VwGH 89/15/0002

VwGH89/15/00022.4.1990

X GesmbH gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 7. November 1988, GA 11 - 1480/88, betreffend Gesellschaftsteuer.

Normen

KVG 1934 §2 Z5;
KVG 1934 §2 Z5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit ihrem an das Handelsgericht Wien gerichteten Antrag auf Protokollierung einer inländischen Niederlassung gab die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, bekannt, daß ihre Gesellschafter am 9. Dezember 1987 den Beschluß gefaßt hätten, eine Wiener Niederlassung beim Handelsgericht Wien protokollieren zu lassen. Die Wiener Niederlassung entstehe durch Ausscheiden der einzigen Kommanditistin aus der "Y & Co" (HRA NN.NNN des Handelsgerichtes Wien). Die Beschwerdeführerin werde das Unternehmen der bisherigen Kommanditgesellschaft als alleine verbleibende Gesellschafterin gemäß § 142 HGB unter der alten Firma mit einem auf die Eigenschaft als Zweigniederlassung hinweisenden Zusatz weiterführen. Die Gesellschafter der Beschwerdeführerin hätten weiters den Beschluß gefaßt, einen inländischen Vertreter der Niederlassung mit selbständigem Vertretungsrecht zu bestellen. Das "Dotationskapital" betrage S 300.000,--.

Für diesen Vorgang setzte das Finanzamt mit vorläufigem Bescheid gegenüber der (mit der Firma der Zweigniederlassung bezeichneten) Beschwerdeführerin nach § 2 Z. 5 Kapitalverkehrsteuergesetz (KVStG) Gesellschaftsteuer im Betrage von S 6.000,-- fest.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin - soweit dies im Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist - vor, die inländische Zweigniederlassung sei durch Ausscheiden der einzigen Kommanditistin aus einer Kommanditgesellschaft entstanden, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beschwerdeführerin gewesen sei. In dieser kraft Gesetzes erfolgenden Anwachsung liege keine Zuführung von Anlage- und Betriebskapital durch eine ausländische Kapitalgesellschaft. Das Anlage- und Betriebskapital sei vielmehr unmittelbar aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft - einer fremden dritten Person - auf die Niederlassung übergegangen. Der Vorgang lasse sich nicht in eine Anwachsung an die Kapitalgesellschaft und eine spätere Zuführung an die schon existierende Zweigniederlassung aufgliedern. Anwachsung und Entstehung der Zweigniederlassung seien im selben Zeitpunkt erfolgt; eine Zuführung habe daher nicht erfolgen können, weil diese eine vorher existente Zweigniederlassung vorausgesetzt hätte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte begründend aus, das Gesetz erfordere nicht, daß das zugeführte Kapital aus dem Vermögen der ausländischen Kapitalgesellschaft stamme und unmittelbar von dieser auf die Niederlassung übertragen werde. Eine Zuführung könne auch so wie im vorliegenden Fall erfolgen. Entscheidend für die Steuerpflicht sei, daß durch ein Verhalten der Kapitalgesellschaft die Niederlassung mit Vermögen von außen ausgestattet werde.

Mit der vorliegenden Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Z. 5 KVStG unterliegt die Zuführung von Anlage- oder Betriebskapital durch eine ausländische Kapitalgesellschaft an ihre inländische Niederlassung, auch wenn sie rechtlich selbständig ist, der Gesellschaftsteuer.

Im Beschwerdefall ist nicht strittig, daß die Beschwerdeführerin, eine ausländische Kapitalgesellschaft, im Inland eine Niederlassung im Sinne des § 2 Z. 5 KVStG errichtete; es ist ferner nicht strittig, daß das früher dem Unternehmen der GmbH & Co KG zugeordnete und nunmehr der Disposition der inländischen Niederlassung der Beschwerdeführerin unterliegende, von dieser mit S 300.000,-- bezifferte Vermögen Anlage- und Betriebskapital im Sinne des § 2 Z. 5 KVStG darstellt. Die Beschwerdeführerin vertritt aber die Auffassung, es fehle das Tatbestandsmerkmal der "Zuführung"; es liege auch kein "vermögenswertes Recht" vor, das der inländischen Niederlassung neu gewidmet worden sei. Das Vermögen der seinerzeitigen Kommanditgesellschaft sei der Beschwerdeführerin als verbleibendem Gesellschafter durch das Ausscheiden des letzten Kommanditisten gemäß § 142 HGB angewachsen, ohne daß es einer auf die Widmung von Anlage- oder Betriebskapital auf die österreichische Niederlassung gerichteten Willenserklärung bedurft hätte. Das im Betriebsvermögen der seinerzeitigen Kommanditgesellschaft befindliche Kapital habe sich "schon immer" im Unternehmen der inländischen Niederlassung befunden, auch wenn diese bis 27. Dezember 1987 in der Rechtsform einer Personengesellschaft betrieben worden sei. Das Ausscheiden des Kommanditisten habe ex lege das Anwachsen des Vermögens der Kommanditgesellschaft bewirkt, sodaß keine Vermehrung von Anlage- und Betriebskapital im Sinne des § 2 Z. 5 KVStG eintreten habe können.

