VwGH 88/14/0031

VwGH88/14/003110.5.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Piffl, über die Beschwerde des JH in L, vertreten durch Dr. Wilfrid Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, Hauptplatz 34/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 20. Juli 1987. Zl. B 65- 6/87 betreffend Zahlungserleichterungen, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §212 Abs1;
BAO §212;
VwGG §33 Abs1;
BAO §212 Abs1;
BAO §212;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde für 1983 und 1984 zur Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer veranlagt. Wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen wurden Verspätungszuschläge festgesetzt. Der Beschwerdeführer bestritt in seinen Berufungen gegen die erwähnten Bescheide den vom Finanzamt angenommenen Betrieb eines Viehhandelsgewerbes. Mit diesen im September 1986 erhobenen Berufungen verband der Beschwerdeführer Stundungsgesuche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Berufungen. Den Berufungen wurde mit Berufungsvorentscheidung teilweise Folge gegeben, der Beschwerdeführer stellte jedoch rechtzeitig (im Dezember 1986 bzw. Jänner 1987) Vorlageanträge. Die Berufungsentscheidungen in der Hauptsache durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz sind bisher nicht ergangen. Am 9. März 1987 beantragte der Beschwerdeführer Abgabenstundung gemäß § 212 BAO hinsichtlich des Rückstandes von S 307.135,-- bis zur Entscheidung über seine beiden Berufungen gegen die Abgabenfestsetzungen, längstens jedoch bis 30. November 1987.

Das Finanzamt wies das Ansuchen vom 9. März 1987 um Zahlungserleichterung mit der Begründung ab, daß die angebotene Beibringung des Typenscheines für einen Pkw Volvo Baujahr 1977 in Anbetracht der Höhe des Rückstandes nicht geeignet sei, die Gefährdung der Einbringlichkeit auszuschließen, weil der Wert des Fahrzeuges in keiner Relation zum aushaftenden Abgabenrückstand stehe. Weitere Sicherheiten seien nicht "offengelegt" worden.

Die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid wies die belangte Behörde mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Anhand des Rechtsmittelvorbringens könne nicht gefunden werden, daß den Sachbescheiden des Finanzamtes Fehler anhafteten, die mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit die Aufhebung dieser Bescheide erwarten lassen würden. Außerdem sei die Gefährdung der Einbringung des Abgabenrückstandes offenkundig, weil der Beschwerdeführer außer dem erwähnten Fahrzeug keine weiteren Sicherheiten erbracht habe und er an den ihm gehörigen Liegenschaftshälfteanteilen im Jahre 1986 ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten seiner Gattin habe einverleiben lassen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 30. November 1987, B 912/87-4, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Stundung bis zur rechtskräftigen Erledigung seiner Berufungen gegen die Abgabenfestsetzungsbescheide verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt, den angefochtenen Bescheid deshalb aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Voraussetzung für die meritorische Erledigung der Beschwerde ist (nach wie vor) gegeben. Der Stundungsantrag vom 9. März 1987, über den im Instanzenzug mit dem angefochtenen Bescheid entschieden wurde, begehrte hinsichtlich des Abgabenrückstandes von S 307.135,-- zwar die Stundung "längstens bis 30. 11. 1987"; er kann jedoch insofern auch als Einschränkung der allenfalls im Sinne des § 218 Abs. 1 BAO zeitgerecht in den Berufungen gegen die Abgabenfestsetzungsbescheide gestellten Stundungsanträge verstanden werden. Somit können jedenfalls für den Beschwerdeführer noch die Rechtsfolgen des § 218 Abs. 1 BAO (nunmehr in der Fassung BGBl. 1987/312) auf dem Spiel stehen. Schon aus diesem Grund kann die Beschwerde nicht als seit 1. Dezember 1987 gegenstandslos angesehen werden.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf die aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1986, G 119/86-19, ersichtliche Verfassungswidrigkeit des § 254 BAO beruft, ist er darauf hinzuweisen, daß die Aufhebung der genannten Bestimmung laut dem zitierten Erkenntnis erst mit Ablauf des 30. November 1987 in Kraft trat. Da die Sache des Beschwerdeführers nicht "Anlaßfall" für die Gesetzesaufhebung war, hatte im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (24. Juli 1987) § 254 BAO ebenso Anwendung zu finden, wie § 212 BAO. Die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Gesetzesbestimmung wurde gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG bis zu ihrem Außerkrafttreten auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes für alle Angelegenheiten, die nicht Anlaßfall waren, verfassungskonform.

