VwGH 89/03/0321

VwGH89/03/032110.10.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Oktober 1989, Zl. 11-75 Pa 8-89, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs4 litb;
StVO 1960 §5 Abs7 lita;
VStG §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs4 litb;
StVO 1960 §5 Abs7 lita;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein Beamter der Bundespolizeidirektion Graz erstattete am 12. Juni 1988 die Anzeige, die Funkstreife sei am 11. Juni 1988 um 4,30 Uhr in die X-Straße 21 in Graz beordert worden, da sich ein Verkehrsunfall ereignet habe und der schuldtragende Lenker wegfahre. Wie an Ort und Stelle erhoben worden sei, sei der (vom Beschwerdeführer gelenkte) Pkw, der offensichtlich wegen zu hoher Geschwindigkeit auf der regennassen Fahrbahn ins Schleudern gekommen sei, gegen parkende Fahrzeuge geprallt und habe diese beschädigt. Der Zulassungsbesitzer (Beschwerdeführer) habe nach seiner Ermittlung in seiner Wohnung nicht angetroffen werden können, doch sei sein Pkw davor beschädigt abgestellt gewesen. Die Lebensgefährtin habe erklärt, er sei zu Fuß zu seiner Mutter in Richtung X-Straße unterwegs. In der X-Straße sei der Beschwerdeführer, der einem Beamten bekannt gewesen sei, angehalten worden. Der Beschwerdeführer habe zugegeben, den Unfall um 4,28 Uhr verschuldet zu haben. Wegen der Beschädigung und da er leicht alkoholisiert sei, sei er davongefahren, in der Hoffnung, nicht gesehen worden zu sein. Er habe die Fahrzeugpapiere vorgewiesen. Da seine Atemluft stark nach Alkohol gerochen habe, seine Augenbindehäute gerötet gewesen seien, er zudem zeitweise gelallt habe und beim Stehen leicht geschwankt sei, sei er aufgefordert worden, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Die mit einem bestimmten Gerät (Alkomat) um 6 Uhr vorgenommene erste Messung habe einen Wert von 0,43 mg/l, die um 6,02 Uhr vorgenommenen einen Wert von 0,46 mg/l ergeben. Dem Beschwerdeführer sei die Möglichkeit, sich Blut abnehmen zu lassen, eröffnet worden, doch habe er dies abgelehnt. Er habe angegeben, in einer Disco, wo er beschäftigt sei, zwei Glas Bier ca. 2 Std. vor dem Unfall konsumiert zu haben, aber keine Medikamente oder Suchtgift. Der Anzeige wurde das Meßergebnis beigelegt und darauf verwiesen, daß der Meldungsleger zur Durchführung der Untersuchung ermächtigt sei (auf dem Meßstreifen findet sich auch seine Unterschrift).

In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 15. Juli 1988 brachte der (nunmehr anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer u. a. vor, er sei nach dem Unfall nach Hause gefahren, um seine Fahrzeugpapiere und den Führerschein zu holen. Er sei aber zu Fuß zurückgekehrt, um Verständigungszettel auf den beschädigten Fahrzeugen anzubringen und sodann den Unfall der Polizei anzuzeigen. Er habe nicht zugegeben, leicht alkoholisiert gewesen zu sein. Er habe bei Beginn seiner Tätigkeit ein kleines Bier getrunken und nach Beendigung gegen 4 Uhr ebenso (Beweis: vier Zeugen). Über die Möglichkeit, sich Blut abnehmen zu lassen, sei er nicht belehrt worden. Er habe während der Fahrt von seiner Arbeitsstelle nach Graz ca. 5 bis 6 Rumkugeln gegessen. Offenbar habe der Alkomat wegen dieser Süßigkeiten einen zu hohen Wert angezeigt. Es sei eine Tatsache, daß nach dem Genuß von Knoblauch oder mit Alkohol gefüllten Pralinen oder nach Gurgeln mit Mundwasser der Alkomat verfälschte Ergebnisse liefere (Beweis: ein bestimmter Universitätsdozent).

Der den Meldungsleger begleitende Polizeibeamte wiederholte am 5. August 1988 als Zeuge im wesentlichen die in der Anzeige enthaltenen Angaben und gab weiters an, daß sie den Führerschein des Beschwerdeführers in dem vor seinem Haus abgestellten unversperrten Fahrzeug sichergestellt hätten. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe sich Zulassungsschein und Führerschein von zu Hause holen müssen, sei unrichtig. Er sei auch auf die Möglichkeit der Blutabnahme ausdrücklich hingewiesen worden, doch habe er diese im Hinblick auf den positiven Test abgelehnt.

Auch der Meldungsleger machte am 13. September 1988 als Zeuge damit völlig übereinstimmende Angaben.

