Normen
BAO §116 Abs2;
BAO §207 Abs2;
FinStrG §33 Abs1;
VwRallg;
BAO §116 Abs2;
BAO §207 Abs2;
FinStrG §33 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 2. November 1978 wurde der Beschwerdeführer vom Finanzamt S als Haftungspflichtiger gemäß § 9 und § 80 BAO für die im Ausmaß von insgesamt S 591.043,-- aushaftenden Abgabenschuldigkeiten (Umsatzsteuer 1978 in Höhe von S 578.537,--, Säumniszuschlag 1978 in Höhe von S 11.701,-- und Gerichtskosten 1978 in Höhe von S 805,--) der Firma BF, GesmbH in X (in der Folge kurz: Gesellschaft) in Anspruch genommen. Der Beschwerdeführer hafte als Geschäftsführer der Gesellschaft für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihm als Vertreter auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten. Die haftungsgegenständlichen Abgaben seien mangels entsprechender Deckung in der Konkursmasse der Gesellschaft bei dieser nicht einbringlich. Der Beschwerdeführer habe eine schuldhafte Pflichtverletzung deswegen begangen, weil er die für die Gesellschaft bestimmt gewesenen Beträge für sich selbst entnommen habe.
Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 14. August 1979 als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer stellte daraufhin den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.
Mit Bescheid vom 30. Jänner 1981, dem Beschwerdeführer zugestellt am 16. Februar 1981, setzte die belangte Behörde das Verfahren über die Berufung des Beschwerdeführers unter Bezugnahme gemäß des § 281 Abs. 1 BAO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das beim Landesgericht Salzburg unter dem Aktenzeichen: "15 Vr 1027/78, 15 Hv 34/80" anhängige "offiziose Strafverfahren" wegen des Verdachtes des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB sowie des Verdachtes des Verbrechens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB aus.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Y vom 13. Dezember 1985, wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe in X in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Gesellschaft in den Jahren 1977 und 1978 die ihm durch Rechtsgeschäft (Gesellschaftsvertrag) eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich mißbraucht und der genannten Firma einen S 100.000,-- übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, daß er im einzelnen angeführte Kundengelder nicht auf das Firmenkonto, sondern auf sein privates Konto überweisen ließ bzw. für sich kassierte. Der Beschwerdeführer habe hiedurch das Verbrechen der Untreue nach dem § 153 Abs. 1 und 2, zweiter Fall, StGB begangen. Der Beschwerdeführer wurde hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 153 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt, die verhängte Strafe aber gemäß § 43 Abs. 2 leg. cit. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Hingegen wurde der Beschwerdeführer von der wider ihn erhobenen Anklage wegen Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB freigesprochen. Aus der Urteilsbegründung geht insbesondere hervor, daß der Beschwerdeführer als Mitgesellschafter und Alleingeschäftsführer der Gesellschaft beginnend mit Jänner 1977 bei bestimmten Kunden Beträge in der Gesamthöhe von S 550.300,-- kassiert habe, obwohl ihm klar gewesen sei, daß diese Kundengelder nicht für ihn persönlich, sondern vielmehr für die von ihm vertretene Firma bestimmt gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe sich diese Beträge in Bereicherungsabsicht zugeeignet, sie nicht auf dem entsprechenden Firmenkonto verbucht und seine Mitgesellschafter vom Inkasso dieser Beträge, zu welchem er als Geschäftsführer berechtigt gewesen sei, nicht verständigt.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde das von ihr ausgesetzte Berufungsverfahren fort und traf zugleich eine der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Rechnung tragende Berufungsentscheidung. Die Haftungssumme, für die der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen wurde, wurde auf den Betrag von S 360.214,-- (Umsatzsteuer 1978 in Höhe von S 348.513,-- und Säumniszuschlag 1978 in Höhe von S 11.701,--) herabgesetzt. In der Begründung dieses Bescheides (Seiten 11 und 14) heißt es unter anderem wörtlich wie folgt:
"Durch die abgabenbehördlichen Ermittlungen kam hervor, daß für die gemeinschuldnerische GesmbH bereits ab deren Gründung keine ordnungsgemäße Buchführung existierte. Der Alleingeschäftsführer B hat dabei ... seiner GesmbH fortgesetzt Geldbeträge entzogen und diese privat verwendet. Außerdem hat er Erlöse in beträchtlicher Höhe steuerlich nicht erklärt. Es war daher nach der Konkurseröffnung unerläßlich, eine Berichtigung der Vorsteuer gemäß § 16 UStG 1972 auf Grund der angemeldeten Forderungen vorzunehmen. Aus dieser Tatsache leiten sich die im erstinstanzlichen Haftungsbescheid gegen den Alleingeschäftsführer zur Haftung herangezogenen Umsatzsteuerforderungen des Finanzamtes ab. Nachdem die Umsatzsteuerbeträge für die abgabepflichtige GesmbH nicht fristgerecht entrichtet wurden, traten die von der Erstinstanz zusätzlich geltend gemachten Säumniszuschläge in Höhe von S 11.701,-- hinzu.
