Normen
AusgleichsO §48;
AusgleichsO §53 Abs1;
AusgleichsO §53 Abs2;
AusgleichsO §53;
BAO §7 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
KO idF vor 1. 7. 2010 §151;
KO idF vor 1. 7. 2010 §156 Abs1;
KO idF vor 1. 7. 2010 §156 Abs2;
KO idF vor 1. 7. 2010 §156;
LAO Wr 1962 §5 Abs1;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;
AusgleichsO §48;
AusgleichsO §53 Abs1;
AusgleichsO §53 Abs2;
AusgleichsO §53;
BAO §7 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
KO idF vor 1. 7. 2010 §151;
KO idF vor 1. 7. 2010 §156 Abs1;
KO idF vor 1. 7. 2010 §156 Abs2;
KO idF vor 1. 7. 2010 §156;
LAO Wr 1962 §5 Abs1;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Geschäftsführer der X Gesellschaft m.b.H. Über das Vermögen der Gesellschaft wurde am 18. März 1987 der Konkurs eröffnet (9 S nn/nn des Handelsgerichtes Wien).
Mit Haftungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 5. Juni 1987 wurde die Beschwerdeführerin als Haftungspflichtige gemäß §§ 7, 54 WAO für die in der Zeit von Juni bis Dezember 1986 bei der Gesellschaft fällig gewordene Lohnsummensteuer von S 30.000,-- in Anspruch genommen.
In der gegen den Haftungsbescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, der Vorwurf, daß sie keine Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen habe, treffe nicht zu, weil über ihren Antrag Ratenzahlung bewilligt worden sei. Bis zur Konkurseröffnung habe sie die vorgeschriebenen Raten auch bezahlt.
Die Abgabenbehörde wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab.
Am 24. März 1989 stimmten die Gläubiger einem Zwangsausgleichsantrag der Gesellschaft zu. Der Zwangsausgleich wurde am 4. Mai 1989 durch das Handelsgericht Wien bestätigt und in der Folge von der Gesellschaft erfüllt; diese bezahlte auch die Quote von 20 % der in Haftung gezogenen Abgabenschuld.
In ihrem Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Beschwerdeführerin aus, sie könne wegen des am 24. März 1988 angenommenen Ausgleiches nicht in Anspruch genommen werden. Die Einbringlichkeit des Abgabenrückstandes in der anerkannten Höhe sei nicht gefährdet.
Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den Haftungsbescheid dahin ab, daß die Haftung - im Hinblick auf die von der Primärschuldnerin geleistete Zahlung - auf den Betrag von S 22.975,20 eingeschränkt wurde. Im übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab. Sie führte aus, es lägen alle Voraussetzungen der Haftung vor. Die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung gegenüber der Gesellschaft stehe fest, da diese nach Leistung der Quote von 20 % im Rahmen des Ausgleichsverfahrens für den Restbetrag nicht zwangsweise herangezogen werden könne. Die Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin ergebe sich aus der Nichtbeachtung der Vorschrift des § 28 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz 1953, wonach die Lohnsummensteuer für einen Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Monates fällig sei. Die Beschwerdeführerin hätte für die fristgerechte Entrichtung der Lohnsummensteuer für den Zeitraum Juni 1986 bis Dezember 1986 Sorge tragen müssen. Ihrer Verpflichtung, nachzuweisen, daß ihr die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen sei, sei die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen.
Die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird, richtet sich gegen den die Berufung abweisenden Teil dieses Bescheides.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, nicht nach § 7 WAO für eine nach § 156 KO getilgte Lohnsummensteuerschuld zur Haftung herangezogen zu werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 WAO haften die in den §§ 54 ff WAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 54 Abs. 1 WAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen; sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, § 7 WAO komme im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, weil diese Vorschrift eine Haftung der Vertreter nur neben den durch sie vertretenen Abgabenpflichtigen für die diese treffenden Abgaben, soweit sie infolge schuldhafter Pflichtverletzung der Vertreter nicht eingebracht werden könnten, begründe. Nach einem Zwangsausgleich sei die Lohnsummensteuerschuld der Gesellschaft aber nicht uneinbringlich geworden (wie sonst in einem Konkurs), sondern gemäß § 156 KO mit der rechtzeitigen Zahlung der Quote kraft Gesetzes getilgt. Damit sei auch die Vertreterhaftung erloschen, da diese nur neben der Abgabenschuld des Abgabepflichtigen und nur, soweit sie diesen treffe, nicht aber darüber hinaus bestehe.
