VwGH 89/08/0227

VwGH89/08/022722.5.1990

A-GmbH gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 19. September 1988, Zl. 5-226 Si 73/10-88, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse)

Normen

ASVG §44 Abs1;
ASVG §49 Abs1;
ASVG §49 Abs2;
ASVG §44 Abs1;
ASVG §49 Abs1;
ASVG §49 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Begehren auf Ersatz der "Bundesstempel" wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 13. Juli 1987 sprach die mitbeteiligte Steiermärkische Gebietskrankenkasse aus, daß die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, die mit der Beitragsnachverrechnung vom 23. Jänner 1987 unter Berücksichtigung der Berichtigungen vom 5. und 24. Juni 1987 in der Höhe von S 81.813,03 vorgeschriebenen Sonderbeiträge zur Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung sowie den Zuschlag zum IESG an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu entrichten. Nach der Bescheidbegründung sei anläßlich der am 10. Juni 1986 durchgeführten Beitragsprüfung festgestellt worden, daß für die in näher genannten Zeilen der Beitragsnachverrechnung vom 23. Jänner 1987 angeführten Personen im Zeitraum von Juni 1982 bis Dezember 1985 Messeprämien zur Auszahlung gelangt seien, die seitens der Beschwerdeführerin als laufender Bezug der Beitragsberechnung zugrunde gelegt worden seien. Dies habe bedingt, daß jene Prämien nicht für die Beitragsbemessung herangezogen worden seien, weil hinsichtlich der allgemeinen Beitragsgrundlagen bereits ohne die Messeprämien die jeweils in Geltung stehenden Höchstbeitragsgrundlagen gemäß § 45 ASVG erreicht worden seien. Im Konkreten habe es sich so verhalten, daß derartige Messeprämien nicht in jedem Monat zur Auszahlung gelangt und insbesondere der monatliche Anfall dieser Prämien nicht garantiert gewesen seien; nicht in jedem Monat habe eine derartige Messe stattgefunden. In rechtlicher Hinsicht werde festgestellt, daß die Mehrmaligkeit eines Bezuges ihn noch nicht zum laufenden Arbeitslohn mache. Um eine Qualifikation als laufender Bezug zu bewirken, müßte nämlich die regelmäßige monatliche Auszahlung der betreffenden Prämien gewährleistet sein, während in den Anlaßfällen Messeprämien nur zur Auszahlung gelangt seien, wenn auch im jeweiligen Monat seitens der betreffenden Dienstnehmer eine Messe besucht worden sei. Da dies keineswegs allmonatlich der Fall gewesen sei, seien die zur Auszahlung gelangenden Messeprämien als Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt würden, zu qualifizieren. Bei der Berechnung der Differenzsonderbeiträge seien die von der Beschwerdeführerin für die Jahre 1982 bis 1985 vorgelegten Lohnunterlagen herangezogen und der Beitragsnachverrechnung zugrunde gelegt worden.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch bestritt die Beschwerdeführerin, daß es sich bei den Messeprämien um Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG gehandelt habe. Diese Prämien würden den Mitarbeitern weder in fixer Höhe ausgezahlt noch hätten sie darauf a priori einen Anspruch. Die Prämien dienten einerseits zur Abgeltung von Überstundenleistungen durch die Mitarbeiter im Zuge von Ausstellungen auf Messen, andererseits handle es sich dabei um Prämien, die in Abhängigkeit des auf der Messe erzielten Umsatzes gewährt würden. Die Zahlungen bezögen sich auf konkrete Leistungen (erhöhter Arbeitseinsatz bei der Messe) bzw. auf bestimmten Beitragszeiträumen zurechenbare Umsätze. Die Prämien würden im nachhinein für genau bestimmte Beitragszeiträume ausbezahlt. Von der gesetzlichen Definition der Sonderzahlung seien Zahlungen umfaßt, die mit gelockerter Regelmäßigkeit wiederkehrten und mit deren Wiederkehr der Arbeitnehmer zumindest rechnen könne. Dies treffe im konkreten Fall nicht zu, weil die Messeprämien den Mitarbeitern nur dann gewährt würden, wenn sie von der Beschwerdeführerin auf Messen eingesetzt würden, und weil im vorhinein nicht feststehe, ob ein Mitarbeiter einen derartigen Auftrag von der Beschwerdeführerin erhalte. Er könne daher in keiner Weise mit dem Erhalt einer Messeprämie rechnen. Daß es sich nicht um Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2 ASVG handeln könne, zeige auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1961, Slg. Nr. 5552/A, in dem Umsatzprovisionen, die jährlich im nachhinein abgerechnet würden, zu den laufenden Bezügen gezählt würden. Entgelt, das keine Sonderzahlung im Sinne des ASVG darstelle, sei jedoch der laufenden Beitragsgrundlage hinzuzurechnen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 413 Abs. 1 Z. 1 und 414 ASVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. Begründend wird ausgeführt, es gehe im gegenständlichen Fall einzig und allein um die Frage, ob die den auf den Beitragsnachverrechnungen aufscheinenden Dienstnehmern gewährten "Messeprämien" dem laufenden Entgelt gemäß § 49 Abs. 1 ASVG oder den Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 leg. cit. hinzuzurechnen seien. Nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle seien Sonderzahlungen Bezüge im Sinne des Abs. 1, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt würden, wie z.B. ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld. Die Bedeutung der Herausnahme der Sonderzahlungen aus dem allgemeinen Entgeltbegriff sei darin zu sehen, daß sie weder anteilsmäßig den allgemeinen Beitragsgrundlagen zuzuschlagen seien noch in die allgemeine Beitragsgrundlage jenes Beitragszeitraumes, in dem die Zahlung stattfinde, einzurechnen seien. Der Sonderbeitragszeitraum für Sonderzahlungen sei das Kalenderjahr. Für das Vorliegen einer Sonderzahlung sei ausschlaggebend, daß die Gewährung in größeren Beitragszeiträumen und für größere Beitragszeiträume erfolge. Dadurch unterschieden sie sich von den Entgeltzahlungen, die für einen bestimmbaren Beitragszeitraum gewährt würden, aber erst im nachhinein und global abgerechnet würden. Entscheidend sei aber auch hier der Anspruch auf die Sonderzahlung und seine Fälligkeit. Dies lasse sich am Beispiel der Umsatzprovision deutlich zeigen. Umsatzprovisionen, die als Sonderzahlungen zu behandeln seien, seien meist vom Gesamtumsatz des Dienstgebers und nicht vom Umsatz abhängig, den ein bestimmter Dienstnehmer tätige. Außerdem sei kennzeichnend, daß der Anspruch nicht schon mit der Erzielung eines bestimmten Umsatzes entstehe, sondern noch von anderen Bedingungen, wie etwa vom Bestand des Dienstverhältnisses im Fälligkeitszeitpunkt, abhänge. Damit sei für die Sonderzahlung charakteristisch, daß der Anspruch auf das außerordentliche Entgelt nicht bestimmten Beitragszeiträumen zugeordnet werden könne, weder demjenigen, in dem die entsprechende Arbeitsleistung erbracht worden sei - dagegen spreche der erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehende Anspruch -, noch dem der Auszahlung, weil die Sonderzahlung ja für und in größeren Zeiträumen als dem Auszahlungszeitraum gewährt werde. Wegen dieser mangelnden Zuordenbarkeit sei ein Sonderbeitragszeitraum erforderlich. Da für die Zuordnung von Entgelt zu Beitragszeiträumen der Entgeltanspruch maßgeblich sei, sei somit auch für die Qualifikation einer Leistung als Sonderzahlung ausschlaggebend, daß der Anspruch auf sie nicht in mehreren Beitragszeiträumen entstehe, sondern für mehrere Beitragszeiträume im vor- oder nachhinein eingeräumt werde. Nur dann, wenn die Leistung ohne Rechtsanspruch gewährt werde, komme es auf die tatsächliche Gewährung für einen größeren Zeitraum an, wobei eine Zuordnung zu bestimmten Beitragszeiträumen ausgeschlossen sein müsse (vgl. die Ausführungen von Marhold im Artikel "Sozialversicherungsrechtliche Bewältigung atypischer Entgeltvereinbarungen" in: Schrammel, Versicherungs- und Beitragspflicht in der Sozialversicherung). Da die gegenständlichen Messeprämien nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin mehrmals jährlich und nicht monatlich im nachhinein den Dienstnehmern zur Auszahlung gebracht worden seien, wobei auch der monatliche Anfall nicht garantiert worden sei, zumal nicht jeden Monat eine Messe stattgefunden habe, könnten die gewährten Messeprämien im Sinne der vorstehenden Ausführungen - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - nicht bestimmten Beitragszeiträumen zugeordnet werden. Wenn die Beschwerdeführerin diesbezüglich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1961, Slg. Nr. 5552/A, das sich auf Umsatzprovisionen bezogen habe, verweise, so sei dazu zu bemerken, daß eine Zuordnung solcher Messeprämien auf einzelne Beitragszeiträume voraussetzte, daß der Anspruch auf diese Prämien mit der Beschäftigung laufend existent geworden sei (vgl. außerdem das Erkenntnis vom 22. Jänner 1969, Zl. 971/68). Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn die vereinbarten Tätigkeiten in jedem Beitragszeitraum, also in jedem Kalendermonat, geleistet würden bzw. wenn die Prämien den Dienstnehmern regelmäßig zuflössen. Da weder der monatliche Anfall noch die monatliche Auszahlung der Messeprämien durch die Beschwerdeführerin garantiert würden, könne auch von einem "laufend existent werden" des Messeprämienanspruches nicht gesprochen werden. Dies ergebe sich auch aus der Formulierung der Beschwerdeführerin, daß kein Mitarbeiter im vorhinein mit dem Erhalt des Messeauftrages rechnen könne. Außerdem führe die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 4. Dezember 1986 selbst aus, daß der Prämienanspruch auch vom Erreichen der von der Unternehmensleitung aufgestellten Umsatzvorgaben (zu ergänzen: abhänge), und zwar erst dann fällig werde, wenn Waren im Wert von 70 % des erzielten Messeumsatzes auch ausgeliefert worden seien. Damit stehe fest, daß der Prämienanspruch erst mit Erfüllung der Bedingungen entstehe, sodaß die Prämie nicht den allgemeinen Beitragszeiträumen, nämlich den Kalendermonaten, zugerechnet werden könne. Zum Einwand, daß mit den Messeprämien Überstunden abgegolten worden seien, sei festzuhalten, daß auch aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Lohnkontoblättern ersichtlich sei, daß nicht bei sämtlichen Dienstnehmern eine betragliche Trennung von "Messeprämien" und "Messeüberstunden" erfolgt sei. Es sei daher anzunehmen, daß bei jenen Messeprämien, durch die auch Überstunden abgegolten worden seien, dies - wie auf einigen Lohnkontoblättern ersichtlich gemacht - in einer gesonderten Zeile des Lohnkontos angeführt worden sei. Aus der Aufschlüsselung in "Messeprämien" und "Messeüberstunden" könne daher abgeleitet werden, daß die mit "Messeprämien" bezeichneten Beträge kein Überstundenentgelt beinhalteten. Da der Anteil an Messeprämien, durch den Überstunden abgegolten würden, als laufendes Entgelt zu qualifizieren sei, habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse dies bei der gegenständlichen Beitragsnachverrechnung, insoweit entsprechende Belege vorgelegen seien, auch berücksichtigt. Die Zuordnung der gegenständlichen Messeprämien "als Sonderbeiträge" (gemeint: als Sonderzahlungen) sei damit zu Recht erfolgt.

