Normen
EStG 1972 §67 Abs3;
EStG 1972 §78 Abs1;
EStG 1972 §82 Abs1;
EStG 1972 §67 Abs3;
EStG 1972 §78 Abs1;
EStG 1972 §82 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die bei dieser Gelegenheit durch zwei Gesellschafter vertreten wurde, schloß mit dem Geschäftsführer am 1. September 1975 einen Geschäftsführer-Vertrag, in dem es u. a. heißt:
"1. Tätigkeit:" Der Geschäftsführer "wurde mit Beschluß der Generalversammlung der Gesellschaft vom 20. Mai 1974 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt".
"9. Vorzeiten:" Dem Geschäftsführer "werden auf seine arbeitsrechtlichen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis 23 Vordienstjahre angerechnet". Demgemäß wird der Geschäftsführer "in allen Fällen, für welche die Dauer des Dienstverhältnisses maßgebend ist, so behandelt, als wäre er am 20. Mai 1951 in die Dienste der Gesellschaft getreten".
"20. Dauer: Das Dienstverhältnis nach diesem Vertrag gilt auf die
Dauer der Bestellung .... zum Geschäftsführer der Gesellschaft. Es
endet, sobald die Bestellung .... zum Geschäftsführer durch
Beschluß der Gesellschafter gemäß § 16 GmbH-Gesetz widerrufen wird oder die Geschäftsführerfunktion aus anderen Gründen endet."
"21. Angestelltengesetz: In allen übrigen hier nicht ausdrücklich geregelten Punkten, wie z.B. hinsichtlich der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses, gelten die Bestimmungen des Angestelltengesetzes."
Der eine Gesellschafter der Beschwerdeführerin, der schon den Geschäftsführervertrag mitgeschlossen hatte, hielt in seinem Schreiben an den Geschäftsführer vom 7. Juli 1983 u.a. fest:
"Sie haben uns davon in Kenntnis gesetzt, daß sie beabsichtigen, mit Ende des Jahres 1983 in den Ruhestand zu treten. Aus diesem Grund wird der zwischen der" Beschwerdeführerin "und Ihnen bestehende Dienstvertrag (Geschäftsführervertrag) einvernehmlich zum 31. Dezember 1983 aufgelöst. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die Bestimmung Ihres Dienstvertrages, wonach der Anspruch auf Ruhe- und Versorgungsbezüge für die Zeit ruht, für die Sie Aktivbezüge bzw. Abfertigung von der Gesellschaft erhalten".
Eben derselbe Gesellschafter der Beschwerdeführerin hielt in seinem weiteren Schreiben an den Geschäftsführer vom 7. November 1983 sodann u.a. fest: "Mit Schreiben vom 07.07./14.07.1983 wurde das zwischen Ihnen und der" Beschwerdeführerin "bestehende Dienstverhältnis einvernehmlich aufgelöst. Wie mit Ihnen besprochen, soll Ihre Geschäftsführertätigkeit in der" Beschwerdeführerin "ab 01.01.1984 in befristeter Dauer weiter übernommen werden. Für die Dauer Ihrer weiteren Geschäftsführertätigkeit wird nachfolgender Dienstvertrag abgeschlossen: "1. Tätigkeit: Sie sind zum Geschäftsführer der" Beschwerdeführerin "bestellt".
"10. Dauer: Das vorliegende Dienstverhältnis ist in der Weise befristet, daß es endet, ohne daß es einer Kündigung bedarf, sobald ein weiterer Geschäftsführer für die Gesellschaft bestellt ist und dessen effektive Dienstleistung vier Monate gedauert hat, spätestens jedoch am 30. 9. 1984."
"11. Angestelltengesetz: In allen übrigen hier nicht ausdrücklich geregelten Punkten gelten die Bestimmungen des Angestelltengesetzes."
Der Prüfer, der bei der Beschwerdeführerin die Lohnsteuer für die Zeit vom 1. Jänner 1979 bis 31. Dezember 1984 geprüft hatte, stellte u.a. fest, daß dem Geschäftsführer am 31. Dezember 1983 eine Abfertigung ausbezahlt worden war, obwohl nach Beendigung des ersten Dienstverhältnisses zur Beschwerdeführerin nahtlos ein weiteres Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin mit nahezu gleichen Bedingungen anschloß; der Prüfer versagte deshalb dieser Zahlung die begünstigte Versteuerung nach § 67 Abs. 3 EStG 1972 und versteuerte den Betrag durch Aufrollung des Jahresausgleiches nach.
