VwGH 89/06/0124

VwGH89/06/012420.9.1990

S-Gesellschaft m.b.H. gegen Steiermärkische Landesregierung vom 29. Mai 1989, Zl. 03-12 Ea 2-89/20, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde W)

Normen

BauO Stmk 1968 §1;
BauO Stmk 1968 §2 Abs1;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 idF 1987/067;
BauO Stmk 1968 §58 lita;
BauO Stmk 1968 §62 Abs4;
BauRallg;
GebG 1957 §2 Z2;
ROG Stmk 1974 §2 Abs1 lita;
ROG Stmk 1974 §25 Abs2 idF 1976/061;
ROG Stmk 1974 §62 Abs1 idF 1976/061;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwRallg;
BauO Stmk 1968 §1;
BauO Stmk 1968 §2 Abs1;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 idF 1987/067;
BauO Stmk 1968 §58 lita;
BauO Stmk 1968 §62 Abs4;
BauRallg;
GebG 1957 §2 Z2;
ROG Stmk 1974 §2 Abs1 lita;
ROG Stmk 1974 §25 Abs2 idF 1976/061;
ROG Stmk 1974 §62 Abs1 idF 1976/061;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen von S 9.390,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Mit einem am 19. August 1988 bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangten Ansuchen beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung eines Faßlagers mit Zufahrt und Einzäunung gemäß dem Ansuchen beigeschlossener Pläne auf dem Grundstück Nr. 512/3 der Liegenschaft EZ 125 KG W; einer dem Ansuchen beigefügten Baubeschreibung zufolge handle es sich um eine Stahlleichtkonstruktion, bei der die Stützen in Stahlbetonfundamenten verankert würden. Die südseitige Wand bestehe aus einer 25 cm starken Ziegelmauer (als Brandschutzmauer ausgebildet), die je 5,00 m über die West- bzw. Ostseite vorgezogen sei. Die Stützen und Dachkonstruktion einschließlich der Pfetten sowie das seitlich vorgesehene Begrenzungs- bzw. Anschlußgitter würden in Metall ausgebildet, die Dachhaut bestehe aus Eternit. Da die in diesem Faßlager aufzubewahrenden Flüssigkeiten nicht in das Erdreich dringen dürften, würden die Fässer in einer dichten Auffangwanne aus Stahlbeton gelagert.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde hat dieses Bauansuchen mit Bescheid vom 5. Dezember 1988 unter Hinweis darauf abgewiesen, daß die Beschwerdeführerin trotz einer unter Fristsetzung ergangenen diesbezüglichen Aufforderung keinen Nachweis einer rechtskräftigen Widmung im Sinne des § 2 Stmk BO erbracht habe.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. März 1989 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Der gegen diesen Berufungsbescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Da der erstinstanzliche Bescheid vor dem 1. März 1989 (dem Tag des Inkrafttretens der Steiermärkischen Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989) erlassen wurde, ist gemäß Art. II Abs. 2 dieser Novelle im Beschwerdefall auch im Berufungsverfahren die Steiermärkische Bauordnung idF VOR dem Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle 1988 anzuwenden; die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen lauten daher:

" § 2

Widmung zu Bauplätzen

(1) Die Widmung von Grund zu einem oder mehreren Bauplätzen oder eine Widmungsänderung bedarf der Bewilligung der Baubehörde. Vor Rechtskraft der Widmungsbewilligung darf eine Baubewilligung nicht erteilt werden, jedoch können Widmungs- und Bauverhandlungen gemeinsam durchgeführt werden.

(2) .....

(3) .....

§ 57

Bewilligungspflicht

(1) Einer Bewilligung der Baubehörde bedürfen Gebäude, Bauwerke und Anlagen (§ 25 Abs. 3 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974) wie

a) Neubauten oder Bauten, bei denen nach Abtragung oder Zerstörung eines bestehenden Baues dessen Grund- und Kellermauern ganz oder teilweise wiederverwendet werden;

§ 58

Ansuchen

Dem Ansuchen um Bewilligung sind anzuschließen:

a) Der Nachweis der Widmungsbewilligung oder, wenn gleichzeitig um die Widmungsbewilligung angesucht wird, die hiezu erforderlichen Unterlagen (§ 2),

Die Beschwerdeführerin hat - wie sie selbst nicht bestreitet - weder mit ihrem Baubewilligungsansuchen noch innerhalb der von der Baubehörde erster Instanz gesetzten Frist einen Nachweis der Widmungsbewilligung erbracht und auch nicht gleichzeitig um eine entsprechende Widmungsbewilligung angesucht; sie vertrat vielmehr im Verwaltungsverfahren (ebenso wie in der vorliegenden Beschwerde) die Auffassung, daß eine Widmungsbewilligung im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 27. November 1986, Zl.85/06/0222, BauSlg. Nr. 811, für das gegenständliche Vorhaben nicht erforderlich sei.

