) als gesetzwidrig aufzuheben.

Der Verfassungsgerichtshof hat in der Folge mit Erkenntnis vom 2. März 1990, Zlen. V 116-132/89-5, V 97-109/90-5, V 112-149/90-5, § 19 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz (Beschluß des Gemeinderates vom 24. Oktober 1968, GZ. Präs 314/4-1968; kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 8/1969) als gesetzwidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des 31. August 1990 in Kraft tritt. Gleichzeitig wurde die Steiermärkische Landesregierung verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.

Angesichts dieser gemäß Art. 139 Abs. 6 letzter Satz B-VG auf den Beschwerdefall zurückwirkenden Aufhebung jener Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof, auf deren Grundlage der angefochtene Bescheid zustandegekommen ist, ist dieser als von einem unzuständigen Organ erlassen anzusehen, weil ihm kein rechtmäßig zustandegekommener Kollegialbeschluß des Gemeinderates zugrundeliegt (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1982, Slg. N. F. Nr. 10.846/A). Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2. Die Umsatzssteuer ist im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen.

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