Mit Beschluß vom 12. Juni 1989, Zl. B 1760/88, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde rügt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, die belangte Behörde verkenne, daß die Messeprämien im Gegensatz zu ihren Ausführungen sehr wohl bestimmten Zeiträumen - nämlich jenen Zeiträumen, in denen die Mitarbeiter der Beschwerdeführerin auf Messen tätig gewesen seien - zugerechnet werden könnten und müßten und von der Beschwerdeführerin auch zugerechnet worden seien. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 20. März 1964, Zl. 785/63, und vom 25. April 1961, Slg. Nr. 5552/A, ausgeführt habe, seien für die Beantwortung der Frage, ob es sich (bei Zuwendungen) um ein laufendes Entgelt oder um eine Sonderzahlung im Sinne des § 49 Abs. 2 ASVG handle, die Entstehungsursachen der Leistung maßgeblich. Selbst wenn Prämien einmal jährlich in einer Summe ausbezahlt würden, seien die Prämien jenen Zeiträumen zuzurechnen, in denen die Leistung erbracht bzw. der Umsatz erzielt worden sei. An der Zuordnung der von der Beschwerdeführerin geleisteten Zahlungen zu bestimmten Zeiträumen ändere sich auch dadurch nichts, daß die Messeprämien erst dann ausbezahlt worden seien, wenn auch tatsächlich Waren im Wert von 70 % des erzielten Messeumsatzes ausgeliefert worden seien. Da die Messeprämie (auch) für die Erzielung einer Umsatzsteigerung gewährt worden sei, stehe es der Beschwerdeführerin wohl zu, die Messeprämie erst zu einem Zeitpunkt auszuzahlen, zu dem feststehe, daß die Umsatzsteigerung auch tatsächlich erzielt worden sei und nicht etwa nur Scheingeschäfte geschlossen worden seien. Soweit die Verfahrensergebnisse nicht ausreichten, eine Qualifikation der Messeprämie als laufendes Entgelt oder als Sonderzahlung vorzunehmen, sei - so wird zum Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ausgeführt - das Verfahren mangelhaft geblieben. Es hätten weitere Erhebungen über die näheren Umstände für die Gewährung der Messeprämien durchgeführt werden müssen. Insbesondere hätte festgestellt werden müssen, welche Mitarbeiter wann auf welchen Messen gearbeitet hätten und welche Umsätze dabei erzielt worden seien.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 1 erster Satz ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum (das ist im Beschwerdefall entsprechend dem § 44 Abs. 2 ASVG unbestritten der Kalendermonat) gebührende auf volle Schilling gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinn gilt nach der Z. 1 des zweiten Satzes des § 44 Abs. 1 leg. cit. bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6. Unter dem Entgelt pflichtversicherter Dienstnehmer sind nach § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. Nach § 49 Abs. 2 ASVG sind Sonderzahlungen, das sind Bezüge im Sinne des Abs. 1, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie z.B. ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld, als Entgelt nur nach Maßgabe der Bestimmungen des § 54 und der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, in denen die Sonderzahlungen ausdrücklich erfaßt werden, zu berücksichtigen.

