VwGH 89/14/0071

VwGH89/14/007117.9.1990

N gegen Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 8. Februar 1989, Zl. 10/4/5-BK/L-1989, betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 1980 bis 1984

Normen

EStG 1972 §22 Abs1 Z1 litb;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §4 Abs2 Z2;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1 litb;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §4 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist seit 1. Oktober 1976 als praktischer Arzt in der Gemeinde A. tätig.

Um die ärztliche Versorgung sicher zu stellen, war die Gemeinde A. zuvor bestrebt gewesen, den Sanitätsbezirk A. zu teilen, und eine zweite Gemeindearztstelle zu installieren. Der Beschwerdeführer suchte am 31. März 1976 schriftlich um die Zuerkennung einer Gemeindearztstelle in A. an. In der Folge kam es jedoch nicht zur Teilung der Sanitätsgemeinde, sodaß auch keine zweite Gemeindearztstelle zur Besetzung gelangen konnte. Da die Gemeinde A. aber sehr an der Ansiedlung eines zweiten Arztes interessiert war, kam es dennoch zu Verhandlungen zwischen Gemeindevertretern und dem Beschwerdeführer, welche am 15. Mai 1976 zu einem Gemeinderatsbeschluß führten.

Darin wurde dem Beschwerdeführer zugesichert, daß er nach Freiwerden einer Gemeindearztstelle an erster Stelle für die Neubesetzung gereiht werde. Die Gemeinde verpflichtete sich dem Beschwerdeführer gegenüber bis zu seiner Bestellung als Gemeindearzt zu einer jährlichen Beitragsleistung für eine privat abzuschließende Lebensversicherung mit einem jährlichen Betrag in der Höhe, wie er sich aus dem Pensionsbeitrag für einen Gemeindearzt von S 5,-- und dem Wartegeld von S 1,50 pro Einwohner errechnete, das ergab bei 2.200 Einwohnern jährlich S 14.300,--. Weiters verpflichtete sich die Gemeinde, für ein durch den Beschwerdeführer aufzunehmendes Investitionsdarlehen in Höhe von S 150.000,-- bei einer 10%igen Verzinsung und einer Laufzeit von 10 Jahren für volle sieben Jahre die gesamte Darlehensannuität an das betreffende Geldinstitut zu bezahlen.

Dieser Gemeinderatsbeschluß wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. August 1976 zur Kenntnis gebracht. Weiters hieß es in diesem Schreiben, daß seine unter den genannten Bedingungen gegebene Zusicherung, verbindlich mit 1. Oktober 1976 die ärztliche Tätigkeit in A. zu beginnen, mit Freude aufgenommen werde. Der Beschwerdeführer wurde gebeten, zum Zeichen seines Einverständnisses eine Briefabschrift zu unterfertigen, was er auch tat.

Da es in der Folge nicht zur Bestellung des Beschwerdeführers als Gemeindearzt kam, wurden die jährlichen Beträge von S 14.300,-- laufend geleistet. Sie wurden vom Beschwerdeführer bei der Umsatz- und Gewinnermittlung nicht miteinbezogen.

Anläßlich einer Betriebsprüfung über den Zeitraum 1980 bis 1984 vertrat der Prüfer die Auffassung, die jährlichen Zuwendungen von S 14.300,-- seien als Leistungsentgelt zu qualifizieren und demnach umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig sowie als Betriebseinnahme der Einkommensteuer zu unterwerfen. Der Annuitätenzuschuß zum Investitionsdarlehen wurde dahin behandelt, daß die Anschaffungskosten der damit beschafften Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens entsprechend gekürzt wurden, was im Prüfungszeitraum eine Verminderung der AfA-Sätze zur Folge hatte.