Der Beschwerdeführer zeigt nicht nachprüfbar und schlüssig auf, daß die Abgabenfestsetzungsbescheide des Finanzamtes offenkundige klare Fehler aufwiesen - er behauptet dies nur ohne jeden Nachweis ("Ich war immer, insbesondere auch in den Jahren 1983 und 1984 ausschließlich als Landwirt tätig und habe kein Gewerbe, insbesondere auch nicht das Viehhandelsgewerbe ausgeübt .

... Der entscheidungserhebliche Sachverhalt wurde unvollständig

festgestellt und zwar insofern, als meinen zahlreichen Beweisanträgen nicht Rechnung getragen wurde und die Behörde auf meine Einwendungen nicht eingegangen ist. Die Schätzung der von mir angeblich in den Jahren 1983 und 1984 erfolgten Umsätze ist völlig willkürlich erfolgt und findet in den Ermittlungsergebnissen keine Deckung.").

Selbst wenn dieser Vorwurf jedoch berechtigt wäre, vermöchte dies nichts daran zu ändern, daß 3 212 Abs. 1 BAO die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nur unter der weiteren (kumulativen) Voraussetzung erlaubt, daß "die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird", es sei denn, es hätte sich bei der gefährdeten, noch nicht rechtskräftig festgesetzten Abgabe um eine Erdrosselungssteuer (VwSlg. 4866 F/1975) oder bei der noch nicht rechtskräftigen Abgabenfestsetzung um eine willkürliche Maßnahme gehandelt (hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1983, Zl. 81/15/0101). Für die Festsetzung einer Erdrosselungssteuer oder einer willkürlichen Abgabenfestsetzung fehlen im vorliegenden Fall jedoch Anhaltspunkte. Unter anderem das kumulative Tatbestandselement der Einbringlichkeitsgefährdung hatte den Verfassungsgerichtshof auch von der Verfassungswidrigkeit des § 254 BAO überzeugt (vgl. Seite 17 des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes).

Der Beschwerdeführer behauptet nun selbst nicht, daß die belangte Behörde das Fehlen des Tatbestandsmerkmales der Einbringlichkeitsgefährdung zu Unrecht verneint habe. Anhaltspunkte für eine solche Rechtswidrigkeit bietet auch die Aktenlage nicht. Aus ihr läßt sich vielmehr entnehmen, daß der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen die Abweisung des Zahlungserleichterungsansuchens selbst vorgebracht hat: "Ich bin nicht in der Lage und erachte es mit Rücksicht auf die gegebene Rechtslage auch nicht für erforderlich, zusätzlich Sicherheiten für die Einbringung der Abgabenschuldigkeiten zu erbringen" (OZ 1, Blatt 10 der Verwaltungsakten). Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, daß die Feststellungen der belangten Behörde über die Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes auf dem Liegenschaftsvermögen des Beschwerdeführers unrichtig seien.

Die belangte Behörde durfte daher davon ausgehen, daß Einbringlichkeitsgefährdung der Bewilligung einer Zahlungserleichterung entgegensteht. Die Abweisung des Stundungsantrages war deshalb nicht rechtswidrig, sodaß der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten nicht verletzt. Aus diesen Gründen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abgewiesen werden.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 10. Mai 1988

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