VwGH 89/15/0036

VwGH89/15/00367.5.1990

Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat für Körperschaften) vom 25. Jänner 1989, Zl. 6/2-2118/1/84, betreffend Umsatzsteuer 1979 bis 1982:

Normen

GaragenG Wr 1957 §36;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §3 Abs14;
GaragenG Wr 1957 §36;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §3 Abs14;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer im Jahre 1983 durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer einem Teil seiner Dienstnehmer für deren Privat-PKW Abstellplätze in der im Verwaltungsgebäude des Beschwerdeführers in Wien, gelegenen Tiefgarage zur Verfügung stellt. Ein besonderes Entgelt wird dafür nicht eingehoben. Ausgehend von der Auffassung der Prüfer, dieser - im Schätzungswege zu bewertenden - Leistung des Dienstgebers stehe anteilig die Arbeitsleistung der betreffenden Dienstnehmer gegenüber, setzte das Finanzamt in den den Zeitraum 1979 bis 1982 betreffenden Bescheiden auf die erwähnten Leistungen des Beschwerdeführers entfallende Umsatzsteuer fest.

Mit seiner Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, bei der Gestattung der Benutzung der Garagenplätze könne es sich nicht um Leistungen des Dienstgebers handeln, weil solche in den Dienstordnungen nicht vorgesehen seien. Jene Dienstnehmer, denen Garagenabstellplätze zur Verfügung stünden, müßten auch nicht mehr arbeiten als andere Dienstnehmer. Die Beistellung von Garagenplätzen während der Arbeitszeit zähle auch nicht zu den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit; es sei daher systemgerecht, diese auch nicht der Umsatzsteuer zu unterziehen. Der Bau von Garagenplätzen sei auf Grund gesetzlicher Verpflichtung erfolgt. Aus der einheitlichen, nicht der Umsatzsteuer unterliegenden dienstvertraglichen Leistung könnten nicht umsatzsteuerpflichtige Teilleistungen abgespalten werden. Von einem tauschähnlichen Umsatz könne nicht gesprochen werden, da der Beistellung von Garagenplätzen keine Leistung der Dienstnehmer gegenüberstünde. Die Benützungsbewilligung sei widerruflich. Die Beistellung eines Garagenplatzes sei als freiwillige Sozialleistung nicht umsatzsteuerpflichtig.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte aus, ein Leistungsaustausch im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 erster Satz UStG 1972 liege auch dann vor, wenn der Lieferung eine Arbeitsleistung gegenüberstehe. Dabei werde nicht ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang in seine Teile zerlegt, sondern die vom Arbeitgeber in Form von Sachbezügen erbrachten Leistungen als Einheit betrachtet; das Entgelt des Arbeitnehmers sei ein entsprechender Teil des Wertes der Arbeitsleistung. Es sei nicht maßgebend, ob auf die Leistung ein Anspruch bestehe; auch die Widerrufbarkeit der Zuwendung sei nicht relevant.

Mit der vorliegenden Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht und dessen Aufhebung begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit der Frage, ob Sachzuwendungen an Arbeitnehmer einen tauschähnlichen Umsatz darstellen, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt befaßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1987, Zl. 85/15/0071, 0170, und die darin angeführte Vorjudikatur). Allen diesen Entscheidungen, deren Gegenstand insbesondere die Beurteilung von Beförderungs- und Verpflegungsleistungen sowie der Beistellung von Unterkünften durch Arbeitgeber war, liegt die Rechtsansicht zu Grunde, daß Sachleistungen an Arbeitnehmer als tauschähnliche Umsätze aufzufassen und daher der Umsatzsteuer zu unterziehen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht - auch unter Berücksichtigung der Beschwerdeausführungen - keinen sachlichen Grund, die kostenlose Einräumung der Nutzung von Garagenplätzen an bestimmte Arbeitnehmer anders zu behandeln als die kostenlose (oder "verbilligte") Erbringung von Beförderungs- oder Verpflegungsleistungen oder die Beistellung einer Unterkunft.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, anders als bei den, den hg. Erkenntnissen vom 19. Jänner 1984, Zl. 82/15/0099, und vom 19. November 1975, Zl. 275/75, Slg. 4913/F, zu Grunde liegenden Sachverhalten (Erbringung von Beförderungsleistungen), übernehme der Beschwerdeführer keinen Aufwand, der ansonsten vom Arbeitnehmer selbst zu tragen wäre. Würde der Beschwerdeführer nämlich die Garagenplätze nicht zur Verfügung stellen, könnten die Arbeitnehmer ihre PkWs unentgeltlich auf den öffentlichen Abstellplätzen in der näheren Umgebung des Bürohauses parken. Mit diesen - in tatsächlicher Hinsicht die großstädtischen Verkehrsverhältnisse in keiner Weise berücksichtigenden - Darlegungen nimmt der Beschwerdeführer offenbar auf jene Ausführungen in den zitierten Erkenntnissen bezug, die die Annahme eines auf seiten der beförderten Arbeitnehmer gegebenen Vorteils aus dem Dienstverhältnis u.a. damit begründen, daß es ohne diese Leistungen des Arbeitgebers Sache der Arbeitnehmer wäre, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf eigene Kosten zu unternehmen. An anderer Stelle vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, durch die Inanspruchnahme des Garagenplatzes fielen keine Aufwendungen des Arbeitnehmers weg; es trete daher keine Verbesserung des "finanziellen Lebensstandards" ein.

