VwGH 89/02/0209

VwGH89/02/020921.2.1990

N gegen Wiener Landesregierung vom 17. Mai 1989, Zl. MA 70-9/807/88/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Normen

VwGG §26 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;
VwGG §26 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. Mai 1989 wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 bestraft.

Mit dem am 5. Juli 1989 beim Verwaltungsgerichtshof persönlich abgegebenen Schreiben begehrte der Beschwerdeführer, ihm zur Einbringung einer Beschwerde gegen den erwähnten Bescheid die Verfahrenshilfe zu bewilligen, wobei er zur Rechtzeitigkeit seines Antrages ausführte, der Bescheid sei am 22. Mai 1989 im Wege der Hinterlegung an seinem Wohnsitz in Wien, 5. Bezirk, zugestellt worden, obwohl sich der Beschwerdeführer wegen "frühjahrsbedingter Gartenbepflanzungsarbeiten" an seinem zweiten ordentlichen Wohnsitz in Wien 12, Kleingartenanlage A., befunden habe. Er habe den Bescheid am 24. Mai 1989 behoben. Mit einem weiteren Schreiben vom 26. September 1989 bot der Beschwerdeführer für seine Anwesenheit in der Kleingartenanlage zwischen dem 22. und 24. Mai 1989 und der damit verbundenen Abwesenheit von seiner Wohnung im 5. Bezirk in Wien Beweise an.

Mit Beschluß vom 4. Oktober 1989, Zl. VH 89/02/0013, bewilligte der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde gegen den erwähnten Bescheid vom 17. Mai 1989. Dieser Beschluß wurde dem Verfahrenshelfer nach dem Vorbringen in der Beschwerde am 24. Oktober 1989 zugestellt, wobei die Beschwerde am 1. Dezember 1989 zu Post gegeben wurde.

In der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift wird primär der Antrag gestellt, die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen, weil der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen gestellt worden sei.

Damit ist die belangte Behörde im Recht: Hat die Partei innerhalb der Frist zur Erhebung der Beschwerde die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt (§ 61), so beginnt gemäß § 26 Abs. 3 erster Satz VwGG für sie die Frist zur Erhebung der Beschwerde mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen. Im vorliegenden Fall kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe innerhalb der Beschwerdefrist von sechs Wochen (vgl. § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG) gestellt hat. Der angefochtene Bescheid vom 17. Mai 1989 wurde entsprechend dem bezüglichen Zustellnachweis zu eigenen Handen zugestellt, wobei der erste, erfolglose Zustellversuch samt Ankündigung des zweiten Zustellversuches am 19. Mai 1989 erfolgte. Nach erfolglosem zweiten Zustellversuch am 22. Mai 1989 wurde die Sendung am 23. Mai 1989 beim Postamt hinterlegt (Beginn der Abholfrist am selben Tag).

Gemäß § 21 Abs. 2 Zustellgesetz ist dann, wenn die Sendung beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden kann, der Empfänger schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Zur angegebenen Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist auch dieser erfolglos, ist nach § 17 zu hinterlegen. Nach § 17 Abs. 2 Zustellgesetz ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in der gleichen Art wie das in § 21 Abs. 2 Zustellgesetz genannte Ersuchen vorzunehmen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Nach Abs. 3 dieses Paragraphen ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten als nicht zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Gesetzesstelle (vgl. etwa das Erkenntnis vom 7. September 1988, Zl. 88/18/0213) kann bei einer Zustellung zu eigenen Handen der Empfänger bereits durch die Verständigung vom erfolglosen ersten Zustellversuch und die Aufforderung, an der für die Vornahme des zweiten Zustellversuches bestimmten Zeit zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein, Kenntnis davon erlangen, daß ihm ein behördliches Schriftstück zugestellt werden soll. Auf die tatsächliche Kenntnis kommt es dabei nicht an. Die Wirkung der Zustellung tritt auch dann ein, wenn der Empfänger auch nur am Tage des ersten Zustellversuches, nicht jedoch auch am Tage des zweiten Zustellversuches, ortsanwesend war.

Aus dem zitierten Vorbringen den Beschwerdeführers ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer auch bereits zum Zeitpunkt des ersten Zustellversuches ortsabwesend war, sodaß die Frist zur Erhebung der Beschwerde am 23. Mai 1989 (dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde) begonnen hat und am 4. Juli 1989 zu Ende ging. Der am 5. Juli 1989 eingebrachte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde daher nicht innerhalb der Frist zur Erhebung der Beschwerde gestellt. Daraus folgt, daß die vorliegende Beschwerde verspätet eingebracht wurde, sodaß sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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