Das Finanzamt erließ einen Haftungs- und Zahlungsbescheid, wobei es sich der Auffassung des Prüfers anschloß.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung. Da der am 1. September 1975 schriftlich ausgefertigte Dienstvertrag keine Angaben über eine Abfertigung enthalten habe, habe bei Beendigung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung nach § 23 Angestelltengesetz in der dort normierten Höhe gebührt. Mit Schreiben des Gesellschafters der Beschwerdeführerin sei die einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses mit 31. Dezember 1983 bestätigt worden. Da der für die Beschwerdeführerin vorgesehene neue Geschäftsführer noch nicht abkömmlich gewesen sei, sei an den Geschäftsführer mit der Bitte herangetreten worden, ein befristetes Dienstverhältnis ab 1. Jänner 1984 derart einzugehen, daß die Beendigung ohne Kündigung erfolgen sollte, sobald ein weiterer Geschäftsführer für die Gesellschaft bestellt sei und dessen effektive Dienstleistung vier Monate gedauert habe. Als spätester Termin sei der 30. September 1984 vereinbart worden. Entsprechend dieser Vereinbarung sei mit Schreiben vom 7. November 1983 ein schriftlicher Dienstvertrag errichtet worden. Auch dieser Vertrag habe ebenso wie der ursprüngliche Dienstvertrag eine Klausel enthalten, wonach für alle nicht geregelten Punkte das Angestelltengesetz gelten sollte. Die Beendigung des mit dem neuen Dienstvertrag abgeschlossenen Dienstverhältnisses sei mit 30. Juni 1984 erfolgt. Da die Dauer dieses Dienstverhältnisses nur sechs Monate betragen habe, sei auch keine Auszahlung einer Abfertigung auf Grund dieses Vertrages erfolgt. Das ursprünglich eingegangene Dienstverhältnis sei mit 31. Dezember 1983 aufgelöst, die Abfertigung ausbezahlt und nach § 67 Abs. 3 EStG 1972 versteuert worden. Unter der Annahme, daß das Dienstverhältnis mit 31. Dezember 1983 nicht beendet, sondern bis 30. Juni 1984 fortgesetzt worden sei, sei dem Geschäftsführer zum 31. Dezember 1983 eine Abfertigung überhaupt nicht zugestanden, da keine Vereinbarung darauf hinweise, daß eine Abfertigung vor Beendigung des Dienstverhältnisses zur Auszahlung gelangen sollte. In Anbetracht dieser Tatsache, daß kein zuständiges Organ dem Geschäftsführer die Auszahlung einer Abfertigung vor Beendigung des Dienstverhältnisses gestattet habe, müsse die erfolgte Zahlung als Entnahme eines "Akontos" gewertet werden, welches mit dem Abfertigungsanspruch per 30. Juni 1984 zu verrechnen und in diesem Zeitpunkt nach § 67 Abs. 3 EStG 1972 zu versteuern gewesen wäre. Einzuräumen sei, daß für den Zeitraum Jänner bis Juni 1984 allenfalls der Zinsenvorteil aus dieser "Akontozahlung" bei der Berechnung der Lohnsteuer in Ansatz zu bringen gewesen wäre. Für die Akontozahlung habe eine Rückzahlungsverpflichtung des Geschäftsführers bestanden. Die Forderung der Beschwerdeführerin sei dann mit dem Abfertigungsanspruch per 30. Juni 1984 zu verrechnen gewesen.
Die Finanzlandesdirektion wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung diese Berufung ab. Aus den - eingangs wiedergegebenen - Vertragsbestimmungen könne nur der Schluß gezogen werden, daß das Dienstverhältnis tatsächlich erst am 30. Juni 1984 geendet habe. Da sogar eine kurze Unterbrechung mit anschließender Weiterführung des Dienstverhältnisses die Versteuerung einer "Abfertigung" nach § 67 Abs. 3 EStG 1972 nicht zulasse, müsse auch hier die begünstigte Besteuerung der Abfertigung versagt werden. Ob gegen den Geschäftsführer ein Rückforderungsanspruch bestanden habe, sei irrelevant, weil ein "solcher tatsächlich nicht zum Tragen" gekommen sei. Auch eine allfällige Akontozahlung zum 31. Dezember 1983 sei nach § 78 Abs. 1 EStG 1972 als Lohnzahlung zu versteuern gewesen; § 67 Abs. 3 leg. cit. habe nicht Platz greifen können.