Mit diesen Ausführungen verkennt die Beschwerdeführerin, daß im vorliegenden Fall zwischen dem im Wege der Anwachsung bewirkten Übergang des Sondervermögens der Kommanditgesellschaft in ihr Vermögen und der Zuführung von Anlage- und Betriebskapital an ihre Niederlassung unterschieden werden muß. Im hier vorliegenden Fall einer rechtlich unselbständigen Zweigniederlassung handelt es sich bei der Zuführung von Kapital durch die Gesellschaft um einen innerbetrieblichen wirtschaftlichen Vorgang, da die ausländische Kapitalgesellschaft und deren inländische Niederlassung eine rechtliche Einheit bilden;

rechtsgeschäftliche Beziehungen innerhalb dieses Rechtsgebildes sind daher nicht denkbar. Der Steuertatbestand des § 2 Z. 5 KVStG ist somit dann erfüllt, wenn Vermögenswerte - von der inländischen Zweigniederlassung aus gesehen - von außen her in diese gelangen und dieser Vorgang auf einen Willensentschluß der Geschäftsleitung der Gesellschaft zurückzuführen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1978, Slg. 5305/F). "Von außen" im Sinne dieser Ausführungen bedeutet aber lediglich, daß das Kapital, um als "zugeführt" im Sinne des Steuertatbestandes zu gelten, nicht bereits vor dem in Betracht kommenden Vorgang sich in der Verfügungsgewalt der inländischen Niederlassung befand. Daß das "zugeführte" Kapital aus dem Vermögen der ausländischen Kapitalgesellschaft - allenfalls auch im Inland gelegenen Teilen desselben - stammt, hindert die Annahme einer "Zuführung von außen" nicht; die Verfügungsmacht der ausländischen Kapitalgesellschaft ist vielmehr rechtliche und wirtschaftliche Voraussetzung der Zuführung. In der Überlassung von - Anlage- und Betriebskapital im Sinne des § 2 Z. 5 KVStG darstellendem - "Dotationskapital" an eine inländische Niederlassung durch eine ausländische Kapitalgesellschaft liegt daher eine "Zuführung" im Sinne der zitierten Vorschrift, auch wenn es sich dabei um Vermögen handelt, das der ausländischen Kapitalgesellschaft im Wege der Anwachsung infolge Übernahme des Vermögens einer inländischen GmbH & Co KG zugekommen war.

Mit ihren oben erwähnten Darlegungen verkennt die Beschwerdeführerin, daß die Übernahme des Sondervermögens der Kommanditgesellschaft zwar dessen rechtliche und wirtschaftliche Zuordnung zu ihrem Vermögen, nicht aber - ohne Willensentschluß ihrer Geschäftsleitung - zu dem der wirtschaftlichen Verfügungsmacht der inländischen Niederlassung zugeordneten Teil ihres Vermögens bewirkte. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß das ihr zugewachsene Vermögen nunmehr zur Disposition ihrer inländischen Niederlassung steht; dies setzt aber einen vorangegangenen Willensentschluß ihrer Geschäftsleitung, das "Dotationskapital" der inländischen Niederlassung zur Verfügung zu stellen, voraus. In diesem Willensentschluß liegt die "Zuführung" im Sinne des § 2 Z. 5 KVStG.

