Normen
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war in den Jahren 1983 bis 1986 Geschäftsführer der N-GmbH, der S-GmbH und der P-GmbH. An beiden erstgenannten Gesellschaften war der Beschwerdeführer auch als Gesellschafter (an dem Kapital der N-GmbH zu 100 %, an dem der S-GmbH zu 25 %) beteiligt. Bei der P-GmbH war alleiniger Gesellschafter die N-GmbH.
In den Jahren 1987 und 1988 fand bei den drei Gesellschaften eine Betriebsprüfung statt. Im Rahmen derselben wurden unter anderem umfangreiche verdeckte Gewinnausschüttungen festgestellt. In der Folge wurde dem Beschwerdeführer eine Nachforderung an Einkommensteuer für die Jahre 1983 bis 1986 in Höhe von S 7,974.032,-- vorgeschrieben. Die Feststellungen des Betriebsprüfers wurden unter Rechtsmittelverzicht anerkannt.
Mit Eingabe vom 26. Juli 1988 beantragte der Beschwerdeführer hinsichtlich des oben angeführten Betrages eine Teilnachsicht von S 7,627.162,--.
Gegen den Bescheid des Finanzamtes, mit welchem dieses Begehren abgewiesen wurde, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. In dieser wird gerügt, daß die Abwägung der Unbilligkeitsgründe "nicht mit dem im Gesetz für Ermessensentscheidungen zu treffenden Rahmen erfolgte". Der erstinstanzliche Bescheid lasse nicht erkennen, daß der vom Beschwerdeführer dargelegte Sachverhalt hinsichtlich "Unbilligkeit" im Sinne des § 236 BAO überprüft worden sei. Die in der Bescheidbegründung angeführten Aspekte des Verzichtes auf das Berufungsrecht im Rahmen des Feststellungsverfahrens hätten mit der Unbilligkeit gemäß der zitierten Gesetzesbestimmung "nichts gemein". Außerdem sei übersehen worden, daß der Rechtsmittelverzicht nicht auf Grund eines fehlerhaften Verhaltens des Beschwerdeführers abgegeben worden sei, sondern deswegen, weil er "damit auch zu erkennen gibt, daß er die in der Vergangenheit aufgetretene Vernachlässigung abgabenrechtlicher Pflichten als Fehler anerkennt". Bei Beurteilung des Aspektes der Unbilligkeit hätte auch berücksichtigt werden müssen, daß der Beschwerdeführer im Festsetzungsverfahren seine Fehler offengelegt habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Begründung vertrat sie zunächst die Auffassung, daß die Einhebung der in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten als unbillig anzusehen sei und führte sodann im wesentlichen folgendes aus:
Wenn es auch zutreffe, daß die derzeit aushaftenden Abgabenschuldigkeiten für den Beschwerdeführer eine schwere finanzielle Belastung darstellten, so dürfe doch die Entstehung dieser Schuld nicht außer acht gelassen werden. Wie der Beschwerdeführer selbst ausführe, habe er unter anderem Abgaben deshalb nicht abgeführt, um liquide Mittel zur Aufrechterhaltung seiner Geschäftstätigkeit zu erhalten. Weiters beruhten die von der Betriebsprüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen auf einer Nichtverzinsung des Verrechnungskontos des Beschwerdeführers, auf Privatnutzung des im Anlagevermögen der P-GmbH befindlichen Kraftfahrzeuges, auf Fremdleistungen der Firma X, die für den Beschwerdeführer selbst erbracht worden seien, sowie auf "Schmuckentnahmen", wobei dieser Schmuck weiterhin im Warenbestand ausgewiesen worden sei. Überdies seien vom Beschwerdeführer als Geschäftsführer der N-GmbH Scheinrechnungen ausgestellt worden, "da hiefür seitens der GmbH keine Leistungen erbracht wurden".