Die Beschwerdeführerin behauptet in der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde, sie sei in ihrem Recht auf Unterlassung der Heranziehung zur Haftung gemäß § 82 Abs. 1 EStG 1972 für Beträge, die beim Empfänger nicht unter den Einkommensbegriff nach § 2 EStG 1972 fallen, in eventu in ihrem Recht auf Anwendung der Besteuerung nach § 67 Abs. 3 EStG 1972 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 67 Abs. 3 EStG 1972 wird die Lohnsteuer von Abfertigungen, deren Höhe sich nach einem von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Mehrfachen des laufenden Arbeitslohnes bestimmt, so berechnet, daß die auf den laufenden Arbeitslohn entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ist die Lohnsteuer bei Anwendung der Steuersätze des § 67 Abs. 1 leg. cit. niedriger, so erfolgt die Besteuerung der Abfertigung nach dieser Bestimmung. Unter Abfertigung ist die einmalige Entschädigung zu verstehen, die einem Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf Grund gesetzlicher Vorschriften, von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen, aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts oder auf Grund eines Kollektivvertrages oder der für Bedienstete des österreichischen Gewerkschaftsbundes geltenden Arbeitsordnung vom Arbeitgeber zu leisten ist.
Gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1972 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Lohnzahlungen sind auch Vorschuß- oder Abschlagszahlungen oder sonstige vorläufige Zahlungen auf erst später fällig werdenden Arbeitslohn.
Gemäß § 82 Abs. 1 EStG 1972 ist der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner. Der Arbeitgeber haftet aber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.
Der Geschäftsführervertrag vom 1. September 1975 - der auch das Dienstverhältnis regelt und für die Beschwerdeführerin von zwei Gesellschaftern unterfertigt ist (§ 15 Abs. 1 GmbH-Gesetz) - wäre durch die im Schreiben des Gesellschafters der Beschwerdeführerin vom 7. Juli 1983 (§ 15 Abs. 1 GmbH-Gesetz) festgehaltene einvernehmliche Auflösung zum 31. Dezember 1983 aufgelöst worden. Dieser einvernehmlichen Auflösung wurde aber durch den am 7. November 1983 geschlossenen Dienstvertrag - der auch die weitere Bestellung zum Geschäftsführer beurkundet und für die Beschwerdeführerin von einem Gesellschafter unterfertigt ist (§ 15 Abs. 1 GmbH-Gesetz) - noch vor dem 31. Dezember 1983 die Wirksamkeit genommen und das im wesentlichen unveränderte Dienstverhältnis über den 31. Dezember 1983 hinaus fortgesetzt. Das bedeutet, daß zum 31. Dezember 1983 ein Anspruch des Geschäftsführers auf Abfertigung - noch - nicht bestand.
Der belangten Behörde ist deshalb zuzustimmen, daß sie den zum 31. Dezember 1983 zur Auszahlung gelangten Betrag nicht als Abfertigung qualifizierte und ihm die begünstigende Behandlung nach § 67 Abs. 3 EStG 1972 versagte. Das ein Rückforderungsanspruch der Beschwerdeführerin gegen den Geschäftsführer wegen vorzeitiger Auszahlung eines noch nicht entstandenen Abfertigungsanspruches gewollt war, ist dem abgabenbehördlichen Verfahren nicht zu entnehmen; der von der Beschwerdeführerin - wenn auch unrichtig - vorgenommene Lohnsteuerabzug spricht dagegen. Für Akontozahlungen - wenn eine solche überhaupt vorgelegen sein sollte - besteht keine Ausnahmeregelung.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, es widerspreche verfassungsrechtlichen Grundsätzen, wenn der Dienstnehmer nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz dem Dienstgeber nur bei einem Versehen für den Schaden hafte und auch der Rechtsträger vom Organ nach dem Organhaftpflichtgesetz nur wenn die Handlung nicht - bloß - auf einer entschuldbaren Fehlleistung beruht - bzw. nach dem Amtshaftungsgesetz nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit - Ersatz bzw. Rückersatz begehren könne, der Arbeitgeber aber nach § 82 Abs. 1 EStG 1972 selbst ohne Verschulden dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer hafte, wird nicht geteilt; der Arbeitgeber ist weder als Hilfsstelle oder Erfüllungsgehilfe des Finanzamtes noch als Dienstnehmer oder Organ des Bundes schlechthin anzusprechen
Die Beschwerde ist deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 25. Jänner 1989
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