Gegen die im Sinne dieser Feststellungen der Betriebsprüfung im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO berichtigten Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1980 bis 1984 erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er brachte im Berufungsverfahren im wesentlichen vor, es handle sich bei den jährlichen Zuwendungen von S 14.300,-- um eine nicht steuerbare Subvention, die im öffentlichen Interesse gegeben worden sei, um eine bessere medizinische Versorgung der Bevölkerung von A. zu erreichen. Die Zuordnung zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit sei verfehlt, weil der bloße Zuzug in die Gemeinde A. keine unternehmerische Leistung sei, und weil der Beschwerdeführer, wäre er Gemeindearzt geworden, als Angestellter der Sanitätsgemeinde Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit beziehen würde, die nicht der Umsatzsteuer zu unterziehen wären. Die streitgegenständlichen Beitragsleistungen und der Annuitätenzuschuß seien als Einheit zu sehen, von der Finanzbehörde jedoch durchaus unzutreffend unterschiedlich behandelt worden.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie führte im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei bereit gewesen, sich als Gemeindearzt in A. niederzulassen, als welcher er eine Pensionsanwartschaft gegenüber der Gemeinde erworben hätte. Eine solche Stelle habe jedoch nicht zur Besetzung gelangen können. Da die Gemeinde größtes Interesse daran gehabt habe, daß sich der Berufungswerber trotzdem im Gemeindegebiet niederlasse, sei ihm eine finanzielle Zuwendung zuteil geworden, die ihm auf einem anderen Weg einen Pensionsanspruch wie einem Gemeindearzt gesichert hätte. Ein Leistungsaustausch zwischen dem Beschwerdeführer und der Gemeinde sei somit klar erkennbar. Es sei auszuschließen, daß der Beschwerdeführer die streitgegenständliche Zuwendung auch erhalten hätte, wenn er sich nicht als praktischer Arzt in A. niedergelassen hätte. Die vom Beschwerdeführer schriftlich übernommene Verpflichtung hiezu sei als sonstige Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes anzusehen. In ertragssteuerlicher Hinsicht seien die Zuwendungen auf Grund ihres Zusammenhanges mit dem Betrieb der Arztpraxis als Betriebseinnahmen zu betrachten. Die Steuerbefreiung gemäß § 3 Z. 29 EStG sei bloß auf den Annuitätenzuschuß, nicht aber auf die jährlichen Beitragsleistungen der Gemeinde anzuwenden, da diese keinerlei Beziehung zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens hätten. Aus der umsatzsteuerlichen Behandlung des Annuitätenzuschusses könne kein Rechtsanspruch für die Vorgangsweise in anderen Veranlagungszeiträumen abgeleitet werden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinen Rechten insoweit verletzt, als die Zuwendungen der Gemeinde A. an ihn in den Jahren 1980 bis 1984 sowohl der Umsatzsteuer als auch der Einkommensteuer unterworfen wurden. Er beantragt den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

ZUR UMSATZSTEUER:

Strittig ist, ob die jährlichen Zahlungen der Gemeinde von S 14.300,-- als Leistungsentgelt oder als echte Subvention anzusehen sind. Eine solche würde nicht zum Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechtes zählen, da es sich um eine Zuwendung handelt, die ohne jeden Zusammenhang mit einem Leistungsaustausch gegeben wird. Ist es zweifelhaft, ob eine Subvention vorliegt, muß geprüft werden, ob die Zuwendung auch ohne Gegenleistung des Empfängers gegeben worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1986, Slg. 6105/F).

Entscheidend für das Vorliegen eines Leistungsaustausches, der zur Annahme eines steuerbaren Umsatzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG führt, ist, ob Leistung und Gegenleistung im Verhältnis der Wechselbeziehung, in einem inneren Zusammenhang und in gegenseitiger Abhängigkeit stehen (vgl. das eben zitierte Erkenntnis sowie Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Umsatzsteuer, § 1 UStG Anm. 69 bis 71). Subventionen hingegen, wie sie vor allem von öffentlich-rechtlichen Körperschaften gewährt werden, sind grundsätzlich kein marktwirtschaftliches Entgelt empfangener Güter oder Leistungen (vgl. Kranich-Siegl-Waba aaO Anm. 107).

Gemäß § 4 Abs. 2 Z. 2 UStG gilt beim Leistungserbringer nicht nur die Gegenleistung des Leistungsempfängers, sondern auch ein Zuschuß von dritter Seite als Entgelt. Dieser Zuschuß von dritter Seite muß allerdings in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Leistungsaustausch stehen, der zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger stattfindet. Der Dritte muß also ein zusätzliches Entgelt deshalb gewähren, damit oder weil der Unternehmer eine Leistung bewirkt. Ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Zuschuß durch den Dritten und dem fremden Leistungsaustausch nicht feststellbar, so muß geprüft werden, ob nicht ein Leistungsaustausch zwischen dem Zuschußempfänger und dem Zuschußgeber vorliegt. Im allgemeinen ist es nämlich nicht üblich, daß Zuwendungen unentgeltlich gewährt werden. Liegt weder ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einem Leistungsaustausch zwischen fremden Personen noch eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers an den Zuschußgeber vor, dann stellt der Zuschuß eine Prämie dar, die dem Unternehmer gegeben worden ist, um ihn zu einem im öffentlichen Interesse gelegenen Handeln anzuregen - der Fall einer öffentlichen Subvention (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 14. April 1986 und Kranich-Siegl-Waba aaO § 4 UStG Anm. 115).

Im Beschwerdefall ergibt sich, daß die ärztlichen Leistungen des Beschwerdeführers nicht der die Zuwendung erbringenden Gemeinde als juristischer Person, sondern einzelnen ärztlicher Hilfe bedürftigen physischen Personen, insbesondere Ortansässigen zugute kommen können. Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der jährlichen Zuwendung der Gemeinde und den Umsätzen aus den einzelnen Behandlungsverträgen ist nicht feststellbar.

Was allerdings die Frage eines direkten Leistungsaustausches zwischen dem Beschwerdeführer und der Gemeinde anlangt, ist auf das hg. Erkenntnis vom 29. November 1973, Zl. 1511/72, zu verweisen. Damals hat der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der vertraglichen Verpflichtung einer Hebamme, in einem bestimmten Ort tätig zu sein, einen Leistungsaustausch zwischen dem Zuschußgeber, der Sanitätsgemeinde, die in ihrem Bereich eine Hebamme benötigte, und dem Zuschußempfänger, der Hebamme, angenommen.