In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 20. Oktober 1988 verwies der Beschwerdeführer auch darauf, daß im "Abschlußbericht des Projekt-Feldversuch-Alkomat vom 11. März 1985" der Universität Innsbruck festgehalten sei, daß die Atemalkoholmessung immer wieder höhere scheinbare Blutalkoholkonzentrationen ergeben habe, so habe z. B. der Genuß einer Knoblauchzehe im Rahmen von Untersuchungen eine Erhöhung der umgerechneten Blutalkoholkonzentration von 0,15 %o bewirkt. Erst bei einer Umrechnung auf einen Blutalkoholwert von 1,5 %o sei ein sicheres Ergebnis gegeben. Auch durch andere Substanzen, wie durch "Haftalkohol" komme es zu Verfälschungen der Alkomatwerte.

Die vom Beschwerdeführer hinsichtlich seines Alkoholkonsums beantragten Zeugen (Heinz L., Anton K. und Thomas K.) gaben am

24. bzw. 28. November 1988 an, über einen Alkoholkonsum des Beschwerdeführers keine Angaben machen zu können, da sie auch nicht darauf geachtet hätten. Auch die am 12. April 1989 vernommene Zeugin Ingrid R. erklärte, keine Angaben machen zu können.

Am 16. Mai 1989 vertrat der Beschwerdeführer neuerlich die Ansicht, es müsse der schon genannte Univ.-Dozent (nunmehr Univ.-Prof.) gehört werden.

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 30. Mai 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 11. Juni 1989 um 4,28 Uhr in Graz am genannten Ort 1)...,

2) (für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ohne Bedeutung) und 3) das Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand - mindestens 0,43 mg/l - gelenkt zu haben. Er habe hiedurch Übertretungen zu 1) nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO, zu 2) nach § 4 Abs. 5 StVO und zu 3) nach § 5 Abs. 1 StVO begangen. Über ihn wurden Geldstrafen, und zwar zu

3) nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO von S 11.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 11 Tage) verhängt. Zu der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren allein bedeutsamen Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO wurde auf die Zeugenaussagen der Polizeibeamten und das Ergebnis der Atemalkoholgehaltuntersuchung verwiesen. Die vom Beschwerdeführer genannten Zeugen hätten keine Angaben über seinen tatsächlichen Alkoholkonsum machen können. Auch gehe seine Verantwortung, die von ihm genossenen Rumkugeln hätte eine Verfälschung herbeigeführt, ins Leere. Wie er selbst behaupte, habe er die Rumkugeln auf der Fahrt nach Graz gegessen. Der Unfall habe sich um 4,28 Uhr ereignet, die Messung der Atemluft sei um 6 Uhr erfolgt. Unter Berücksichtigung der Zeitspanne von 1 1/2 Stunden seien auch unter der Annahme, er habe tatsächlich die Rumkugeln konsumiert, Spuren eines störenden Restalkoholeinflusses nicht mehr feststellbar. Das bedeute, daß die Messung korrekt erfolgt sei, da er zumindest eine 15-minütige Wartezeit zwischen einem letzten wie immer gearteten Alkoholkonsum bis zur Atemalkoholkuntersuchung gehabt habe. Dies sei wissenschaftlich erwiesen. Die Rumkugeln hätten daher keinen Einfluß mehr auf die Messung haben können. Deshalb habe sich auch die Einvernahme des beantragten Univ.-Prof. erübrigt.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und verwies darauf, daß laut eines Artikels in der Kleinen Zeitung vom 24. Juni 1988 ein von dem genannten Univ.-Prof. durchgeführter Test ergeben habe, daß zwei alkoholhaltige Bonbons beim Alkomat den Wert von 0,0 %o innerhalb kurzer Zeit auf 1,8 %o schnellen lassen. Im Blut würde dies aber keine meßbare Reaktion hervorrufen. Es wäre daher der Univ.-Prof. zu hören.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Oktober 1989 wurde die Berufung hinsichtlich der Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO abgewiesen und die Geldstrafe auf S 9.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe eine Woche) herabgesetzt. Hinsichtlich der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht bedeutsamen weiteren Übertretungen wurde das Verfahren eingestellt (mangels einer rechtzeitigen verjährungsunterbrechenden Verfolgungshandlung). Nach Darstellung des wesentlichen Berufungsvorbringens wurde ausgeführt, es sei diesbezüglich auf die zutreffenden Darlegungen der ersten Instanz zu verweisen. Die Durchführung des Alkomatentests sei entsprechend den Verwendungsrichtlinien des Bundesministers für Inneres vom 11. Februar 1988, Zl. 19725/64-GD/88, erfolgt. Ein Nachtrunk sei vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden und gehe auch aus der Aktenlage nicht hervor. Aus dem Meßstreifen zeige sich, daß die erste Messung (um 6 Uhr) einen Wert von 0,43 mg/l und die zweite (um 6,02 Uhr) einen solchen von 0,46 mg/l ergeben habe. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, daß das Gerät wegen eines technischen Gebrechens nicht richtig funktioniert habe. Das Vorbringen des Beschwerdeführers bestehe lediglich in Vermutungen und verweise auf Berichte in Artikeln in einer Tageszeitung. Konkrete Behauptungen habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Auch die belangte Behörde sehe keine Veranlassung, das Meßergebnis in Zweifel zu ziehen, weshalb sich auch die Durchführung des Beweisantrages erübrige.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Kraftfahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 mg/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt. Nach Abs. 2a lit. b dieses Paragraphen ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt, vorzunehmen. Nach Abs. 4a dieses Paragraphen gilt, wenn eine Untersuchung der Atemluft nach Abs. 2a lit. b vorgenommen wurde, deren Ergebnis als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung, es sei denn, daß eine Bestimmung des Blutalkoholgehaltes etwas anderes ergibt. Zufolge Abs. 4b und Abs. 7 lit. a ist der Betroffene im Fall eines positiven Untersuchungsergebnisses berechtigt, eine Blutabnahme zwecks Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu verlangen.