Einen Sachverhalt, aus dem sich - insbesondere im Hinblick auf eine Eingliederung des Betriebes der GmbH & Co KG in die Unternehmensorganisation der Beschwerdeführerin - ergeben hätte, daß die GmbH & Co KG als (rechtlich selbständige) Niederlassung der Beschwerdeführerin im Sinne des § 2 Z. 5 KVStG hätte angesehen werden können, hat die Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren nicht vorgebracht. Sie hat vielmehr (auch noch im Berufungsverfahren) erklärt, die Wiener Niederlassung sei (erst) durch das Ausscheiden der einzigen Kommanditistin "entstanden". Die in ihrem Beschwerdevorbringen, das im Betriebsvermögen der seinerzeitigen GmbH & Co KG befindliche Kapital habe sich "schon immer" im Unternehmen der inländischen Niederlassung befunden, wenigstens implizite liegende Behauptung, bei der GmbH & Co KG habe es sich um ihre inländische Niederlassung im Sinne des § 2 Z. 5 KVStG gehandelt, verstößt somit gegen das Neuerungsverbot. Es bedarf daher die Frage keiner Prüfung, ob auch eine durch das Ausscheiden des letzten Kommanditisten aus der in der Rechtsform einer GmbH & Co KG geführten (rechtlich selbständigen) Niederlassung im Sinne des § 2 Z. 5 KVStG und durch die gesetzliche (§§ 142 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB) oder (gesellschafts-)vertragliche Übernahme der Aktiven und Passiven durch die ausländische Kapitalgesellschaft bewirkte Beendigung der rechtlichen Selbständigkeit der Niederlassung bei unveränderter Belassung des Anlage- und Betriebskapitals in deren Verfügungsmacht den Abgabentatbestand herstellt.

Auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin, das Vermögen der Kommanditgesellschaft habe sich immer im Inland befunden und sei durch eigene geschäftliche Tätigkeit derselben entstanden, vermögen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Gesetz stellt nicht auf die "Herkunft" des der inländischen Niederlassung zugeführten Vermögens "aus dem Ausland" ab; auch in der (erstmaligen) Zuführung von im Inland befindlichen Teilen des Vermögens der ausländischen Kapitalgesellschaft an deren inländische Zweigniederlassung liegt eine "Zuführung" im Sinne des Abgabentatbestandes.

Mit dem weiteren Hinweis, das Vermögen sei durch eigene geschäftliche Tätigkeit der Kommanditgesellschaft entstanden, nimmt die Beschwerdeführerin offenbar auf den Grundsatz Bezug, daß eine Vermehrung des der Zweigniederlassung dienenden Vermögens, die auf der geschäftlichen Tätigkeit der Zweigniederlassung beruht, keine Kapitalzuführung im Sinne des § 2 Z. 5 KVStG darstellt (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1978, Slg. 5305/F). Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor; nach den Beschwerdeausführungen ist das nunmehr der inländischen Zweigniederlassung zugeführte Vermögen nicht durch deren Tätigkeit, sondern durch die Tätigkeit eines von dieser verschiedenen Trägers eines Sondervermögens, nämlich der GmbH & Co KG, entstanden.

Die Beschwerdeführerin vertritt schließlich die Auffassung, mit dem angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde die Zuführung von Kapital ein zweites Mal der Besteuerung unterworfen; die Zuführung von Kapital an ihre "in der Rechtsform einer GmbH & Co KG betriebene inländische Niederlassung" sei schon einmal besteuert worden. Damit verkennt die Beschwerdeführerin, deren Behauptung, daß es sich bei der Kommanditgesellschaft um ihre inländische Niederlassung gehandelt habe, wie schon dargelegt wurde, gegen das Neuerungsverbot verstößt, daß hier nicht die "doppelte" Besteuerung eines ununterbrochen einem Rechtssubjekt belassenen Kapitals vorliegt, sondern gegebenenfalls eine dem Wesen der Gesellschaftsteuer als Einzelrechtsverkehrsteuer entsprechende Besteuerung von zwei verschiedenen, die Zuordnung eines Vermögens zu verschiedenen Rechtssubjekten betreffenden Vorgängen.

Im Hinblick auf die fehlende Relevanz dieses Umstandes liegt daher auch in dem von der Beschwerdeführerin gerügten Unterbleiben der Feststellung, in welchem Umfang bereits früher der GmbH & Co KG zugeführtes Kapital der Besteuerung unterworfen war, keine Mangelhaftigkeit.

Gegen die Bemessung der Gesellschaftsteuer trägt die Beschwerde nichts vor.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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