Im Beschwerdefall liegt eine schriftliche Vereinbarung vor, in der sich der Beschwerdeführer zur Aufnahme seiner ärztlichen Tätigkeit mit 1. Oktober 1976 verpflichtet, diese Zusicherung aber unter der Bedingung der Gewährung der vom Gemeinderat beschlossenen Zugeständnisse abgegeben hat. Die Niederlassung als praktischer Arzt in der Gemeinde A. und (u.a.) die Gewährung der streitgegenständlichen Zuwendungen standen miteinander daher in einem inneren Zusammenhang im oben dargestellten Sinn. Die Gemeinde hat die zugesicherten Leistungen ausschließlich im Hinblick auf die Niederlassung des Beschwerdeführers als zweiter Arzt im Gemeindegebiet erbracht. Daß dies (auch) im öffentlichen Interesse lag, vermag am Vorliegen eines Leistungsaustausches nichts zu ändern.

Diese Leistung des Beschwerdeführers stellt sich als sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG dar. Unter diesen Begriff kann auch das Unterlassen einer unternehmerischen Tätigkeit fallen (vgl. Kranich-Siegl-Waba aaO § 3 UStG Anm. 253 sowie die Judikaturhinweise in Anm. 265 f, 268 f), ebenso aber das positive Tun, wie es das Angebot ärztlicher Dienstleistungen in einem bestimmten Ort darstellt (vgl. auch das bereits zitierte Erkenntnis vom 29. November 1973).

Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, den Verwaltungsgerichtshof zu einer anderen Beurteilung zu veranlassen. Nicht jedes Verhalten eines Zuschußempfängers - etwa infolge einer Auflage oder Zweckwidmung - ist als Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes anzusehen, wohl aber ein solches, das - wie im Beschwerdefall - mit der Gegenleistung im Verhältnis der Wechselbeziehung im oben erläuterten Sinne steht und daher Teil eines Leistungsaustausches ist. Wie die Gemeinde die Höhe der Zuwendung errechnet hat, ist nicht ausschlaggebend. Soweit der Beschwerdeführer ausführt, er habe auf die Vergabemodalitäten der Zuwendung keinen Einfluß nehmen können, ist ihm seine Darstellung in der mündlichen Verhandlung über die Berufung entgegenzuhalten, wonach er abweichend von der ursprünglichen Absicht der Gemeinde gerade auf der schließlich gewählten Regelung bestanden hat.

Zusammenfassend ergibt sich, daß die belangte Behörde die jährlichen Zahlungen der Gemeinde A. an den Beschwerdeführer in der Höhe von S 14.300,-- zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen hat. Ob dies auch hinsichtlich des Annuitätenzuschusses rechtens gewesen wäre, ist unerheblich: Da es hiezu nicht gekommen ist, kann der Beschwerdeführer durch eine umsatzsteuerliche Ungleichbehandlung des Annuitätenzuschusses in seinen subjektiven Rechten nicht verletzt sein. Seine Bemerkung, es ginge im Streitfall um die Umsatzsteuerpflicht des Annuitätenzuschusses, ist unrichtig; seine auf der Annahme einer solchen Pflicht beruhenden Überlegungen gehen ins Leere.

ZUR EINKOMMENSTEUER:

Der Beschwerdeführer bezweifelt nicht, daß die jährlichen Zahlungen der Gemeinde nicht unter die Steuerbefreiung gemäß § 3 Z. 29 EStG fallen können, weil es sich um keine Zuwendung zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens handelt.

Er meint aber, diese Zuwendungen wären als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu werten, weil er beabsichtigt habe, sich als Gemeindearzt niederzulassen, und es sich um Zahlungen anstelle einer gemeindeärztlichen Entlohnung handle.

Dieser Argumentation vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen: Der Beschwerdeführer hat die Stellung eines von der Sanitätsgemeinde angestellten Gemeindearztes nicht erlangt, sondern bezieht als praktischer Arzt ausschließlich Einkünfte aus selbständiger und nicht aus nichtselbständiger Arbeit. Daß er ursprünglich die Stellung eines Gemeindearztes angestrebt hat und ihm die Zuwendung der Gemeinde mit Hilfe einer privaten Versicherung eine Pensionsanwartschaft, wie er sie als Gemeindearzt hätte erreichen können, sichern sollte, kann nicht dazu führen, ihn steuerlich so zu behandeln, als wäre er tatsächlich Gemeindearzt geworden. Vielmehr ist der Auffassung der belangten Behörde beizupflichten, wonach es sich im Beschwerdefall um Betriebseinnahmen im Rahmen der selbständigen Tätigkeit des Beschwerdeführers handelt.

Inwieweit schließlich die streitgegenständlichen Zuwendungen einem Zuschuß der öffentlichen Hand nach Art einer Wohnbeihilfe vergleichbar sein sollen und auf welcher Rechtsgrundlage sich daraus eine für den Beschwerdeführer günstigere rechtliche Beurteilung ergeben soll, wird in der Beschwerde nicht näher erläutert.

Dem Beschwerdeführer ist es somit auch in einkommensteuerlicher Hinsicht nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb seine Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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