Damit verkennt die Beschwerdeführerin jedoch die Rechtslage: Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zitierten Erkenntnis wohl ausgesprochen, daß nicht JEDE (wenn auch nach § 57 BO bewilligungspflichtige) Bauführung einer Widmungsbewilligung bedarf und aus dem Inhalt des Begriffes "Bauplatz" in Verbindung mit den im § 1 BO genannten Erfordernissen eines solchen Bauplatzes abgeleitet, daß darunter nur die Ausnützung einer Baufläche für die Realisierung bestimmter vorgesehener baulicher Nutzungen, wie etwa die Errichtung von Wohnbauten im Wohngebiet, zu verstehen sei; in diesem Erkenntnis wurde daher das Erfordernis einer Widmungsbewilligung für die Errichtung einer Plakatwand verneint. Von einem solchen Fall kann hier jedoch nicht die Rede sein, zumal es sich bei der von der Beschwerdeführerin beabsichtigten Bauführung (Errichtung eines Faßlagers für Sonderabfälle) um ein Gebäude handelt, das überdies eine Sondernutzung im Freiland im Sinne des § 25 Abs. 2 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes erfordern würde und kein Zweifel daran bestehen kann, daß ein Grundstück für eine solche Bauführung bestimmte Voraussetzungen, wie sie im § 1 BO umschrieben sind, aufweisen muß. Die somit erforderliche Feststellung von Widmungsverträglichkeit und Bauplatzeignung im beschriebenen Sinne ist aber nach der Gesetzessystematik der Steiermärkischen Bauordnung Aufgabe des Widmungsbewilligungsverfahrens (und nicht des Baubewilligungsverfahrens).

Auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf verschiedene, in den letzten drei Jahrzehnten auf anderen Parzellen dieser Liegenschaft bewilligte Bauvorhaben, woraus sich nach Auffassung der Beschwerdeführerin die Eigenschaft dieser Parzellen als Bauplatz ergeben soll, ändert nichts daran, daß für jede neue (somit auch für die im Gegenstand auf dieser Parzelle ERSTMALS beabsichtigte) Bauführung entweder eine entsprechende Widmungsbewilligung beizubringen oder um eine solche anzusuchen ist. Auch dem von der Beschwerde ins Treffen geführte Umstand, daß das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 23. Juli 1987 "der Errichtung des Faßlagers zugestimmt" habe, kommt nicht die Bedeutung zu, daß eine "gesonderte Widmung durch die Baubehörde" nicht erfolgen könne, weil die Steiermärkische Bauordnung keine Ausnahmeregelungen für den Fall anderweitiger Bewilligungspflichten (oder erteilter Bewilligungen) enthält.

Wenn die Beschwerdeführerin schließlich daraus, daß die ihr erteilte Rodungsbewilligung bis 30. April 2002 befristet sei, den Schluß zieht, das von ihr beabsichtigte Faßlager sei ein Bau vorübergehenden Bestandes im Sinne des § 62 Abs. 4 BO, so verkennt sie diesen Begriff; ganz abgesehen davon, daß die Bestimmung des § 58 Abs. 2 BO, wonach u.a. bei allen Bauten vorübergehenden Bestandes die Pflicht zum Nachweis der Widmung entfällt, erst durch die Steiermärkische Bauordnungsnovelle 1988 in die Steiermärkische Bauordnung eingefügt wurde und daher - wie einleitend dargelegt- auf das vorliegende Bauansuchen nicht unmittelbar anzuwenden war, sind unter Bauten vorübergehenden Bestandes im Sinne des § 62 Abs. 4 BO Veranstaltungszelte, Verkaufshütten, Unterkünfte in Notfällen u.ä. zu verstehen (vgl. dazu Hauer, Steiermärkisches Baurecht, Anm 13 zu § 62 BO), also Bauten, deren vorübergehender Bestand sich aus der engen zeitlichen Begrenztheit des Zweckes ergibt, zu welchem sie (ausschließlich) errichtet werden, und die sich (demzufolge) in ihrer Ausgestaltung von anderen Bauwerken, die auf Dauer errichtet sind, unterscheiden und darin den vorübergehenden Zweck ihrer Errichtung wiederspiegeln. Davon kann jedoch im Beschwerdefall keine Rede sein: Ob das Bauwerk - wie die Beschwerdeführerin behauptet - "leicht abbaubar" ist oder ob es sich um "massives Bauwerk im Sinne der Beständigkeit" handelt, ist für die Beurteilung in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend, weil die (damit umschriebene) "Abbruchfreundlichkeit" eines Bauwerkes dieses noch nicht zu einem Bau vorübergehenden Bestandes macht.

Die von der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Becheides liegt daher nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989; der Kostenersatzanspruch der mitbeteiligten Partei war begrenzt durch deren (hinter den Pauschalsätzen der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989 zurückbleibenden) ausdrücklichen Antrag. Das auf den Ersatz der Stempelgebühren gerichtete Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war (mit Ausnahme der mit S 120,-- für die vorgelegte Vollmacht zugesprochenen Stempelgebühren) abzuweisen, weil die Gemeinde gemäß § 2 Z. 2 des Gebührengesetzes 1957 von der Entrichtung der Stempelgebühren befreit ist und sich diese Befreiung auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstreckt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1969, Slg. 7554/A).

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