Mit Rücksicht darauf, daß der Beschwerdeführer seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen "schwerwiegend vernachlässigt hat und sein Verhalten Gegenstand finanzbehördlicher Strafverfahren war (er wurde erst im April 1987 wegen Vergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a Finanzstrafgesetz zu einer Geldstrafe in Höhe von S 175.000,-- verurteilt) bzw. eines anhängigen gerichtlichen Strafverfahrens ist", könne - auch im Hinblick auf die zu berücksichtigende Steuergerechtigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung - aus Zweckmäßigkeitserwägungen nicht mit einer Abgabennachsicht vorgegangen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschulden auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Nach dieser Gesetzesbestimmung hat die Abgabenbehörde im Falle eines Ansuchens um Nachsicht zuerst zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliegt, der dem unbestimmten Gesetzesbegriff "Einhebung nach der Lage des Falles unbillig" entspricht. Verneint sie diese Frage, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum mehr, demnach ist der Antrag abzuweisen. Bejaht die Abgabenbehörde hingegen das Vorliegen einer Unbilligkeit im Sinne des Gesetzes, so hat sie im Bereich des Ermessens nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu entscheiden. Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung liegt eine Ermessensüberschreitung keinesfalls darin, daß die Behörde den Erwägungen der Zweckmäßigkeit gegenüber denen der Billigkeit den Vorrang einräumt, doch müssen die Zweckmäßigkeitserwägungen mit dem Sinn des Gesetzes im Einklang stehen, d.h. die Behörde darf sich bei ihrer Entscheidung nicht von unsachlichen Erwägungen leiten lassen (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Wien 1980, Seite 583 ff).
Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt, hat die belangte Behörde die Rechtsfrage, ob die Einhebung der Abgabenschuldigkeiten im Beschwerdefall unbillig ist, bejaht, womit die Voraussetzung für eine von ihr zu treffende Ermessensentscheidung gegeben erscheint. Bei Ermessensentscheidungen beschränkt sich die Überprüfung durch den Gerichtshof darauf, festzustellen, ob vom eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht wurde, oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmißbrauches - nicht der Fall war (vgl. hg. Erkenntnis vom 14. November 1984, Zl. 83/13/0086, und die dort angeführte hg. Vorjudikatur).
Als Begründung dafür, daß die belangte Behörde im Rahmen des ihr durch § 236 BAO eingeräumten Ermessens die in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten des Beschwerdeführers nicht nachsah, weist sie darauf hin, daß der Beschwerdeführer "seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen schwerwiegend vernachlässigt hat". Sie untermauert diese Auffassung mit dem Hinweis darauf, daß einerseits der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben Abgaben deshalb nicht abführte, um liquide Mittel zur Durchführung von Geschäften zur Verfügung zu haben und andererseits im Zuge der Betriebsprüfung - deren Ergebnis der Beschwerdeführer unter Rechtsmittelverzicht anerkannte - verdeckte Gewinnausschüttungen in großem Umfang festgestellt wurden. Ferner führt sie aus, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der N-GmbH Scheinrechnungen ausgestellt habe und daß gegen ihn in einem finanzbehördlichen Strafverfahren wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung eine Geldstrafe in Höhe von S 175.000,-- verhängt wurde.
Die auf diese, konkret vom Beschwerdeführer nie bestrittenen Darlegungen gestützte Entscheidung der belangten Behörde, die in Rede stehenden Steuerrückstände nicht nachzusehen, stellt sich nach Ansicht des Gerichtshofes als durchaus sachlicher Art dar und läßt nicht erkennen, daß die belangte Behörde ihr Ermessen willkürlich gehandhabt hat. Daran vermögen weder der Umstand, daß sich der Beschwerdeführer im Zuge der Betriebsprüfung mehr oder weniger kooperativ erwies noch die Tatsache, daß der Beschwerdeführer die über ihn verhängte Geldstrafe in Raten entrichtet, etwas zu ändern.
Aber auch der Einwand des Beschwerdeführers, daß "den rechnerischen Größen des Betriebsprüfungsergebnisses kein auch nur annähernd gleichwertiger Liquiditätszufluß" an ihn gegenüberstehe, geht ins Leere. Zu Recht wird nämlich in der Gegenschrift darauf hingewiesen, daß dieses Argument allenfalls im Abgabenfestsetzungsverfahren vorzubringen gewesen wäre.
Ohne rechtliche Relevanz ist im Streitfall auch die vom Beschwerdeführer angeschnittene Frage, ob und inwieweit der strittige Abgabenrückstand bei ihm einbringbar sein wird.
Da demnach der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet erscheint, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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