....
.... so hat das LG Y in jenem fortgesetzt erwähnten Strafverfahren unwiderlegbar festgestellt, daß der Alleingeschäftsführer B die ihm durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumten Befugnisse dadurch wissentlich mißbraucht hat, daß er die von ihm kassierten Beträge nicht in die ordentliche Gebarung der GesmbH aufnahm, sondern daß er diese Inkassobeträge sich selbst zugeeignet hat. Der Alleingeschäftsführer hat dadurch nicht nur seine GesmbH geschädigt, sondern analog dazu die Abgabenverwaltung; denn der Alleingeschäftsführer B hat erwiesenermaßen seit der Gründung der GesmbH keine ordnungsgemäße Buchführung unterhalten und wurden daher die von ihm eingenommenen Erlöse nicht verbucht. Daraus ergibt sich, daß diese Erlöse gegenüber der Abgabenbehörde nicht einbekannt wurden. ...."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem subjektiven Recht verletzt, nicht zur abgabenrechtlichen Haftung herangezogen zu werden, obwohl Einhebungsverjährung eingetreten sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Haftungsinanspruchnahme unmißverständlich den Vorwurf einer Abgabenhinterziehung hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten gemacht. Die belangte Behörde hat sich hiebei auch auf das rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes Y vom 13. Dezember 1985 gestützt. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 1985, Zl. 85/16/0044, und die dort zitierten Vorerkenntnisse) erstreckte sich die bindende Wirkung hiebei auch auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch des rechtskräftigen Strafurteiles gedeckten Tatsachen. Zu diesen Tatumständen gehört im Beschwerdefall, daß der Beschwerdeführer Kundengelder in Höhe von S 550.300,-- veruntreut hat. Damit untrennbar verbunden war, daß der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Alleingeschäftsführer der Gesellschaft diese Gelder vorsätzlich nicht in das Rechenwerk der Gesellschaft aufgenommen und also eine vorsätzliche Abgabenverkürzung begangen hat. Unter diesen Umständen sind alle Voraussetzungen dafür gegeben, bei den haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten von "hinterzogenen Abgaben" im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO zu sprechen.
Daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid von einer anderen Beurteilung ausging, wie der Beschwerdeführer meint, vermag der Verwaltungsgerichtshof diesem Bescheid nicht zu entnehmen. Insbesondere kann aus dem auf § 9 BAO bezughabenden vorletzten Satz auf Seite 13 des angefochtenen Bescheides: "Das tatbestandmäßige Verschulden kann in einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Handeln oder Unterlassen bestehen." nicht darauf geschlossen werden, die belangte Behörde habe ausdrücklich offen gelassen, ob die haftungsgegenständlichen Abgaben "hinterzogene" im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO seien oder nicht.
Auf Grund des Gesagten betrug die Bemessungsverjährungsfrist der haftungsgenständlichen Abgaben gemäß § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO ZEHN Jahre. Da die Einhebungsverjährung gemäß § 238 Abs. 1 BAO in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 151/1980 keinesfalls früher als die Bemessungsverjährung eintritt, wirkt sich die Wertung der haftungsgegenständlichen Abgaben als "hinterzogene Abgaben" im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO auch bei der Einhebungsverjährung aus.
Nach der Aktenlage ist bei Zugrundelegung einer zehnjährigen Bemessungsverjährungsfrist bei den haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten Einhebungsverjährung nicht eingetreten; der Beschwerdeführer behauptet solches auch nicht.
Unter diesen Umständen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Einer Prüfung, ob bei Zugrundelegung einer bloß fünfjährigen Bemessungsverjährung im Hinblick auf Unterbrechungshandlungen der Abgabenbehörden Einhebungsverjährung eingetreten wäre oder nicht, bedurfte es hiebei nicht.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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