VwGH 89/15/0154

VwGH89/15/01548.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 1. September 1989, Zl. 1190-2/89, betreffend Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für Juni 1988, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1972 §18 Abs1;
UStG 1972 §18 Abs2;
UStG 1972 §18 Abs8;
UStG 1972 §6 Z1;
UStG 1972 §7 Abs1 Z3;
UStG 1972 §18 Abs1;
UStG 1972 §18 Abs2;
UStG 1972 §18 Abs8;
UStG 1972 §6 Z1;
UStG 1972 §7 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer am 16. September 1988 durchgeführten Umsatzsteuernachschau betreffend den Voranmeldungszeitraum Juni 1988 wurde festgestellt, daß die Bücher der Beschwerdeführerin nur bis 31. Mai 1988 geführt worden waren. Der Prüfer vertrat die Auffassung, daß wegen Fehlens buchmäßiger Aufzeichnungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 2 UStG 1972 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen nicht gegeben seien. Der Prüfer stellte ferner fest, daß in den Voranmeldungszeiträumen Jänner bis Juni 1988 in keinem Monat die Beträge der Buchhaltung mit jenen der Voranmeldung übereingestimmt hätten. Im Voranmeldungszeitraum Jänner 1988 hätten in der Buchhaltung nur Exportumsätze in der Höhe von S 1,764.353,-- festgestellt werden können; in der Voranmeldung für diesen Zeitraum habe die Beschwerdeführerin jedoch Exportumsätze in der Höhe von S 3,151.000,-- ausgewiesen. Der Prüfer vertrat die Auffassung, daß wegen Fehlens buchmäßiger Aufzeichnungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 für den Voranmeldungszeitraum Juni 1988 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen nicht gegeben seien. Das Finanzamt setzte dieser Auffassung des Prüfers folgend Umsatzsteuervorauszahlungen für den Monat Juni 1988 fest.

Mit der dagegen erhobenen Berufung begehrte die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und Ausfuhrumsätze von S 798.500,-- als steuerfrei zu behandeln. Sie führte aus, sie habe im Juni 1988 fünf Viehexportgeschäfte getätigt. Für diese lägen die Ausfuhrbewilligungen und Ausfuhrpapiere mit den zollamtlichen Austrittsbestätigungen vor. Bei Prüfungsbeginn am 16. September 1988 seien in der handelsrechtlichen Buchhaltung der Beschwerdeführerin die Geschäftsvorfälle bis zum 31. Mai 1988 erfaßt gewesen. Der Monat Juni sei noch nicht verbucht gewesen. Dennoch sei der buchmäßige Nachweis erbracht, da darunter nicht nur die Eintragung in die Bücher im Sinne des Handelsgesetzbuches, also die Sachbuchhaltung im engeren Sinn, gemeint sein könne. Die Beschwerdeführerin führe für die Erfassung der Verwertungszuschüsse ein gebundenes Buch, in dem die Ausfuhrlieferungen monatlich getrennt erfaßt würden. Diese Aufzeichnung werde fortlaufend, zusammenhängend, lückenlos und zeitnah geführt. In dem Buch würden das Datum der Lieferung, der ausländische Abnehmer, die Stückanzahl pro Lieferung, der Verwertungszuschuß und die Stammscheinnummern je Vieheinheit verzeichnet. Das Lieferungsentgelt sei darin nicht erfaßt. Dieses hätte aber durch die Addition von fünf Positionen aus den Ausgangsrechnungen ermittelt werden können. Es sei somit eine Aufzeichnung vorgelegen, aus der im Zusammenhang mit den fünf Ausgangsrechnungen die Ausfuhrlieferungen leicht überprüft hätten werden können.

Die Beschwerdeführerin legte ihrer Berufung eine Ablichtung mit dem Titel "Juni 1988 Export" bei, die folgende Eintragungen aufweist:

7. F Sxxx 20 VZ 95.200,-- 20 Stück

22. F Sxxx 18 VZ 90.000,-- 18 Stück

22. Haus M , 10 VZ 50.000,-- 10 Stück

29. F Sxxx 17 VZ 99.000,-- 17 Stück

29. Fritz K

Riedlingen-Bechingen, 11 VZ 57.000,-- 11 Stück

Summe VZ 391.200,-- 76 Stück

 

Sie legte weiters fünf an Abnehmer in Italien und der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Fakturen vom 7., 22. und 29. Juni 1988 vor, die Beträge von S 244.000,--, S 150.000,--, S 80.000,--, S 242.000,-- und S 82.500,-- ausweisen.