Damit verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage. Durch die - im vorliegenden Fall vor Annahme und Bestätigung des Zwangsausgleiches erfolgte - Erlassung des Haftungsbescheides wird der Haftende zum Gesamtschuldner gemäß § 5 Abs. 1 WAO (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. April 1988, Zl. 85/17/0062). Gemäß § 151 KO und § 48 AO können die Rechte der (Konkurs-)gläubiger gegen Bürgen oder Mitschuldner des (Gemein-)schuldners sowie gegen Rückgriffsverpflichtete ohne ausdrückliche Zustimmung des Berechtigten durch den Ausgleich nicht beschränkt werden. Die Haftung der Mitverpflichteten wird somit durch den Ausgleich nicht eingeschränkt (vgl. OGH SZ 40/121; Petschek - Reimer - Schiemer, Insolvenzrecht 644; Wegan, Insolvenzrecht 272). Die in § 156 KO und § 53 AO angeordnete, in der Befreiung von der Verbindlichkeit, den Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen, bestehende Rechtswirkung des Ausgleiches tritt daher, wie sich schon aus dem Wortlaut der zuletzt zitierten Vorschriften ergibt, nur in der Person des (Gemein-)schuldners ein. Die Beschwerdeführerin kann daher die durch den Ausgleich bewirkte Befreiung des Primärschuldners von der Abgabenverbindlichkeit nicht für sich in Anspruch nehmen.
Auch mit ihren Ausführungen, die Primärschuldnerin setze derzeit nach Erfüllung des Zwangsausgleiches ihre werbende Tätigkeit wieder fort und sei durchaus zahlungsfähig, weshalb von einer Uneinbringlichkeit der Abgabe nicht die Rede sein könne, verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage. Maßgeblich ist nicht, ob die Primärschuldnerin derzeit zahlungsfähig ist, sondern, ob jene Abgabe, für die die Haftung der Beschwerdeführerin in Anspruch genommen wird, bei der Primärschuldnerin (allenfalls zwangsweise) eingebracht werden kann. Dies ist jedoch betreffend den die Quote des Zwangsausgleiches übersteigenden Teil der Abgabenschuld angesichts der bereits erörterten Rechtswirkung des Zwangsausgleiches nicht der Fall.
Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, ihre Rechtsauffassung sei bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes die einzig vertretbare. Es würde nämlich gegen das auch den Gesetzgeber bindende verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot verstoßen, wenn im Falle eines Zwangsaugleiches ein Einzelunternehmer nur die Quote der Abgabe bezahlen müßte und darüber hinaus befreit wäre, bei einer juristischen Person hingegen sich die Abgabenbehörde trotz des Zwangsausgleiches den Ausfall im Wege der Vertreterhaftung holen könnte, dieser aber dann über den Regreß des Vertreters (§ 896 ABGB) erst wieder dem befreiten Abgabenschuldner zur Last fiele. Damit hinge es in unsachlicher und daher infolge Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot verfassungswidriger Weise von der Rechtsform des Abgabenschuldners ab, ob er durch einen Zwangsausgleich weitgehend von der Abgabenschuld befreit werde oder nicht.
Diese Überlegungen sind bei der dargelegten Rechtslage nicht zielführend. Der von der Beschwerdeführerin angestellte Vergleich geht überdies schon deshalb von falschen Voraussetzungen aus, weil außer acht gelassen wird, daß der Regreß der Mitverpflichteten gegen den Ausgleichs(bzw. Gemein-)schuldner nicht durch § 896 ABGB, sondern durch die hiezu im Verhältnis der lex specialis stehende Vorschrift des § 156 Abs. 2 KO (bzw. § 53 Abs. 2 AO) geregelt wird. Die zuletzt zitierten Vorschriften befreien den Ausgleichs(bzw. Gemein-)schuldner in der in § 156 Abs. 1 KO (bzw. § 53 Abs. 1 AO) angeordneten Weise auch gegenüber den Bürgen und anderen Rückgriffsberechtigten. Die Mitverpflichteten, die Zahlungen an Gläubiger geleistet haben, können gegen den Schuldner nur gemäß dem Ausgleichsinhalt Regreß nehmen (Bartsch - Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4, Rz 154; Wegan aaO 272). Juristische Personen werden somit durch einen (Zwangs-)Ausgleich in gleicher Weise - ohne Beschränkung durch die Ausgleichsquote übersteigende Regreßforderungen allfälliger Mitverpflichteter - von ihren Abgabenschulden befreit wie natürliche Personen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründe sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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