Damit verkennt der Beschwerdeführer, daß kein Anlaß besteht, die Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes auf die Fälle zu beschränken, in denen durch die Leistung des Arbeitgebers ein sonst "notwendiger" Aufwand des Dienstnehmers erspart werden kann. Bei der Beurteilung, ob eine Leistung des Arbeitgebers einen (vermögenswerten) Vorteil des Arbeitnehmers bedeutet, sind Arbeitnehmer, die die in Rede stehende Leistung kostenlos vom Arbeitgeber erhalten, nicht mit solchen Arbeitnehmern zu vergleichen, die derartige Leistungen gar nicht in Anspruch nehmen (im vorliegenden Fall etwa deshalb, weil sie ihren Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß aufsuchen oder öffentliche Verkehrsflächen für die Abstellung ihrer Fahrzeuge in Anspruch nehmen), sondern mit solchen, die sich derartige Leistungen anderweitig - regelmäßig gegen Entgelt - verschaffen müssen. Der Hinweis des Beschwerdeführers, daß die Arbeitnehmer ihre PKWs auch auf öffentlichen "Abstellflächen" parken könnten, ist somit deshalb nicht zielführend, weil Arbeitnehmer, denen kein kostenloser Garagenplatz beigestellt wird, entsprechende Entgelte aufwenden müssen, um in den Genuß der auf der Hand liegenden Vorzüge eines Garagenplatzes (Entfall der mühseligen und zeitraubenden Parkplatzsuche, geschützte Abstellung des PKW) zu kommen.

Die Darlegungen des Beschwerdeführers, die Finanzverwaltung vertrete die Ansicht, es handle sich nicht um einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis, wenn ein Arbeitgeber nur für Parkzeiten während der Arbeitszeit einen Garagenplatz zur Verfügung stelle, können der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil sie sich auf einkommensteuerrechtliche Regelungen beziehen; mangels einer Anknüpfung des Umsatzsteuergesetzes an einkommensteuerrechtliche Vorschriften ist aber eine eigenständige umsatzsteuerrechtliche Beurteilung geboten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Mai 1981, Zl. 15/1949/79, und vom 19. Jänner 1984, Zl. 82/15/0099; Waba, Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an Dienstnehmer, ÖStZ 1979, 194).

Den Darlegungen des Beschwerdeführers, die Überlassung von Garagenplätzen diene keineswegs dazu, Arbeitskräfte zu gewinnen oder zu binden, ist entgegenzuhalten, daß für das Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes nicht die Absicht, Arbeitskräfte zu gewinnen oder zu binden, maßgeblich ist, sondern der innere Zusammenhang zwischen den Sachleistungen des Arbeitgebers und den Arbeitsleistungen, der sich im vorliegenden Fall zwanglos aus dem Umstand ergibt, daß der Beschwerdeführer Garagenplätze bestimmten Arbeitnehmern nur wegen der zu erwartenden Arbeitsleistungen überläßt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 1984, Zl. 82/15/0099, und vom 18. Oktober 1984, Zl. 84/15/0146, 0147).

Auch der - an anderer Stelle wiederholte - weitere Hinweis des Beschwerdeführers, die Benützungsbewilligungen könnten jederzeit widerrufen werden, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Die Annahme eines die Umsatzsteuerpflicht auslösenden Leistungsaustausches setzt nämlich einen Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf die individuell zurechenbaren Leistungen des Arbeitgebers nicht voraus (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 1984, Zl. 84/15/0057, vom 18. November 1984, Zl. 84/15/0146, 0147, vom 23. Oktober 1987, Zl. 86/17/0108, und vom 14. Dezember 1987, Zl. 85/15/0071, 0170).