Da § 49 Abs. 2 ASVG auf § 49 Abs. 1 leg. cit. verweist, sind trotz der Wendung "gewährt werden" unter Sonderzahlungen nicht nur solche Geld- und Sachbezüge zu verstehen, die dem pflichtversicherten Dienstnehmer in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen tatsächlich "zukommen", sondern - unabhängig von ihrer Benennung - entweder Geld- und Sachbezüge, auf die er aus dem Dienstverhältnis "in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen" Anspruch hat, ohne Rücksicht darauf, ob sie ihm überhaupt oder in der gebührenden Höhe zukommen, oder die er darüber hinaus in diesen "Zeiträumen" auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. Die Frage nach dem Anspruch auf Entgelt- oder Sachbezug ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Gesichtspunkten zu beantworten (vgl. das Erkenntnis vom 30. Jänner 1986, Zlen. 85/08/0147, AW 85/08/0032, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Für die Abgrenzung zwischen dem Entgelt nach § 49 Abs. 1 ASVG und den Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 leg. cit. ist somit entscheidend, ob Bezüge im Sinne des Abs. 1 "in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt" werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner umfangreichen Rechtsprechung zur Zurechnung von Umsatzprovisionen und Umsatzbeteiligungsprämien zum Entgelt nach § 49 Abs. 1 oder zu den Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG zum Problem des Zeitpunktes der Gewährung ausgesprochen hat, gilt die tatsächliche Auszahlung nur bei solchen Bezügen als Gewährung, die nicht vermöge eines Anspruchs des Dienstnehmers, sondern darüber hinaus gezahlt werden. Besteht aber ein Anspruch auf Umsatzprovisionen oder Umsatzbeteiligungsprämien, so sind diese nicht erst mit der Auszahlung oder ihrer Fälligkeit, sondern schon mit dem Entstehen des jeweiligen Anspruches als gewährt anzusehen. Umsatzprovisionen entstehen im allgemeinen ihrer Wesensart nach mit der Tätigung von Umsätzen. Ist das Entstehen des Anspruchs auf eine Umsatzprovision aber nicht allein von der Tätigung laufender Umsätze, sondern darüber hinaus noch von der Erfüllung weiterer Bedingungen abhängig, so entsteht der Anspruch erst mit der Erfüllung dieser Bedingungen. Auch bei Umsatzbeteiligungsprämien, bei denen nach den getroffenen Vereinbarungen der Umsatz einer bestimmten Periode bloß als Bemessungsgrundlage zur Bestimmung ihrer Höhe heranzuziehen ist, kann nicht ohne weiteres gesagt werden, daß der Anspruch auf die Leistung schon mit jedem einzelnen Umsatz entsteht. Den Umsätzen kommt in diesen Fällen nur mittelbar als Maß für die Höhe der Prämie Bedeutung zu (vgl. vor allem das Erkenntnis vom 6. März 1986, Zl. 85/08/0076, mit weiteren Judikaturhinweisen, insbesondere auf die von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wiederholt zitierten, oben wiedergegebenen Erkenntnisse, sowie die Erkenntnisse vom 21. April 1986, Zl. 84/08/0140, vom 14. August 1986, Zl. 85/08/0138, vom 22. September 1988, Zl. 85/08/0082, und vom 19. September 1989, Zl. 85/08/0007).