Mit dem angefochtenen Becheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte sie begründend im wesentlichen aus, der Buchnachweis könne nur von jenem Unternehmer erbracht werden, der zumindest für jene Umsätze, für die er die Steuerfreiheit in Anspruch nehme, der Aufzeichnungspflicht nach § 18 Abs. 1 und 2 UStG 1972 nachgekommen sei. Die Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin enthielten schon deshalb nicht die in § 18 Abs. 2 UStG 1972 geforderten Merkmale, weil die Beschwerdeführerin die Entgelte nicht eingetragen habe.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 28. November 1989, Zl. B 1251/89). Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ausfuhrlieferungen im Sinne des § 7 UStG 1972 sind gemäß § 6 Z. 1 UStG 1972 steuerfrei.

Gemäß § 7 UStG 1972 in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung liegt eine Ausfuhrlieferung im Sinne des § 6 Z. 1 dieses Gesetzes nur vor, wenn

1. der Unternehmer das Umsatzgeschäft, das seiner Lieferung zu Grunde liegt, mit einem ausländischen Abnehmer abgeschlossen hat,

2. der Gegenstand in Erfüllung dieses Umsatzgeschäftes in das Ausland befördert oder versendet worden ist,

3. diese beiden Voraussetzungen buchmäßig (§ 18 Abs. 8) nachgewiesen sind,

4. die Versendung oder Beförderung in das Ausland gemäß den Vorschriften der Abs. 2, 3 und 5 nachgewiesen wurde.

Der oben zu 3. genannte Buchnachweis ist (ebenso wie der Ausfuhrnachweis) nach ständiger Rechtsprechung und Lehre eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, ist die Steuerfreiheit selbst dann zu versagen, wenn die übrigen sachlichen Voraussetzungen gegeben sind (vgl. das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/15/0077, und die darin zitierte Lehre und Rechtsprechung).

§ 18 Abs. 8 UStG 1972 bestimmt, daß die dem buchmäßigen Nachweis dienenden Bücher oder Aufzeichnungen im Inland zu führen und mit den dazugehörigen Belegen im Inland aufzubewahren sind; die nachzuweisenden Voraussetzungen müssen daraus leicht nachprüfbar zu ersehen sein.

Die Beschwerdeführerin regt zunächst an, der Verwaltungsgerichtshof möge die präjudiziellen Normen des Umsatzsteuergesetzes (offenbar § 7 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 8 UStG 1972) beim Verfassungsgerichtshof anfechten. Sie vertritt die Auffassung, es sei kraß systemwidrig und ein verfassungswidriger, weil gleichheitswidriger, überspitzter Formalismus, daß der Gesetzgeber den Buchnachweis ebenso wie den Ausfuhrnachweis als materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen normiert hat.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vorliegenden Beschwerde unter Hinweis auf die Möglichkeiten des Gesetzgebers, innerhalb seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen, und unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 23. September 1982, VfSlg. 9478/1982, abgelehnt. Im erwähnten Erkenntnis über eine Beschwerde gegen einen auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 8 UStG 1972 ergangenen Bescheid führte der Verfassungsgerichtshof aus, gegen die gesetzlichen Grundlagen des angefochtenen Bescheides seien keine verfassungsrechtlichen Bedenken entstanden. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die hier anzuwendenden Vorschriften ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Er sieht sich daher nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag im Sinne des Art. 140 B-VG zu stellen.

Auf einfachgesetzlicher Ebene macht die Beschwerdeführerin zunächst geltend, es stehe auch für die belangte Behörde fest, daß die Beschwerdeführerin die fraglichen fünf Ausfuhrlieferungen tatsächlich durchgeführt habe. Damit verkennt die Beschwerdeführerin, daß der buchmäßige Nachweis im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 3 und des § 18 Abs. 8 UStG 1972, wie schon dargelegt wurde, eine materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerfreiheit darstellt. Die Steuerfreiheit tritt daher nicht ein, wenn zwar die oben unter 1. und 2. genannten Voraussetzungen, nicht aber der unter 3. genannte buchmäßige Nachweis vorliegen.

Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, der buchmäßige Nachweis ergebe sich aus ihrem "Viehbuch", das eine "exakte Aufzeichnung aller Ausfuhrgeschäfte" enthalten habe, und den dem "Viehbuch" beigelegten fünf Rechnungen, deren ziffernmäßiger Saldo durch eine einfache Addition von fünf Zahlen zu ermitteln gewesen wäre. Eine "vollwertige Umsatzsteuerbuchhaltung" werde für den buchmäßigen Nachweis vom Gesetzgeber mit gutem Grund nicht verlangt.

Unter den gemäß § 18 Abs. 8 UStG 1972 nachzuweisenden Voraussetzungen sind im Falle des § 6 Z. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 UStG 1972 (steuerfreie Ausfuhrlieferung) der Abschluß des der Ausfuhrlieferung zu Grunde liegenden Umsatzgeschäftes mit einem ausländischen Abnehmer und die Versendung des Gegenstandes der Lieferung in das Ausland in Erfüllung dieses Umsatzgeschäftes zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/15/0077, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Der buchmäßige Nachweis kann nur von jenem Unternehmer erbracht werden, der zumindest für jene Umsätze, für die er die Steuerfreiheit in Anspruch nimmt, der Aufzeichnungspflicht im Sinne des § 18 Abs. 1 und 2 UStG 1972 nachgekommen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1986, Slg. 6144/F). Nach den genannten Gesetzesstellen ist der Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung im Inland Aufzeichnungen zu führen (§ 18 Abs. 1 UStG 1972). Der Aufzeichnungspflicht ist gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle genügt, wenn unter anderem sämtliche Entgelte für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen fortlaufend, unter Angabe des Tages, derart aufgezeichnet werden, daß zu ersehen ist, wie sich die Entgelte auf die Steuersätze verteilen und welche Entgelte auf steuerfreie Umsätze entfallen.

Der Buchnachweis ist durch Bücher oder Aufzeichnungen in Verbindung mit Belegen zu führen (vgl. § 18 Abs. 8 UStG 1972 erster Satz); eine Belegsammlung reicht für sich allein nicht als Buchnachweis aus (vgl. Rau - Dürrwächter - Flick - Geist, Umsatzsteuergesetz5, § 6 Anm 173).

Als buchmäßiger Nachweis für Ausfuhrlieferungen können somit nur auf entsprechende Belege bezogene und zeitnah geführte Aufzeichnungen angesehen werden, die leicht nachprüfbare Angaben über den Gegenstand der Lieferung, den Abnehmer, das Entgelt sowie Ausfuhr und Lieferung enthalten. Das von der Beschwerdeführerin als buchmäßiger Nachweis angesehene "Viehbuch" enthält jedoch lediglich die Kurzbezeichnungen der Abnehmer (ohne Hinweis auf deren Ausländereigenschaft), Stückzahlen (ohne Angaben über den Gegenstand der Lieferung) und mit "VZ" bezeichnete, im vorliegenden Zusammenhang nicht relevante Beträge, aber weder Angaben über die vereinbarten Entgelte noch über die Ausfuhr bzw. Lieferung. Der Hinweis der Beschwerdeführerin, daß diese Angaben (in Wahrheit nur teilweise) den Belegen entnommen werden könnten, ist nicht zielführend, weil der buchmäßige Nachweis, wie schon dargelegt wurde, nicht allein mit Hilfe einer Belegsammlung geführt werden kann; den "Aufzeichnungen" der Beschwerdeführerin ist aber ein Teil der für den buchmäßigen Nachweis unerläßlichen Angaben nicht zu entnehmen.

Im vorliegenden Fall war es auch nicht möglich, die einzelnen Ausfuhrumsätze bis zu den Buchaufzeichnungen zurückzuverfolgen, da die Beschwerdeführerin solche für den strittigen Zeitraum nicht geführt hat.

Darin, daß die belangte Behörde die "Zielsetzung des behaupteten gesetzgeberischen Willens" nicht dargelegt hat, liegt schon deshalb nicht der behauptete Begründungsmangel, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit die Beschwerdeführerin dadurch an der Verfolgung ihrer Rechte gehindert worden wäre.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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