Die Darlegungen des Beschwerdeführers, es könnte in Zukunft ein "Rotationssystem" eingeführt werden, sind ohne Einfluß auf die Beurteilung, ob in der Vergangenheit ein tauschähnlicher Umsatz vorlag.

Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, der Bau von Garagenplätzen sei auf Grund "behördlicher Verpflichtung" erfolgt, ist nicht zielführend, weil für das Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes nicht die - allenfalls auf Grund gesetzlicher Anordnung erfolgte - Errichtung von Garagenplätzen maßgeblich ist, sondern die Überlassung der Nutzung derselben an bestimmte Arbeitnehmer, die ohne gesetzliche Anordnung erfolgte. Im übrigen könnte auch das Vorliegen einer gesetzlichen oder behördlichen Anordnung zur Beistellung von Abstellplätzen Beschwerde im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Z. 1 zweiter Satz UStG 1972 nicht zum Erfolg verhelfen.

Ob die Beistellung von Garagenplätzen an Arbeitnehmer in den Dienstordnungen des Beschwerdeführers nicht "als Entgelt" vorgesehen und in den Dienstordnungen nicht vorgesehene Leistungen im Hinblick auf § 81 ASVG nicht zulässig seien, wie der Beschwerdeführer behauptet, kann auf sich beruhen, weil nicht das Schuldverhältnis, sondern die - soweit es die Sachverhaltsgrundlagen betrifft, vom Beschwerdeführer nicht bestrittene - Leistung Gegenstand der Umsatzsteuer ist.

Den Darlegungen des Beschwerdeführers, in freiwilligen Sozialleistungen des Unternehmers sei ebensowenig ein Leistungsaustausch zu erblicken wie in der Zurverfügungstellung von Gemeinschaftseinrichtungen, ist zunächst entgegenzuhalten, daß hier kein Fall einer Gemeinschaftseinrichtung vorliegt, weil die Benützung der Garage nicht allen Arbeitnehmern des Beschwerdeführers, sondern nur jenen offensteht, denen ein Garagenplatz zur Nutzung zugewiesen wurde. Im übrigen beruft sich der Beschwerdeführer zum Beleg seiner Auffassung, im Falle freiwilliger Sozialleistungen liege kein tauschähnlicher Umsatz vor, im vorliegenden Zusammenhang zu Unrecht auf die - im übrigen unvollständig zitierten - Ausführungen von

Kranich - Siegl - Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 3 Anm 442, § 4 Anm 225a. An diesen Stellen wird die erwähnte Frage nur in jenen Fällen als offen bezeichnet, wo kein erkennbarer Leistungsaustausch mit den einzelnen Arbeitnehmern vorliegt. Gerade letzteres ist aber hier - bei der Beistellung von Garagenplätzen für bestimmte Arbeitnehmer - nicht der Fall. Ein Leistungsaustausch ist somit auch im Fall freiwilliger Sozialleistungen jedenfalls dann anzunehmen, wenn diese Leistungen nicht sämtlichen Arbeitnehmern angeboten werden (vgl. Kolacny - Scheiner, Fallbeispiele zur Mehrwertsteuer 14). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, daß aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht in Geld zu veranschlagende Vorteile von Arbeitnehmern auf Grund freiwilliger Sozialleistungen des Arbeitgebers den Arbeitsleistungen gegenübergestellt werden. Unabhängig von einer Äquivalenz dieser Leistungen begründen dann solche Arbeitgeberleistungen einen tauschähnlichen Umsatz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1984, Zl. 82/15/0099).

Der Beschwerdeführer hat die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, daß er (nur) einem Teil seiner Arbeitnehmer Garagenplätze zur Verfügung stelle, nicht bekämpft. Er räumt auch in der Beschwerde ein, daß er "Benützungsbewilligungen" an bestimmte Arbeitnehmer erteile, und fast alle Garagenplätze derzeit an (bestimmte) Mitarbeiter "vergeben" seien. Seine Darlegungen, eine Zurechenbarkeit dieser Leistungen zu den einzelnen Arbeitnehmern sei nicht möglich, gehen somit nicht vom maßgeblichen Sachverhalt aus.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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