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine in diesem Sinne freiwillig oder verpflichtend gewährte Zuwendung "in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt" wird, kommt es nach ständiger (sich insofern auf die im § 49 Abs. 2 ASVG aufgezählten Beispiele und die Entstehungsgeschichte dieser Norm stützender) Rechtsprechung aber weiters darauf an, ob diese (verpflichtenden oder freiwilligen) Zuwendungen im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG mit einer gewissen Regelmäßigkeit in bestimmten, über die Beitragszeiträume hinausreichenden Zeitabschnitten wiederkehren (vgl. die Erkenntnisse vom 4. Juni 1958, Slg. Nr. 4693/A, und vom 27. April 1960, Zl. 2669/59), wobei die Regelmäßigkeit der wiederkehrenden Leistungen im wesentlichen aus der Dienstgeberzusage oder dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse zu beurteilen ist (vgl. die Erkenntnisse vom 11. Mai 1960, Slg. Nr. 5295/A, vom 20. Dezember 1961, Zlen. 1958, 1959/58, vom 10. April 1962, Zl. 1316/61, vom 9. Mai 1962, Zl. 2092/61, und vom 30. Jänner 1986, Zlen. 85/08/0147, AW 85/08/0032).

Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Auslegung des § 49 Abs. 2 ASVG in Abgrenzung zu § 49 Abs. 1 leg. cit. fest und teilt nicht die zum Teil davon abweichende Auffassung von Marhold in dem in der Bescheidbegründung zitierten Artikel und die darauf gestützte Rechtsauffassung der belangten Behörde.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist der angefochtene Bescheid nicht mit solchen Verfahrensmängeln behaftet, die eine rechtliche Beurteilung nach den obigen Grundsätzen unmöglich machten. Denn die Beschwerdeführerin hat in ihren an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse gerichteten Schreiben vom 4. Juli 1986 und 4. Dezember 1986 sowie im Einspruch diese Entgeltteile in ausreichender Weise und widerspruchsfrei charakterisiert. Davon sind sowohl die mitbeteiligte Partei als auch die belangte Behörde bei ihren Bescheiden mit der Maßgabe ausgegangen, daß es sich bei den strittigen Messeprämien nur um jene handle, die keine Abgeltung von Überstundenleistungen beinhalteten. Dies hat die Beschwerdeführerin in der Beschwerde aber nicht in Abrede gestellt. Nach dem eben genannten Vorbringen der Beschwerdeführerin handelt es sich bei diesen strittigen Messeprämien um neben dem Gehalt und allfälligem Überstundenentgelt gewährte Gegenleistungen für die von Dienstnehmern auf Messen erbrachten Arbeitsleistungen, die, abgesehen von der Teilnahme der Dienstnehmer an den Messen (auf die sie keinen Anspruch hatten), davon abhängig waren, daß ein bestimmter (nicht nur von ihrer Tätigkeit abhängiger) Mindestumsatz auf der Messe erreicht wurde. Die Höhe der Messeprämie war nach der Umsatzhöhe gestaffelt. Fällig waren die Messeprämien, sobald 70 % des Umsatzes ausgeliefert waren. Die so gekennzeichneten Messeprämien beruhten auf mündlichen Vereinbarungen zwischen der Beschwerdeführerin und den Dienstnehmern.