Wenn sich der Beschwerdeführer neuerlich auf den schon erwähnten "Projekt-Feldversuch-Alkomat" einer bestimmten Universität aus 1985 beruft, ohne aber damit konkrete relevante Ausführungen zu verbinden, ist ihm zu erwidern, daß die Verwendung des Alkomaten erst durch die 13. StVO-Novelle BGBl. Nr. 105/1986 (ab 1. Mai 1986) eingeführt wurde, wobei in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage und auch im Ausschußbericht auf die wissenschaftlich gesicherte Genauigkeit der Methode verwiesen wurde (vgl. hiezu Benes-Messiner, Straßenverkehrsordnung, 8. Aufl., Anm. 4, zu § 5 StVO, S. 123 f). Die Zulassung der geeigneten Geräte, wozu auch das im Anlaßfall verwendete zählt, erfolgte mit Verordnung vom 12. März 1987, BGBl. Nr. 106. Des weiteren wurde das verwendete Gerät, wie den in den Akten erliegenden Unterlagen zu entnehmen ist, im April 1988, also zwei Monate vor der Tat, einer Überprüfung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und im Oktober 1988 durch die Herstellerfirma unterzogen, wobei jeweils die ordnungsgemäße Funktion bestätigt wurde. Einer neuerlichen Überprüfung, wie dies dem Beschwerdeführer vorschwebt, bedurfte es daher nicht. Das Beschwerdevorbringen läuft insoweit mangels jedweder konkreter Ausführungen auf die Aufnahme eines unzulässigen Erkundungsbeweises hinaus.

Wie die Aktenlage zeigt, erfolgte die Untersuchung entsprechend den schon genannten Verwendungsrichtlinien für Atemalkoholanalysegeräte vom 11. Februar 1988 (wiedergegeben in Benes-Messiner, a.a.O., S. 125 f) und ergab laut Meßstreifen ein verwertbares Ergebnis. Mit der Frage, warum die vom Beschwerdeführer behauptete Einnahme von einigen Rumbonbons während der Fahrt nach Graz (vor 4,28 Uhr) auf das Untersuchungsergebnis keinen Einfluß haben konnte, hat sich die Erstbehörde, aber auch die belangte Behörde zutreffend auseinandergesetzt. Um die allfällige Einwirkung eines Rest(Haft)alkohols im Munde (zufolge unmittelbar vorangegangenen Alkoholkonsums etc.), also eine Verfälschung des Wertes auszuschließen, darf eben die Untersuchung nach den Verwendungsrichtlinien erst 15 Minuten nach dem letzten Alkoholkonsum vorgenommen werden. Im vorliegenden Fall betrug die dazwischen liegende Zeitspanne mehr als 1 1/2 Stunden (Untersuchung um 6 Uhr). Es bestand daher keine Verfälschungsmöglichkeit. Bei dieser Sachlage bedurfte es nicht der Beiziehung des vom Beschwerdeführer beantragten sachverständigen Zeugen (Univ.-Prof.).

Vor allem aber stand es dem Beschwerdeführer frei, eine Blutabnahme, wie es das Gesetz vorsieht, zu verlangen, wenn er Bedenken gegen das Ergebnis der Untersuchung gehabt hätte. Dies hat er jedoch nicht getan. Abgesehen davon, daß eine Aufklärungspflicht durch das einschreitende Straßenaufsichtsorgan in dieser Richtung nicht besteht, zumal dem Inhaber einer Lenkerberechtigung alle einschlägigen Vorschriften bekannt sein müssen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/02/0039), wurde der Beschwerdeführer von den Beamten ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen. Er lehnte sie allerdings ab. Gegen die Glaubwürdigkeit der Angaben der Beamten bestehen keine Bedenken, zumal sie als Zeugen vernommen eine schlüssige Darstellung des Geschehens gaben und diese im wesentlichen mit den Angaben in der Anzeige übereinstimmt. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof keine wesentlichen Widersprüche in den Angaben der Beamten zu erkennen.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, es sei ungeklärt, ob der Beamte, der den Test durchführte, zu dessen Vornahme berechtigt gewesen sei, steht mit der Aktenlage im Widerspruch, wie die Sachverhaltsdarstellung zeigt. Es bedurfte daher keiner Gegenüberstellung mit den Beamten. Des weiteren hat der Beschwerdeführer auch nicht dargetan, worin die Wesentlichkeit eines solchen Mangels gelegen sein könnte.

Da sich somit die Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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