VwGH 89/09/0135

VwGH89/09/013525.4.1990

N gegen Landesarbeitsamt Wien vom 19. September 1989, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz

Normen

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Seitens des Bildungshauses T, einer kirchlichen Dienststelle, als deren Rechtsträger die Beschwerdeführerin auftritt (in der Folge kurz: Beschwerdeführerin), wurde am 5. Juni 1989 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe der Antrag um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 (AuslBG), für die jugoslawische Staatsangehörige AB für die Tätigkeit als "technische Hilfskraft" gestellt. Die Bezeichnung dieser Tätigkeit im Antrag wurde auf eine aus den vorgelegten Akten nicht weiter ersichtliche Art auf "Hausmädchen, Bedienerin" ergänzt.

Diesen Antrag wies das genannte Arbeitsamt - ohne weitere aus den Akten ersichtliche Verfahrensschritte - mit dem Bescheid vom 22. Juni 1989 ab, wobei als Begründung nur auf den Text des § 4 Abs. 1 AuslBG verwiesen wurde.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, es sei ihr trotz intensiver Suche und trotz Einschaltung des Arbeitsamtes über Monate hinweg nicht gelungen, eine österreichische Staatsbürgerin oder eine Frau mit Beschäftigungsbewilligung für die vorgesehene Stelle zu finden. Es könne sich daher die Einstellung der A.B. nicht nachteilig auf den inländischen Arbeitsmarkt auswirken; ihre Beschäftigung würde sich sogar aus näher dargestellten Gründen als im gesamtwirtschaftlichen Interesse gelegen erweisen.

Im Akt der belangten Behörde finden sich dann zwei mit Stampiglie des Bildungshauses T "i.A." gefertigte Formulare, wonach die Einstellung der angebotenen Ersatzkräfte K und P unterblieben sei, weil die "Stelle schon besetzt ist". Weiters findet sich im Akt ein handschriftlicher Vermerk vom 19. Juli 1989, wonach 11 Zuweisungen erfolgt seien und der Dienstgeber bekanntgegeben habe, daß keine Ersatzkraft mehr, wohl aber die beantragte Ausländerin, benötigt werde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. September 1989 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG keine Folge und bestätigte den Bescheid der Behörde erster Instanz. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen allgemein jene Grundsätze aus, die ihrer Meinung nach bei der Beurteilung der Bewilligungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG zu beachten seien. Es sei festgestellt worden, daß A.B. noch keine entsprechenden Dienstverhältnisse in Österreich nachweisen könne, auf Grund deren sie Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung habe. Derzeit sei eine Ersatzstellung durch inländische und ausländische Kräfte, die Arbeitslosengeld bezögen und beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stünden, möglich. An der Vermittlung dieser Personen bestehe - im Hinblick auf die für einen Großteil dieser Personen aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung - ein dringendes öffentliches Interesse; diesem Personenkreis sei primär die Eingliederung in den Arbeitsprozeß zu ermöglichen. Am 19. Juli 1989 habe die Beschwerdeführerin jedoch bekanntgegeben, daß keine Ersatzkraft mehr benötigt werde. Im Hinblick auf die aufgezeigten Umstände werde daher die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung unter Bedachtnahme auf § 4 Abs. 1 AuslBG nicht für vertretbar erachtet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG und in ihrem Recht auf ein von Mängeln freies Verwaltungsverfahren sowie auf eine mängelfreie Bescheidbegründung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1989, Zl. 89/09/0007, und die dort angeführte Vorjudikatur) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein bestimmter einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Diese Beweisführung erübrigt sich allerdings dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein und unbegründet abgelehnt wird.

Auf dieses zuletzt genannte Argument stützt die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, wenn sie in dessen Begründung ausführt, die Beschwerdeführerin habe am 19. Juli 1989 telefonisch bekanntgegeben, daß keine Ersatzkraft mehr benötigt werde.

Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, zu dieser entscheidenden Feststellung sei die belangte Behörde auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens gekommen, diese Feststellung finde im angefochtenen Bescheid auch keine zureichende Begründung, ist berechtigt. Auf erstinstanzliche Ermittlungsergebnisse konnte die belangte Behörde sich dabei nicht stützen, weil von der Behörde erster Instanz überhaupt nichts erhoben worden ist. Die Feststellung eines Telefonates, in welchem "der Dienstgeber" bekanntgegeben habe, er benötige keine Ersatzkraft mehr, wohl aber die beantragte Ausländerin, stützt sich auf einen handschriftlichen Aktenvermerk, in welchem nicht einmal festgehalten worden ist, mit wem dieses Telefonat geführt worden ist. Abgesehen davon, daß somit nicht feststeht, daß diese Äußerung von einer für die Beschwerdeführerin nach außen vertretungsbefugten Person abgegeben wurde, hat es die belangte Behörde auch unterlassen, ihr aus diesem Telefonat abgeleitetes (entscheidendes) Ermittlungsergebnis der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs vorzuhalten. Da die belangte Behörde darüber hinaus keine den konkreten Einzelfall betreffende Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat und auf die in den Akten befindlichen, Ersatzkräfte namens K und P betreffenden Urkunden erstmals in ihrer Gegenschrift, nicht aber im angefochtenen Bescheid Bezug genommen hat, ist auch der Vorwurf begründet, daß der angefochtene Bescheid einer ausreichenden und vom Verwaltungsgerichtshof nachprüfbaren Begründung entbehrt.

Daß die beantragte Ausländerin noch keine entsprechenden Dienstverhältnisse in Österreich nachweisen kann, auf Grund deren sie Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung hat, ist für sich allein - wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt festgestellt hat, vgl. z. B. die Erkenntnisse vom 28. Juni 1989, Zl. 89/09/0007, und vom 19. Jänner 1989, Zl. 88/09/0127) - nicht ausschlaggebend.

Da der Sachverhalt somit in entscheidungswesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf, aber auch Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG sowie 59 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.

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