Demnach hatten die betroffenen Dienstnehmer zwar "nicht a priori" Anspruch auf diese Messeprämien, weil sie einerseits davon abhingen, daß die Dienstnehmer an den Messen teilnahmen, und andererseits das Erreichen eines Mindestumsatzes Voraussetzung für den Anspruch war. Dennoch können sie nicht als freiwillige Leistungen bezeichnet werden. Mit der Erfüllung der Bedingungen entstand vielmehr der Anspruch der Dienstnehmer auf die Messeprämien dem Grund und der Höhe nach, demnach aber erst mit der Beendigung der Messe, weil erst zu diesem Zeitpunkt feststand, ob die beiden Bedingungen erfüllt waren. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde war jedoch die Auslieferung von 70 % des Umsatzes keine Bedingung für das Entstehen des Anspruches, sondern lediglich für die Fälligkeit. Es handelte sich somit bei diesen Messeprämien um besondere Umsatzbeteiligungsprämien als zusätzliche Gegenleistung für die Tätigkeit von Dienstnehmern auf der jeweiligen Messe, auf die bei Erfüllung der genannten Bedingungen ein Rechtsanspruch mit Abschluß der Messe entstand.

Diese so gekennzeichneten Messeprämien sind nun - unter Zugrundelegung der obigen rechtlichen Darlegungen - weder deshalb als Sonderzahlungen anzusehen, weil sie , wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse und zum Teil auch die belangte Behörde meinen, nicht regelmäßig monatlich "ausgezahlt" werden oder "angefallen" sind, noch wegen ihrer nach Auffassung der belangten Behörde nicht möglichen Zuordenbarkeit zu bestimmten Beitragszeiträumen. Auf die tatsächliche Auszahlung kommt es deshalb nicht an, weil die Dienstnehmer auf sie einen, wenn auch von der Erfüllung der zwei genannten Bedingungen abhängigen Anspruch hatten. Daß ein Entgeltteil nicht in jedem Beitragszeitraum (im Beschwerdefall also in jedem Kalendermonat) entsteht, macht ihn nicht notwendig zur Sonderzahlung, andernfalls hätte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse auch die anläßlich von Messen gewährten Überstundenentgelte als nicht in jedem Kalendermonat gewährte Zuwendungen als Sonderzahlungen qualifizieren müssen. Entscheidend ist vielmehr die regelmäßige Wiederkehr der Entgeltteile in bestimmten, über die Beitragszeiträume hinausreichenden Zeitabschnitten entsprechend der Dienstgeberzusage oder nach dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse. Eine Dienstgeberzusage (regelmäßiger Wiederkehr) bestand nicht, weil, wie bereits mehrfach ausgeführt wurde, auf diese Messeprämien nur ein von zwei Bedingungen abhängiger Anspruch bestand. Es kann aber auch nach dem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse nicht von einer regelmäßigen Wiederkehr der Messeprämien gesprochen werden, weil zwar Veranlassung und Rechtsgrund der Gewährung gleich waren, nach der Art des Anlasses (nämlich den Messen) aber keine Regelmäßigkeit der Wiederkehr in bestimmten, über die Beitragszeiträume hinausreichenden Zeitabschnitten angenommen werden kann (vgl. zu diesen Kriterien das schon zitierte Erkenntnis vom 11. Mai 1960, Slg. Nr. 5295/A). Aus diesen Gründen ist es auch irrelevant, ob die Messeprämien (in den Fällen, in denen die Messe nicht nur während eines Zeitabschnittes eines Kalendermonates, sondern in einem Zeitraum stattfand, der in zwei Kalendermonate hinein reichte) im Sinne der Ausführungen der belangten Behörde in der Bescheidbegründung nicht einem bestimmten Beitragszeitraum zuordenbar waren.

Die strittigen Messeprämien sind daher als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG anzusehen und - entsprechend dem § 44 Abs. 1 ASVG - der jeweiligen allgemeinen Beitragsgrundlage des Kalendermonates zuzuordnen, in dem die Messeprämie gebührte.

Da die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren auf Stempelgebührenersatz war zufolge der bestehenden sachlichen Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG abzuweisen.

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