Normen
BauO Wr §71;
BauO Wr §71;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Magistrat der Stadt Wien versagte mit Bescheid vom 12. Juni 1984 die nachträgliche Bewilligung für das auf den Grundstücken Nr. nn/1 und nn/2, inneliegend in EZ nnn des Grundbuches über die KG Jedlesee errichtete Wohngebäude gemäß § 70 und § 71 der Bauordnung für Wien (in der Folge BO genannt). Zur Begründung führte die Behörde erster Instanz im wesentlichen aus, für die gegenständliche Liegenschaft weise der Bebauungsplan (gemeint ist wohl der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument 5222) die Widmung
Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet aus. Im Kleingartengebiet seien nur Baulichkeiten mit einer maximal bebaubaren Flächen von 35 m2 zulässig. Die Errichtung von Rauchfängen sei verboten. Das gegenständliche Wohngebäude weise jedoch eine bebaubare (richtig wohl: bebaute Fläche von ca. 52 m2 auf und enthalte einen Rauchfang. Wegen Nichteinhaltung der geltenden Bebauungsbestimmungen und der damit verbundenen Bauvorschriften sei daher die Bewilligung gemäß § 70 BO zu versagen gewesen. Eine Bewilligung gemäß § 71 BO komme ebenfalls nicht in Betracht, weil die in der Natur bestehende Baulichkeit keinen guten Bauzustand aufweise, links und rechts von der XY von Kleingartenanlagen umgeben sei und die Behörde, um sich nicht dem Vorwurf willkürlicher Anwendung des Gesetzes auszusetzen, in ähnlichen Fällen ebenfalls eine Bewilligung erteilen müßte.
Über die gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachte Berufung entschied die Bauoberbehörde für Wien in ihrer Sitzung vom 26. September 1984 - ausgefertigt mit Bescheid vom selben Tag - dahingehend, daß die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Teil des Bescheides "soweit mit ihm eine Baubewilligung gemäß § 71 der Bauordnung für Wien versagt wurde" bestätigt werde. In der Begründung führte die belangte Behörde nach einer Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens im wesentlichen aus, die Erstinstanz habe auf die einer Bewilligung gemäß § 70 BO entgegenstehenden Umstände ausdrücklich hingewiesen und die Beschwerdeführerin habe sich mit der Unmöglichkeit einer definitiven Baubewilligung offensichtlich abgefunden, weil sie lediglich eine Bewilligung gemäß § 71 der Bauordnung für Wien anstrebe. Zunächst sei festzuhalten, daß nichts darauf hindeute, das Gebäude im Kleingartengebiet werde bloß vorübergehenden Zwecken dienen. Darüber hinaus deute nichts auf das Vorliegen eines begründeten Ausnahmefalles hin. Der Umstand, daß ein Gebäude bereits eigenmächtig errichtet worden ist und das Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung bloß der rechtlichen Sanierung eines bestehenden Zustandes diene, könne nicht als begründeter Ausnahmefall gewertet werden, weil dies einer Belohnung rechtswidrigen Verhaltens gleichkäme. In diesem Zusammenhang mache es keinen Unterschied, ob die nichtbewilligte Errichtung des Gebäudes von der Beschwerdeführerin selbst oder von ihren Rechtsvorgängern vorgenommen worden sei. Selbst wenn die eben erwähnten Voraussetzungen für eine Bewilligung gemäß § 71 der Bauordnung für Wien vorlägen, müßte jedoch eine Bewilligung aus jenen Gründen versagt werden, die von der Erstinstanz zutreffend angeführt worden seien. In einer ähnlichen Situation wie die Beschwerdeführerin befinde sich nahezu jeder Eigentümer eines übergroßen Gebäudes im Kleingartengebiet. Sobald die Behörde ein solches Gebäude gemäß § 71 BO bewillige, könnte sie die Bewilligung anderer, ebenfalls vorschriftswidriger Gebäude nicht mehr versagen, ohne sich dem Vorwurf willkürlicher Vorgangsweise auszusetzen. In allen diesen Fällen eine Genehmigung zu erteilen, würde aber die Regelungen des Wiener Kleingartengesetzes jeder praktischen Bedeutung entkleiden.
Dagegen richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides ersichtlich ist, hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als nur gegen die Versagung einer Baubewilligung nach § 71 BO gerichtet angesehen und jedenfalls nur insoweit eine Entscheidung getroffen. Die von der Beschwerdeführerin zur Versagung der nachträglichen Baubewilligung nach § 70 BO vorgebrachten Beschwerdegründe gehen daher ins Leere.
Nach § 71 BO kann die Behörde Bauten, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können, sei es wegen des bestimmungsgemäßen Zweckes der Grundfläche, sei es, weil in begründeten Ausnahmefällen die Baulichkeit den Bestimmungen dieses Gesetzes aus sachlichen Gegebenheiten nicht voll entspricht, auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf bewilligen. Für sie gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes insofern nicht, als nach Lage des Falles im Bescheid auf die Einhaltung dieser Bestimmungen verzichtet worden ist. Der Bewilligung dürfen durch dieses Gesetz gegebene subjektiv-öffentliche Rechte nicht entgegenstehen, es sei denn, daß der Berechtigte der Bewilligung ausdrücklich zugestimmt hat oder gemäß § 42 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes als der Bewilligung zustimmend anzusehen ist.
Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 71 BO ist, daß es sich um Bauten handelt, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können. Kann bei einem auf Dauer angelegten Projekt von vornherein erkannt werden, daß ein sachlicher Widerrufsgrund nicht denkbar ist, so darf auch keine Bewilligung auf Widerruf erteilt werden (vgl. dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 1971, Slg. N.F. Nr. 7950/A, und 2. Juli 1985, Zl. 85/05/0010, BauSlg. Nr. 477).
Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen der belangten Behörde, nichts weise darauf hin, daß das Gebäude im Kleingartengebiet bloß vorübergehenden Zwecken dienen werde, nicht entgegengetreten. Auch der Verwaltungsgerichtshof findet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Bestand des Gebäudes, für welches eine Bewilligung nach § 71 BO angestrebt wird, nur ein vorübergehender sein soll. Damit kommt schon aus diesem Grund die Erteilung einer Baubewilligung auf Widerruf nicht in Betracht, weil bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage ein Widerruf nicht sachgerecht wäre. Weiters würde die Erteilung einer Baubewilligung nach der in Rede stehenden Bestimmung bedeuten, daß die Baubehörde auch in gleich oder ähnlich gelagerten Fällen eine Ausnahmebewilligung erteilen müßte, wollte sie sich nicht dem Vorwurf einer willkürlichen Handhabung des Ermessens aussetzen. Die Beschwerdeführerin hat ihr Bauansuchen auch nicht zeitlich eingeschränkt, weshalb eine befristete Bewilligung ebenfalls nicht in Frage gekommen ist.
Auf Grund dieser Erwägungen hat die belangte Behörde im Instanzenzug das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung einer Bewilligung nach § 71 BO zu Recht abgewiesen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)